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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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machte die Entdecker zu immer kühnerem Seefahrern, sodaß, als Heinrich der
Seefahrer im Jahre 1460 starb, die Portugiesen unter den seefahrenden Na¬
tionen mit die tüchtigsten waren. Trotzdem erfolgten die weiteren Entdeckungen
nicht so schnell, als man hätte erwarten sollen, da man die geschäftliche Aus¬
beutung der erschlossenen Landstriche zur Hauptsache machte, auch andre Unter¬
nehmungen der Portugiesen die afrikanischen in den Hintergrund treten ließen.
Erst 1484 wurde auf einer Reise, an welcher auch ein Deutscher, der Nürn¬
berger Geograph Behaim aus dem Geschlechte der Schwarzbach, teilnahm, der
heute soviel genannte Kongo entdeckt. Zwei Jahre später, also im Jahre 1486,
fuhr Bartholomev Diaz weiter nach Süden. Ihm war es beschieden, die Süd¬
spitze von Afrika zu erreichen und damit den Weg nach Indien offen zu legen.
Der so bedeutungsvolle Vorgang wird uns ungefähr folgendermaßen erzählt.
In der Nähe des Se. Helena-Golfs, den er die Bucht der Kreuzungen nannte,
weil widrige Winde zum Laviren zwangen, mußte man die hohe See suchen,
und ein Sturm warf die Schiffe mit eingezogenen Segeln drei Tage lang vor
sich her. Da bemerkte das Schiffsvolk, "daß die Wellen viel kälter und für
die kleinen Fahrzeuge zu gewaltig wurde"." Nun steuerte man gegen Osten,
wo man die Küste Afrikas vermutete. Als die Küste sich nicht zeigte, "da
ging deu Seefahrern das Herz auf, denn sie merkten, daß sie über die Süd¬
spitze des Festlandes gelangt sein müßten." Sie hielten nun nach Norden und
gelangten an eine Bucht, welche sie die Kuhhirteubucht nannten, weil sie dort
zahlreiche Herden weiden sahen.- Es war die Algoabai. So hatten sie die
Spitze Afrikas umfahren. Auf eiuer kleinen Insel, die sie Cruz nannte", er¬
richtete Diaz einen Wappenpfeiler, wie sie die portugiesischen Entdecker mit sich
führten, um durch Errichtung derselben die Besitzergreifung des betreffenden
Landes kenntlich zu machen. Dann bewog er das Schiffsvolk, das zaghaft
zurückstrebte, noch drei Tage lang weiter zu fahren. Dn die Küste während
dieser Zeit immer noch nach Osten weiter verlief, so kehrte er um. Als er
seinen Wappenpfeiler auf der Insel Cruz wieder erreichte, da umklammerte er
ihn und nahm von ihm einen herzbrechenden Abschied, "wie man einen Sohn
aus den Armen läßt, der in lebenslängliche Verbqnnung geht." Dann kam
ihm die Südspitze Afrikas zu Gesicht, die sie "Tormentvsa," das stürmische
Vorgebirge, nannten; König Johann der Zweite in seinen hochgespannter Er¬
wartungen wandelte den Namen in ein "Kap der guten Hoffnung" um.

Zehn Jahre später schlug Vasco da Gama denselben Weg ein; er folgte
der Küste, bis sie nach Norden umbog, erreichte am 23. Januar 1498 die
Mündung des Sambesi, war am 1. März vor dem Hafen von Mozambique,


Dienste erlittenen Drangsale ihnen einen siegreichen Tag, Ruhm sür ihre Mühen und Ersatz
für ihre Kosten zu gewlihren, denu an Männern, Frauen und Kindern wurden zusammen
1öK Stück gefangen."

machte die Entdecker zu immer kühnerem Seefahrern, sodaß, als Heinrich der
Seefahrer im Jahre 1460 starb, die Portugiesen unter den seefahrenden Na¬
tionen mit die tüchtigsten waren. Trotzdem erfolgten die weiteren Entdeckungen
nicht so schnell, als man hätte erwarten sollen, da man die geschäftliche Aus¬
beutung der erschlossenen Landstriche zur Hauptsache machte, auch andre Unter¬
nehmungen der Portugiesen die afrikanischen in den Hintergrund treten ließen.
Erst 1484 wurde auf einer Reise, an welcher auch ein Deutscher, der Nürn¬
berger Geograph Behaim aus dem Geschlechte der Schwarzbach, teilnahm, der
heute soviel genannte Kongo entdeckt. Zwei Jahre später, also im Jahre 1486,
fuhr Bartholomev Diaz weiter nach Süden. Ihm war es beschieden, die Süd¬
spitze von Afrika zu erreichen und damit den Weg nach Indien offen zu legen.
Der so bedeutungsvolle Vorgang wird uns ungefähr folgendermaßen erzählt.
In der Nähe des Se. Helena-Golfs, den er die Bucht der Kreuzungen nannte,
weil widrige Winde zum Laviren zwangen, mußte man die hohe See suchen,
und ein Sturm warf die Schiffe mit eingezogenen Segeln drei Tage lang vor
sich her. Da bemerkte das Schiffsvolk, „daß die Wellen viel kälter und für
die kleinen Fahrzeuge zu gewaltig wurde»." Nun steuerte man gegen Osten,
wo man die Küste Afrikas vermutete. Als die Küste sich nicht zeigte, „da
ging deu Seefahrern das Herz auf, denn sie merkten, daß sie über die Süd¬
spitze des Festlandes gelangt sein müßten." Sie hielten nun nach Norden und
gelangten an eine Bucht, welche sie die Kuhhirteubucht nannten, weil sie dort
zahlreiche Herden weiden sahen.- Es war die Algoabai. So hatten sie die
Spitze Afrikas umfahren. Auf eiuer kleinen Insel, die sie Cruz nannte», er¬
richtete Diaz einen Wappenpfeiler, wie sie die portugiesischen Entdecker mit sich
führten, um durch Errichtung derselben die Besitzergreifung des betreffenden
Landes kenntlich zu machen. Dann bewog er das Schiffsvolk, das zaghaft
zurückstrebte, noch drei Tage lang weiter zu fahren. Dn die Küste während
dieser Zeit immer noch nach Osten weiter verlief, so kehrte er um. Als er
seinen Wappenpfeiler auf der Insel Cruz wieder erreichte, da umklammerte er
ihn und nahm von ihm einen herzbrechenden Abschied, „wie man einen Sohn
aus den Armen läßt, der in lebenslängliche Verbqnnung geht." Dann kam
ihm die Südspitze Afrikas zu Gesicht, die sie „Tormentvsa," das stürmische
Vorgebirge, nannten; König Johann der Zweite in seinen hochgespannter Er¬
wartungen wandelte den Namen in ein „Kap der guten Hoffnung" um.

Zehn Jahre später schlug Vasco da Gama denselben Weg ein; er folgte
der Küste, bis sie nach Norden umbog, erreichte am 23. Januar 1498 die
Mündung des Sambesi, war am 1. März vor dem Hafen von Mozambique,


Dienste erlittenen Drangsale ihnen einen siegreichen Tag, Ruhm sür ihre Mühen und Ersatz
für ihre Kosten zu gewlihren, denu an Männern, Frauen und Kindern wurden zusammen
1öK Stück gefangen."
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/232>, abgerufen am 18.05.2024.