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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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Die ciiiatolische Bahn

asiatische Hochebene, entgegenstellten, so hat man doch die Arbeiten mit solcher
Kraft gefördert, daß man noch im Oktober dieses Jahres die Strecke bis Angora
vollenden wird. Anfang September waren schon 400 Kilometer dem öffent¬
lichen Verkehr übergeben, nämlich bis zu dem Orte Sariköi, der zwischen Eschki-
schehir und Angora liegt. Auf der noch fehlenden, 170 Kilometer langen Strecke
waren die Arbeite" bis auf die Geleislcgung und Verschvtteruug beendet.

Daß die Gesellschaft bisher zur Zufriedenheit der Pforte ihrem Vertrage
nachgekommen ist, geht daraus hervor, daß auf Wunsch des Sultans die Ge¬
sellschaft Vorarbeiten für einen Weiterbau der Linie Skutari-Angora nach
Siwas und Bagdad, und zwar in einer Länge von 700 Kilometern anstellen
soll, wozu der Sultan eine Unterstützung von 115000 Franks bewilligt hat-
Außerdem beweist es auch der Umstand, daß man die Ausführung von Bahn¬
bauten in der europäischen Türkei, wie die Linie Salonili-Monastir, derselben
Gesellschaft übertragen hat.

An Bemühungen, das Unternehmen der Deutschen zN verdächtigen, haben
es unsre Feinde natürlich nicht fehlen lassen. Vom ersten Spatenstiche an
hat belgischer und französischer Neid und russischer Haß -- oder sollen wir
sagen kleinliche Gespensterfurcht -- den Eisenbahnbau der Deutschen verfolgt.
Noch im März dieses Jahres suchten die "Nowoje Wrcmja" und die luclv-
pöncl-nov LölM in längern Abhandlungen Mißtrauen gegen das deutsche
Unternehmen bei der Pforte zu erwecken. Allerdings kann der Neid der
fremden Geldleute rege werden, denn das Unternehmen ist durchaus sicher.
In dem Schutzbriefe vom 4. Oktober 1838 hat die türkische Regierung der
Gesellschaft eine Einnahme von 10300 Franks auf den Kilometer für die 92
Kilometer lange Strecke Haidar-Pascha-Jsmid und von 15>000 Franks
für die 486 Kilometer lange Strecke Jsmid-Angora zugesichert. Für den
Fall, daß die Einnahmen diese Höhe nicht erreichen, wird die Gesellschaft
aus dem Ertrage der ihr verpfändeten Zehnten der von der Bahn durch-
schnittnen Snndjaks Jsmid, Ertogroul und Kutahija entschädigt. Die Ver¬
waltung dieser verpfändeten Zehnten hat der ^vn8on Ä'Ä6mint8er.Ä,i.0ri ac 1a
eletto Mbliquc! tMouumo in der Hand, und dieser hat das nötige Geld
an die Gesellschaft zu zahlen. Die verpfändeten Zehnten brachten aber im
Jahre 1891 4327000 Franks ein, eine Summe also, die in jeder Hinsicht
genügend genannt werden kann.

Da nun bei dem Bau der auatolischeu Bahn überwiegend deutsches Geld
beteiligt ist und Deutsche die leitende Stelle einnehmen, so hat erfreulicher¬
weise in allererster Linie auch die deutsche Industrie für deu Bau der Bahn
die Lieferungen gehabt. Sämtliche Lokomotiven und Wagen der Bahn sind
deutschen Ursprungs, und zwar lieferten die Maschinenfabrik in Eßlingen,
Joseph Rathgeber in München, der Düsseldorfer Eiseubahnbedarf und die
Nürnberger Maschinenbanaktiengesellschaft, die besonders die Gemüse- und Vieh-


Die ciiiatolische Bahn

asiatische Hochebene, entgegenstellten, so hat man doch die Arbeiten mit solcher
Kraft gefördert, daß man noch im Oktober dieses Jahres die Strecke bis Angora
vollenden wird. Anfang September waren schon 400 Kilometer dem öffent¬
lichen Verkehr übergeben, nämlich bis zu dem Orte Sariköi, der zwischen Eschki-
schehir und Angora liegt. Auf der noch fehlenden, 170 Kilometer langen Strecke
waren die Arbeite» bis auf die Geleislcgung und Verschvtteruug beendet.

Daß die Gesellschaft bisher zur Zufriedenheit der Pforte ihrem Vertrage
nachgekommen ist, geht daraus hervor, daß auf Wunsch des Sultans die Ge¬
sellschaft Vorarbeiten für einen Weiterbau der Linie Skutari-Angora nach
Siwas und Bagdad, und zwar in einer Länge von 700 Kilometern anstellen
soll, wozu der Sultan eine Unterstützung von 115000 Franks bewilligt hat-
Außerdem beweist es auch der Umstand, daß man die Ausführung von Bahn¬
bauten in der europäischen Türkei, wie die Linie Salonili-Monastir, derselben
Gesellschaft übertragen hat.

An Bemühungen, das Unternehmen der Deutschen zN verdächtigen, haben
es unsre Feinde natürlich nicht fehlen lassen. Vom ersten Spatenstiche an
hat belgischer und französischer Neid und russischer Haß — oder sollen wir
sagen kleinliche Gespensterfurcht — den Eisenbahnbau der Deutschen verfolgt.
Noch im März dieses Jahres suchten die „Nowoje Wrcmja" und die luclv-
pöncl-nov LölM in längern Abhandlungen Mißtrauen gegen das deutsche
Unternehmen bei der Pforte zu erwecken. Allerdings kann der Neid der
fremden Geldleute rege werden, denn das Unternehmen ist durchaus sicher.
In dem Schutzbriefe vom 4. Oktober 1838 hat die türkische Regierung der
Gesellschaft eine Einnahme von 10300 Franks auf den Kilometer für die 92
Kilometer lange Strecke Haidar-Pascha-Jsmid und von 15>000 Franks
für die 486 Kilometer lange Strecke Jsmid-Angora zugesichert. Für den
Fall, daß die Einnahmen diese Höhe nicht erreichen, wird die Gesellschaft
aus dem Ertrage der ihr verpfändeten Zehnten der von der Bahn durch-
schnittnen Snndjaks Jsmid, Ertogroul und Kutahija entschädigt. Die Ver¬
waltung dieser verpfändeten Zehnten hat der ^vn8on Ä'Ä6mint8er.Ä,i.0ri ac 1a
eletto Mbliquc! tMouumo in der Hand, und dieser hat das nötige Geld
an die Gesellschaft zu zahlen. Die verpfändeten Zehnten brachten aber im
Jahre 1891 4327000 Franks ein, eine Summe also, die in jeder Hinsicht
genügend genannt werden kann.

Da nun bei dem Bau der auatolischeu Bahn überwiegend deutsches Geld
beteiligt ist und Deutsche die leitende Stelle einnehmen, so hat erfreulicher¬
weise in allererster Linie auch die deutsche Industrie für deu Bau der Bahn
die Lieferungen gehabt. Sämtliche Lokomotiven und Wagen der Bahn sind
deutschen Ursprungs, und zwar lieferten die Maschinenfabrik in Eßlingen,
Joseph Rathgeber in München, der Düsseldorfer Eiseubahnbedarf und die
Nürnberger Maschinenbanaktiengesellschaft, die besonders die Gemüse- und Vieh-


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[0160] Die ciiiatolische Bahn asiatische Hochebene, entgegenstellten, so hat man doch die Arbeiten mit solcher Kraft gefördert, daß man noch im Oktober dieses Jahres die Strecke bis Angora vollenden wird. Anfang September waren schon 400 Kilometer dem öffent¬ lichen Verkehr übergeben, nämlich bis zu dem Orte Sariköi, der zwischen Eschki- schehir und Angora liegt. Auf der noch fehlenden, 170 Kilometer langen Strecke waren die Arbeite» bis auf die Geleislcgung und Verschvtteruug beendet. Daß die Gesellschaft bisher zur Zufriedenheit der Pforte ihrem Vertrage nachgekommen ist, geht daraus hervor, daß auf Wunsch des Sultans die Ge¬ sellschaft Vorarbeiten für einen Weiterbau der Linie Skutari-Angora nach Siwas und Bagdad, und zwar in einer Länge von 700 Kilometern anstellen soll, wozu der Sultan eine Unterstützung von 115000 Franks bewilligt hat- Außerdem beweist es auch der Umstand, daß man die Ausführung von Bahn¬ bauten in der europäischen Türkei, wie die Linie Salonili-Monastir, derselben Gesellschaft übertragen hat. An Bemühungen, das Unternehmen der Deutschen zN verdächtigen, haben es unsre Feinde natürlich nicht fehlen lassen. Vom ersten Spatenstiche an hat belgischer und französischer Neid und russischer Haß — oder sollen wir sagen kleinliche Gespensterfurcht — den Eisenbahnbau der Deutschen verfolgt. Noch im März dieses Jahres suchten die „Nowoje Wrcmja" und die luclv- pöncl-nov LölM in längern Abhandlungen Mißtrauen gegen das deutsche Unternehmen bei der Pforte zu erwecken. Allerdings kann der Neid der fremden Geldleute rege werden, denn das Unternehmen ist durchaus sicher. In dem Schutzbriefe vom 4. Oktober 1838 hat die türkische Regierung der Gesellschaft eine Einnahme von 10300 Franks auf den Kilometer für die 92 Kilometer lange Strecke Haidar-Pascha-Jsmid und von 15>000 Franks für die 486 Kilometer lange Strecke Jsmid-Angora zugesichert. Für den Fall, daß die Einnahmen diese Höhe nicht erreichen, wird die Gesellschaft aus dem Ertrage der ihr verpfändeten Zehnten der von der Bahn durch- schnittnen Snndjaks Jsmid, Ertogroul und Kutahija entschädigt. Die Ver¬ waltung dieser verpfändeten Zehnten hat der ^vn8on Ä'Ä6mint8er.Ä,i.0ri ac 1a eletto Mbliquc! tMouumo in der Hand, und dieser hat das nötige Geld an die Gesellschaft zu zahlen. Die verpfändeten Zehnten brachten aber im Jahre 1891 4327000 Franks ein, eine Summe also, die in jeder Hinsicht genügend genannt werden kann. Da nun bei dem Bau der auatolischeu Bahn überwiegend deutsches Geld beteiligt ist und Deutsche die leitende Stelle einnehmen, so hat erfreulicher¬ weise in allererster Linie auch die deutsche Industrie für deu Bau der Bahn die Lieferungen gehabt. Sämtliche Lokomotiven und Wagen der Bahn sind deutschen Ursprungs, und zwar lieferten die Maschinenfabrik in Eßlingen, Joseph Rathgeber in München, der Düsseldorfer Eiseubahnbedarf und die Nürnberger Maschinenbanaktiengesellschaft, die besonders die Gemüse- und Vieh-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/160>, abgerufen am 30.05.2024.