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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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also nicht wie der untere Bausch in einer Falte, sondern mit der Schnittkante
des Tuches endigt, 2. Als Untergewand ein einfacher Chiton; darüber el"
Überwurf ohne Ärmel aus anderm Stoff, welcher von den Schultern über den
Gürtel fällt und unten jenen vbenbeschriebenen runden Barsch bildet; hier-
über das vorher bezeichnete Brusttuch mit Ärmeln vom Stoff des Chiton.
3. Wiederum der einfache Chiton als Untergewand; darüber von anderm Stoff
jener den runden Bausch bildende Überwurf, diesmal aber mit Ärmeln, und
über diesem ein ärmelloses Brusttuch, welches demnach wesentlich aus zwei
Brust und Rücken bedeckenden, auf den Schultern zusammen gesteckte" Tüchern
besteht, von gleichem Material wie der Chiton. Die Ärmel sind bei dieser Tracht
weniger glockenförmig als bei den vorigen, das Armloch auch nicht so eng,
sondern meistens weit; sie sind auch in der Regel nicht zusammengenäht, sondern
durch kleine Knöpfe oder Fibeln zusammengehalten.

Schön kann mau diese Tracht, mag sie nun auf die eine oder auf die
andre Art erzielt sein, keineswegs nennen, da der kreisrunde Bausch meist weit
vom Körper absteht, was plump und ungeschickt aussieht. Aber trotzdem ent¬
wickelt sich daraus durchaus folgerichtig jene edle Tracht, welche wir ein¬
gangs als die "klassische," als die Tracht der besten Zeit der Kunst be¬
zeichnet haben. Anstatt nämlich diese verschiedenen Bausche und Brusttücher
aus zwei oder gar aus drei verschiedenen Kleidungsstücken herzustellen, geht
man allmählich zu dem an sich einfacheren, aber freilich ein noch viel kunst¬
volleres Arrangement der Kleidung erfordernden System über, die ganze Tracht
aus einem einzigen Kleidungsstück herzustellen. Es ist das ein langer, die
Körperlänge weit übertreffender Rock, welcher unten in der Länge von der
Taille bis zu den Füßen zusammengenäht, von da an aber entweder auf beiden
Seiten oder wenigstens auf der einen Seite offen ist. Mau gürtet diesen Rock
um die Hüften, nimmt den obern Teil des Rockes bis zu deu Schultern hinauf
und nadelt hier Rücken- und Brustblatt zusammen; mit dem überschüssigen Stoffe
kann man dann aber verschiedentlich verfahren. Entweder man nimmt gerade
so viel Stoff bis zur Schulter herauf, als man für den Körper vom Gürtel
bis zur Schulter nötig hat, und läßt dann das übrige vorn über die Brust
und hinten über den Rücken hinunterfallen und gürtet es mit; dann entsteht,
indem man diesen obern Gewandten noch etwas über den Gürtel herauszieht,
zunächst ein Bausch oberhalb des Gürtels, und das Ende des Gewandes
füllt bis unterhalb des Gürtels ungefähr etwas oberhalb der Kniee. Oder
>nan nimmt vom Gürtel ab ein größeres Stück ans, als man bis zur
Schulterhöhe brauchen würde, läßt das überschüssige Stück des zwischen dem Gürtel
und den Nadeln auf der Schulter befindlichen Teiles über den Gürtel herab¬
fallen, sodaß derselbe gänzlich dadurch verdeckt wird, und läßt dann, was vom
Stoff noch oberhalb der Schulternadeln übrig bleibt, über Brust und Rücken
wie ein Brusttuch uiederwalleu; die Nadelung auf den Schultern kann mau


also nicht wie der untere Bausch in einer Falte, sondern mit der Schnittkante
des Tuches endigt, 2. Als Untergewand ein einfacher Chiton; darüber el»
Überwurf ohne Ärmel aus anderm Stoff, welcher von den Schultern über den
Gürtel fällt und unten jenen vbenbeschriebenen runden Barsch bildet; hier-
über das vorher bezeichnete Brusttuch mit Ärmeln vom Stoff des Chiton.
3. Wiederum der einfache Chiton als Untergewand; darüber von anderm Stoff
jener den runden Bausch bildende Überwurf, diesmal aber mit Ärmeln, und
über diesem ein ärmelloses Brusttuch, welches demnach wesentlich aus zwei
Brust und Rücken bedeckenden, auf den Schultern zusammen gesteckte» Tüchern
besteht, von gleichem Material wie der Chiton. Die Ärmel sind bei dieser Tracht
weniger glockenförmig als bei den vorigen, das Armloch auch nicht so eng,
sondern meistens weit; sie sind auch in der Regel nicht zusammengenäht, sondern
durch kleine Knöpfe oder Fibeln zusammengehalten.

Schön kann mau diese Tracht, mag sie nun auf die eine oder auf die
andre Art erzielt sein, keineswegs nennen, da der kreisrunde Bausch meist weit
vom Körper absteht, was plump und ungeschickt aussieht. Aber trotzdem ent¬
wickelt sich daraus durchaus folgerichtig jene edle Tracht, welche wir ein¬
gangs als die „klassische," als die Tracht der besten Zeit der Kunst be¬
zeichnet haben. Anstatt nämlich diese verschiedenen Bausche und Brusttücher
aus zwei oder gar aus drei verschiedenen Kleidungsstücken herzustellen, geht
man allmählich zu dem an sich einfacheren, aber freilich ein noch viel kunst¬
volleres Arrangement der Kleidung erfordernden System über, die ganze Tracht
aus einem einzigen Kleidungsstück herzustellen. Es ist das ein langer, die
Körperlänge weit übertreffender Rock, welcher unten in der Länge von der
Taille bis zu den Füßen zusammengenäht, von da an aber entweder auf beiden
Seiten oder wenigstens auf der einen Seite offen ist. Mau gürtet diesen Rock
um die Hüften, nimmt den obern Teil des Rockes bis zu deu Schultern hinauf
und nadelt hier Rücken- und Brustblatt zusammen; mit dem überschüssigen Stoffe
kann man dann aber verschiedentlich verfahren. Entweder man nimmt gerade
so viel Stoff bis zur Schulter herauf, als man für den Körper vom Gürtel
bis zur Schulter nötig hat, und läßt dann das übrige vorn über die Brust
und hinten über den Rücken hinunterfallen und gürtet es mit; dann entsteht,
indem man diesen obern Gewandten noch etwas über den Gürtel herauszieht,
zunächst ein Bausch oberhalb des Gürtels, und das Ende des Gewandes
füllt bis unterhalb des Gürtels ungefähr etwas oberhalb der Kniee. Oder
>nan nimmt vom Gürtel ab ein größeres Stück ans, als man bis zur
Schulterhöhe brauchen würde, läßt das überschüssige Stück des zwischen dem Gürtel
und den Nadeln auf der Schulter befindlichen Teiles über den Gürtel herab¬
fallen, sodaß derselbe gänzlich dadurch verdeckt wird, und läßt dann, was vom
Stoff noch oberhalb der Schulternadeln übrig bleibt, über Brust und Rücken
wie ein Brusttuch uiederwalleu; die Nadelung auf den Schultern kann mau


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[0419] also nicht wie der untere Bausch in einer Falte, sondern mit der Schnittkante des Tuches endigt, 2. Als Untergewand ein einfacher Chiton; darüber el» Überwurf ohne Ärmel aus anderm Stoff, welcher von den Schultern über den Gürtel fällt und unten jenen vbenbeschriebenen runden Barsch bildet; hier- über das vorher bezeichnete Brusttuch mit Ärmeln vom Stoff des Chiton. 3. Wiederum der einfache Chiton als Untergewand; darüber von anderm Stoff jener den runden Bausch bildende Überwurf, diesmal aber mit Ärmeln, und über diesem ein ärmelloses Brusttuch, welches demnach wesentlich aus zwei Brust und Rücken bedeckenden, auf den Schultern zusammen gesteckte» Tüchern besteht, von gleichem Material wie der Chiton. Die Ärmel sind bei dieser Tracht weniger glockenförmig als bei den vorigen, das Armloch auch nicht so eng, sondern meistens weit; sie sind auch in der Regel nicht zusammengenäht, sondern durch kleine Knöpfe oder Fibeln zusammengehalten. Schön kann mau diese Tracht, mag sie nun auf die eine oder auf die andre Art erzielt sein, keineswegs nennen, da der kreisrunde Bausch meist weit vom Körper absteht, was plump und ungeschickt aussieht. Aber trotzdem ent¬ wickelt sich daraus durchaus folgerichtig jene edle Tracht, welche wir ein¬ gangs als die „klassische," als die Tracht der besten Zeit der Kunst be¬ zeichnet haben. Anstatt nämlich diese verschiedenen Bausche und Brusttücher aus zwei oder gar aus drei verschiedenen Kleidungsstücken herzustellen, geht man allmählich zu dem an sich einfacheren, aber freilich ein noch viel kunst¬ volleres Arrangement der Kleidung erfordernden System über, die ganze Tracht aus einem einzigen Kleidungsstück herzustellen. Es ist das ein langer, die Körperlänge weit übertreffender Rock, welcher unten in der Länge von der Taille bis zu den Füßen zusammengenäht, von da an aber entweder auf beiden Seiten oder wenigstens auf der einen Seite offen ist. Mau gürtet diesen Rock um die Hüften, nimmt den obern Teil des Rockes bis zu deu Schultern hinauf und nadelt hier Rücken- und Brustblatt zusammen; mit dem überschüssigen Stoffe kann man dann aber verschiedentlich verfahren. Entweder man nimmt gerade so viel Stoff bis zur Schulter herauf, als man für den Körper vom Gürtel bis zur Schulter nötig hat, und läßt dann das übrige vorn über die Brust und hinten über den Rücken hinunterfallen und gürtet es mit; dann entsteht, indem man diesen obern Gewandten noch etwas über den Gürtel herauszieht, zunächst ein Bausch oberhalb des Gürtels, und das Ende des Gewandes füllt bis unterhalb des Gürtels ungefähr etwas oberhalb der Kniee. Oder >nan nimmt vom Gürtel ab ein größeres Stück ans, als man bis zur Schulterhöhe brauchen würde, läßt das überschüssige Stück des zwischen dem Gürtel und den Nadeln auf der Schulter befindlichen Teiles über den Gürtel herab¬ fallen, sodaß derselbe gänzlich dadurch verdeckt wird, und läßt dann, was vom Stoff noch oberhalb der Schulternadeln übrig bleibt, über Brust und Rücken wie ein Brusttuch uiederwalleu; die Nadelung auf den Schultern kann mau

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/419>, abgerufen am 22.05.2024.