Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Grtspolizei und ihre Rösten.

Provinzen gemäß der dem Gesetze vom 11. März 1850 im wesentlichen nachge¬
bildeten Verordnungen vom 20. September 1867 und 7. Januar 1870 bei
weitem weniger. Die Städte, welche eigne Polizeiverwaltung haben, müssen
sämtliche Kosten dafür aufbringen. Zur Polizeiverwaltung auf dem platten
Lande erhalten die Provinzen zwar neben der Unterstützung durch die staatlich
besoldete Gendarmerie eine nicht unerhebliche Dotation, müssen aber doch den
dritten Teil der Kosten für die wesentlich der Polizeiverwaltung dienenden
Amtsbezirke selbst zahlen und die Amtsvorsteher im Ehrenamt stellen, mit Aus¬
nahme der Provinz Hannover, innerhalb deren die Polizei von den königlichen
Landräten gehandhabt wird, die Dotation daher zu andern Zwecken flüssig ist und
auch für die Amtsbezirke nichts aufgebracht zu werden braucht. Posen mit seinen
besondern Verhältnissen übergehe ich hier.

Schon lange, namentlich seit 1869, hat diese Angelegenheit auch den Land¬
tag beschäftigt, bis endlich am 16. April 188S das Abgeordnetenhaus auf
Antrag des Abgeordneten von Eyncrn die Staatsregierung ersuchte, zur Besei¬
tigung der ungerechtfertigten Bevorzugung der mit königlicher Polizeiverwaltuug
versehenen Städte die Beitragspflicht dieser Städte zu den Kosten der Polizei-
Verwaltung anderweit zu regeln. Diesem Antrage, der 1886 wiederholt wurde,
kam die Staatsregierung nach, indem sie dem Abgeordnetenhaus im Februar
1888 eine entsprechende Vorlage machte, die nach der Generaldebatte einer Kom¬
mission überwiesen, von dieser aber nicht fertig beraten wurde. Da diese Ange¬
legenheit aber bei ihrer Wichtigkeit sicher den Landtag bald wieder beschäftigen
wird, so lohnt es sich, dieselbe hier kurz, wie es der Raum dieser Blätter erfordert,
nach zwei Richtungen hin zu erörtern, nämlich: 1. was der Gesetzentwurf
bezweckt, und 2. was gegen denselben vorgebracht worden ist.

Der Gesetzentwurf will nur, entsprechend den verschiednen Resolutionen
des Abgeordnetenhauses, den Beitrag der mit königlichen Polizeidirektionen ver¬
sehenen Städte zu den Kosten dieser Behörden anderweit und zwar dahin regeln,
daß Staat und Gemeinde diese Kosten je zur Hälfte tragen. Diese Kosten
sollen durch den Voranschlag zum Staatshaushalt festgesetzt werden, während die
Verteilung der Kosten einer für mehrere Gemeinden zusammen bestellten Po¬
lizeiverwaltung auf die einzelnen Gemeinden, sowie der für die von einer Orts¬
polizeibehörde gleichzeitig wahrzunehmenden landespvlizcilichen Geschäfte zu be¬
rechnende Teil der für diese Behörde aufzubringenden Kosten vom Minister des
Innern bewirkt oder bestimmt werden soll.

Gegen diesen Entwurf sind im Landtage selbst und in Adressen beteiligter
Städte verschiedene Einwände erhoben worden. Vor allem wurde eine voll¬
ständige Auseinandersetzung zwischen Polizei und Verwaltung im engern Sinne
begehrt, ein Verlangen, das bei der sür einen beschränkten Zweck berechneten
Gesetzesvorlage nicht zum Austrag gebracht werden konnte. Ich kann diese
Frage daher hier als nicht zur Sache gehörig übergehen, behalte mir aber vor


Grenzboten III. 1838. 62
Die Grtspolizei und ihre Rösten.

Provinzen gemäß der dem Gesetze vom 11. März 1850 im wesentlichen nachge¬
bildeten Verordnungen vom 20. September 1867 und 7. Januar 1870 bei
weitem weniger. Die Städte, welche eigne Polizeiverwaltung haben, müssen
sämtliche Kosten dafür aufbringen. Zur Polizeiverwaltung auf dem platten
Lande erhalten die Provinzen zwar neben der Unterstützung durch die staatlich
besoldete Gendarmerie eine nicht unerhebliche Dotation, müssen aber doch den
dritten Teil der Kosten für die wesentlich der Polizeiverwaltung dienenden
Amtsbezirke selbst zahlen und die Amtsvorsteher im Ehrenamt stellen, mit Aus¬
nahme der Provinz Hannover, innerhalb deren die Polizei von den königlichen
Landräten gehandhabt wird, die Dotation daher zu andern Zwecken flüssig ist und
auch für die Amtsbezirke nichts aufgebracht zu werden braucht. Posen mit seinen
besondern Verhältnissen übergehe ich hier.

Schon lange, namentlich seit 1869, hat diese Angelegenheit auch den Land¬
tag beschäftigt, bis endlich am 16. April 188S das Abgeordnetenhaus auf
Antrag des Abgeordneten von Eyncrn die Staatsregierung ersuchte, zur Besei¬
tigung der ungerechtfertigten Bevorzugung der mit königlicher Polizeiverwaltuug
versehenen Städte die Beitragspflicht dieser Städte zu den Kosten der Polizei-
Verwaltung anderweit zu regeln. Diesem Antrage, der 1886 wiederholt wurde,
kam die Staatsregierung nach, indem sie dem Abgeordnetenhaus im Februar
1888 eine entsprechende Vorlage machte, die nach der Generaldebatte einer Kom¬
mission überwiesen, von dieser aber nicht fertig beraten wurde. Da diese Ange¬
legenheit aber bei ihrer Wichtigkeit sicher den Landtag bald wieder beschäftigen
wird, so lohnt es sich, dieselbe hier kurz, wie es der Raum dieser Blätter erfordert,
nach zwei Richtungen hin zu erörtern, nämlich: 1. was der Gesetzentwurf
bezweckt, und 2. was gegen denselben vorgebracht worden ist.

Der Gesetzentwurf will nur, entsprechend den verschiednen Resolutionen
des Abgeordnetenhauses, den Beitrag der mit königlichen Polizeidirektionen ver¬
sehenen Städte zu den Kosten dieser Behörden anderweit und zwar dahin regeln,
daß Staat und Gemeinde diese Kosten je zur Hälfte tragen. Diese Kosten
sollen durch den Voranschlag zum Staatshaushalt festgesetzt werden, während die
Verteilung der Kosten einer für mehrere Gemeinden zusammen bestellten Po¬
lizeiverwaltung auf die einzelnen Gemeinden, sowie der für die von einer Orts¬
polizeibehörde gleichzeitig wahrzunehmenden landespvlizcilichen Geschäfte zu be¬
rechnende Teil der für diese Behörde aufzubringenden Kosten vom Minister des
Innern bewirkt oder bestimmt werden soll.

Gegen diesen Entwurf sind im Landtage selbst und in Adressen beteiligter
Städte verschiedene Einwände erhoben worden. Vor allem wurde eine voll¬
ständige Auseinandersetzung zwischen Polizei und Verwaltung im engern Sinne
begehrt, ein Verlangen, das bei der sür einen beschränkten Zweck berechneten
Gesetzesvorlage nicht zum Austrag gebracht werden konnte. Ich kann diese
Frage daher hier als nicht zur Sache gehörig übergehen, behalte mir aber vor


Grenzboten III. 1838. 62
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0497" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/289620"/>
          <fw type="header" place="top"> Die Grtspolizei und ihre Rösten.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_1670" prev="#ID_1669"> Provinzen gemäß der dem Gesetze vom 11. März 1850 im wesentlichen nachge¬<lb/>
bildeten Verordnungen vom 20. September 1867 und 7. Januar 1870 bei<lb/>
weitem weniger. Die Städte, welche eigne Polizeiverwaltung haben, müssen<lb/>
sämtliche Kosten dafür aufbringen. Zur Polizeiverwaltung auf dem platten<lb/>
Lande erhalten die Provinzen zwar neben der Unterstützung durch die staatlich<lb/>
besoldete Gendarmerie eine nicht unerhebliche Dotation, müssen aber doch den<lb/>
dritten Teil der Kosten für die wesentlich der Polizeiverwaltung dienenden<lb/>
Amtsbezirke selbst zahlen und die Amtsvorsteher im Ehrenamt stellen, mit Aus¬<lb/>
nahme der Provinz Hannover, innerhalb deren die Polizei von den königlichen<lb/>
Landräten gehandhabt wird, die Dotation daher zu andern Zwecken flüssig ist und<lb/>
auch für die Amtsbezirke nichts aufgebracht zu werden braucht. Posen mit seinen<lb/>
besondern Verhältnissen übergehe ich hier.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1671"> Schon lange, namentlich seit 1869, hat diese Angelegenheit auch den Land¬<lb/>
tag beschäftigt, bis endlich am 16. April 188S das Abgeordnetenhaus auf<lb/>
Antrag des Abgeordneten von Eyncrn die Staatsregierung ersuchte, zur Besei¬<lb/>
tigung der ungerechtfertigten Bevorzugung der mit königlicher Polizeiverwaltuug<lb/>
versehenen Städte die Beitragspflicht dieser Städte zu den Kosten der Polizei-<lb/>
Verwaltung anderweit zu regeln. Diesem Antrage, der 1886 wiederholt wurde,<lb/>
kam die Staatsregierung nach, indem sie dem Abgeordnetenhaus im Februar<lb/>
1888 eine entsprechende Vorlage machte, die nach der Generaldebatte einer Kom¬<lb/>
mission überwiesen, von dieser aber nicht fertig beraten wurde. Da diese Ange¬<lb/>
legenheit aber bei ihrer Wichtigkeit sicher den Landtag bald wieder beschäftigen<lb/>
wird, so lohnt es sich, dieselbe hier kurz, wie es der Raum dieser Blätter erfordert,<lb/>
nach zwei Richtungen hin zu erörtern, nämlich: 1. was der Gesetzentwurf<lb/>
bezweckt, und 2. was gegen denselben vorgebracht worden ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1672"> Der Gesetzentwurf will nur, entsprechend den verschiednen Resolutionen<lb/>
des Abgeordnetenhauses, den Beitrag der mit königlichen Polizeidirektionen ver¬<lb/>
sehenen Städte zu den Kosten dieser Behörden anderweit und zwar dahin regeln,<lb/>
daß Staat und Gemeinde diese Kosten je zur Hälfte tragen. Diese Kosten<lb/>
sollen durch den Voranschlag zum Staatshaushalt festgesetzt werden, während die<lb/>
Verteilung der Kosten einer für mehrere Gemeinden zusammen bestellten Po¬<lb/>
lizeiverwaltung auf die einzelnen Gemeinden, sowie der für die von einer Orts¬<lb/>
polizeibehörde gleichzeitig wahrzunehmenden landespvlizcilichen Geschäfte zu be¬<lb/>
rechnende Teil der für diese Behörde aufzubringenden Kosten vom Minister des<lb/>
Innern bewirkt oder bestimmt werden soll.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1673" next="#ID_1674"> Gegen diesen Entwurf sind im Landtage selbst und in Adressen beteiligter<lb/>
Städte verschiedene Einwände erhoben worden. Vor allem wurde eine voll¬<lb/>
ständige Auseinandersetzung zwischen Polizei und Verwaltung im engern Sinne<lb/>
begehrt, ein Verlangen, das bei der sür einen beschränkten Zweck berechneten<lb/>
Gesetzesvorlage nicht zum Austrag gebracht werden konnte. Ich kann diese<lb/>
Frage daher hier als nicht zur Sache gehörig übergehen, behalte mir aber vor</p><lb/>
          <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten III. 1838. 62</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0497] Die Grtspolizei und ihre Rösten. Provinzen gemäß der dem Gesetze vom 11. März 1850 im wesentlichen nachge¬ bildeten Verordnungen vom 20. September 1867 und 7. Januar 1870 bei weitem weniger. Die Städte, welche eigne Polizeiverwaltung haben, müssen sämtliche Kosten dafür aufbringen. Zur Polizeiverwaltung auf dem platten Lande erhalten die Provinzen zwar neben der Unterstützung durch die staatlich besoldete Gendarmerie eine nicht unerhebliche Dotation, müssen aber doch den dritten Teil der Kosten für die wesentlich der Polizeiverwaltung dienenden Amtsbezirke selbst zahlen und die Amtsvorsteher im Ehrenamt stellen, mit Aus¬ nahme der Provinz Hannover, innerhalb deren die Polizei von den königlichen Landräten gehandhabt wird, die Dotation daher zu andern Zwecken flüssig ist und auch für die Amtsbezirke nichts aufgebracht zu werden braucht. Posen mit seinen besondern Verhältnissen übergehe ich hier. Schon lange, namentlich seit 1869, hat diese Angelegenheit auch den Land¬ tag beschäftigt, bis endlich am 16. April 188S das Abgeordnetenhaus auf Antrag des Abgeordneten von Eyncrn die Staatsregierung ersuchte, zur Besei¬ tigung der ungerechtfertigten Bevorzugung der mit königlicher Polizeiverwaltuug versehenen Städte die Beitragspflicht dieser Städte zu den Kosten der Polizei- Verwaltung anderweit zu regeln. Diesem Antrage, der 1886 wiederholt wurde, kam die Staatsregierung nach, indem sie dem Abgeordnetenhaus im Februar 1888 eine entsprechende Vorlage machte, die nach der Generaldebatte einer Kom¬ mission überwiesen, von dieser aber nicht fertig beraten wurde. Da diese Ange¬ legenheit aber bei ihrer Wichtigkeit sicher den Landtag bald wieder beschäftigen wird, so lohnt es sich, dieselbe hier kurz, wie es der Raum dieser Blätter erfordert, nach zwei Richtungen hin zu erörtern, nämlich: 1. was der Gesetzentwurf bezweckt, und 2. was gegen denselben vorgebracht worden ist. Der Gesetzentwurf will nur, entsprechend den verschiednen Resolutionen des Abgeordnetenhauses, den Beitrag der mit königlichen Polizeidirektionen ver¬ sehenen Städte zu den Kosten dieser Behörden anderweit und zwar dahin regeln, daß Staat und Gemeinde diese Kosten je zur Hälfte tragen. Diese Kosten sollen durch den Voranschlag zum Staatshaushalt festgesetzt werden, während die Verteilung der Kosten einer für mehrere Gemeinden zusammen bestellten Po¬ lizeiverwaltung auf die einzelnen Gemeinden, sowie der für die von einer Orts¬ polizeibehörde gleichzeitig wahrzunehmenden landespvlizcilichen Geschäfte zu be¬ rechnende Teil der für diese Behörde aufzubringenden Kosten vom Minister des Innern bewirkt oder bestimmt werden soll. Gegen diesen Entwurf sind im Landtage selbst und in Adressen beteiligter Städte verschiedene Einwände erhoben worden. Vor allem wurde eine voll¬ ständige Auseinandersetzung zwischen Polizei und Verwaltung im engern Sinne begehrt, ein Verlangen, das bei der sür einen beschränkten Zweck berechneten Gesetzesvorlage nicht zum Austrag gebracht werden konnte. Ich kann diese Frage daher hier als nicht zur Sache gehörig übergehen, behalte mir aber vor Grenzboten III. 1838. 62

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/497
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 47, 1888, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341847_289122/497>, abgerufen am 25.05.2024.