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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr.

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Das Goethe-Jahrbuch,

Der dritte Jahrgang brachte mehrere erfreuliche Bereicherungen, Es sollte
von nun an vor jedem Bande eine bemerkenswerte bildliche "Darstellung Goethes
oder eines seiner hervorragenden Zeitgenossen und Freunde" stehen. Bisher
haben wir nur einige bedeutende Bildnisse Goethes erhalten. (Daß die dem
achten Jahrgange beigegebene Heliogravüre einer Büste Goethes, die bei dem
berühmten Apollotypus von Trippels großer Büste zu Grunde gelegen zu haben
scheint, eine gute Wahl sei, darf man bezweifeln. Gelegentlich sei zu der Äußerung
des Geheimen Hofrat Ruland, es finde sich nichts über den spätern Verkehr
Goethes mit Trippel, die Bemerkung gemacht, daß Karl August Goethe beauf¬
tragte, die Zahlung der Büsten Goethes und Herders fristweise an dessen Erben
zu besorgen.) Eine zweite Zugabe bildet vom dritten Bande an das Register,
das nur sorgfältiger gearbeitet und von einem Sachkundigen durchgesehen werden
müßte, damit nicht weiter so wunderbare Versehen vorkommen. Von großer Be¬
deutung war es, daß Geiger die Enkel Goethes bestimmt hatte, Briefe aus dem
Goethearchiv beizusteuern, und so erschienen gleich hier die höchst bedeutenden
Briefe Klingers und der Fürstin Galitzin, leider, was die Besitzer als vouciitio
Zins aus von forderten, in der unglücklichen, ranmvcrschwendenden Bearbeitung
ihres Freundes Bratanek. Geigers eigne Sorgfalt und Kenntnis hatte sich noch
so wenig gehoben, daß als eine neue Entdeckung (Sapupi ----- Papius) ausführlich
vorgetragen wurde, was seit mehr als dreißig Jahren bekannt war, ja in den
gangbarsten Büchern zu lesen stand. Die Beiträge ans dem Goethearchiv kamen
auch den beiden folgenden Bänden zu gute, die eine Anzahl Briefe von
Schillers Gattin, Körner, der Familie Voß und Frau von Stael gaben, leider
wieder von Bratanek dargeboten, der um das Verständnis des einzelnen un¬
besorgt war, ja die vielen nndatirten Briefe der Stael wild durcheinander laufen
ließ. Der Herausgeber brauchte in diesem Baude auch manche andre ungedruckte
Briefe, sogar dreiunddreiszig Briefe Goethes an Bertuch (von denen einer frei¬
lich vielmehr an Frommann gerichtet ist) und den vollständigen Briefwechsel des
Dichters mit dem Botaniker Meyer.

Mit dem vierten Bande trat zur Bibliographie ein Anhang über die Er¬
scheinungen in England und Amerika. Der fünfte führte die Änderung ein,
daß die "Neuen Mitteilungen" (ungedrncktcs) die erste Stelle einnahmen, sodaß
von dem größern oder geringern Umfange derselben der auf die Abhand¬
lungen zu verwendende Raum abhängig wurde. Wir tonnen dies nicht billigen,
da manche der ungedruckten Briefe so wenig bedeuten, daß sie recht gut auf das
nächste Jahr warten können. Das Selbstbewußtsein des Herausgebers war
indessen gestiegen. Im Vorwort zum fünften Bande nahm er für sich das
Recht in Anspruch, in der Bibliographie nach Belieben bald kürzer, bald länger
bei einem Werke zu verweilen, gelegentlich zu loben oder zu tadeln. Dies
widerspricht dem als maßgebend anzuerkennenden Grundsatz, in der Bibliographie,
gleichmäßig alle Erscheinungen nach ihrer Bedeutung zu besprechen, und es öffnete


Das Goethe-Jahrbuch,

Der dritte Jahrgang brachte mehrere erfreuliche Bereicherungen, Es sollte
von nun an vor jedem Bande eine bemerkenswerte bildliche „Darstellung Goethes
oder eines seiner hervorragenden Zeitgenossen und Freunde" stehen. Bisher
haben wir nur einige bedeutende Bildnisse Goethes erhalten. (Daß die dem
achten Jahrgange beigegebene Heliogravüre einer Büste Goethes, die bei dem
berühmten Apollotypus von Trippels großer Büste zu Grunde gelegen zu haben
scheint, eine gute Wahl sei, darf man bezweifeln. Gelegentlich sei zu der Äußerung
des Geheimen Hofrat Ruland, es finde sich nichts über den spätern Verkehr
Goethes mit Trippel, die Bemerkung gemacht, daß Karl August Goethe beauf¬
tragte, die Zahlung der Büsten Goethes und Herders fristweise an dessen Erben
zu besorgen.) Eine zweite Zugabe bildet vom dritten Bande an das Register,
das nur sorgfältiger gearbeitet und von einem Sachkundigen durchgesehen werden
müßte, damit nicht weiter so wunderbare Versehen vorkommen. Von großer Be¬
deutung war es, daß Geiger die Enkel Goethes bestimmt hatte, Briefe aus dem
Goethearchiv beizusteuern, und so erschienen gleich hier die höchst bedeutenden
Briefe Klingers und der Fürstin Galitzin, leider, was die Besitzer als vouciitio
Zins aus von forderten, in der unglücklichen, ranmvcrschwendenden Bearbeitung
ihres Freundes Bratanek. Geigers eigne Sorgfalt und Kenntnis hatte sich noch
so wenig gehoben, daß als eine neue Entdeckung (Sapupi ----- Papius) ausführlich
vorgetragen wurde, was seit mehr als dreißig Jahren bekannt war, ja in den
gangbarsten Büchern zu lesen stand. Die Beiträge ans dem Goethearchiv kamen
auch den beiden folgenden Bänden zu gute, die eine Anzahl Briefe von
Schillers Gattin, Körner, der Familie Voß und Frau von Stael gaben, leider
wieder von Bratanek dargeboten, der um das Verständnis des einzelnen un¬
besorgt war, ja die vielen nndatirten Briefe der Stael wild durcheinander laufen
ließ. Der Herausgeber brauchte in diesem Baude auch manche andre ungedruckte
Briefe, sogar dreiunddreiszig Briefe Goethes an Bertuch (von denen einer frei¬
lich vielmehr an Frommann gerichtet ist) und den vollständigen Briefwechsel des
Dichters mit dem Botaniker Meyer.

Mit dem vierten Bande trat zur Bibliographie ein Anhang über die Er¬
scheinungen in England und Amerika. Der fünfte führte die Änderung ein,
daß die „Neuen Mitteilungen" (ungedrncktcs) die erste Stelle einnahmen, sodaß
von dem größern oder geringern Umfange derselben der auf die Abhand¬
lungen zu verwendende Raum abhängig wurde. Wir tonnen dies nicht billigen,
da manche der ungedruckten Briefe so wenig bedeuten, daß sie recht gut auf das
nächste Jahr warten können. Das Selbstbewußtsein des Herausgebers war
indessen gestiegen. Im Vorwort zum fünften Bande nahm er für sich das
Recht in Anspruch, in der Bibliographie nach Belieben bald kürzer, bald länger
bei einem Werke zu verweilen, gelegentlich zu loben oder zu tadeln. Dies
widerspricht dem als maßgebend anzuerkennenden Grundsatz, in der Bibliographie,
gleichmäßig alle Erscheinungen nach ihrer Bedeutung zu besprechen, und es öffnete


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[0086] Das Goethe-Jahrbuch, Der dritte Jahrgang brachte mehrere erfreuliche Bereicherungen, Es sollte von nun an vor jedem Bande eine bemerkenswerte bildliche „Darstellung Goethes oder eines seiner hervorragenden Zeitgenossen und Freunde" stehen. Bisher haben wir nur einige bedeutende Bildnisse Goethes erhalten. (Daß die dem achten Jahrgange beigegebene Heliogravüre einer Büste Goethes, die bei dem berühmten Apollotypus von Trippels großer Büste zu Grunde gelegen zu haben scheint, eine gute Wahl sei, darf man bezweifeln. Gelegentlich sei zu der Äußerung des Geheimen Hofrat Ruland, es finde sich nichts über den spätern Verkehr Goethes mit Trippel, die Bemerkung gemacht, daß Karl August Goethe beauf¬ tragte, die Zahlung der Büsten Goethes und Herders fristweise an dessen Erben zu besorgen.) Eine zweite Zugabe bildet vom dritten Bande an das Register, das nur sorgfältiger gearbeitet und von einem Sachkundigen durchgesehen werden müßte, damit nicht weiter so wunderbare Versehen vorkommen. Von großer Be¬ deutung war es, daß Geiger die Enkel Goethes bestimmt hatte, Briefe aus dem Goethearchiv beizusteuern, und so erschienen gleich hier die höchst bedeutenden Briefe Klingers und der Fürstin Galitzin, leider, was die Besitzer als vouciitio Zins aus von forderten, in der unglücklichen, ranmvcrschwendenden Bearbeitung ihres Freundes Bratanek. Geigers eigne Sorgfalt und Kenntnis hatte sich noch so wenig gehoben, daß als eine neue Entdeckung (Sapupi ----- Papius) ausführlich vorgetragen wurde, was seit mehr als dreißig Jahren bekannt war, ja in den gangbarsten Büchern zu lesen stand. Die Beiträge ans dem Goethearchiv kamen auch den beiden folgenden Bänden zu gute, die eine Anzahl Briefe von Schillers Gattin, Körner, der Familie Voß und Frau von Stael gaben, leider wieder von Bratanek dargeboten, der um das Verständnis des einzelnen un¬ besorgt war, ja die vielen nndatirten Briefe der Stael wild durcheinander laufen ließ. Der Herausgeber brauchte in diesem Baude auch manche andre ungedruckte Briefe, sogar dreiunddreiszig Briefe Goethes an Bertuch (von denen einer frei¬ lich vielmehr an Frommann gerichtet ist) und den vollständigen Briefwechsel des Dichters mit dem Botaniker Meyer. Mit dem vierten Bande trat zur Bibliographie ein Anhang über die Er¬ scheinungen in England und Amerika. Der fünfte führte die Änderung ein, daß die „Neuen Mitteilungen" (ungedrncktcs) die erste Stelle einnahmen, sodaß von dem größern oder geringern Umfange derselben der auf die Abhand¬ lungen zu verwendende Raum abhängig wurde. Wir tonnen dies nicht billigen, da manche der ungedruckten Briefe so wenig bedeuten, daß sie recht gut auf das nächste Jahr warten können. Das Selbstbewußtsein des Herausgebers war indessen gestiegen. Im Vorwort zum fünften Bande nahm er für sich das Recht in Anspruch, in der Bibliographie nach Belieben bald kürzer, bald länger bei einem Werke zu verweilen, gelegentlich zu loben oder zu tadeln. Dies widerspricht dem als maßgebend anzuerkennenden Grundsatz, in der Bibliographie, gleichmäßig alle Erscheinungen nach ihrer Bedeutung zu besprechen, und es öffnete

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200778/86>, abgerufen am 14.05.2024.