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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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England und die Boers.

Landstrichen an ihrem Rande, im Norden der Limpopostrvm, während es im
Osten nur durch das schmale Natal und weiter nördlich nur durch ein ver¬
hältnismäßig kleines Stück portugiesischen Gebietes von Indischen Ozean ge¬
trennt wird. Diese BauernrepulM hat eine Ausdehnung von nngeführ
5400 Quadratmeilen, und das Land ist seinem geologischen Charakter nach in
der Hauptsache eine Hochfläche, die sich im Norden meist steil über Tiefebene"
erhebt, im Osten terrassenförmig, im Westen allmählich abfällt und in dem
Drakengebirge mit etwa 2700 Meter ihren höchsten Punkt erreicht. Dies
Plateau ist reich an Kohlen und Metallen, darunter auch Gold, die Ebenen
werden von zahlreichen Flüssen durchströmt. Auch fehlt es, vorzüglich in der
östlichen Hälfte, während des Sommers, d. h. hier in der Zeit von September
bis zum April, nicht an Regen. Das Klima endlich ist, abgesehen von den
tiefliegenden Gegenden, gemäßigt warm und sehr gesund. Allenthalben, wo
Regen fällt, zeigt das Land üppigen Graswuchs, an verschiednen Stellen, be¬
sonders in den Drakenbergeu, trifft man stattlichen Wald an, und wo es nicht
um Wasser mangelt, werden Mais, Hirse, Kaffcrkvni, die meisten unsrer Gemüse,
Zuckerrohr und Melonen gebant. Mehr indes als Ackerwirtschaft wird Vieh¬
zucht getrieben, die nur da unterbleiben muß, wo die giftige Tsetsefliege vor¬
kommt. Die Jagd ist sehr ergiebig, das Laud wimmelt an vielen Stellen von
Antilopen und Springböcken, auch an Löwen und Leoparden ist kein Mangel;
nur die Zahl der Nashörner und Elefanten hat in den letzten zwanzig Jahren
merklich abgenommen; dagegen begegnet man dem Strauße noch so hänfig, daß
seine Federn einen beträchtlichen Teil der Ausfuhr bilden. Die Zahl der Ein¬
wohner soll gegen 600 000 betragen, indes befinden sich darunter nicht mehr
als 40- bis 50 000 Weiße, meist Boers; die große Mehrzahl besteht aus
Schwarzen, welche den Kafferstämmen der Basutvs und Betschuanen angehören.

Die Geschichte der Boers der südafrikanischen Republik ist eine Reihen¬
folge von Wanderungen und blutigen Kämpfen, zu welchen die holländischen
Ansiedler Südafrikas durch die Unerträglichkeit der Regierungsgrundsätze Eng¬
lands in diesen Gegenden veranlaßt wurden. Der erste große Exodus dieser
anfänglich nur innerhalb der Grenzen der Kapkolonie angesiedelten "Afrikanders"
hatte Natal, das im Nordosten von jener zwischen dem untern Laufe des
Tugela und den Drakenbergen sich erstreckende Küstenland, zum Ziele, welches
im Jahre 1335 von dem Zululonige Dingacm an den englischen Kapitän
Gardiuer abgetreten worden war. Der letztere gründete hier die Niederlassung
Port d'Urban und konstituirte das Land als Republik Viktoria, sah aber sein
an die britische Regierung gerichtetes Gesuch, dasselbe unter ihren Schutz zu
nehmen, abgelehnt und zog sich, als allein zu schwach gegen die Angriffe der
benachbarten Kaffern, 1838 zurück, worauf die Kolonie einging. Mittlerweile
jedoch waren in deren Gebiet mehrere starke Haufen von Boers eingerückt, die
unter der Führung von Pieter Relief, Gerk Maritz und Andries Prctorins in


England und die Boers.

Landstrichen an ihrem Rande, im Norden der Limpopostrvm, während es im
Osten nur durch das schmale Natal und weiter nördlich nur durch ein ver¬
hältnismäßig kleines Stück portugiesischen Gebietes von Indischen Ozean ge¬
trennt wird. Diese BauernrepulM hat eine Ausdehnung von nngeführ
5400 Quadratmeilen, und das Land ist seinem geologischen Charakter nach in
der Hauptsache eine Hochfläche, die sich im Norden meist steil über Tiefebene»
erhebt, im Osten terrassenförmig, im Westen allmählich abfällt und in dem
Drakengebirge mit etwa 2700 Meter ihren höchsten Punkt erreicht. Dies
Plateau ist reich an Kohlen und Metallen, darunter auch Gold, die Ebenen
werden von zahlreichen Flüssen durchströmt. Auch fehlt es, vorzüglich in der
östlichen Hälfte, während des Sommers, d. h. hier in der Zeit von September
bis zum April, nicht an Regen. Das Klima endlich ist, abgesehen von den
tiefliegenden Gegenden, gemäßigt warm und sehr gesund. Allenthalben, wo
Regen fällt, zeigt das Land üppigen Graswuchs, an verschiednen Stellen, be¬
sonders in den Drakenbergeu, trifft man stattlichen Wald an, und wo es nicht
um Wasser mangelt, werden Mais, Hirse, Kaffcrkvni, die meisten unsrer Gemüse,
Zuckerrohr und Melonen gebant. Mehr indes als Ackerwirtschaft wird Vieh¬
zucht getrieben, die nur da unterbleiben muß, wo die giftige Tsetsefliege vor¬
kommt. Die Jagd ist sehr ergiebig, das Laud wimmelt an vielen Stellen von
Antilopen und Springböcken, auch an Löwen und Leoparden ist kein Mangel;
nur die Zahl der Nashörner und Elefanten hat in den letzten zwanzig Jahren
merklich abgenommen; dagegen begegnet man dem Strauße noch so hänfig, daß
seine Federn einen beträchtlichen Teil der Ausfuhr bilden. Die Zahl der Ein¬
wohner soll gegen 600 000 betragen, indes befinden sich darunter nicht mehr
als 40- bis 50 000 Weiße, meist Boers; die große Mehrzahl besteht aus
Schwarzen, welche den Kafferstämmen der Basutvs und Betschuanen angehören.

Die Geschichte der Boers der südafrikanischen Republik ist eine Reihen¬
folge von Wanderungen und blutigen Kämpfen, zu welchen die holländischen
Ansiedler Südafrikas durch die Unerträglichkeit der Regierungsgrundsätze Eng¬
lands in diesen Gegenden veranlaßt wurden. Der erste große Exodus dieser
anfänglich nur innerhalb der Grenzen der Kapkolonie angesiedelten „Afrikanders"
hatte Natal, das im Nordosten von jener zwischen dem untern Laufe des
Tugela und den Drakenbergen sich erstreckende Küstenland, zum Ziele, welches
im Jahre 1335 von dem Zululonige Dingacm an den englischen Kapitän
Gardiuer abgetreten worden war. Der letztere gründete hier die Niederlassung
Port d'Urban und konstituirte das Land als Republik Viktoria, sah aber sein
an die britische Regierung gerichtetes Gesuch, dasselbe unter ihren Schutz zu
nehmen, abgelehnt und zog sich, als allein zu schwach gegen die Angriffe der
benachbarten Kaffern, 1838 zurück, worauf die Kolonie einging. Mittlerweile
jedoch waren in deren Gebiet mehrere starke Haufen von Boers eingerückt, die
unter der Führung von Pieter Relief, Gerk Maritz und Andries Prctorins in


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/15>, abgerufen am 21.05.2024.