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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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mangelnder Realkredit und eine weitgehende administrative Kontrole, Dabei hatte
die Regierung die Unannehmlichkeit sehr schwankender Erträge, große Kosten
für die zu unterhaltenden Gebäude und für die Verwaltung überhaupt. Eine
Regierung übernimmt, während sie die Mühen der Verpachtung einer Anzahl
großer Domänen leichter ertragen kann, mit der Verpachtung einer großen
Anzahl mittlerer Hofe eine enorme Last. Leute mit mehr Kapital, als zur
ersten Einrichtung nötig ist, wird die Regierung zur Ansiedlung in Posen
ebensowenig finden wie zur Besiedlung der Moore. An Kauf gegen erhebliche
Anzahlung, jn nur gegen Abzahlung in regelmäßigen Terminen wird kaum zu
denken sein, umsoweniger als die Bodenverhältnisse in Posen und Westpreußen
in den meisten Fällen großer Meliorationen bedürfen werden, wenn mittelgroße
Höfe ihre Besitzer ernä'dren sollen. Am zweckmäßigsten würde daher folgendes
Verfahren erscheinen: Die Regierung verleihe den Kolonisten Eigentum an ihrem
Grundbesitze gegen Zahlung eiuer gemäß der bestehenden Gesetzgebung auf dreißig
Jahre hinaus uuablösbaren Rente mit der kontraktlichen Bestimmung, daß
die Güter nach Einführung der Neuteugüler in solche umgewandelt werden sollen.
Sollte mau hierbei auf Schwierigkeiten stoßen wegen Festsetzung der zur
Sicherung der Rente nötigen Teilbarkeitsbeschränkungen oder wegen Bestimmung
der künftigen Verwandlung in Neuteugüler, so muß man sich mit der Zeitpacht
fürs erste behelfen oder noch besser die Vorlage eines Rentengütergesetzes nach
Möglichkeit beschleunigen. Die Vorarbeiten sind ja größtenteils beendigt. Gerade
in Westpreußen und Posen ist ferner nicht nur eine Germanisirung, sondern auch
eine Vermehrung der mittler" Güter notwendig. Nur das Ncntengut mit seinen
Teilbarkeitsbeschränkungen u. s. w. sichert also auch die Erhaltung neugeschaffener
mittlerer Güter gegenüber der aus ihre Vernichtung gerichteten Tendenz der
Zeit. Man mache die Rente auch einseitig unnblösbar und unkündbar. Obwohl
die Neigung zur Ablösung erwiesenermaßen sehr gering ist, könnte doch ein
zeitweilig niedriger Zinsfuß dazu veranlassen und Hhpvthekennvt herbeiführen.
Gebäude wären ihrer Vergänglichkeit wegen nur gegen eine Amortisationsrente
zu überlassen.

Zieht man die Folgerung aus allen obigen Ausführungen, so wird man
sich der Annahme nicht verschließen können, daß die Herstellung des Nechtsver-
hciltuisses der Rcntengnter eine Notwendigkeit für Deutschland sei. Selbst
Skeptiker werden mindestens zugestehen müssen, daß die Einführung keinerlei
Gefahren mit sich bringe, dagegen die Möglichkeit großen Nutzens vorhanden
sei. Kolonisten werden sich zur Zeit in Deutschland genug finden, welche es
vorziehen, im Vaterlande ihr kleines Kapital anzulegen, als auszuwandern, ins¬
besondre jüngere Söhne aus Bauerhöfen, die ans den ältesten Sohn über¬
gehen. Günstige Bedingungen, vielleicht Gewährung einiger Freijahre bei un-
ergiebigen Boden u. dergl., werden den Zuzug verstärken.

Der Staat würde hauptsächlich auch bei der praktischen Einführung der


mangelnder Realkredit und eine weitgehende administrative Kontrole, Dabei hatte
die Regierung die Unannehmlichkeit sehr schwankender Erträge, große Kosten
für die zu unterhaltenden Gebäude und für die Verwaltung überhaupt. Eine
Regierung übernimmt, während sie die Mühen der Verpachtung einer Anzahl
großer Domänen leichter ertragen kann, mit der Verpachtung einer großen
Anzahl mittlerer Hofe eine enorme Last. Leute mit mehr Kapital, als zur
ersten Einrichtung nötig ist, wird die Regierung zur Ansiedlung in Posen
ebensowenig finden wie zur Besiedlung der Moore. An Kauf gegen erhebliche
Anzahlung, jn nur gegen Abzahlung in regelmäßigen Terminen wird kaum zu
denken sein, umsoweniger als die Bodenverhältnisse in Posen und Westpreußen
in den meisten Fällen großer Meliorationen bedürfen werden, wenn mittelgroße
Höfe ihre Besitzer ernä'dren sollen. Am zweckmäßigsten würde daher folgendes
Verfahren erscheinen: Die Regierung verleihe den Kolonisten Eigentum an ihrem
Grundbesitze gegen Zahlung eiuer gemäß der bestehenden Gesetzgebung auf dreißig
Jahre hinaus uuablösbaren Rente mit der kontraktlichen Bestimmung, daß
die Güter nach Einführung der Neuteugüler in solche umgewandelt werden sollen.
Sollte mau hierbei auf Schwierigkeiten stoßen wegen Festsetzung der zur
Sicherung der Rente nötigen Teilbarkeitsbeschränkungen oder wegen Bestimmung
der künftigen Verwandlung in Neuteugüler, so muß man sich mit der Zeitpacht
fürs erste behelfen oder noch besser die Vorlage eines Rentengütergesetzes nach
Möglichkeit beschleunigen. Die Vorarbeiten sind ja größtenteils beendigt. Gerade
in Westpreußen und Posen ist ferner nicht nur eine Germanisirung, sondern auch
eine Vermehrung der mittler» Güter notwendig. Nur das Ncntengut mit seinen
Teilbarkeitsbeschränkungen u. s. w. sichert also auch die Erhaltung neugeschaffener
mittlerer Güter gegenüber der aus ihre Vernichtung gerichteten Tendenz der
Zeit. Man mache die Rente auch einseitig unnblösbar und unkündbar. Obwohl
die Neigung zur Ablösung erwiesenermaßen sehr gering ist, könnte doch ein
zeitweilig niedriger Zinsfuß dazu veranlassen und Hhpvthekennvt herbeiführen.
Gebäude wären ihrer Vergänglichkeit wegen nur gegen eine Amortisationsrente
zu überlassen.

Zieht man die Folgerung aus allen obigen Ausführungen, so wird man
sich der Annahme nicht verschließen können, daß die Herstellung des Nechtsver-
hciltuisses der Rcntengnter eine Notwendigkeit für Deutschland sei. Selbst
Skeptiker werden mindestens zugestehen müssen, daß die Einführung keinerlei
Gefahren mit sich bringe, dagegen die Möglichkeit großen Nutzens vorhanden
sei. Kolonisten werden sich zur Zeit in Deutschland genug finden, welche es
vorziehen, im Vaterlande ihr kleines Kapital anzulegen, als auszuwandern, ins¬
besondre jüngere Söhne aus Bauerhöfen, die ans den ältesten Sohn über¬
gehen. Günstige Bedingungen, vielleicht Gewährung einiger Freijahre bei un-
ergiebigen Boden u. dergl., werden den Zuzug verstärken.

Der Staat würde hauptsächlich auch bei der praktischen Einführung der


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[0407] mangelnder Realkredit und eine weitgehende administrative Kontrole, Dabei hatte die Regierung die Unannehmlichkeit sehr schwankender Erträge, große Kosten für die zu unterhaltenden Gebäude und für die Verwaltung überhaupt. Eine Regierung übernimmt, während sie die Mühen der Verpachtung einer Anzahl großer Domänen leichter ertragen kann, mit der Verpachtung einer großen Anzahl mittlerer Hofe eine enorme Last. Leute mit mehr Kapital, als zur ersten Einrichtung nötig ist, wird die Regierung zur Ansiedlung in Posen ebensowenig finden wie zur Besiedlung der Moore. An Kauf gegen erhebliche Anzahlung, jn nur gegen Abzahlung in regelmäßigen Terminen wird kaum zu denken sein, umsoweniger als die Bodenverhältnisse in Posen und Westpreußen in den meisten Fällen großer Meliorationen bedürfen werden, wenn mittelgroße Höfe ihre Besitzer ernä'dren sollen. Am zweckmäßigsten würde daher folgendes Verfahren erscheinen: Die Regierung verleihe den Kolonisten Eigentum an ihrem Grundbesitze gegen Zahlung eiuer gemäß der bestehenden Gesetzgebung auf dreißig Jahre hinaus uuablösbaren Rente mit der kontraktlichen Bestimmung, daß die Güter nach Einführung der Neuteugüler in solche umgewandelt werden sollen. Sollte mau hierbei auf Schwierigkeiten stoßen wegen Festsetzung der zur Sicherung der Rente nötigen Teilbarkeitsbeschränkungen oder wegen Bestimmung der künftigen Verwandlung in Neuteugüler, so muß man sich mit der Zeitpacht fürs erste behelfen oder noch besser die Vorlage eines Rentengütergesetzes nach Möglichkeit beschleunigen. Die Vorarbeiten sind ja größtenteils beendigt. Gerade in Westpreußen und Posen ist ferner nicht nur eine Germanisirung, sondern auch eine Vermehrung der mittler» Güter notwendig. Nur das Ncntengut mit seinen Teilbarkeitsbeschränkungen u. s. w. sichert also auch die Erhaltung neugeschaffener mittlerer Güter gegenüber der aus ihre Vernichtung gerichteten Tendenz der Zeit. Man mache die Rente auch einseitig unnblösbar und unkündbar. Obwohl die Neigung zur Ablösung erwiesenermaßen sehr gering ist, könnte doch ein zeitweilig niedriger Zinsfuß dazu veranlassen und Hhpvthekennvt herbeiführen. Gebäude wären ihrer Vergänglichkeit wegen nur gegen eine Amortisationsrente zu überlassen. Zieht man die Folgerung aus allen obigen Ausführungen, so wird man sich der Annahme nicht verschließen können, daß die Herstellung des Nechtsver- hciltuisses der Rcntengnter eine Notwendigkeit für Deutschland sei. Selbst Skeptiker werden mindestens zugestehen müssen, daß die Einführung keinerlei Gefahren mit sich bringe, dagegen die Möglichkeit großen Nutzens vorhanden sei. Kolonisten werden sich zur Zeit in Deutschland genug finden, welche es vorziehen, im Vaterlande ihr kleines Kapital anzulegen, als auszuwandern, ins¬ besondre jüngere Söhne aus Bauerhöfen, die ans den ältesten Sohn über¬ gehen. Günstige Bedingungen, vielleicht Gewährung einiger Freijahre bei un- ergiebigen Boden u. dergl., werden den Zuzug verstärken. Der Staat würde hauptsächlich auch bei der praktischen Einführung der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/407>, abgerufen am 11.06.2024.