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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Lainoöns.

wie ernst die Züge des Freundes wurden. Ihr habt wider unsre ursprüngliche
Absicht mehr Menschen ins Geheimnis gezogen, als gut ist, und würdet Euch
schwer beruhigen können, wenn wir noch im Hafen selbst scheiterten. Ich hoffe
jedoch, daß wir guten Mutes von Joana und ihren Ziegen scheiden wenden.

Sie standen jetzt, einen Augenblick Atem schöpfend, am Südrande der
Thalmulde, ein deren Nordende sich die Eichen und das Strohdach der Hirtin
erhoben; der Dichter spähte nach diesem Ziele hinüber, von dem sie noch durch
eine Viertelstunde Weges getrennt waren, "ud antwortete dann erst auf deu
leisen Vorwurf, der in Barretos Worten lag: Ihr habt Recht, Manuel, meine
Sorge ist thöricht. Wenn Ihr der Umgebung Dom Antonios, des Marschalls,
und seines Pater Henriques sicher seid, so bin ich noch viel gewisser, daß die
Herzogin von Braganza und die Gräfin Catarina unser und ihr eignes hilf¬
reiches Vorhaben mit keinem Laut gefährdeten!

Es sei so, Gott gebe es! entgegnete der Edelmann. Ich kann nur wünschen,
daß alles glücklich vorüber und unser Häuflein auf dem Wege nach Almoeegema
sei. Mit Bartolomevs Hilfe habe ich alle Einrichtungen so getroffen, daß
unser Aufbruch morgen in der Frühe erfolgen kann.

Und Ihr glaubt noch immer, daß das maurische Mädchen bei Eurer Base
Uraeea in besserer Obhut sein wird als bei Donna Catarina, die sich ihrer
annehmen will?

In besserer Obhut wage ich aus schuldiger Ehrfurcht vor der edeln jungen
Düne nicht zu sagen, erwiederte Barretv. In größerer Sicherheit unbedingt
und -- Euer Wort in Ehren, Luis -- ich glaube, daß die Herzogin die neue
Christin niemals ohne Sorge an der Seite ihrer Pflegebefohlenen erblicken
würde. Niemals wenigstens, so lange der Mohrenprinz in Portugal verweilt.

So müssen wir den Damen von Zeit zu Zeit Nachricht vom Ergehen
Esmcchs geben, sagte Camoens, den der Gedanke, Cintra morgen verlassen zu
müssen, mit tiefem Unbehagen erfüllte. So viel ich weiß, liegt Eure Besitzung
nicht zu weit von Cintra, um einem oder dem andern von uns einen Tageöritt
hierher zu gestatte".

Einen Tag hierher und den nächsten zurück, antwortete Barretv mit einem
leichten Lächeln. Meine Pferde stehen immer zu Eurer Verfügung, auch Okaz
wird sich, stets freuen, wenn Ihr eine Nacht zu ihm an Bord steigt. Und dort
kommt Jvana uns entgegen, ihr Gesicht glänzt Heller als der Morgen, also
steht alles wohl, und wir dürfen uns des Tages freuen.

Die Ziegenhirtin, welche beinahe den ganzen schmalen Pfad durch das
Hochthal zurückgelegt hatte, um sich vom Herannahen der Freunde zu über¬
zeugen, bekundete in der That schon von fern ihr Entzücken. Sie riß das rote
Kopftuch herab, mit welchem sie ihre langen schwarzen Haare umhüllt hatte,
und schwang es den Männern entgegen, zugleich vernahmen sie ihren jauchzenden
Ruf, welcher besser als alles andre den guten Stand der Dinge bezeugte.


Lainoöns.

wie ernst die Züge des Freundes wurden. Ihr habt wider unsre ursprüngliche
Absicht mehr Menschen ins Geheimnis gezogen, als gut ist, und würdet Euch
schwer beruhigen können, wenn wir noch im Hafen selbst scheiterten. Ich hoffe
jedoch, daß wir guten Mutes von Joana und ihren Ziegen scheiden wenden.

Sie standen jetzt, einen Augenblick Atem schöpfend, am Südrande der
Thalmulde, ein deren Nordende sich die Eichen und das Strohdach der Hirtin
erhoben; der Dichter spähte nach diesem Ziele hinüber, von dem sie noch durch
eine Viertelstunde Weges getrennt waren, »ud antwortete dann erst auf deu
leisen Vorwurf, der in Barretos Worten lag: Ihr habt Recht, Manuel, meine
Sorge ist thöricht. Wenn Ihr der Umgebung Dom Antonios, des Marschalls,
und seines Pater Henriques sicher seid, so bin ich noch viel gewisser, daß die
Herzogin von Braganza und die Gräfin Catarina unser und ihr eignes hilf¬
reiches Vorhaben mit keinem Laut gefährdeten!

Es sei so, Gott gebe es! entgegnete der Edelmann. Ich kann nur wünschen,
daß alles glücklich vorüber und unser Häuflein auf dem Wege nach Almoeegema
sei. Mit Bartolomevs Hilfe habe ich alle Einrichtungen so getroffen, daß
unser Aufbruch morgen in der Frühe erfolgen kann.

Und Ihr glaubt noch immer, daß das maurische Mädchen bei Eurer Base
Uraeea in besserer Obhut sein wird als bei Donna Catarina, die sich ihrer
annehmen will?

In besserer Obhut wage ich aus schuldiger Ehrfurcht vor der edeln jungen
Düne nicht zu sagen, erwiederte Barretv. In größerer Sicherheit unbedingt
und — Euer Wort in Ehren, Luis — ich glaube, daß die Herzogin die neue
Christin niemals ohne Sorge an der Seite ihrer Pflegebefohlenen erblicken
würde. Niemals wenigstens, so lange der Mohrenprinz in Portugal verweilt.

So müssen wir den Damen von Zeit zu Zeit Nachricht vom Ergehen
Esmcchs geben, sagte Camoens, den der Gedanke, Cintra morgen verlassen zu
müssen, mit tiefem Unbehagen erfüllte. So viel ich weiß, liegt Eure Besitzung
nicht zu weit von Cintra, um einem oder dem andern von uns einen Tageöritt
hierher zu gestatte».

Einen Tag hierher und den nächsten zurück, antwortete Barretv mit einem
leichten Lächeln. Meine Pferde stehen immer zu Eurer Verfügung, auch Okaz
wird sich, stets freuen, wenn Ihr eine Nacht zu ihm an Bord steigt. Und dort
kommt Jvana uns entgegen, ihr Gesicht glänzt Heller als der Morgen, also
steht alles wohl, und wir dürfen uns des Tages freuen.

Die Ziegenhirtin, welche beinahe den ganzen schmalen Pfad durch das
Hochthal zurückgelegt hatte, um sich vom Herannahen der Freunde zu über¬
zeugen, bekundete in der That schon von fern ihr Entzücken. Sie riß das rote
Kopftuch herab, mit welchem sie ihre langen schwarzen Haare umhüllt hatte,
und schwang es den Männern entgegen, zugleich vernahmen sie ihren jauchzenden
Ruf, welcher besser als alles andre den guten Stand der Dinge bezeugte.


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[0487] Lainoöns. wie ernst die Züge des Freundes wurden. Ihr habt wider unsre ursprüngliche Absicht mehr Menschen ins Geheimnis gezogen, als gut ist, und würdet Euch schwer beruhigen können, wenn wir noch im Hafen selbst scheiterten. Ich hoffe jedoch, daß wir guten Mutes von Joana und ihren Ziegen scheiden wenden. Sie standen jetzt, einen Augenblick Atem schöpfend, am Südrande der Thalmulde, ein deren Nordende sich die Eichen und das Strohdach der Hirtin erhoben; der Dichter spähte nach diesem Ziele hinüber, von dem sie noch durch eine Viertelstunde Weges getrennt waren, »ud antwortete dann erst auf deu leisen Vorwurf, der in Barretos Worten lag: Ihr habt Recht, Manuel, meine Sorge ist thöricht. Wenn Ihr der Umgebung Dom Antonios, des Marschalls, und seines Pater Henriques sicher seid, so bin ich noch viel gewisser, daß die Herzogin von Braganza und die Gräfin Catarina unser und ihr eignes hilf¬ reiches Vorhaben mit keinem Laut gefährdeten! Es sei so, Gott gebe es! entgegnete der Edelmann. Ich kann nur wünschen, daß alles glücklich vorüber und unser Häuflein auf dem Wege nach Almoeegema sei. Mit Bartolomevs Hilfe habe ich alle Einrichtungen so getroffen, daß unser Aufbruch morgen in der Frühe erfolgen kann. Und Ihr glaubt noch immer, daß das maurische Mädchen bei Eurer Base Uraeea in besserer Obhut sein wird als bei Donna Catarina, die sich ihrer annehmen will? In besserer Obhut wage ich aus schuldiger Ehrfurcht vor der edeln jungen Düne nicht zu sagen, erwiederte Barretv. In größerer Sicherheit unbedingt und — Euer Wort in Ehren, Luis — ich glaube, daß die Herzogin die neue Christin niemals ohne Sorge an der Seite ihrer Pflegebefohlenen erblicken würde. Niemals wenigstens, so lange der Mohrenprinz in Portugal verweilt. So müssen wir den Damen von Zeit zu Zeit Nachricht vom Ergehen Esmcchs geben, sagte Camoens, den der Gedanke, Cintra morgen verlassen zu müssen, mit tiefem Unbehagen erfüllte. So viel ich weiß, liegt Eure Besitzung nicht zu weit von Cintra, um einem oder dem andern von uns einen Tageöritt hierher zu gestatte». Einen Tag hierher und den nächsten zurück, antwortete Barretv mit einem leichten Lächeln. Meine Pferde stehen immer zu Eurer Verfügung, auch Okaz wird sich, stets freuen, wenn Ihr eine Nacht zu ihm an Bord steigt. Und dort kommt Jvana uns entgegen, ihr Gesicht glänzt Heller als der Morgen, also steht alles wohl, und wir dürfen uns des Tages freuen. Die Ziegenhirtin, welche beinahe den ganzen schmalen Pfad durch das Hochthal zurückgelegt hatte, um sich vom Herannahen der Freunde zu über¬ zeugen, bekundete in der That schon von fern ihr Entzücken. Sie riß das rote Kopftuch herab, mit welchem sie ihre langen schwarzen Haare umhüllt hatte, und schwang es den Männern entgegen, zugleich vernahmen sie ihren jauchzenden Ruf, welcher besser als alles andre den guten Stand der Dinge bezeugte.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/487>, abgerufen am 10.06.2024.