Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Erstes Vierteljahr.Grillparzer und seine Jugendtraum
Sogar ein Hofmann spricht in diesem fliegenden Versmaß zu Anfang des
So die Sprache des jungen achtzehnjährigen Grillparzer: eine unglaubliche Aber in Einzelheiten kann man die Spuren des Originalgenies erkennen. Grillparzer und seine Jugendtraum
Sogar ein Hofmann spricht in diesem fliegenden Versmaß zu Anfang des
So die Sprache des jungen achtzehnjährigen Grillparzer: eine unglaubliche Aber in Einzelheiten kann man die Spuren des Originalgenies erkennen. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0613" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/204702"/> <fw type="header" place="top"> Grillparzer und seine Jugendtraum</fw><lb/> <quote> <lg xml:id="POEMID_38" type="poem"> <l> Dahin laß mich ziehn,<lb/> Diesem Kerker entflieh».<lb/> Die seligen Amen<lb/> Noch einmal schauen,<lb/> In deren Schoß<lb/> Mein junges Herz<lb/> Der Liebe Schmerz,<lb/> Der Liebe Wonne<lb/> Entzückt genoß.</l> </lg> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1953" prev="#ID_1952"> Sogar ein Hofmann spricht in diesem fliegenden Versmaß zu Anfang des<lb/> fünften Aktes, um die schönere Zukunft Spaniens zu schildern. Ganz schillerisch<lb/> ist das Ideal, das Guzman seiner Blanka zeichnet, damit sie mit ihm fliehe:</p><lb/> <quote> <p xml:id="ID_1954"> Weib, das ich<lb/> Aus Tausenden mir auserkoren, sieh,<lb/> Ich sprenge alle Fesseln kühn, durch die<lb/> Des Königs feige Schlangenlist mich band,<lb/> Und trete wieder in den schönen Kreis<lb/> Der Menschheit, dem der Falsche mich entrissen!<lb/> Der heilge Bater löset alle Bande,<lb/> Die mich an diese Kleidung fesselten.<lb/> Mit diesem Mantel werf ich die Schimäre<lb/> Von Ruhm und Größe von mir, denen<lb/> Ich einst, von Wahn getäuscht, gehuldigt!</p> <stage> (Er reißt seinen Mantel öden er als Großmeister des Ordens von San Jago triigt^<lb/> ab und wirft ihn weg.)</stage> <p xml:id="ID_1955" next="#ID_1956"> Nicht Ritter will ich nunmehr sein, nicht Krieger,<lb/> Und gern entsag' ich jedem Rang und Titel;<lb/> Ein einz'ger nur, ein ctnz'ger sei mein Stolz<lb/> Und hebe über Fürsten mich empor:<lb/> Der schöne Name Mensch, den die Natur<lb/> Dem Bettler wie dem König gütig gab,<lb/> Den schönsten, den sie ihnen geben konnte!<lb/> Mensch will ich künstig sein und Blankas Gatte!</p> </quote><lb/> <p xml:id="ID_1956" prev="#ID_1955"> So die Sprache des jungen achtzehnjährigen Grillparzer: eine unglaubliche<lb/> Gewandtheit und Fülle im Ausdruck, von einer Glätte und Melodie, wie er<lb/> sie später nicht besser getroffen hat, und ganz in: Banne des achtzehnten Jahr¬<lb/> hunderts, den der spätere Pessimist in einem Grade abschütteln konnte, daß er<lb/> seiner Zeit um ein halbes Jahrhundert vorauslief, und Volkelt ihn mit Recht<lb/> als einen spezifisch modernen Dichter bezeichnen durfte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1957" next="#ID_1958"> Aber in Einzelheiten kann man die Spuren des Originalgenies erkennen.<lb/> Pedro der Schwächling ist eine Originalleistung Grillparzers. Das ungewön-<lb/> liche Verständnis für Bühnenwirkung, das der junge Dichter in den Aktschlüssen,<lb/> in der Vorbereitung der Katastrophe, in den Überrafchungsszenen zwischen<lb/> Blanka und Guzman, sodann zwischen Pedro und Blanka, in den Monologen des</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0613]
Grillparzer und seine Jugendtraum
Dahin laß mich ziehn,
Diesem Kerker entflieh».
Die seligen Amen
Noch einmal schauen,
In deren Schoß
Mein junges Herz
Der Liebe Schmerz,
Der Liebe Wonne
Entzückt genoß.
Sogar ein Hofmann spricht in diesem fliegenden Versmaß zu Anfang des
fünften Aktes, um die schönere Zukunft Spaniens zu schildern. Ganz schillerisch
ist das Ideal, das Guzman seiner Blanka zeichnet, damit sie mit ihm fliehe:
Weib, das ich
Aus Tausenden mir auserkoren, sieh,
Ich sprenge alle Fesseln kühn, durch die
Des Königs feige Schlangenlist mich band,
Und trete wieder in den schönen Kreis
Der Menschheit, dem der Falsche mich entrissen!
Der heilge Bater löset alle Bande,
Die mich an diese Kleidung fesselten.
Mit diesem Mantel werf ich die Schimäre
Von Ruhm und Größe von mir, denen
Ich einst, von Wahn getäuscht, gehuldigt!
(Er reißt seinen Mantel öden er als Großmeister des Ordens von San Jago triigt^
ab und wirft ihn weg.) Nicht Ritter will ich nunmehr sein, nicht Krieger,
Und gern entsag' ich jedem Rang und Titel;
Ein einz'ger nur, ein ctnz'ger sei mein Stolz
Und hebe über Fürsten mich empor:
Der schöne Name Mensch, den die Natur
Dem Bettler wie dem König gütig gab,
Den schönsten, den sie ihnen geben konnte!
Mensch will ich künstig sein und Blankas Gatte!
So die Sprache des jungen achtzehnjährigen Grillparzer: eine unglaubliche
Gewandtheit und Fülle im Ausdruck, von einer Glätte und Melodie, wie er
sie später nicht besser getroffen hat, und ganz in: Banne des achtzehnten Jahr¬
hunderts, den der spätere Pessimist in einem Grade abschütteln konnte, daß er
seiner Zeit um ein halbes Jahrhundert vorauslief, und Volkelt ihn mit Recht
als einen spezifisch modernen Dichter bezeichnen durfte.
Aber in Einzelheiten kann man die Spuren des Originalgenies erkennen.
Pedro der Schwächling ist eine Originalleistung Grillparzers. Das ungewön-
liche Verständnis für Bühnenwirkung, das der junge Dichter in den Aktschlüssen,
in der Vorbereitung der Katastrophe, in den Überrafchungsszenen zwischen
Blanka und Guzman, sodann zwischen Pedro und Blanka, in den Monologen des
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