Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Viertes Quartal.Die Venezianer zu Hause. beitet, wie ich es garnicht beschreiben kann. Ein einziges Bettgestell, nach Das sechzehnte Jahrhundert bildete diese Grundzüge in der Geräumigkeit (Schluß folgt.) Grenzboten IV. 1884,42
Die Venezianer zu Hause. beitet, wie ich es garnicht beschreiben kann. Ein einziges Bettgestell, nach Das sechzehnte Jahrhundert bildete diese Grundzüge in der Geräumigkeit (Schluß folgt.) Grenzboten IV. 1884,42
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Die Venezianer zu Hause.
beitet, wie ich es garnicht beschreiben kann. Ein einziges Bettgestell, nach
venezianischer Art fest im Zimmer angebracht, wurde auf 500 Dukaten geschätzt,
mit so schönen und natürlich verziert gearbeiteten Figuren und Blattwerk, daß
ich nicht weiß, ob in Salomos Tempel solcher Luxus geherrscht hat, wie sich
hier zeigte. Von dem Schmuck des Bettes und der Wöchnerin will ich lieber
schweigen als reden, weil ich fürchte, mau wird mir nicht glauben." Was
Casola zu berichten versäumt, läßt sich aus andern Quellen ergänzen. Zu
einem wohleingerichteten Schlafzimmer gehörten neben dem Himmelbette, dessen
seidene Vorhänge schwellende Kissen in seidenen Überzügen und goldgestickte
Decken verbargen, die Schränke und Kassetten in eingelegter Arbeit, das Bet¬
pult vor dem zierlich geschnitzten Flügelaltar. Reichere Häuser richteten außer¬
dem noch eine prunkvolle Hauskapelle (orawrio) ein, sodaß der Kirchenbesuch
darunter zu leiden drohte.
Das sechzehnte Jahrhundert bildete diese Grundzüge in der Geräumigkeit
und Pracht weiter aus, wie sie die Renaissance verlangte. Da die Nobili es
immer mehr vorzogen, ihren erworbenen Besitz zu genießen, anstatt ihn durch
Handelsunternehmungen zu vermehren, so verschwinden aus dem Erdgeschoß die
Waarenmagazine; an Stelle der erbeuteten Feindeswaffen und der eignen Rüstung
schmücken kostbare Prunkwaffen die Entrada. Statuen und antike Säulen zieren
die Absätze der breiten Treppen, die Zimmer der obern Stockwerke weiten sich
zu Sälen, geschnitzte Balken tragen die Decke, die feinste Jntarsiaarbeit, zu der
die größten Meister, ein Palladio, Sansovino, Vittoria die Zeichnungen geliefert
haben, verwandelt jede Thür in ein Kunstwerk, Arrazzi decken die Wände, wenn
nicht Ölgemälde sie schmücken, seidne Vorhänge verhüllen die Fenster. Auch das
Hausgerät, vor allem die herrlichen Bronzen, in denen Venedig noch heute glänzt,
ist durchaus künstlerisch geadelt. In den Höfen duften Jasmin und Orangen,
an manche Paläste schließen sich selbst große Gärten. So erschienen damals
die Paläste der Trevisani, Vendramin-Calergi, Cornari, Foscari u. a. Gegen
hundert der prächtigsten zählte man um 1600. Es war umsonst, daß die Re¬
gierung von Zeit zu Zeit durch Gesetze dem verschwenderischen Luxus zu steuern
suchte, sie wich doch immer wieder vor dem Geiste der Zeit zurück.
(Schluß folgt.)
Grenzboten IV. 1884,42
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