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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Homornlo.

Insel das Standrecht verkündigt, und als der Bund trotzdem wieder zusammen¬
trat und im Mai 1793 die Fahne des Aufstandes erhob, schlug ein starkes
englisches Heer die Bewegung blutig nieder. Gegen 30000 Menschen verloren
dabei das Leben, viele davon am Galgen. Irland büßte sein eignes Parlament
ein, indem am 1. Januar 1801 die sogenannte Finaluniou zwischen ihm und
Großbritannien in Kraft trat, nach welcher Irland künftig von 22 Peers im
Londoner Oberhause und von 100 Abgeordnete" im Unterhause vertreten wurde
und verpflichtet war, zwei Fünfzehnte! zu den Lasten des Gesamtstaates beizu¬
tragen.

Die von Pitt verheißene vollständige Emanzipation der irischen Katholiken
scheiterte zunächst an der Abneigung Georgs des Dritten, und daraufhin bildete
sich ein Bund der Katholiken, der bald zum Mittelpunkte der Opposition auf
der Insel wurde. Als die Regierung denselben 1825 auflöste, trat er nach
kurzer Zeit von neuem zusammen und erreichte unter O'Connells Führung schnell
so bedeutenden Einfluß, daß die Regierung sich bewogen fand, die Emanzipation
der Katholiken vor das Parlament zu bringen. Dieselbe wurde 1829 Gesetz.
O'Connell begann, nachdem er Mitglied des Unterhauses geworden, zunächst
für Abschaffung des Zehnten zu wirken, welchen die Katholiken Irlands den
dortigen protestantischen Kirchen zu entrichten hatten; als er aber damit keinen
genügenden Erfolg hatte, proklamirte er als Ziel seiner Agitation den Widerruf
der Union zwischen Irland und Großbritannien, wodurch er eine gewaltige Be¬
wegung im irischen Volke hervorrief. Um Ausschreitungen zu verhüten, setzte
das Ministerium Grey im Parlamente die Irisll Loorvicm IM, ein Gesetz durch,
welches den Lordstatthalter in Dublin ermächtigte, Volksversammlungen zu unter-
sagen und das Standrecht zu verkündigen. Um demselben Nachdruck zu geben,
schickte man 36000 Mann Soldaten und 0000 bewaffnete Polizeidiener nach
Irland. Das Ministerium Melbourne nahm die Zwcmgsbill Greys zurück und
verfuhr überhaupt in versöhnlichster Weise gegen die Iren. Man verbesserte
die Verwaltung, führte unparteiische Gerechtigkeitspflege ein und beförderte Katho¬
liken zu wichtigen Ämtern. Auch ein befriedigendes Zehntengesctz kam 1838
endlich zu stände, und so löste O'Connell die Gesellschaft, mit welcher er die
Abschaffung der Union betrieben, auf. Als die Tories unter Peel 1841 aber¬
mals ans Ruder gelangten, ließ der Agitator jenen Bund wieder aufleben, und
da dessen Bestrebungen jetzt auch von der katholischen Geistlichkeit lebhaft unter¬
stützt wurden, machte die Bewegung gegen England reißende Fortschritte und
wurde im Jahre 1843 so allgemein und so gefährlich, daß die Regierung deu
Jrländern das Trage" von Waffen verbot und das im Lande stehende Militär
beträchtlich verstärkte. O'Connell wußte zwar den Frieden aufrecht zu erhalten,
protestirte aber gegen das Verfahren der Negierung und erklärte, als eine große
Versammlung seines Vereins aufgelöst wurde, der letztere werde so lauge fort¬
bestehen, bis Irland ein eignes Parlament erreicht habe. Sehr viel zur Er-


Homornlo.

Insel das Standrecht verkündigt, und als der Bund trotzdem wieder zusammen¬
trat und im Mai 1793 die Fahne des Aufstandes erhob, schlug ein starkes
englisches Heer die Bewegung blutig nieder. Gegen 30000 Menschen verloren
dabei das Leben, viele davon am Galgen. Irland büßte sein eignes Parlament
ein, indem am 1. Januar 1801 die sogenannte Finaluniou zwischen ihm und
Großbritannien in Kraft trat, nach welcher Irland künftig von 22 Peers im
Londoner Oberhause und von 100 Abgeordnete» im Unterhause vertreten wurde
und verpflichtet war, zwei Fünfzehnte! zu den Lasten des Gesamtstaates beizu¬
tragen.

Die von Pitt verheißene vollständige Emanzipation der irischen Katholiken
scheiterte zunächst an der Abneigung Georgs des Dritten, und daraufhin bildete
sich ein Bund der Katholiken, der bald zum Mittelpunkte der Opposition auf
der Insel wurde. Als die Regierung denselben 1825 auflöste, trat er nach
kurzer Zeit von neuem zusammen und erreichte unter O'Connells Führung schnell
so bedeutenden Einfluß, daß die Regierung sich bewogen fand, die Emanzipation
der Katholiken vor das Parlament zu bringen. Dieselbe wurde 1829 Gesetz.
O'Connell begann, nachdem er Mitglied des Unterhauses geworden, zunächst
für Abschaffung des Zehnten zu wirken, welchen die Katholiken Irlands den
dortigen protestantischen Kirchen zu entrichten hatten; als er aber damit keinen
genügenden Erfolg hatte, proklamirte er als Ziel seiner Agitation den Widerruf
der Union zwischen Irland und Großbritannien, wodurch er eine gewaltige Be¬
wegung im irischen Volke hervorrief. Um Ausschreitungen zu verhüten, setzte
das Ministerium Grey im Parlamente die Irisll Loorvicm IM, ein Gesetz durch,
welches den Lordstatthalter in Dublin ermächtigte, Volksversammlungen zu unter-
sagen und das Standrecht zu verkündigen. Um demselben Nachdruck zu geben,
schickte man 36000 Mann Soldaten und 0000 bewaffnete Polizeidiener nach
Irland. Das Ministerium Melbourne nahm die Zwcmgsbill Greys zurück und
verfuhr überhaupt in versöhnlichster Weise gegen die Iren. Man verbesserte
die Verwaltung, führte unparteiische Gerechtigkeitspflege ein und beförderte Katho¬
liken zu wichtigen Ämtern. Auch ein befriedigendes Zehntengesctz kam 1838
endlich zu stände, und so löste O'Connell die Gesellschaft, mit welcher er die
Abschaffung der Union betrieben, auf. Als die Tories unter Peel 1841 aber¬
mals ans Ruder gelangten, ließ der Agitator jenen Bund wieder aufleben, und
da dessen Bestrebungen jetzt auch von der katholischen Geistlichkeit lebhaft unter¬
stützt wurden, machte die Bewegung gegen England reißende Fortschritte und
wurde im Jahre 1843 so allgemein und so gefährlich, daß die Regierung deu
Jrländern das Trage» von Waffen verbot und das im Lande stehende Militär
beträchtlich verstärkte. O'Connell wußte zwar den Frieden aufrecht zu erhalten,
protestirte aber gegen das Verfahren der Negierung und erklärte, als eine große
Versammlung seines Vereins aufgelöst wurde, der letztere werde so lauge fort¬
bestehen, bis Irland ein eignes Parlament erreicht habe. Sehr viel zur Er-


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[0202] Homornlo. Insel das Standrecht verkündigt, und als der Bund trotzdem wieder zusammen¬ trat und im Mai 1793 die Fahne des Aufstandes erhob, schlug ein starkes englisches Heer die Bewegung blutig nieder. Gegen 30000 Menschen verloren dabei das Leben, viele davon am Galgen. Irland büßte sein eignes Parlament ein, indem am 1. Januar 1801 die sogenannte Finaluniou zwischen ihm und Großbritannien in Kraft trat, nach welcher Irland künftig von 22 Peers im Londoner Oberhause und von 100 Abgeordnete» im Unterhause vertreten wurde und verpflichtet war, zwei Fünfzehnte! zu den Lasten des Gesamtstaates beizu¬ tragen. Die von Pitt verheißene vollständige Emanzipation der irischen Katholiken scheiterte zunächst an der Abneigung Georgs des Dritten, und daraufhin bildete sich ein Bund der Katholiken, der bald zum Mittelpunkte der Opposition auf der Insel wurde. Als die Regierung denselben 1825 auflöste, trat er nach kurzer Zeit von neuem zusammen und erreichte unter O'Connells Führung schnell so bedeutenden Einfluß, daß die Regierung sich bewogen fand, die Emanzipation der Katholiken vor das Parlament zu bringen. Dieselbe wurde 1829 Gesetz. O'Connell begann, nachdem er Mitglied des Unterhauses geworden, zunächst für Abschaffung des Zehnten zu wirken, welchen die Katholiken Irlands den dortigen protestantischen Kirchen zu entrichten hatten; als er aber damit keinen genügenden Erfolg hatte, proklamirte er als Ziel seiner Agitation den Widerruf der Union zwischen Irland und Großbritannien, wodurch er eine gewaltige Be¬ wegung im irischen Volke hervorrief. Um Ausschreitungen zu verhüten, setzte das Ministerium Grey im Parlamente die Irisll Loorvicm IM, ein Gesetz durch, welches den Lordstatthalter in Dublin ermächtigte, Volksversammlungen zu unter- sagen und das Standrecht zu verkündigen. Um demselben Nachdruck zu geben, schickte man 36000 Mann Soldaten und 0000 bewaffnete Polizeidiener nach Irland. Das Ministerium Melbourne nahm die Zwcmgsbill Greys zurück und verfuhr überhaupt in versöhnlichster Weise gegen die Iren. Man verbesserte die Verwaltung, führte unparteiische Gerechtigkeitspflege ein und beförderte Katho¬ liken zu wichtigen Ämtern. Auch ein befriedigendes Zehntengesctz kam 1838 endlich zu stände, und so löste O'Connell die Gesellschaft, mit welcher er die Abschaffung der Union betrieben, auf. Als die Tories unter Peel 1841 aber¬ mals ans Ruder gelangten, ließ der Agitator jenen Bund wieder aufleben, und da dessen Bestrebungen jetzt auch von der katholischen Geistlichkeit lebhaft unter¬ stützt wurden, machte die Bewegung gegen England reißende Fortschritte und wurde im Jahre 1843 so allgemein und so gefährlich, daß die Regierung deu Jrländern das Trage» von Waffen verbot und das im Lande stehende Militär beträchtlich verstärkte. O'Connell wußte zwar den Frieden aufrecht zu erhalten, protestirte aber gegen das Verfahren der Negierung und erklärte, als eine große Versammlung seines Vereins aufgelöst wurde, der letztere werde so lauge fort¬ bestehen, bis Irland ein eignes Parlament erreicht habe. Sehr viel zur Er-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/202>, abgerufen am 10.06.2024.