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Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr.

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Litteratur

der antiken Well unter Julianus dem Abtrünnigen; Paulus und Petrus in
Rom. Die letzten drei sind überschrieben: 4) Altchristliche Inschriften; 5) Die
Stellung der alten Christen zur Kunst; ti) Gottesdienst und Kunst. Der Verfasser
ist als Kenner der altchristlichen Kunst in der Litteratur bekannt. Die beiden letzten
Abhandlungen wallen offenbar die Hinwendung zur Kunst, wie wir sie jetzt in
protestantischen Kreisen gewahren, durch das Beispiel der Alten stärken. Eine ein¬
dringliche, ans eigner Anschauung beruhende Kenntnis des christlichen Altertums,
wie sie der Verfasser besitzt, ist immer anziehend. Sonst findet sich nicht gerade
viel neues in dem. Buche. Der Druckfehler sind weit mehr, als das Verzeichnis
sie nachweist. Auch findet sich dreimal die Wortverbindnng: zeigen von etwas
statt zeugen von etwas, ein Fehler, dem man in Zeitungen oft begegnet.


Es war einmal. Märchen von Rudolf Baumbcich. Leipzig. A. G, Licbeskind, 1889

Es giebt Leute, die neuerdings etwas geringschätzig von Baumbach reden, und
es ist ja richtig: etwas neues bringt er nicht, es ist immer wieder dasselbe. Aber
das thut ja bekanntlich die Nachtigall anch, wenn sie im Frühling wiederkehrt;
"was neues hat sie nicht gelernt, singt alte, liebe Lieder." Thut man einem
Dichter nicht Unrecht, wenn man ihm sagt: Du solltest einmal das und das machen?
Man mag ihn doch machen lassen, was er will. Bnumbach ist sich des Umfanges
seiner Begabung gewiß sehr wohl bewußt, im Märchen und in der kleinen poetischen
Erzählung liegt seine Stärke, einen Roman zu schreiben, etwa gar einen Roman aus
der Gegenwart, liegt ihm ganz fern. Auch das vorliegende neue Bändchen zeigt
keine neuen Seiten. Es enthält eine Mandel hübscher Märchen, wie ihrer Banm-
bach schon mehr erzählt hat. Ob alles darin eigne Erfindung ist -- wie in dem
kleinen Bierzeitungsscherz "Nicotiana" - oder ob allerhand ältere Motive glücklich
hinein verwoben sind, ist gleichgültig, wenn sie nur ans einem Guß siud, eine zier¬
liche Spitze haben und graziös erzählt siud. Und das siud die meisten auch in dem
v o ri i eg end en Bändchen.

Baumbach verwendet viel Fleiß auch ans die Sprache seiner Märchen. Einen
traulich nltertnmelndeu Ton zu treffen, thut er aber doch vielleicht manchmal zu
viel des Gutem Aber auch Fehler finde" sich. S. 150 steht: aufs Grade-
wvhl. So etwas nicht durchzulassen, Ware Sache des HanslorrektorS gewesen
-- es heißt: aufs Geratewohl.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow i" Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grnuow in Leipzig -- Druck von Carl Marquart in Leipzig
Litteratur

der antiken Well unter Julianus dem Abtrünnigen; Paulus und Petrus in
Rom. Die letzten drei sind überschrieben: 4) Altchristliche Inschriften; 5) Die
Stellung der alten Christen zur Kunst; ti) Gottesdienst und Kunst. Der Verfasser
ist als Kenner der altchristlichen Kunst in der Litteratur bekannt. Die beiden letzten
Abhandlungen wallen offenbar die Hinwendung zur Kunst, wie wir sie jetzt in
protestantischen Kreisen gewahren, durch das Beispiel der Alten stärken. Eine ein¬
dringliche, ans eigner Anschauung beruhende Kenntnis des christlichen Altertums,
wie sie der Verfasser besitzt, ist immer anziehend. Sonst findet sich nicht gerade
viel neues in dem. Buche. Der Druckfehler sind weit mehr, als das Verzeichnis
sie nachweist. Auch findet sich dreimal die Wortverbindnng: zeigen von etwas
statt zeugen von etwas, ein Fehler, dem man in Zeitungen oft begegnet.


Es war einmal. Märchen von Rudolf Baumbcich. Leipzig. A. G, Licbeskind, 1889

Es giebt Leute, die neuerdings etwas geringschätzig von Baumbach reden, und
es ist ja richtig: etwas neues bringt er nicht, es ist immer wieder dasselbe. Aber
das thut ja bekanntlich die Nachtigall anch, wenn sie im Frühling wiederkehrt;
„was neues hat sie nicht gelernt, singt alte, liebe Lieder." Thut man einem
Dichter nicht Unrecht, wenn man ihm sagt: Du solltest einmal das und das machen?
Man mag ihn doch machen lassen, was er will. Bnumbach ist sich des Umfanges
seiner Begabung gewiß sehr wohl bewußt, im Märchen und in der kleinen poetischen
Erzählung liegt seine Stärke, einen Roman zu schreiben, etwa gar einen Roman aus
der Gegenwart, liegt ihm ganz fern. Auch das vorliegende neue Bändchen zeigt
keine neuen Seiten. Es enthält eine Mandel hübscher Märchen, wie ihrer Banm-
bach schon mehr erzählt hat. Ob alles darin eigne Erfindung ist — wie in dem
kleinen Bierzeitungsscherz „Nicotiana" - oder ob allerhand ältere Motive glücklich
hinein verwoben sind, ist gleichgültig, wenn sie nur ans einem Guß siud, eine zier¬
liche Spitze haben und graziös erzählt siud. Und das siud die meisten auch in dem
v o ri i eg end en Bändchen.

Baumbach verwendet viel Fleiß auch ans die Sprache seiner Märchen. Einen
traulich nltertnmelndeu Ton zu treffen, thut er aber doch vielleicht manchmal zu
viel des Gutem Aber auch Fehler finde» sich. S. 150 steht: aufs Grade-
wvhl. So etwas nicht durchzulassen, Ware Sache des HanslorrektorS gewesen
— es heißt: aufs Geratewohl.






Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow i» Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grnuow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig
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[0592] Litteratur der antiken Well unter Julianus dem Abtrünnigen; Paulus und Petrus in Rom. Die letzten drei sind überschrieben: 4) Altchristliche Inschriften; 5) Die Stellung der alten Christen zur Kunst; ti) Gottesdienst und Kunst. Der Verfasser ist als Kenner der altchristlichen Kunst in der Litteratur bekannt. Die beiden letzten Abhandlungen wallen offenbar die Hinwendung zur Kunst, wie wir sie jetzt in protestantischen Kreisen gewahren, durch das Beispiel der Alten stärken. Eine ein¬ dringliche, ans eigner Anschauung beruhende Kenntnis des christlichen Altertums, wie sie der Verfasser besitzt, ist immer anziehend. Sonst findet sich nicht gerade viel neues in dem. Buche. Der Druckfehler sind weit mehr, als das Verzeichnis sie nachweist. Auch findet sich dreimal die Wortverbindnng: zeigen von etwas statt zeugen von etwas, ein Fehler, dem man in Zeitungen oft begegnet. Es war einmal. Märchen von Rudolf Baumbcich. Leipzig. A. G, Licbeskind, 1889 Es giebt Leute, die neuerdings etwas geringschätzig von Baumbach reden, und es ist ja richtig: etwas neues bringt er nicht, es ist immer wieder dasselbe. Aber das thut ja bekanntlich die Nachtigall anch, wenn sie im Frühling wiederkehrt; „was neues hat sie nicht gelernt, singt alte, liebe Lieder." Thut man einem Dichter nicht Unrecht, wenn man ihm sagt: Du solltest einmal das und das machen? Man mag ihn doch machen lassen, was er will. Bnumbach ist sich des Umfanges seiner Begabung gewiß sehr wohl bewußt, im Märchen und in der kleinen poetischen Erzählung liegt seine Stärke, einen Roman zu schreiben, etwa gar einen Roman aus der Gegenwart, liegt ihm ganz fern. Auch das vorliegende neue Bändchen zeigt keine neuen Seiten. Es enthält eine Mandel hübscher Märchen, wie ihrer Banm- bach schon mehr erzählt hat. Ob alles darin eigne Erfindung ist — wie in dem kleinen Bierzeitungsscherz „Nicotiana" - oder ob allerhand ältere Motive glücklich hinein verwoben sind, ist gleichgültig, wenn sie nur ans einem Guß siud, eine zier¬ liche Spitze haben und graziös erzählt siud. Und das siud die meisten auch in dem v o ri i eg end en Bändchen. Baumbach verwendet viel Fleiß auch ans die Sprache seiner Märchen. Einen traulich nltertnmelndeu Ton zu treffen, thut er aber doch vielleicht manchmal zu viel des Gutem Aber auch Fehler finde» sich. S. 150 steht: aufs Grade- wvhl. So etwas nicht durchzulassen, Ware Sache des HanslorrektorS gewesen — es heißt: aufs Geratewohl. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunow i» Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grnuow in Leipzig — Druck von Carl Marquart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 48, 1889, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341849_205998/592>, abgerufen am 16.06.2024.