Die Grenzboten. Jg. 43, 1884, Zweites Quartal.Notizen. angebliche "Umwandlung" der einschürigen Wiesen in zweischürige dem Wunsche, Wir sagten oben, es sei auch vielfach in unsrer Gegend über den Wildschaden Nach einem dem Verfasser dieses Aufsatzes bekannten Gesetze muß der Wild¬ Wie schon gesagt, ist es unbedingt nötig, den Ersatz des Wildschadens gesetzlich Notizen. angebliche „Umwandlung" der einschürigen Wiesen in zweischürige dem Wunsche, Wir sagten oben, es sei auch vielfach in unsrer Gegend über den Wildschaden Nach einem dem Verfasser dieses Aufsatzes bekannten Gesetze muß der Wild¬ Wie schon gesagt, ist es unbedingt nötig, den Ersatz des Wildschadens gesetzlich <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0158" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/155739"/> <fw type="header" place="top"> Notizen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_590" prev="#ID_589"> angebliche „Umwandlung" der einschürigen Wiesen in zweischürige dem Wunsche,<lb/> Wildschaden ersetzt zu bekommen, entsprungen war. Eine häufig befolgte Regel ist<lb/> es, daß unmittelbar vor dem Walde, mag das betreffende Grundstück sich dazu<lb/> eignen oder nicht, eine Feldfrucht gebaut wird, welche das Wild anlockt; denn die<lb/> Ernte müßte sehr reich sein, welche einem einigermaßen gut bezahlten Wildschaden<lb/> gleichwertig wäre. So säte ein Gutsbesitzer auf ein am Nordsaume eines Waldes<lb/> gelegenes ziemlich schlechtes Stück Land Jahr aus Jahr ein immer nur Raps, den<lb/> Raps fraßen die Hirsche, und der Gutsbesitzer bezog eine schöne Rente. Da kam<lb/> der Eigentümer des Waldes endlich auf die Idee, das fragliche Grundstück vor dem<lb/> stets wiederkehrenden Schaden zu schützen, und ließ einen Wildzaun um das Grundstück<lb/> ziehen. Sofort fiel der Wildschaden weg, aber es wurde auch nie wieder auf dieser<lb/> Stelle Raps gebaut. Man kann aber auch den Wildschaden künstlich machen und<lb/> beschädigt die Feldfrüchte genau so, als hätte sich das Wild darin geäst. Mit<lb/> einem abgeschnittenen Hirschlaufe wird täuschend die Fährte nachgeahmt. Es kam<lb/> sogar, allerdings in einer andern Waldgegend, einmal ein Fall vor, daß ein Land¬<lb/> mann seinen Hafer sehr geschickt abrupfte, als wenn Hirsche darüber gewesen wären,<lb/> Fährten brauchten nicht angegeben zu werden, weil der Boden infolge der Sommer¬<lb/> hitze so hart geworden war, daß ein darüber gehender Hirsch schlechterdings keine<lb/> Fährten zurücklassen konnte. Zum Glücke hatte ein Nachbar die Manipulation mit<lb/> angesehen und den betreffenden Oberförster davon in Kenntnis gesetzt, die Sach¬<lb/> verständigen erklärten, daß sie ohne diese Angabe die Nachahmung des Wildschadens<lb/> von dem echten nicht würden bilden unterscheiden können, so täuschend war sie her¬<lb/> gestellt. Infolge der Anwesenheit des Zeugen aber endete die Geschichte mit einer<lb/> Verurteilung wegen Betrugs.</p><lb/> <p xml:id="ID_591"> Wir sagten oben, es sei auch vielfach in unsrer Gegend über den Wildschaden<lb/> öffentlich geredet worden; auch dafür mag ein Beispiel gegeben werden. Ein sehr<lb/> ausgedehntes Jagdrevier, welches stark mit Hochwild besetzt ist, war ohne Wildzaun;<lb/> infolge dessen entstand allgemeines Gemurre über diesen Zustand, an welchem sich<lb/> namentlich ein Landwirt und eifriger Pächter benachbarter Jagdreviere beteiligte.<lb/> Es gelang nnn, den Eigentümer des Jagdreviers zur Herstellung eines Wildzauues<lb/> zu veranlassen, aber nun stellte gerade der genannte Landwirt einen förmlichen<lb/> Aufruhr der Bewohner der umliegende:! Ortschaften in Aussicht. Seitdem hat der<lb/> Wildstand und damit die Jagd in den nicht eingezäunten Jagdrevieren sehr nach¬<lb/> gelassen.</p><lb/> <p xml:id="ID_592"> Nach einem dem Verfasser dieses Aufsatzes bekannten Gesetze muß der Wild¬<lb/> schaden zweimal taxirt werden, einmal alsbald nach seiner Entstehung und dann<lb/> kurz vor der Ernte; regelmäßig, wenn nicht gerade Wildschweine das Land zerwühlt<lb/> haben, ist dann bei der zweiten Taxation der Schaden ein ganz ungemein viel<lb/> geringerer, als er anfangs erschien, da er zum großen Teil durch die Natur wieder<lb/> geheilt wird.</p><lb/> <p xml:id="ID_593"> Wie schon gesagt, ist es unbedingt nötig, den Ersatz des Wildschadens gesetzlich<lb/> zu gebieten, nicht nur aus allgemeinen Rechtsgrüuden, sondern auch wegen des all¬<lb/> gemeinen Rechtsbewußtseins. Galle es auch nur dies zu befriedigen, so müßte man<lb/> schon darin allein einen genügenden Grund für eine solche Bestimmung finden.<lb/> Aber man behandle diese Materie in aller Ruhe und Unbefangenheit und hüte<lb/> sich, die thatsächlich garnicht so erhebliche Frage künstlich aufzubauschen. Schließlich<lb/> mag zur Beseitigung jeder Mißdeutung noch ausdrücklich bemerkt sein, daß der<lb/> Verfasser kein Jäger ist, was wohl schon aus seiner Ausdrucksweise hervor¬<lb/> gehen dürfte.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0158]
Notizen.
angebliche „Umwandlung" der einschürigen Wiesen in zweischürige dem Wunsche,
Wildschaden ersetzt zu bekommen, entsprungen war. Eine häufig befolgte Regel ist
es, daß unmittelbar vor dem Walde, mag das betreffende Grundstück sich dazu
eignen oder nicht, eine Feldfrucht gebaut wird, welche das Wild anlockt; denn die
Ernte müßte sehr reich sein, welche einem einigermaßen gut bezahlten Wildschaden
gleichwertig wäre. So säte ein Gutsbesitzer auf ein am Nordsaume eines Waldes
gelegenes ziemlich schlechtes Stück Land Jahr aus Jahr ein immer nur Raps, den
Raps fraßen die Hirsche, und der Gutsbesitzer bezog eine schöne Rente. Da kam
der Eigentümer des Waldes endlich auf die Idee, das fragliche Grundstück vor dem
stets wiederkehrenden Schaden zu schützen, und ließ einen Wildzaun um das Grundstück
ziehen. Sofort fiel der Wildschaden weg, aber es wurde auch nie wieder auf dieser
Stelle Raps gebaut. Man kann aber auch den Wildschaden künstlich machen und
beschädigt die Feldfrüchte genau so, als hätte sich das Wild darin geäst. Mit
einem abgeschnittenen Hirschlaufe wird täuschend die Fährte nachgeahmt. Es kam
sogar, allerdings in einer andern Waldgegend, einmal ein Fall vor, daß ein Land¬
mann seinen Hafer sehr geschickt abrupfte, als wenn Hirsche darüber gewesen wären,
Fährten brauchten nicht angegeben zu werden, weil der Boden infolge der Sommer¬
hitze so hart geworden war, daß ein darüber gehender Hirsch schlechterdings keine
Fährten zurücklassen konnte. Zum Glücke hatte ein Nachbar die Manipulation mit
angesehen und den betreffenden Oberförster davon in Kenntnis gesetzt, die Sach¬
verständigen erklärten, daß sie ohne diese Angabe die Nachahmung des Wildschadens
von dem echten nicht würden bilden unterscheiden können, so täuschend war sie her¬
gestellt. Infolge der Anwesenheit des Zeugen aber endete die Geschichte mit einer
Verurteilung wegen Betrugs.
Wir sagten oben, es sei auch vielfach in unsrer Gegend über den Wildschaden
öffentlich geredet worden; auch dafür mag ein Beispiel gegeben werden. Ein sehr
ausgedehntes Jagdrevier, welches stark mit Hochwild besetzt ist, war ohne Wildzaun;
infolge dessen entstand allgemeines Gemurre über diesen Zustand, an welchem sich
namentlich ein Landwirt und eifriger Pächter benachbarter Jagdreviere beteiligte.
Es gelang nnn, den Eigentümer des Jagdreviers zur Herstellung eines Wildzauues
zu veranlassen, aber nun stellte gerade der genannte Landwirt einen förmlichen
Aufruhr der Bewohner der umliegende:! Ortschaften in Aussicht. Seitdem hat der
Wildstand und damit die Jagd in den nicht eingezäunten Jagdrevieren sehr nach¬
gelassen.
Nach einem dem Verfasser dieses Aufsatzes bekannten Gesetze muß der Wild¬
schaden zweimal taxirt werden, einmal alsbald nach seiner Entstehung und dann
kurz vor der Ernte; regelmäßig, wenn nicht gerade Wildschweine das Land zerwühlt
haben, ist dann bei der zweiten Taxation der Schaden ein ganz ungemein viel
geringerer, als er anfangs erschien, da er zum großen Teil durch die Natur wieder
geheilt wird.
Wie schon gesagt, ist es unbedingt nötig, den Ersatz des Wildschadens gesetzlich
zu gebieten, nicht nur aus allgemeinen Rechtsgrüuden, sondern auch wegen des all¬
gemeinen Rechtsbewußtseins. Galle es auch nur dies zu befriedigen, so müßte man
schon darin allein einen genügenden Grund für eine solche Bestimmung finden.
Aber man behandle diese Materie in aller Ruhe und Unbefangenheit und hüte
sich, die thatsächlich garnicht so erhebliche Frage künstlich aufzubauschen. Schließlich
mag zur Beseitigung jeder Mißdeutung noch ausdrücklich bemerkt sein, daß der
Verfasser kein Jäger ist, was wohl schon aus seiner Ausdrucksweise hervor¬
gehen dürfte.
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