Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal.

Bild:
<< vorherige Seite
Literatur.

Wenn wir es mit den Geburtstagsgeschenken vergleichen, die dein deutschen Reichs¬
kanzler am 1. April von weinspcndenden Verehrern überreicht wurden. Wir finden
da neben Dutzenden von Rüdesheimer Siebzehuhundertachtunddreißiger, Geisenhcimer
Achtzehnhundertundvierer, Schloß Johcnmisberger Kabinet, Wcißsiegel und Grcifcu-
bcrger Königlicher Domäne von 1868 mehrere Flaschen Marcobrunner von 1783
angeführt, von denen jede einen Marktwert von 160 Mark hatte. Das ist er¬
heblich mehr als der Wert von einem Dutzend Flaschen' besten Champagners in
Lord Wiltons Keller, und es bleibt uns nur übrig, dem Beschenkten zu wünschen,
daß ihm die Gabe Wohl bekomme und er sich ihrer noch viele Jahre er¬
freuen möge.




Literatur.
Die älteste Geschichte des erlauchten Gesamthauses der Königlichen und
Fürstlichen Hohenzollern von L. Schmid. I" 3 Teile". Tübingen, H. Lnupp, 1884.

Vom Fürsten Anton von Hohenzollern ist dem durch seine Arbeiten auf dem
Gebiete der ältern zollernschen Geschichte bekannten Verfasser der Auftrag geworden,
die Geschichte des Hvhenzollernschen Hauses zu schreiben. Der bis jetzt erschienene
erste Teil des ersten Bandes enthält die Untersuchungen über den Urstamm der
Hohenzollern und seine Verzweigungen. Auch weitere Kreise wird es interessiren,
daß Schmid darin versucht hat, mit beachtenswerten Gründen die Hohenzollern auf
die Burkardiuger zurückzuführen. Dieses Geschlecht besaß im nennten Jahrhundert
die Herzogswürde von Radien, verschiedne Grafenämter, n. a. das über den Scherra-
gau an der Donau, und gab im zehnten Jahrhundert Alamannien zwei berühmte
Herzoge des Namens Burkard. Schmid geht nun davon aus, daß gerade vor dem
elften Jahrhundert der hohe Adel sich vorzugsweise an bestimmte Taufnamen ge¬
halten hat, welche in demselben Geschlecht immer wiederkehren. In der Familie
der Burkardiuger, die sich bis in die zweite Hälfte des elften Jahrhunderts ver¬
folgen läßt, waren mehr als zweihundert Jahre lang die Taufnamen Burkard und
Adelbert herrschend, dieselben Namen sind aber vom elften bis zum vierzehnten
Jahrhundert im zollernschen Hanse heimisch, bei keinem andern schwäbischen Ge¬
schlechte begegnet dieser Taufname so häufig. Der erste nach Zollern benannte
Graf fiel 1061 im Kampfe, sein Vater muß also in einer Zeit gelebt haben, wo
die Burkardiuger noch im vollen Besitz ihrer Macht waren. Die Grafschaft dieses
ersten Grafen von Zollern bestand ans dem Scherragan, seine Nachkommen sind
gleichfalls Inhaber dieser Grafschaft. Aber auch mehrere in dieser Grafschaft ge¬
legene Herrschaften, die ehemals im Besitz der Burkardinger gewesen waren, ge¬
hören später dem obengenannten Grafen und seinen Nachkommen. Aus alledem
folgert Schmid, daß die Zollern nicht nur Amtsnachfolger, sondern zum Teil we¬
nigstens anch Bcsitzuachfolger der rätischen Bnrkardingcr gewesen seien; durch die
Taufnamen aber erweise sich das zollernsche Geschlecht als eine von rätischen
Stamme ausgegangene Linie. Auch die Farben des alten Rätiens, beziehentlich
des Bistums Chur, Schwarz und Weiß. Null der Verfasser mit den Farben des


Literatur.

Wenn wir es mit den Geburtstagsgeschenken vergleichen, die dein deutschen Reichs¬
kanzler am 1. April von weinspcndenden Verehrern überreicht wurden. Wir finden
da neben Dutzenden von Rüdesheimer Siebzehuhundertachtunddreißiger, Geisenhcimer
Achtzehnhundertundvierer, Schloß Johcnmisberger Kabinet, Wcißsiegel und Grcifcu-
bcrger Königlicher Domäne von 1868 mehrere Flaschen Marcobrunner von 1783
angeführt, von denen jede einen Marktwert von 160 Mark hatte. Das ist er¬
heblich mehr als der Wert von einem Dutzend Flaschen' besten Champagners in
Lord Wiltons Keller, und es bleibt uns nur übrig, dem Beschenkten zu wünschen,
daß ihm die Gabe Wohl bekomme und er sich ihrer noch viele Jahre er¬
freuen möge.




Literatur.
Die älteste Geschichte des erlauchten Gesamthauses der Königlichen und
Fürstlichen Hohenzollern von L. Schmid. I» 3 Teile». Tübingen, H. Lnupp, 1884.

Vom Fürsten Anton von Hohenzollern ist dem durch seine Arbeiten auf dem
Gebiete der ältern zollernschen Geschichte bekannten Verfasser der Auftrag geworden,
die Geschichte des Hvhenzollernschen Hauses zu schreiben. Der bis jetzt erschienene
erste Teil des ersten Bandes enthält die Untersuchungen über den Urstamm der
Hohenzollern und seine Verzweigungen. Auch weitere Kreise wird es interessiren,
daß Schmid darin versucht hat, mit beachtenswerten Gründen die Hohenzollern auf
die Burkardiuger zurückzuführen. Dieses Geschlecht besaß im nennten Jahrhundert
die Herzogswürde von Radien, verschiedne Grafenämter, n. a. das über den Scherra-
gau an der Donau, und gab im zehnten Jahrhundert Alamannien zwei berühmte
Herzoge des Namens Burkard. Schmid geht nun davon aus, daß gerade vor dem
elften Jahrhundert der hohe Adel sich vorzugsweise an bestimmte Taufnamen ge¬
halten hat, welche in demselben Geschlecht immer wiederkehren. In der Familie
der Burkardiuger, die sich bis in die zweite Hälfte des elften Jahrhunderts ver¬
folgen läßt, waren mehr als zweihundert Jahre lang die Taufnamen Burkard und
Adelbert herrschend, dieselben Namen sind aber vom elften bis zum vierzehnten
Jahrhundert im zollernschen Hanse heimisch, bei keinem andern schwäbischen Ge¬
schlechte begegnet dieser Taufname so häufig. Der erste nach Zollern benannte
Graf fiel 1061 im Kampfe, sein Vater muß also in einer Zeit gelebt haben, wo
die Burkardiuger noch im vollen Besitz ihrer Macht waren. Die Grafschaft dieses
ersten Grafen von Zollern bestand ans dem Scherragan, seine Nachkommen sind
gleichfalls Inhaber dieser Grafschaft. Aber auch mehrere in dieser Grafschaft ge¬
legene Herrschaften, die ehemals im Besitz der Burkardinger gewesen waren, ge¬
hören später dem obengenannten Grafen und seinen Nachkommen. Aus alledem
folgert Schmid, daß die Zollern nicht nur Amtsnachfolger, sondern zum Teil we¬
nigstens anch Bcsitzuachfolger der rätischen Bnrkardingcr gewesen seien; durch die
Taufnamen aber erweise sich das zollernsche Geschlecht als eine von rätischen
Stamme ausgegangene Linie. Auch die Farben des alten Rätiens, beziehentlich
des Bistums Chur, Schwarz und Weiß. Null der Verfasser mit den Farben des


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/195833"/>
            <fw type="header" place="top"> Literatur.</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_1575" prev="#ID_1574"> Wenn wir es mit den Geburtstagsgeschenken vergleichen, die dein deutschen Reichs¬<lb/>
kanzler am 1. April von weinspcndenden Verehrern überreicht wurden. Wir finden<lb/>
da neben Dutzenden von Rüdesheimer Siebzehuhundertachtunddreißiger, Geisenhcimer<lb/>
Achtzehnhundertundvierer, Schloß Johcnmisberger Kabinet, Wcißsiegel und Grcifcu-<lb/>
bcrger Königlicher Domäne von 1868 mehrere Flaschen Marcobrunner von 1783<lb/>
angeführt, von denen jede einen Marktwert von 160 Mark hatte. Das ist er¬<lb/>
heblich mehr als der Wert von einem Dutzend Flaschen' besten Champagners in<lb/>
Lord Wiltons Keller, und es bleibt uns nur übrig, dem Beschenkten zu wünschen,<lb/>
daß ihm die Gabe Wohl bekomme und er sich ihrer noch viele Jahre er¬<lb/>
freuen möge.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Literatur.</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> Die älteste Geschichte des erlauchten Gesamthauses der Königlichen und<lb/>
Fürstlichen Hohenzollern von L. Schmid. I» 3 Teile». Tübingen, H. Lnupp, 1884.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_1576" next="#ID_1577"> Vom Fürsten Anton von Hohenzollern ist dem durch seine Arbeiten auf dem<lb/>
Gebiete der ältern zollernschen Geschichte bekannten Verfasser der Auftrag geworden,<lb/>
die Geschichte des Hvhenzollernschen Hauses zu schreiben. Der bis jetzt erschienene<lb/>
erste Teil des ersten Bandes enthält die Untersuchungen über den Urstamm der<lb/>
Hohenzollern und seine Verzweigungen. Auch weitere Kreise wird es interessiren,<lb/>
daß Schmid darin versucht hat, mit beachtenswerten Gründen die Hohenzollern auf<lb/>
die Burkardiuger zurückzuführen. Dieses Geschlecht besaß im nennten Jahrhundert<lb/>
die Herzogswürde von Radien, verschiedne Grafenämter, n. a. das über den Scherra-<lb/>
gau an der Donau, und gab im zehnten Jahrhundert Alamannien zwei berühmte<lb/>
Herzoge des Namens Burkard. Schmid geht nun davon aus, daß gerade vor dem<lb/>
elften Jahrhundert der hohe Adel sich vorzugsweise an bestimmte Taufnamen ge¬<lb/>
halten hat, welche in demselben Geschlecht immer wiederkehren. In der Familie<lb/>
der Burkardiuger, die sich bis in die zweite Hälfte des elften Jahrhunderts ver¬<lb/>
folgen läßt, waren mehr als zweihundert Jahre lang die Taufnamen Burkard und<lb/>
Adelbert herrschend, dieselben Namen sind aber vom elften bis zum vierzehnten<lb/>
Jahrhundert im zollernschen Hanse heimisch, bei keinem andern schwäbischen Ge¬<lb/>
schlechte begegnet dieser Taufname so häufig. Der erste nach Zollern benannte<lb/>
Graf fiel 1061 im Kampfe, sein Vater muß also in einer Zeit gelebt haben, wo<lb/>
die Burkardiuger noch im vollen Besitz ihrer Macht waren. Die Grafschaft dieses<lb/>
ersten Grafen von Zollern bestand ans dem Scherragan, seine Nachkommen sind<lb/>
gleichfalls Inhaber dieser Grafschaft. Aber auch mehrere in dieser Grafschaft ge¬<lb/>
legene Herrschaften, die ehemals im Besitz der Burkardinger gewesen waren, ge¬<lb/>
hören später dem obengenannten Grafen und seinen Nachkommen. Aus alledem<lb/>
folgert Schmid, daß die Zollern nicht nur Amtsnachfolger, sondern zum Teil we¬<lb/>
nigstens anch Bcsitzuachfolger der rätischen Bnrkardingcr gewesen seien; durch die<lb/>
Taufnamen aber erweise sich das zollernsche Geschlecht als eine von rätischen<lb/>
Stamme ausgegangene Linie. Auch die Farben des alten Rätiens, beziehentlich<lb/>
des Bistums Chur, Schwarz und Weiß. Null der Verfasser mit den Farben des</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0444] Literatur. Wenn wir es mit den Geburtstagsgeschenken vergleichen, die dein deutschen Reichs¬ kanzler am 1. April von weinspcndenden Verehrern überreicht wurden. Wir finden da neben Dutzenden von Rüdesheimer Siebzehuhundertachtunddreißiger, Geisenhcimer Achtzehnhundertundvierer, Schloß Johcnmisberger Kabinet, Wcißsiegel und Grcifcu- bcrger Königlicher Domäne von 1868 mehrere Flaschen Marcobrunner von 1783 angeführt, von denen jede einen Marktwert von 160 Mark hatte. Das ist er¬ heblich mehr als der Wert von einem Dutzend Flaschen' besten Champagners in Lord Wiltons Keller, und es bleibt uns nur übrig, dem Beschenkten zu wünschen, daß ihm die Gabe Wohl bekomme und er sich ihrer noch viele Jahre er¬ freuen möge. Literatur. Die älteste Geschichte des erlauchten Gesamthauses der Königlichen und Fürstlichen Hohenzollern von L. Schmid. I» 3 Teile». Tübingen, H. Lnupp, 1884. Vom Fürsten Anton von Hohenzollern ist dem durch seine Arbeiten auf dem Gebiete der ältern zollernschen Geschichte bekannten Verfasser der Auftrag geworden, die Geschichte des Hvhenzollernschen Hauses zu schreiben. Der bis jetzt erschienene erste Teil des ersten Bandes enthält die Untersuchungen über den Urstamm der Hohenzollern und seine Verzweigungen. Auch weitere Kreise wird es interessiren, daß Schmid darin versucht hat, mit beachtenswerten Gründen die Hohenzollern auf die Burkardiuger zurückzuführen. Dieses Geschlecht besaß im nennten Jahrhundert die Herzogswürde von Radien, verschiedne Grafenämter, n. a. das über den Scherra- gau an der Donau, und gab im zehnten Jahrhundert Alamannien zwei berühmte Herzoge des Namens Burkard. Schmid geht nun davon aus, daß gerade vor dem elften Jahrhundert der hohe Adel sich vorzugsweise an bestimmte Taufnamen ge¬ halten hat, welche in demselben Geschlecht immer wiederkehren. In der Familie der Burkardiuger, die sich bis in die zweite Hälfte des elften Jahrhunderts ver¬ folgen läßt, waren mehr als zweihundert Jahre lang die Taufnamen Burkard und Adelbert herrschend, dieselben Namen sind aber vom elften bis zum vierzehnten Jahrhundert im zollernschen Hanse heimisch, bei keinem andern schwäbischen Ge¬ schlechte begegnet dieser Taufname so häufig. Der erste nach Zollern benannte Graf fiel 1061 im Kampfe, sein Vater muß also in einer Zeit gelebt haben, wo die Burkardiuger noch im vollen Besitz ihrer Macht waren. Die Grafschaft dieses ersten Grafen von Zollern bestand ans dem Scherragan, seine Nachkommen sind gleichfalls Inhaber dieser Grafschaft. Aber auch mehrere in dieser Grafschaft ge¬ legene Herrschaften, die ehemals im Besitz der Burkardinger gewesen waren, ge¬ hören später dem obengenannten Grafen und seinen Nachkommen. Aus alledem folgert Schmid, daß die Zollern nicht nur Amtsnachfolger, sondern zum Teil we¬ nigstens anch Bcsitzuachfolger der rätischen Bnrkardingcr gewesen seien; durch die Taufnamen aber erweise sich das zollernsche Geschlecht als eine von rätischen Stamme ausgegangene Linie. Auch die Farben des alten Rätiens, beziehentlich des Bistums Chur, Schwarz und Weiß. Null der Verfasser mit den Farben des

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/444
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 44, 1885, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341841_195390/444>, abgerufen am 21.05.2024.