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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.

daß auch der Mailänder Kunstfreund Ercole Bianchi für sich eine Wieder¬
holung der ganzen Bilderreihe bestellte. Die Ausführung der drei andern Ele¬
mente verzögerte sich freilich bis zum Jahre 1621, mit welchem Datum Brueghel
das letzte Bild, die "Luft," bezeichnet hat. Diese und die "Erde" sind im Louvre,
wohin sie Napoleon entführen ließ, zurückgeblieben, während sich das "Feuer"
und das "Wasser" noch in der ambrosianischen Bibliothek in Mailand befinden.

Aus einer andern Folge der Elemente besitzt die Berliner Galerie das
Feuer unter dem Titel: "Die Schmiede des Vulkan." In einem großen, ruinen-
haften Gebäude ist Vulkan beschäftigt, einen Schild zu schmieden, während
Venus und Amor feiner Arbeit zusehen. Die Erde ist mit Hunderten von
Nüstungsstücken, mit Helmen, Brustpanzern, Arm- und Beinschienen, mit kunst¬
vollen Pokalen und sonstigen Gefäßen aus Gold, Silber und andern Metallen
bedeckt, kurz, mit allem, was mit Hilfe des Feuers ans Metall gefertigt werden
kann. Jedes einzelne Stück ist mit erstaunlicher Sorgfalt nach der Natur ge¬
malt: man sieht, wie die goldnen Damascirungen der Waffen mit feinem Pinsel
aufgetragen siud, und felbst die Spiegelung der Metallflächen ist mit großen:
Geschick nachgeahmt. Neben Vulkan sind noch mehrere Gesellen in der Schmiede
thätig, und rechts ist in der Ferne ein feuerspeiender Berg sichtbar. Die Fi¬
guren dieses Gemäldes hat Hendrik van Balen gemalt, ebenso wie ans zwei
andern, aus demselben Gedankenkreise hervorgegangenen Bildern, die sich im
königlichen Schlosse zu Berlin befinden. Das eine derselben ist eine Allegorie
auf die Gaben der Erde und des Wassers. In einer waldigen Landschaft sitzt
am Ufer eines Flusses die Göttin Ceres, welcher Flora, ein Satyr und ein
Kind von zwei Seiten Blumen und Früchte darbringen. Im Hintergrunde links
sieht man Poseidon und Amphitrite, von andern Meeresgottheiten umgeben,
auf einem Gespann die Fluten durchschneiden. Das Hauptgewicht ist auch hier
auf die Darstellung der Blumen und Früchte und des Getiers gelegt, welches
den Fluß, die Erde und die Bäume belebe Man sieht seltsam gefärbte blaue
und rote Fische, wie sie Brueghel in Italien oder aus der exotischen Fracht
der niederländischen Handelsschiffe kennen gelernt haben mag, Hummer, eine
Fischotter, einen Reiher, Affen, Meerschweinchen und dergleichen mehr, alle mit
derselben Geduld und Sauberkeit gemalt wie die Blumen, wie jeder Zweig,
jedes Blatt der Bäume. Das zweite Bild gipfelt ebenfalls in einem Triumph
der Ceres, welche mit beiden Armen das reichgefüllte Horn des Überflusses hält.
Zu ihrer Rechten steht man einen Satyr und ein Kind mit Trauben beladen,
zu ihrer Linken einen Knaben mit Blumen, und auf dem Boden liegt ein Mann
mit einem Ährenbündel unter dem Arme. Links blickt man auf ein Getreide¬
feld mit erntenden Arbeitern, rechts auf einen Fluß, an welchem Städte und
Dörfer liegen. In der Luft fliegen bunte Finken und Schmetterlinge umher,
Eichhörnchen hüpfen von Ast zu Ast und auf dem Erdboden bemerkt man n. ni.
ein Meerschweinchenpaar.


Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei.

daß auch der Mailänder Kunstfreund Ercole Bianchi für sich eine Wieder¬
holung der ganzen Bilderreihe bestellte. Die Ausführung der drei andern Ele¬
mente verzögerte sich freilich bis zum Jahre 1621, mit welchem Datum Brueghel
das letzte Bild, die „Luft," bezeichnet hat. Diese und die „Erde" sind im Louvre,
wohin sie Napoleon entführen ließ, zurückgeblieben, während sich das „Feuer"
und das „Wasser" noch in der ambrosianischen Bibliothek in Mailand befinden.

Aus einer andern Folge der Elemente besitzt die Berliner Galerie das
Feuer unter dem Titel: „Die Schmiede des Vulkan." In einem großen, ruinen-
haften Gebäude ist Vulkan beschäftigt, einen Schild zu schmieden, während
Venus und Amor feiner Arbeit zusehen. Die Erde ist mit Hunderten von
Nüstungsstücken, mit Helmen, Brustpanzern, Arm- und Beinschienen, mit kunst¬
vollen Pokalen und sonstigen Gefäßen aus Gold, Silber und andern Metallen
bedeckt, kurz, mit allem, was mit Hilfe des Feuers ans Metall gefertigt werden
kann. Jedes einzelne Stück ist mit erstaunlicher Sorgfalt nach der Natur ge¬
malt: man sieht, wie die goldnen Damascirungen der Waffen mit feinem Pinsel
aufgetragen siud, und felbst die Spiegelung der Metallflächen ist mit großen:
Geschick nachgeahmt. Neben Vulkan sind noch mehrere Gesellen in der Schmiede
thätig, und rechts ist in der Ferne ein feuerspeiender Berg sichtbar. Die Fi¬
guren dieses Gemäldes hat Hendrik van Balen gemalt, ebenso wie ans zwei
andern, aus demselben Gedankenkreise hervorgegangenen Bildern, die sich im
königlichen Schlosse zu Berlin befinden. Das eine derselben ist eine Allegorie
auf die Gaben der Erde und des Wassers. In einer waldigen Landschaft sitzt
am Ufer eines Flusses die Göttin Ceres, welcher Flora, ein Satyr und ein
Kind von zwei Seiten Blumen und Früchte darbringen. Im Hintergrunde links
sieht man Poseidon und Amphitrite, von andern Meeresgottheiten umgeben,
auf einem Gespann die Fluten durchschneiden. Das Hauptgewicht ist auch hier
auf die Darstellung der Blumen und Früchte und des Getiers gelegt, welches
den Fluß, die Erde und die Bäume belebe Man sieht seltsam gefärbte blaue
und rote Fische, wie sie Brueghel in Italien oder aus der exotischen Fracht
der niederländischen Handelsschiffe kennen gelernt haben mag, Hummer, eine
Fischotter, einen Reiher, Affen, Meerschweinchen und dergleichen mehr, alle mit
derselben Geduld und Sauberkeit gemalt wie die Blumen, wie jeder Zweig,
jedes Blatt der Bäume. Das zweite Bild gipfelt ebenfalls in einem Triumph
der Ceres, welche mit beiden Armen das reichgefüllte Horn des Überflusses hält.
Zu ihrer Rechten steht man einen Satyr und ein Kind mit Trauben beladen,
zu ihrer Linken einen Knaben mit Blumen, und auf dem Boden liegt ein Mann
mit einem Ährenbündel unter dem Arme. Links blickt man auf ein Getreide¬
feld mit erntenden Arbeitern, rechts auf einen Fluß, an welchem Städte und
Dörfer liegen. In der Luft fliegen bunte Finken und Schmetterlinge umher,
Eichhörnchen hüpfen von Ast zu Ast und auf dem Erdboden bemerkt man n. ni.
ein Meerschweinchenpaar.


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[0683] Die niederländische Genre- und Landschaftsmalerei. daß auch der Mailänder Kunstfreund Ercole Bianchi für sich eine Wieder¬ holung der ganzen Bilderreihe bestellte. Die Ausführung der drei andern Ele¬ mente verzögerte sich freilich bis zum Jahre 1621, mit welchem Datum Brueghel das letzte Bild, die „Luft," bezeichnet hat. Diese und die „Erde" sind im Louvre, wohin sie Napoleon entführen ließ, zurückgeblieben, während sich das „Feuer" und das „Wasser" noch in der ambrosianischen Bibliothek in Mailand befinden. Aus einer andern Folge der Elemente besitzt die Berliner Galerie das Feuer unter dem Titel: „Die Schmiede des Vulkan." In einem großen, ruinen- haften Gebäude ist Vulkan beschäftigt, einen Schild zu schmieden, während Venus und Amor feiner Arbeit zusehen. Die Erde ist mit Hunderten von Nüstungsstücken, mit Helmen, Brustpanzern, Arm- und Beinschienen, mit kunst¬ vollen Pokalen und sonstigen Gefäßen aus Gold, Silber und andern Metallen bedeckt, kurz, mit allem, was mit Hilfe des Feuers ans Metall gefertigt werden kann. Jedes einzelne Stück ist mit erstaunlicher Sorgfalt nach der Natur ge¬ malt: man sieht, wie die goldnen Damascirungen der Waffen mit feinem Pinsel aufgetragen siud, und felbst die Spiegelung der Metallflächen ist mit großen: Geschick nachgeahmt. Neben Vulkan sind noch mehrere Gesellen in der Schmiede thätig, und rechts ist in der Ferne ein feuerspeiender Berg sichtbar. Die Fi¬ guren dieses Gemäldes hat Hendrik van Balen gemalt, ebenso wie ans zwei andern, aus demselben Gedankenkreise hervorgegangenen Bildern, die sich im königlichen Schlosse zu Berlin befinden. Das eine derselben ist eine Allegorie auf die Gaben der Erde und des Wassers. In einer waldigen Landschaft sitzt am Ufer eines Flusses die Göttin Ceres, welcher Flora, ein Satyr und ein Kind von zwei Seiten Blumen und Früchte darbringen. Im Hintergrunde links sieht man Poseidon und Amphitrite, von andern Meeresgottheiten umgeben, auf einem Gespann die Fluten durchschneiden. Das Hauptgewicht ist auch hier auf die Darstellung der Blumen und Früchte und des Getiers gelegt, welches den Fluß, die Erde und die Bäume belebe Man sieht seltsam gefärbte blaue und rote Fische, wie sie Brueghel in Italien oder aus der exotischen Fracht der niederländischen Handelsschiffe kennen gelernt haben mag, Hummer, eine Fischotter, einen Reiher, Affen, Meerschweinchen und dergleichen mehr, alle mit derselben Geduld und Sauberkeit gemalt wie die Blumen, wie jeder Zweig, jedes Blatt der Bäume. Das zweite Bild gipfelt ebenfalls in einem Triumph der Ceres, welche mit beiden Armen das reichgefüllte Horn des Überflusses hält. Zu ihrer Rechten steht man einen Satyr und ein Kind mit Trauben beladen, zu ihrer Linken einen Knaben mit Blumen, und auf dem Boden liegt ein Mann mit einem Ährenbündel unter dem Arme. Links blickt man auf ein Getreide¬ feld mit erntenden Arbeitern, rechts auf einen Fluß, an welchem Städte und Dörfer liegen. In der Luft fliegen bunte Finken und Schmetterlinge umher, Eichhörnchen hüpfen von Ast zu Ast und auf dem Erdboden bemerkt man n. ni. ein Meerschweinchenpaar.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/683>, abgerufen am 15.05.2024.