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Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

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Um eine perle.

Eine Weile stand Giuseppe in Gedanken, dann wies er mit dem Finger
auf eine etwas nähergelegene Thür.

II xu-äro, lautete die gedämpft leise Auskunft.

Die Thür zu seinen Gemächern, sagte Giuseppe, aber wo ist er selbst?

Eufcmia zuckte die Achseln.

Giuseppe faßte ihren Arm. Du belügst mich, Weib, flüsterte er mit
drohendem Stirnrunzeln, du weißt, wo er ist.

Sie wollte vor Angst in die Kniee sinken, denn sie wußte in Wirklichkeit
nicht, wo ihr Herr in diesem Augenblicke war; möglicherweise bei Signor Ab-
bvndio selbst.

Giuseppe ließ sie los. Eufemia, sagte er leisen Tones, ich will dir
glauben; ich bedarf aber deines willigen, ganzen Beistandes, soll deine arme
Herrin gerettet werden; das vergiß nicht.

O Signore, o Altezza! wollte Eufcmia jammern, sie hätte ja, da es nun
doch einmal sein mußte, so gern in einem fort über alles und jedes Rede ge¬
standen. Aber Giuseppe legte ihr schon wieder die Hand ans den Mund. Nur
das Allernötigste antworten, sagte er, nicht mehr, nicht weniger. Und er wies
auf die dem Treppchen gegenüberliegende Flügelthür hin, neben welcher ein
braunes hölzernes Kruzifix und ein messingenes Wcihwasserbecken hingen.

I.g, xi'iQvixö88g,> flüsterte Eufemia und faltete mit der Miene einer Für¬
bittenden die Hände; laßt mich wenigstens sie vorbereiten, Ececllenza, flehte sie,
es könnte ihr Tod sein!

Schon wieder mußte sie schweigen.

Giuseppe überlegte.

Er hörte im Geiste die Worte Floridas: Wäre es zu verwundern gewesen,
wenn mich der Schlag getroffen hätte? Und jetzt nach eben erst überstandener
Krankheit! Aber war der Dienerin zu trauen? Und Florida selbst, würde ihr
Pflichtgefühl sie nicht zage machen, sie nicht vor ihrem Geliebten in die Flucht,
in die Arme ihres tyrannischen Vaters treiben?

Folge mir! gebot er. Bebend gehorchte Eufemia.

Wie alle Treppen und Gänge im ganzen Palast, war auch der Korridor
des Stockwerks, in welchem man sich befand, mit dicken persischen Teppichen
belegt. Lautlos gelangte Giuseppe an die Thür, lautlos öffnete er sie. Aber
es war nur erst die äußere Thür gewesen, er stand vor einer zweiten, der
inneren Flügelthür.

Noch einmal flehte Eufcmia.

Noch einmal überlegte Giuseppe.

Geh voran, sagte er endlich, aber mein Fuß und mein Schwert folgen
dir auf den Fersen.

Sie schlüpfte an ihm vorbei, er zügelte ihren Schritt, sie gehorchte, und
er folgte.


Um eine perle.

Eine Weile stand Giuseppe in Gedanken, dann wies er mit dem Finger
auf eine etwas nähergelegene Thür.

II xu-äro, lautete die gedämpft leise Auskunft.

Die Thür zu seinen Gemächern, sagte Giuseppe, aber wo ist er selbst?

Eufcmia zuckte die Achseln.

Giuseppe faßte ihren Arm. Du belügst mich, Weib, flüsterte er mit
drohendem Stirnrunzeln, du weißt, wo er ist.

Sie wollte vor Angst in die Kniee sinken, denn sie wußte in Wirklichkeit
nicht, wo ihr Herr in diesem Augenblicke war; möglicherweise bei Signor Ab-
bvndio selbst.

Giuseppe ließ sie los. Eufemia, sagte er leisen Tones, ich will dir
glauben; ich bedarf aber deines willigen, ganzen Beistandes, soll deine arme
Herrin gerettet werden; das vergiß nicht.

O Signore, o Altezza! wollte Eufcmia jammern, sie hätte ja, da es nun
doch einmal sein mußte, so gern in einem fort über alles und jedes Rede ge¬
standen. Aber Giuseppe legte ihr schon wieder die Hand ans den Mund. Nur
das Allernötigste antworten, sagte er, nicht mehr, nicht weniger. Und er wies
auf die dem Treppchen gegenüberliegende Flügelthür hin, neben welcher ein
braunes hölzernes Kruzifix und ein messingenes Wcihwasserbecken hingen.

I.g, xi'iQvixö88g,> flüsterte Eufemia und faltete mit der Miene einer Für¬
bittenden die Hände; laßt mich wenigstens sie vorbereiten, Ececllenza, flehte sie,
es könnte ihr Tod sein!

Schon wieder mußte sie schweigen.

Giuseppe überlegte.

Er hörte im Geiste die Worte Floridas: Wäre es zu verwundern gewesen,
wenn mich der Schlag getroffen hätte? Und jetzt nach eben erst überstandener
Krankheit! Aber war der Dienerin zu trauen? Und Florida selbst, würde ihr
Pflichtgefühl sie nicht zage machen, sie nicht vor ihrem Geliebten in die Flucht,
in die Arme ihres tyrannischen Vaters treiben?

Folge mir! gebot er. Bebend gehorchte Eufemia.

Wie alle Treppen und Gänge im ganzen Palast, war auch der Korridor
des Stockwerks, in welchem man sich befand, mit dicken persischen Teppichen
belegt. Lautlos gelangte Giuseppe an die Thür, lautlos öffnete er sie. Aber
es war nur erst die äußere Thür gewesen, er stand vor einer zweiten, der
inneren Flügelthür.

Noch einmal flehte Eufcmia.

Noch einmal überlegte Giuseppe.

Geh voran, sagte er endlich, aber mein Fuß und mein Schwert folgen
dir auf den Fersen.

Sie schlüpfte an ihm vorbei, er zügelte ihren Schritt, sie gehorchte, und
er folgte.


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[0272] Um eine perle. Eine Weile stand Giuseppe in Gedanken, dann wies er mit dem Finger auf eine etwas nähergelegene Thür. II xu-äro, lautete die gedämpft leise Auskunft. Die Thür zu seinen Gemächern, sagte Giuseppe, aber wo ist er selbst? Eufcmia zuckte die Achseln. Giuseppe faßte ihren Arm. Du belügst mich, Weib, flüsterte er mit drohendem Stirnrunzeln, du weißt, wo er ist. Sie wollte vor Angst in die Kniee sinken, denn sie wußte in Wirklichkeit nicht, wo ihr Herr in diesem Augenblicke war; möglicherweise bei Signor Ab- bvndio selbst. Giuseppe ließ sie los. Eufemia, sagte er leisen Tones, ich will dir glauben; ich bedarf aber deines willigen, ganzen Beistandes, soll deine arme Herrin gerettet werden; das vergiß nicht. O Signore, o Altezza! wollte Eufcmia jammern, sie hätte ja, da es nun doch einmal sein mußte, so gern in einem fort über alles und jedes Rede ge¬ standen. Aber Giuseppe legte ihr schon wieder die Hand ans den Mund. Nur das Allernötigste antworten, sagte er, nicht mehr, nicht weniger. Und er wies auf die dem Treppchen gegenüberliegende Flügelthür hin, neben welcher ein braunes hölzernes Kruzifix und ein messingenes Wcihwasserbecken hingen. I.g, xi'iQvixö88g,> flüsterte Eufemia und faltete mit der Miene einer Für¬ bittenden die Hände; laßt mich wenigstens sie vorbereiten, Ececllenza, flehte sie, es könnte ihr Tod sein! Schon wieder mußte sie schweigen. Giuseppe überlegte. Er hörte im Geiste die Worte Floridas: Wäre es zu verwundern gewesen, wenn mich der Schlag getroffen hätte? Und jetzt nach eben erst überstandener Krankheit! Aber war der Dienerin zu trauen? Und Florida selbst, würde ihr Pflichtgefühl sie nicht zage machen, sie nicht vor ihrem Geliebten in die Flucht, in die Arme ihres tyrannischen Vaters treiben? Folge mir! gebot er. Bebend gehorchte Eufemia. Wie alle Treppen und Gänge im ganzen Palast, war auch der Korridor des Stockwerks, in welchem man sich befand, mit dicken persischen Teppichen belegt. Lautlos gelangte Giuseppe an die Thür, lautlos öffnete er sie. Aber es war nur erst die äußere Thür gewesen, er stand vor einer zweiten, der inneren Flügelthür. Noch einmal flehte Eufcmia. Noch einmal überlegte Giuseppe. Geh voran, sagte er endlich, aber mein Fuß und mein Schwert folgen dir auf den Fersen. Sie schlüpfte an ihm vorbei, er zügelte ihren Schritt, sie gehorchte, und er folgte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/272>, abgerufen am 21.05.2024.