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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal.

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England und die Boers.

gelingen, und zuletzt war nicht mehr von einer Anleihe, sondern nur noch von
einer Beihilfe einiger Bankiers und Millionäre bei der beabsichtigten Gründung
einer Nationalbank im Transvaallande die Rede,

Die Delegation kam auf ihrer europäischen Tour einige Wochen später
auch nach der Kaiserstadt des deutschen Reiches, wo die Herren die Ehre hatten,
vom Kaiser Wilhelm und dem Fürsten von Bismarck empfangen zu werden.
Was der letztere dabei mit ihnen besprochen, blieb Vermutung. Dagegen wollten
Zeitungen von der Audienz beim Kaiser Kunde haben. Nach einem in New-
York erschienenen Blatte, das uns vorliegt, hätte -- wir betonen das "hätte" --
Präsident Krüger bei dieser Zusammenkunft gesagt: "Es ist mir eine Ehre und
wahre Freude, von Euer Majestät in so freundlicher Weise empfangen worden
zu sein, und zwar umsomehr, als ein großer Teil der Bevölkerung der süd¬
afrikanischen Republik, ja von ganz Südafrika, von deutscher Abstammung ist.*)
Ich selbst bin stolz darauf, deutscher Herkunft zu sein, obgleich ich zu meinem
Bedauern nicht imstande bin, Euer Majestät in der Sprache meiner Vorväter
anzureden. Ich hege die Hoffnung und den Wunsch, daß die Beziehungen
zwischen Deutschland und Transvaal und in der That zwischen Deutschland und
ganz Südafrika immer freundschaftlich bleiben werden, und daß der kommerzielle
Verkehr zwischen den beiden Ländern zur Förderung ihrer beiderseitigen Wohl¬
fahrt gedeihen wird. Wahrhaft glücklich würde ich sein, wenn mein gegenwär¬
tiger Besuch und derjenige der übrigen Vertreter der südafrikanischen Republik
dazu beitragen könnte, dieses Ergebnis herbeizuführen." Darauf hätte Kaiser
Wilhelm erwiedert: "Ich freue mich sehr, Herr Präsident, in Ihnen dem Ver¬
treter eines Gemeinwesens zu begegnen, das mit Deutschland durch die Bande
der Verwandtschaft verknüpft ist. Ich habe stets ein lebhaftes Interesse an
dem Entstehen und Gedeihen Ihres Staates genommen, und bin umso befrie¬
digter darüber, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und
der Republik im Transvaal jetzt vertragsmäßig Ausdruck erhalten sollen. Ich
bin überzeugt, daß ein wachsender Verkehr zwischen dem deutschen Reiche und
Ihrem Lande dazu führen wird, die Gefühle der Freundschaft und Sympathie,
welche zwischen den beiden verwandten Völkern bestehen, zu verstärken, und Ich
meinesteils werde mich bemühen, dieses Ziel zu fördern."

Wie es mit dem hier erwähnten Vertrage steht, wissen wir nicht. Viel¬
leicht sind sogar die hier mitgeteilten Reden halb oder ganz apokryph. Aber
bisweilen haben auch amerikanische Blätter gute Quelle", und so darf sie der,
welcher Zeitgeschichte schreibt, nicht ganz außer Acht lassen.





Andre Holländer, z. B. unsre Nachbarn am untersten Laufe des Rheins, Pflegen sich
an ihre nahe Verwandtschaft mit uns nicht gern zu erinnern, manche fürchten uns, beiläufig
ohne vernünftigen Grund, und die vorige Königin der Niederlande war, obwohl die Tochter
eines deutschen Fürsten -- des Königs Wilhelm von Wttrtcmbcrg --, eine der erbittertsten
und rührigsten Gegnerinnen des Systems, unter welchem Deutschland einig und mächtig wurde.
England und die Boers.

gelingen, und zuletzt war nicht mehr von einer Anleihe, sondern nur noch von
einer Beihilfe einiger Bankiers und Millionäre bei der beabsichtigten Gründung
einer Nationalbank im Transvaallande die Rede,

Die Delegation kam auf ihrer europäischen Tour einige Wochen später
auch nach der Kaiserstadt des deutschen Reiches, wo die Herren die Ehre hatten,
vom Kaiser Wilhelm und dem Fürsten von Bismarck empfangen zu werden.
Was der letztere dabei mit ihnen besprochen, blieb Vermutung. Dagegen wollten
Zeitungen von der Audienz beim Kaiser Kunde haben. Nach einem in New-
York erschienenen Blatte, das uns vorliegt, hätte — wir betonen das „hätte" —
Präsident Krüger bei dieser Zusammenkunft gesagt: „Es ist mir eine Ehre und
wahre Freude, von Euer Majestät in so freundlicher Weise empfangen worden
zu sein, und zwar umsomehr, als ein großer Teil der Bevölkerung der süd¬
afrikanischen Republik, ja von ganz Südafrika, von deutscher Abstammung ist.*)
Ich selbst bin stolz darauf, deutscher Herkunft zu sein, obgleich ich zu meinem
Bedauern nicht imstande bin, Euer Majestät in der Sprache meiner Vorväter
anzureden. Ich hege die Hoffnung und den Wunsch, daß die Beziehungen
zwischen Deutschland und Transvaal und in der That zwischen Deutschland und
ganz Südafrika immer freundschaftlich bleiben werden, und daß der kommerzielle
Verkehr zwischen den beiden Ländern zur Förderung ihrer beiderseitigen Wohl¬
fahrt gedeihen wird. Wahrhaft glücklich würde ich sein, wenn mein gegenwär¬
tiger Besuch und derjenige der übrigen Vertreter der südafrikanischen Republik
dazu beitragen könnte, dieses Ergebnis herbeizuführen." Darauf hätte Kaiser
Wilhelm erwiedert: „Ich freue mich sehr, Herr Präsident, in Ihnen dem Ver¬
treter eines Gemeinwesens zu begegnen, das mit Deutschland durch die Bande
der Verwandtschaft verknüpft ist. Ich habe stets ein lebhaftes Interesse an
dem Entstehen und Gedeihen Ihres Staates genommen, und bin umso befrie¬
digter darüber, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und
der Republik im Transvaal jetzt vertragsmäßig Ausdruck erhalten sollen. Ich
bin überzeugt, daß ein wachsender Verkehr zwischen dem deutschen Reiche und
Ihrem Lande dazu führen wird, die Gefühle der Freundschaft und Sympathie,
welche zwischen den beiden verwandten Völkern bestehen, zu verstärken, und Ich
meinesteils werde mich bemühen, dieses Ziel zu fördern."

Wie es mit dem hier erwähnten Vertrage steht, wissen wir nicht. Viel¬
leicht sind sogar die hier mitgeteilten Reden halb oder ganz apokryph. Aber
bisweilen haben auch amerikanische Blätter gute Quelle», und so darf sie der,
welcher Zeitgeschichte schreibt, nicht ganz außer Acht lassen.





Andre Holländer, z. B. unsre Nachbarn am untersten Laufe des Rheins, Pflegen sich
an ihre nahe Verwandtschaft mit uns nicht gern zu erinnern, manche fürchten uns, beiläufig
ohne vernünftigen Grund, und die vorige Königin der Niederlande war, obwohl die Tochter
eines deutschen Fürsten — des Königs Wilhelm von Wttrtcmbcrg —, eine der erbittertsten
und rührigsten Gegnerinnen des Systems, unter welchem Deutschland einig und mächtig wurde.
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[0081] England und die Boers. gelingen, und zuletzt war nicht mehr von einer Anleihe, sondern nur noch von einer Beihilfe einiger Bankiers und Millionäre bei der beabsichtigten Gründung einer Nationalbank im Transvaallande die Rede, Die Delegation kam auf ihrer europäischen Tour einige Wochen später auch nach der Kaiserstadt des deutschen Reiches, wo die Herren die Ehre hatten, vom Kaiser Wilhelm und dem Fürsten von Bismarck empfangen zu werden. Was der letztere dabei mit ihnen besprochen, blieb Vermutung. Dagegen wollten Zeitungen von der Audienz beim Kaiser Kunde haben. Nach einem in New- York erschienenen Blatte, das uns vorliegt, hätte — wir betonen das „hätte" — Präsident Krüger bei dieser Zusammenkunft gesagt: „Es ist mir eine Ehre und wahre Freude, von Euer Majestät in so freundlicher Weise empfangen worden zu sein, und zwar umsomehr, als ein großer Teil der Bevölkerung der süd¬ afrikanischen Republik, ja von ganz Südafrika, von deutscher Abstammung ist.*) Ich selbst bin stolz darauf, deutscher Herkunft zu sein, obgleich ich zu meinem Bedauern nicht imstande bin, Euer Majestät in der Sprache meiner Vorväter anzureden. Ich hege die Hoffnung und den Wunsch, daß die Beziehungen zwischen Deutschland und Transvaal und in der That zwischen Deutschland und ganz Südafrika immer freundschaftlich bleiben werden, und daß der kommerzielle Verkehr zwischen den beiden Ländern zur Förderung ihrer beiderseitigen Wohl¬ fahrt gedeihen wird. Wahrhaft glücklich würde ich sein, wenn mein gegenwär¬ tiger Besuch und derjenige der übrigen Vertreter der südafrikanischen Republik dazu beitragen könnte, dieses Ergebnis herbeizuführen." Darauf hätte Kaiser Wilhelm erwiedert: „Ich freue mich sehr, Herr Präsident, in Ihnen dem Ver¬ treter eines Gemeinwesens zu begegnen, das mit Deutschland durch die Bande der Verwandtschaft verknüpft ist. Ich habe stets ein lebhaftes Interesse an dem Entstehen und Gedeihen Ihres Staates genommen, und bin umso befrie¬ digter darüber, daß die freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und der Republik im Transvaal jetzt vertragsmäßig Ausdruck erhalten sollen. Ich bin überzeugt, daß ein wachsender Verkehr zwischen dem deutschen Reiche und Ihrem Lande dazu führen wird, die Gefühle der Freundschaft und Sympathie, welche zwischen den beiden verwandten Völkern bestehen, zu verstärken, und Ich meinesteils werde mich bemühen, dieses Ziel zu fördern." Wie es mit dem hier erwähnten Vertrage steht, wissen wir nicht. Viel¬ leicht sind sogar die hier mitgeteilten Reden halb oder ganz apokryph. Aber bisweilen haben auch amerikanische Blätter gute Quelle», und so darf sie der, welcher Zeitgeschichte schreibt, nicht ganz außer Acht lassen. Andre Holländer, z. B. unsre Nachbarn am untersten Laufe des Rheins, Pflegen sich an ihre nahe Verwandtschaft mit uns nicht gern zu erinnern, manche fürchten uns, beiläufig ohne vernünftigen Grund, und die vorige Königin der Niederlande war, obwohl die Tochter eines deutschen Fürsten — des Königs Wilhelm von Wttrtcmbcrg —, eine der erbittertsten und rührigsten Gegnerinnen des Systems, unter welchem Deutschland einig und mächtig wurde.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_194675/81>, abgerufen am 22.05.2024.