Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Litteratur

Angehörigen znrückzillegen. Es bleibt ihm dabei also mir die Anlage in der Spar¬
kasse oder in Wertpapieren; und hier trifft ihn denn -- im Vergleich zur Lebens¬
versicherung -- noch das Mißgeschick, daß er auch die Zinsen dieses wachsenden
Sicherheitskapitals mit versteuern muß. Dies fällt nur dann weg, wenn für die be¬
treffenden Personen eine Ausstattttugsversicherung oder ein ähnlicher Vertrag bei einer
Lebeusversicherungsaitstalt eingegangen wird, wo wenigstens die Steuerpflicht des
zinslos bleibenden Kapitals, wie es durch die allmählichen Jahreszahlnngen an¬
wächst, nicht eintritt, wenn auch diese Zahlungen selbst nicht nach obiger Be¬
stimmung abgezogen und abgerechnet werden dürfen. Hier liegt eine ganz unge¬
rechtfertigte Begünstigung gesunder Leute, die doch an und für sich schon eine ge¬
sicherte Aussicht ans ununterbrochene Versorgung ihrer Familie durch ihrer Hände
Arbeit haben. Das Gesetz thäte jedenfalls wohl daran, jenes Vorzugsrecht auf
alle der Kapital- und Lebensversicherung der Steuerpflichtigen selbst gleichwirkendcn
Kapitalanlagen, auf deren Zinsgennß und Verbrauch dauernd und bindend ver¬
zichtet wird, auszudehnen.

Der Vorwurf, der hier die gesetzliche Regelung trifft und der offenbar auf einer
Überschätzung der freilich sehr wichtigen Lebensversicherung beruht, ist im Grnnde
derselbe, der sich gegen eine Wehrsteuer geltend machen läßt' da sie Leute in noch
unbemittelten Lebensjahren trifft, mithin meist auf die Eltern zurückfällt, so fragt
Will). Röscher mit vollem Recht! "Ist es möglich, z. B. dem Vater vieler kränk¬
lichen Söhne wegen dieses Unglücks eine hohe Extrastener aufzuerlegen?"


Gratisspendung.

Zu der lieblichem Schar der "Herabminderung" und
Genossen gesellt sich abermals ein würdiges Triumphstück geschärfter ff. prima Logik.
Im Anzeigenteile verschiedner Zeitungen finden wir nach dem Eingange "Praktisch
und dabei doch elegant" die Anpreisung eines "Drehscheibenkaleuders der Liebig'S
Compagnie" (so schreiben die Herren"), worin am Schlüsse zu lesen ist, daß dieser
Kalender "für (!) Kunden und Freunde gratis gespendet wird." Es wird
allerdings heutzutage viel "gespendet," aber daß wir alles, was wir mit schweren:
Gelde bezahlen, als "Spende" zu betrachten haben, wird immerhin manchem
nen sein. Da ist es doch gut, daß einmal auch etwas "gratis," also umsonst
gespendet wird! Möchte doch jeder gleich seinen Crayon-Bleistift hervor¬
ziehen, und sich diese neueste Schöpfung des "Sprachgeistes" zu gelegentlicher An¬
wendung vormerken!




Litteratur
D i rtrich W ilhclm Landscrinann. Erinnerungen ans seinem Leben. Leipzig, K. Biidecker, 1890.

Die unzähligen berühmten Leute machen einem heutzutage gerade genug zu
schaffen, macheu wir also mit diesem Unberühmten kurzen Prozeß! So dachte ich,
als mir das Buch in die Hände kam. Aber wo ich es aufschlug, fesselte es mich.



"> Ja wohl! Man Preise auch schon die Vorzüge "der DöringS Seife" an!
A. d. N.
Litteratur

Angehörigen znrückzillegen. Es bleibt ihm dabei also mir die Anlage in der Spar¬
kasse oder in Wertpapieren; und hier trifft ihn denn — im Vergleich zur Lebens¬
versicherung — noch das Mißgeschick, daß er auch die Zinsen dieses wachsenden
Sicherheitskapitals mit versteuern muß. Dies fällt nur dann weg, wenn für die be¬
treffenden Personen eine Ausstattttugsversicherung oder ein ähnlicher Vertrag bei einer
Lebeusversicherungsaitstalt eingegangen wird, wo wenigstens die Steuerpflicht des
zinslos bleibenden Kapitals, wie es durch die allmählichen Jahreszahlnngen an¬
wächst, nicht eintritt, wenn auch diese Zahlungen selbst nicht nach obiger Be¬
stimmung abgezogen und abgerechnet werden dürfen. Hier liegt eine ganz unge¬
rechtfertigte Begünstigung gesunder Leute, die doch an und für sich schon eine ge¬
sicherte Aussicht ans ununterbrochene Versorgung ihrer Familie durch ihrer Hände
Arbeit haben. Das Gesetz thäte jedenfalls wohl daran, jenes Vorzugsrecht auf
alle der Kapital- und Lebensversicherung der Steuerpflichtigen selbst gleichwirkendcn
Kapitalanlagen, auf deren Zinsgennß und Verbrauch dauernd und bindend ver¬
zichtet wird, auszudehnen.

Der Vorwurf, der hier die gesetzliche Regelung trifft und der offenbar auf einer
Überschätzung der freilich sehr wichtigen Lebensversicherung beruht, ist im Grnnde
derselbe, der sich gegen eine Wehrsteuer geltend machen läßt' da sie Leute in noch
unbemittelten Lebensjahren trifft, mithin meist auf die Eltern zurückfällt, so fragt
Will). Röscher mit vollem Recht! „Ist es möglich, z. B. dem Vater vieler kränk¬
lichen Söhne wegen dieses Unglücks eine hohe Extrastener aufzuerlegen?"


Gratisspendung.

Zu der lieblichem Schar der „Herabminderung" und
Genossen gesellt sich abermals ein würdiges Triumphstück geschärfter ff. prima Logik.
Im Anzeigenteile verschiedner Zeitungen finden wir nach dem Eingange „Praktisch
und dabei doch elegant" die Anpreisung eines „Drehscheibenkaleuders der Liebig'S
Compagnie" (so schreiben die Herren"), worin am Schlüsse zu lesen ist, daß dieser
Kalender „für (!) Kunden und Freunde gratis gespendet wird." Es wird
allerdings heutzutage viel „gespendet," aber daß wir alles, was wir mit schweren:
Gelde bezahlen, als „Spende" zu betrachten haben, wird immerhin manchem
nen sein. Da ist es doch gut, daß einmal auch etwas „gratis," also umsonst
gespendet wird! Möchte doch jeder gleich seinen Crayon-Bleistift hervor¬
ziehen, und sich diese neueste Schöpfung des „Sprachgeistes" zu gelegentlicher An¬
wendung vormerken!




Litteratur
D i rtrich W ilhclm Landscrinann. Erinnerungen ans seinem Leben. Leipzig, K. Biidecker, 1890.

Die unzähligen berühmten Leute machen einem heutzutage gerade genug zu
schaffen, macheu wir also mit diesem Unberühmten kurzen Prozeß! So dachte ich,
als mir das Buch in die Hände kam. Aber wo ich es aufschlug, fesselte es mich.



»> Ja wohl! Man Preise auch schon die Vorzüge „der DöringS Seife" an!
A. d. N.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0107" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/211275"/>
            <fw type="header" place="top"> Litteratur</fw><lb/>
            <p xml:id="ID_323" prev="#ID_322"> Angehörigen znrückzillegen. Es bleibt ihm dabei also mir die Anlage in der Spar¬<lb/>
kasse oder in Wertpapieren; und hier trifft ihn denn &#x2014; im Vergleich zur Lebens¬<lb/>
versicherung &#x2014; noch das Mißgeschick, daß er auch die Zinsen dieses wachsenden<lb/>
Sicherheitskapitals mit versteuern muß. Dies fällt nur dann weg, wenn für die be¬<lb/>
treffenden Personen eine Ausstattttugsversicherung oder ein ähnlicher Vertrag bei einer<lb/>
Lebeusversicherungsaitstalt eingegangen wird, wo wenigstens die Steuerpflicht des<lb/>
zinslos bleibenden Kapitals, wie es durch die allmählichen Jahreszahlnngen an¬<lb/>
wächst, nicht eintritt, wenn auch diese Zahlungen selbst nicht nach obiger Be¬<lb/>
stimmung abgezogen und abgerechnet werden dürfen. Hier liegt eine ganz unge¬<lb/>
rechtfertigte Begünstigung gesunder Leute, die doch an und für sich schon eine ge¬<lb/>
sicherte Aussicht ans ununterbrochene Versorgung ihrer Familie durch ihrer Hände<lb/>
Arbeit haben. Das Gesetz thäte jedenfalls wohl daran, jenes Vorzugsrecht auf<lb/>
alle der Kapital- und Lebensversicherung der Steuerpflichtigen selbst gleichwirkendcn<lb/>
Kapitalanlagen, auf deren Zinsgennß und Verbrauch dauernd und bindend ver¬<lb/>
zichtet wird, auszudehnen.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_324"> Der Vorwurf, der hier die gesetzliche Regelung trifft und der offenbar auf einer<lb/>
Überschätzung der freilich sehr wichtigen Lebensversicherung beruht, ist im Grnnde<lb/>
derselbe, der sich gegen eine Wehrsteuer geltend machen läßt' da sie Leute in noch<lb/>
unbemittelten Lebensjahren trifft, mithin meist auf die Eltern zurückfällt, so fragt<lb/>
Will). Röscher mit vollem Recht! &#x201E;Ist es möglich, z. B. dem Vater vieler kränk¬<lb/>
lichen Söhne wegen dieses Unglücks eine hohe Extrastener aufzuerlegen?"</p><lb/>
          </div>
          <div n="2">
            <head> Gratisspendung.</head>
            <p xml:id="ID_325"> Zu der lieblichem Schar der &#x201E;Herabminderung" und<lb/>
Genossen gesellt sich abermals ein würdiges Triumphstück geschärfter ff. prima Logik.<lb/>
Im Anzeigenteile verschiedner Zeitungen finden wir nach dem Eingange &#x201E;Praktisch<lb/>
und dabei doch elegant" die Anpreisung eines &#x201E;Drehscheibenkaleuders der Liebig'S<lb/>
Compagnie" (so schreiben die Herren"), worin am Schlüsse zu lesen ist, daß dieser<lb/>
Kalender &#x201E;für (!) Kunden und Freunde gratis gespendet wird." Es wird<lb/>
allerdings heutzutage viel &#x201E;gespendet," aber daß wir alles, was wir mit schweren:<lb/>
Gelde bezahlen, als &#x201E;Spende" zu betrachten haben, wird immerhin manchem<lb/>
nen sein. Da ist es doch gut, daß einmal auch etwas &#x201E;gratis," also umsonst<lb/>
gespendet wird! Möchte doch jeder gleich seinen Crayon-Bleistift hervor¬<lb/>
ziehen, und sich diese neueste Schöpfung des &#x201E;Sprachgeistes" zu gelegentlicher An¬<lb/>
wendung vormerken!</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          </div>
        </div>
        <div n="1">
          <head> Litteratur</head><lb/>
          <div n="2">
            <head> D i rtrich W ilhclm Landscrinann. Erinnerungen ans seinem Leben. Leipzig, K. Biidecker, 1890.</head><lb/>
            <p xml:id="ID_326" next="#ID_327"> Die unzähligen berühmten Leute machen einem heutzutage gerade genug zu<lb/>
schaffen, macheu wir also mit diesem Unberühmten kurzen Prozeß! So dachte ich,<lb/>
als mir das Buch in die Hände kam. Aber wo ich es aufschlug, fesselte es mich.</p><lb/>
            <note xml:id="FID_10" place="foot"> »&gt; Ja wohl!  Man Preise auch schon die Vorzüge &#x201E;der DöringS Seife" an!<lb/><note type="byline"> A. d. N.</note></note><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0107] Litteratur Angehörigen znrückzillegen. Es bleibt ihm dabei also mir die Anlage in der Spar¬ kasse oder in Wertpapieren; und hier trifft ihn denn — im Vergleich zur Lebens¬ versicherung — noch das Mißgeschick, daß er auch die Zinsen dieses wachsenden Sicherheitskapitals mit versteuern muß. Dies fällt nur dann weg, wenn für die be¬ treffenden Personen eine Ausstattttugsversicherung oder ein ähnlicher Vertrag bei einer Lebeusversicherungsaitstalt eingegangen wird, wo wenigstens die Steuerpflicht des zinslos bleibenden Kapitals, wie es durch die allmählichen Jahreszahlnngen an¬ wächst, nicht eintritt, wenn auch diese Zahlungen selbst nicht nach obiger Be¬ stimmung abgezogen und abgerechnet werden dürfen. Hier liegt eine ganz unge¬ rechtfertigte Begünstigung gesunder Leute, die doch an und für sich schon eine ge¬ sicherte Aussicht ans ununterbrochene Versorgung ihrer Familie durch ihrer Hände Arbeit haben. Das Gesetz thäte jedenfalls wohl daran, jenes Vorzugsrecht auf alle der Kapital- und Lebensversicherung der Steuerpflichtigen selbst gleichwirkendcn Kapitalanlagen, auf deren Zinsgennß und Verbrauch dauernd und bindend ver¬ zichtet wird, auszudehnen. Der Vorwurf, der hier die gesetzliche Regelung trifft und der offenbar auf einer Überschätzung der freilich sehr wichtigen Lebensversicherung beruht, ist im Grnnde derselbe, der sich gegen eine Wehrsteuer geltend machen läßt' da sie Leute in noch unbemittelten Lebensjahren trifft, mithin meist auf die Eltern zurückfällt, so fragt Will). Röscher mit vollem Recht! „Ist es möglich, z. B. dem Vater vieler kränk¬ lichen Söhne wegen dieses Unglücks eine hohe Extrastener aufzuerlegen?" Gratisspendung. Zu der lieblichem Schar der „Herabminderung" und Genossen gesellt sich abermals ein würdiges Triumphstück geschärfter ff. prima Logik. Im Anzeigenteile verschiedner Zeitungen finden wir nach dem Eingange „Praktisch und dabei doch elegant" die Anpreisung eines „Drehscheibenkaleuders der Liebig'S Compagnie" (so schreiben die Herren"), worin am Schlüsse zu lesen ist, daß dieser Kalender „für (!) Kunden und Freunde gratis gespendet wird." Es wird allerdings heutzutage viel „gespendet," aber daß wir alles, was wir mit schweren: Gelde bezahlen, als „Spende" zu betrachten haben, wird immerhin manchem nen sein. Da ist es doch gut, daß einmal auch etwas „gratis," also umsonst gespendet wird! Möchte doch jeder gleich seinen Crayon-Bleistift hervor¬ ziehen, und sich diese neueste Schöpfung des „Sprachgeistes" zu gelegentlicher An¬ wendung vormerken! Litteratur D i rtrich W ilhclm Landscrinann. Erinnerungen ans seinem Leben. Leipzig, K. Biidecker, 1890. Die unzähligen berühmten Leute machen einem heutzutage gerade genug zu schaffen, macheu wir also mit diesem Unberühmten kurzen Prozeß! So dachte ich, als mir das Buch in die Hände kam. Aber wo ich es aufschlug, fesselte es mich. »> Ja wohl! Man Preise auch schon die Vorzüge „der DöringS Seife" an! A. d. N.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/107
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_211167/107>, abgerufen am 27.05.2024.