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Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr.

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als das Ergebnis augenblicklicher Eindrücke. Besonders über seinen Naturschilde-
rungen liegt ein Hnuch des VertrantseinS, der Sicherheit; sie sind groß in der
Auffassung und von liebevoller Feinheit in der Durchführung und gehören entschieden
zu den besten ihrer Art in der ganzen afrikanischen Neiselitteratur. Ausgeführte
Hochgebirgsbilder aus dem tropischen Afrika hat uns erst Dr. Haus Meyer
gezeichnet, in diesem Buche lernen wir afrikanische Gletscher und Firnfelder
zum erstenmale kennen, überhaupt ist ja dieses verweilende, sich vertiefende Schildern
der Hvchgebirgsregionen und -erscheinnngen wesentlich neu; wir gestehen aber, daß
uns die Steppcnbilder nicht minder angesprochen haben, wiewohl sie oft gezeichnete
Szenen vorführen. Sie sind, wie man von gemalten Landschaften sagen würde,
"gut gemacht." Der Verfasser versteht die Kunst der Schilderung und schreibt
einen Stil, um den ihn mancher Schriftsteller von Fach beneiden könnte. Er ver¬
steht es, seine Persönlichkeit hineinzulegen, ohne sie aufzudrängen, und es erhöht deu
Eindruck einer Reisebeschreibung, wenn es gelingt, uns ein persönliches Interesse
für den Verfasser einzuflößen, da wir ihn dann um so lieber begleiten, seine
Leiden und Freuden um so inniger teilen. Etwas anders wird Wohl die Stellung
mancher Leser zu den Urteilen über Kultur- und politischen Wert Deutschafrikas
ausfallen, wie sie besonders im nennten Kapitel ausgesprochen werden. Es wird
ihnen vielleicht scheinen, als ob die Grenze zwischen Vorzugsgebieten und hoffnungs-
losen, weil dürren und öden Gebieten zu scharf gezogen werde, und es liegt die
Erwägung nahe, ob ein in der Summe so pessimistisches Urteil in einem Augen¬
blick berechtigt sei, wo die Kultur die erste" Anstrengungen gemacht hat, um
die Hilfsquellen jener Länder auszunutzen. Man wird an die Zeit erinnert, die
in Jnueraustralien eine einzige große Wüste sah, weil sie die allerdings gro߬
artigen Wirkungen der Brunnenbohrung und der Wasseransammlungen in künst¬
lichen Seen nicht voraussehen konnte. Bekanntlich sind ja diese Urteile Dr. Hans
Meyers sehr bald auf der Tribüne des Reichstages von leichtfertigen Gegnern
unsrer Kolouinlpölitik im Sinne der Entmutigung verwertet worden. So hat
sie der Verfasser natürlich nicht gemeint, dafür bürgt uns der ganze Ton seines
Buches. Ihn trieb eine Leidenschaft, die Wahrheit zu sagen, wo so viel Schön¬
färberei getrieben worden war. Aber diese Wahrheit sollte, um Mißverständnisse
zu verhüten, als die Wahrheit für den Augenblick, nicht für alle Zukunft > ausge¬
sprochen werden; denn niemand zweifelt, daß der Wert, den Ostafrika für uns zu
gewinnen hat, einstweilen mehr in der That- und Opferwilligkeit der Deutschen
als in deu dortigen Natnrverhältnissen liegt.






Für die Redaktion vcrmitworilich: JvhciuucS Grnnow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunvw in Leipzig -- Druck von Carl Mnrauart in Leipzig

als das Ergebnis augenblicklicher Eindrücke. Besonders über seinen Naturschilde-
rungen liegt ein Hnuch des VertrantseinS, der Sicherheit; sie sind groß in der
Auffassung und von liebevoller Feinheit in der Durchführung und gehören entschieden
zu den besten ihrer Art in der ganzen afrikanischen Neiselitteratur. Ausgeführte
Hochgebirgsbilder aus dem tropischen Afrika hat uns erst Dr. Haus Meyer
gezeichnet, in diesem Buche lernen wir afrikanische Gletscher und Firnfelder
zum erstenmale kennen, überhaupt ist ja dieses verweilende, sich vertiefende Schildern
der Hvchgebirgsregionen und -erscheinnngen wesentlich neu; wir gestehen aber, daß
uns die Steppcnbilder nicht minder angesprochen haben, wiewohl sie oft gezeichnete
Szenen vorführen. Sie sind, wie man von gemalten Landschaften sagen würde,
„gut gemacht." Der Verfasser versteht die Kunst der Schilderung und schreibt
einen Stil, um den ihn mancher Schriftsteller von Fach beneiden könnte. Er ver¬
steht es, seine Persönlichkeit hineinzulegen, ohne sie aufzudrängen, und es erhöht deu
Eindruck einer Reisebeschreibung, wenn es gelingt, uns ein persönliches Interesse
für den Verfasser einzuflößen, da wir ihn dann um so lieber begleiten, seine
Leiden und Freuden um so inniger teilen. Etwas anders wird Wohl die Stellung
mancher Leser zu den Urteilen über Kultur- und politischen Wert Deutschafrikas
ausfallen, wie sie besonders im nennten Kapitel ausgesprochen werden. Es wird
ihnen vielleicht scheinen, als ob die Grenze zwischen Vorzugsgebieten und hoffnungs-
losen, weil dürren und öden Gebieten zu scharf gezogen werde, und es liegt die
Erwägung nahe, ob ein in der Summe so pessimistisches Urteil in einem Augen¬
blick berechtigt sei, wo die Kultur die erste» Anstrengungen gemacht hat, um
die Hilfsquellen jener Länder auszunutzen. Man wird an die Zeit erinnert, die
in Jnueraustralien eine einzige große Wüste sah, weil sie die allerdings gro߬
artigen Wirkungen der Brunnenbohrung und der Wasseransammlungen in künst¬
lichen Seen nicht voraussehen konnte. Bekanntlich sind ja diese Urteile Dr. Hans
Meyers sehr bald auf der Tribüne des Reichstages von leichtfertigen Gegnern
unsrer Kolouinlpölitik im Sinne der Entmutigung verwertet worden. So hat
sie der Verfasser natürlich nicht gemeint, dafür bürgt uns der ganze Ton seines
Buches. Ihn trieb eine Leidenschaft, die Wahrheit zu sagen, wo so viel Schön¬
färberei getrieben worden war. Aber diese Wahrheit sollte, um Mißverständnisse
zu verhüten, als die Wahrheit für den Augenblick, nicht für alle Zukunft > ausge¬
sprochen werden; denn niemand zweifelt, daß der Wert, den Ostafrika für uns zu
gewinnen hat, einstweilen mehr in der That- und Opferwilligkeit der Deutschen
als in deu dortigen Natnrverhältnissen liegt.






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Verlag von Fr. Wilh. Grunvw in Leipzig — Druck von Carl Mnrauart in Leipzig
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[0212] als das Ergebnis augenblicklicher Eindrücke. Besonders über seinen Naturschilde- rungen liegt ein Hnuch des VertrantseinS, der Sicherheit; sie sind groß in der Auffassung und von liebevoller Feinheit in der Durchführung und gehören entschieden zu den besten ihrer Art in der ganzen afrikanischen Neiselitteratur. Ausgeführte Hochgebirgsbilder aus dem tropischen Afrika hat uns erst Dr. Haus Meyer gezeichnet, in diesem Buche lernen wir afrikanische Gletscher und Firnfelder zum erstenmale kennen, überhaupt ist ja dieses verweilende, sich vertiefende Schildern der Hvchgebirgsregionen und -erscheinnngen wesentlich neu; wir gestehen aber, daß uns die Steppcnbilder nicht minder angesprochen haben, wiewohl sie oft gezeichnete Szenen vorführen. Sie sind, wie man von gemalten Landschaften sagen würde, „gut gemacht." Der Verfasser versteht die Kunst der Schilderung und schreibt einen Stil, um den ihn mancher Schriftsteller von Fach beneiden könnte. Er ver¬ steht es, seine Persönlichkeit hineinzulegen, ohne sie aufzudrängen, und es erhöht deu Eindruck einer Reisebeschreibung, wenn es gelingt, uns ein persönliches Interesse für den Verfasser einzuflößen, da wir ihn dann um so lieber begleiten, seine Leiden und Freuden um so inniger teilen. Etwas anders wird Wohl die Stellung mancher Leser zu den Urteilen über Kultur- und politischen Wert Deutschafrikas ausfallen, wie sie besonders im nennten Kapitel ausgesprochen werden. Es wird ihnen vielleicht scheinen, als ob die Grenze zwischen Vorzugsgebieten und hoffnungs- losen, weil dürren und öden Gebieten zu scharf gezogen werde, und es liegt die Erwägung nahe, ob ein in der Summe so pessimistisches Urteil in einem Augen¬ blick berechtigt sei, wo die Kultur die erste» Anstrengungen gemacht hat, um die Hilfsquellen jener Länder auszunutzen. Man wird an die Zeit erinnert, die in Jnueraustralien eine einzige große Wüste sah, weil sie die allerdings gro߬ artigen Wirkungen der Brunnenbohrung und der Wasseransammlungen in künst¬ lichen Seen nicht voraussehen konnte. Bekanntlich sind ja diese Urteile Dr. Hans Meyers sehr bald auf der Tribüne des Reichstages von leichtfertigen Gegnern unsrer Kolouinlpölitik im Sinne der Entmutigung verwertet worden. So hat sie der Verfasser natürlich nicht gemeint, dafür bürgt uns der ganze Ton seines Buches. Ihn trieb eine Leidenschaft, die Wahrheit zu sagen, wo so viel Schön¬ färberei getrieben worden war. Aber diese Wahrheit sollte, um Mißverständnisse zu verhüten, als die Wahrheit für den Augenblick, nicht für alle Zukunft > ausge¬ sprochen werden; denn niemand zweifelt, daß der Wert, den Ostafrika für uns zu gewinnen hat, einstweilen mehr in der That- und Opferwilligkeit der Deutschen als in deu dortigen Natnrverhältnissen liegt. Für die Redaktion vcrmitworilich: JvhciuucS Grnnow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunvw in Leipzig — Druck von Carl Mnrauart in Leipzig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 50, 1891, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341853_209866/212>, abgerufen am 22.05.2024.