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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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sollte, ausgenommen gegen die Ländergier seines Protektors! Und hatte denn
die britische Negierung, so konnten die Boers und ihre Stammgenossen und
Freunde am Kap, in Natal und im Orangefreistaate einwerfen, auch nur eil?
ungeteiltes Protektorat über die Betschuanen rechtlich zu beanspruchen? In
dein im vorigen Abschnitte dieser Darstellung auszugsweise mitgeteilten Über¬
einkommen zwischen ihr und den Bevollmächtigten der Boers im Transvaal ist
von einem förmlichen Protektorate nirgends die Rede, und der Ausdruck "Bet-
schuanenland" kommt darin ebensowenig vor. Es heißt, wie wir gesehen haben,
im zweiten Artikel des Vertrages vom 27, Februar 1884 nur: "Die Regierung
der "südafrikanischen Republik" wird an den östlichen und westlichen Grenzen
Kommissare ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig gegen Unregelmäßig¬
keiten und gegen alle Überschreitungen der Grenzen zu wachen. Ihrer Majestät
Regierung wird, wenn es nötig ist, Kommissare in den Gebieten der Eingebornen
außerhalb der östlichen und westlichen Grenzen der "südafrikanischen Republik"
einsetzen, um die Ordnung zu erhalten und Übergriffe zu verhindern." Also
gleiche Berechtigung der "südafrikanischen Republik" und Englands, nichts von
einseitiger Überwachung, einseitiger Schutzherrschaft, und wenn die offiziöse
Dg.it^ Uvvs neulich einen Brief aus Kimberley abdruckte, in welchem ein
Verteidiger der Kriegspolitik das Betschucmenland kurzweg als "britisches Ge¬
biet" bezeichnete, so war das eine dreiste Irreführung des englischen Publikums,
das sich in seiner Unwissenheit und Leichtgläubigkeit freilich alles Mögliche und
Unmögliche bieten läßt.

Während Sir Charles Warren auf dem Wege nach der Kapstadt war,
meldete der Telegraph von dort, daß Dudon, der Spezialkommissar der "süd¬
afrikanischen Republik" im Bctschuanenlande, auf die Nachricht von der Absen-
dung englischer Truppen nach dem Kap in Mvntsioas Gebiet die Fahne seines
Staates aufgehißt und den Boers in Gösen Schutz in ihrem Besitze zugesichert
habe, daß man indes hoffe, seine Negierung werde ihn in seinem Vorgehen
nicht unterstützen. Einige Tage später, am 26. November, berichtete der Tele¬
graph in London willkommene Kunde: "Das friedliche Abkommen, welches die
Kapminister im Bctschuanenlande zustande zu bringen bemüht sind, basirt sich
auf den Plan, den Freibeuter" in Gösen in der unvergebenen Gegend von
Stellaland Farmer anzubieten. Nach den letzten Nachrichten machten die Ver¬
handlungen, welche Uvington, der Premier des Kaps, und Herr Sprigg im
Bctschuanenlande angeknüpft haben, Fortschritte, aber die Minister begegneten
trotzdem großen Schwierigkeiten, und Montsioa wolle nicht mit ihnen ver¬
kehren." Am 2. Dezember folgte dann die hochwichtige Meldung: "Herr
Uvington, der Premier, identifizirte sich in einer Ansprache an eine Volksver¬
sammlung in Rooi Grond mit der holländischen Partei. Er drückte Sympa¬
thien mit den Freibeutern in Gösen aus und ertheilte ihnen warme Lobsprüche,
und während er die Ermordung Bethels nußbilligte, sprach er die Gemeinschaft


sollte, ausgenommen gegen die Ländergier seines Protektors! Und hatte denn
die britische Negierung, so konnten die Boers und ihre Stammgenossen und
Freunde am Kap, in Natal und im Orangefreistaate einwerfen, auch nur eil?
ungeteiltes Protektorat über die Betschuanen rechtlich zu beanspruchen? In
dein im vorigen Abschnitte dieser Darstellung auszugsweise mitgeteilten Über¬
einkommen zwischen ihr und den Bevollmächtigten der Boers im Transvaal ist
von einem förmlichen Protektorate nirgends die Rede, und der Ausdruck „Bet-
schuanenland" kommt darin ebensowenig vor. Es heißt, wie wir gesehen haben,
im zweiten Artikel des Vertrages vom 27, Februar 1884 nur: „Die Regierung
der »südafrikanischen Republik« wird an den östlichen und westlichen Grenzen
Kommissare ernennen, deren Pflicht es sein wird, sorgfältig gegen Unregelmäßig¬
keiten und gegen alle Überschreitungen der Grenzen zu wachen. Ihrer Majestät
Regierung wird, wenn es nötig ist, Kommissare in den Gebieten der Eingebornen
außerhalb der östlichen und westlichen Grenzen der »südafrikanischen Republik«
einsetzen, um die Ordnung zu erhalten und Übergriffe zu verhindern." Also
gleiche Berechtigung der „südafrikanischen Republik" und Englands, nichts von
einseitiger Überwachung, einseitiger Schutzherrschaft, und wenn die offiziöse
Dg.it^ Uvvs neulich einen Brief aus Kimberley abdruckte, in welchem ein
Verteidiger der Kriegspolitik das Betschucmenland kurzweg als „britisches Ge¬
biet" bezeichnete, so war das eine dreiste Irreführung des englischen Publikums,
das sich in seiner Unwissenheit und Leichtgläubigkeit freilich alles Mögliche und
Unmögliche bieten läßt.

Während Sir Charles Warren auf dem Wege nach der Kapstadt war,
meldete der Telegraph von dort, daß Dudon, der Spezialkommissar der „süd¬
afrikanischen Republik" im Bctschuanenlande, auf die Nachricht von der Absen-
dung englischer Truppen nach dem Kap in Mvntsioas Gebiet die Fahne seines
Staates aufgehißt und den Boers in Gösen Schutz in ihrem Besitze zugesichert
habe, daß man indes hoffe, seine Negierung werde ihn in seinem Vorgehen
nicht unterstützen. Einige Tage später, am 26. November, berichtete der Tele¬
graph in London willkommene Kunde: „Das friedliche Abkommen, welches die
Kapminister im Bctschuanenlande zustande zu bringen bemüht sind, basirt sich
auf den Plan, den Freibeuter» in Gösen in der unvergebenen Gegend von
Stellaland Farmer anzubieten. Nach den letzten Nachrichten machten die Ver¬
handlungen, welche Uvington, der Premier des Kaps, und Herr Sprigg im
Bctschuanenlande angeknüpft haben, Fortschritte, aber die Minister begegneten
trotzdem großen Schwierigkeiten, und Montsioa wolle nicht mit ihnen ver¬
kehren." Am 2. Dezember folgte dann die hochwichtige Meldung: „Herr
Uvington, der Premier, identifizirte sich in einer Ansprache an eine Volksver¬
sammlung in Rooi Grond mit der holländischen Partei. Er drückte Sympa¬
thien mit den Freibeutern in Gösen aus und ertheilte ihnen warme Lobsprüche,
und während er die Ermordung Bethels nußbilligte, sprach er die Gemeinschaft


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/126>, abgerufen am 14.06.2024.