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Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr.

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Fünf Briefe Schopenhauers

Gans
Kommt nun auch eine Gans zu deinem Systeme geschnattert,
Nehmen die Gänse es gern, freudig und liebevoll an.

Trendelenburg
Klare erfrischende Quelle im traurigen märkischen Sande,
Sei uns gegrüßet! Wie gern labt sich der Wandrer aus dir!

Urteil eines deutschen Philosophieprofessvrs über "Die Welt als Wille nud
Vorstellung" von A. Schopenhauer
Ein perverses Buch, ich kann zum Verstnuduis nicht kommen,
Selbst der gelehrteste Mann wird ans ihm nicht recht klug.
Nun, ich leg' es a.ä "vo, so bin ich am besten beraten,
Klüglich schweige ich still, und ich erscheine gescheit.

Schopenhauer
Kommt nur herbei und lernet und haltet ihn hoch mir in Ehre",
Der auf kühnerem Pfad wandelt zur Wahrheit dahin.
Gold der Wahrheit, es bleibt, wenn längst verschwunden vom Schauplatz
Jene gesunken ins Grab, die" ihn hienieden verkannt. l.ogor ot, IvMr! So ists! Sie können es nnn nicht mehr hindern:
Wenn sie das Präsens auch kränkt, triiukt das Futurum noch mehr.

An dem Ufer der heiligen Ganga ist deine Heimat,
Wo der Lotos erblüht, Rosen in herrlicher Pracht,
Ferne von ihr, wo die Fluten des Mains dem Rheine sich nähern,
Wehen die Winde zu rauh, kennt dich nicht dieses Geschlecht.

Was seit Kant kein Professor von seinem Katheder gelehret.
Du nur fandst es und sprachst lichtvoll für alle es aus.
Deines Namens Gedächtnis, es bleibt gesegnet dem Forscher,
Den auf mühsamem Pfad leitet dein schauender Geist.

Heilige, ewige Wahrheit, wo fließt deine lautere Quelle?
In die Beden vertieft schaut er ursprüngliches Licht.

Keinen Wechsel gewahr ich bei dir im Laufe der Jahre:
Wie du sie anfangs erkannt, steht dir die Wahrheit noch fest.

Einsam, ein seltner Genius, steht er im Leben voll Würde.
Möchte der Nachbeter Schar stets von ihm bleiben entfernt!

Daß nicht die Schüler verderben des Meisters tiefsinnige Lehre,
Die nur bei ihm uns erscheint würdig, erhaben und ernst.

Daß seine "Welt" vorhanden, sie wußtens; doch fürchteten Störung
In ihrer Bahn sie von ihm; nun iguorirten sie ihn.

Wollt in sein Herz ihr blicken, so wisset: der sauste Petrarca
Ist der Dichter, der ihm Freund ist und Liebling zugleich.

Fünf Briefe Schopenhauers

Gans
Kommt nun auch eine Gans zu deinem Systeme geschnattert,
Nehmen die Gänse es gern, freudig und liebevoll an.

Trendelenburg
Klare erfrischende Quelle im traurigen märkischen Sande,
Sei uns gegrüßet! Wie gern labt sich der Wandrer aus dir!

Urteil eines deutschen Philosophieprofessvrs über „Die Welt als Wille nud
Vorstellung" von A. Schopenhauer
Ein perverses Buch, ich kann zum Verstnuduis nicht kommen,
Selbst der gelehrteste Mann wird ans ihm nicht recht klug.
Nun, ich leg' es a.ä »vo, so bin ich am besten beraten,
Klüglich schweige ich still, und ich erscheine gescheit.

Schopenhauer
Kommt nur herbei und lernet und haltet ihn hoch mir in Ehre»,
Der auf kühnerem Pfad wandelt zur Wahrheit dahin.
Gold der Wahrheit, es bleibt, wenn längst verschwunden vom Schauplatz
Jene gesunken ins Grab, die" ihn hienieden verkannt. l.ogor ot, IvMr! So ists! Sie können es nnn nicht mehr hindern:
Wenn sie das Präsens auch kränkt, triiukt das Futurum noch mehr.

An dem Ufer der heiligen Ganga ist deine Heimat,
Wo der Lotos erblüht, Rosen in herrlicher Pracht,
Ferne von ihr, wo die Fluten des Mains dem Rheine sich nähern,
Wehen die Winde zu rauh, kennt dich nicht dieses Geschlecht.

Was seit Kant kein Professor von seinem Katheder gelehret.
Du nur fandst es und sprachst lichtvoll für alle es aus.
Deines Namens Gedächtnis, es bleibt gesegnet dem Forscher,
Den auf mühsamem Pfad leitet dein schauender Geist.

Heilige, ewige Wahrheit, wo fließt deine lautere Quelle?
In die Beden vertieft schaut er ursprüngliches Licht.

Keinen Wechsel gewahr ich bei dir im Laufe der Jahre:
Wie du sie anfangs erkannt, steht dir die Wahrheit noch fest.

Einsam, ein seltner Genius, steht er im Leben voll Würde.
Möchte der Nachbeter Schar stets von ihm bleiben entfernt!

Daß nicht die Schüler verderben des Meisters tiefsinnige Lehre,
Die nur bei ihm uns erscheint würdig, erhaben und ernst.

Daß seine „Welt" vorhanden, sie wußtens; doch fürchteten Störung
In ihrer Bahn sie von ihm; nun iguorirten sie ihn.

Wollt in sein Herz ihr blicken, so wisset: der sauste Petrarca
Ist der Dichter, der ihm Freund ist und Liebling zugleich.

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[0510] Fünf Briefe Schopenhauers Gans Kommt nun auch eine Gans zu deinem Systeme geschnattert, Nehmen die Gänse es gern, freudig und liebevoll an. Trendelenburg Klare erfrischende Quelle im traurigen märkischen Sande, Sei uns gegrüßet! Wie gern labt sich der Wandrer aus dir! Urteil eines deutschen Philosophieprofessvrs über „Die Welt als Wille nud Vorstellung" von A. Schopenhauer Ein perverses Buch, ich kann zum Verstnuduis nicht kommen, Selbst der gelehrteste Mann wird ans ihm nicht recht klug. Nun, ich leg' es a.ä »vo, so bin ich am besten beraten, Klüglich schweige ich still, und ich erscheine gescheit. Schopenhauer Kommt nur herbei und lernet und haltet ihn hoch mir in Ehre», Der auf kühnerem Pfad wandelt zur Wahrheit dahin. Gold der Wahrheit, es bleibt, wenn längst verschwunden vom Schauplatz Jene gesunken ins Grab, die" ihn hienieden verkannt. l.ogor ot, IvMr! So ists! Sie können es nnn nicht mehr hindern: Wenn sie das Präsens auch kränkt, triiukt das Futurum noch mehr. An dem Ufer der heiligen Ganga ist deine Heimat, Wo der Lotos erblüht, Rosen in herrlicher Pracht, Ferne von ihr, wo die Fluten des Mains dem Rheine sich nähern, Wehen die Winde zu rauh, kennt dich nicht dieses Geschlecht. Was seit Kant kein Professor von seinem Katheder gelehret. Du nur fandst es und sprachst lichtvoll für alle es aus. Deines Namens Gedächtnis, es bleibt gesegnet dem Forscher, Den auf mühsamem Pfad leitet dein schauender Geist. Heilige, ewige Wahrheit, wo fließt deine lautere Quelle? In die Beden vertieft schaut er ursprüngliches Licht. Keinen Wechsel gewahr ich bei dir im Laufe der Jahre: Wie du sie anfangs erkannt, steht dir die Wahrheit noch fest. Einsam, ein seltner Genius, steht er im Leben voll Würde. Möchte der Nachbeter Schar stets von ihm bleiben entfernt! Daß nicht die Schüler verderben des Meisters tiefsinnige Lehre, Die nur bei ihm uns erscheint würdig, erhaben und ernst. Daß seine „Welt" vorhanden, sie wußtens; doch fürchteten Störung In ihrer Bahn sie von ihm; nun iguorirten sie ihn. Wollt in sein Herz ihr blicken, so wisset: der sauste Petrarca Ist der Dichter, der ihm Freund ist und Liebling zugleich.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 49, 1890, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341851_207936/510>, abgerufen am 13.05.2024.