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Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr.

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maudirende Admiral mit einem unsrer Kriegsschiffe abgesandt, um bei der
Feier zugegen zu sein, ein Akt der Höflichkeit, den die Engländer zu erwidern
bisher nicht für nötig gefunden haben. Als sich aber kürzlich in Huelva die
Flotten der Erde Rendezvous gaben, um den großen Kolumbus und mit
ihm Spanien als befreundeten Staat zu ehren, da fehlte nur eine Flagge --
die deutsche Kricgsflagge. Es konnte aus "technischen Gründen" kein Schiff
entbehrt werden. Und als dann gnr in Genua sechzig fremde Kriegsschiffe
und darüber im Hafen lagen, unter ihnen ein machtvolles französisches Ge¬
schwader, dessen Admiral wieder einmal den Vogel abschoß, da lag anch -- ein
ganzes deutsches Kriegsschiff da! Bcidemale eine recht imposante Repräsen¬
tation deutscher Macht und Herrlichkeit, besonders Südländern gegenüber, die
für äußern Glanz so sehr empfänglich find. Rumänien hatte zwei Schiffe
gesandt.

Wir haben uns schou oft im Völkerleben schwer dadurch geschadet, daß
wir die andern für "Neger" gehalten und als solche behandelt haben, die
ritterlicher Rücksicht weniger bedürften. Es ist nie zu berechnen, was für weit¬
gehende und durch lange Zeit hinwirkende Folgen eine Nachlässigkeit, eine
kleine Unart haben kann. Auch Völker siud, so gut wie einzelne Menschen,
zum Teil auf Sympathien angewiesen. Bekanntlich haben wir deren nicht gerade
allzu viele, und das kaun uns ja gleich sein: "viel Feind, viel Ehr." Aber
uns die noch verscherzen, deren wir uns erfreuen, und vor unsern Freunden
sogar als Leute dastehen, die entweder nicht besser können, oder die das ge¬
ringste Maß von Höflichkeit für gerade groß genug halten, das ist doch nicht
zu loben.

Thatsächlich hätten wir in den letzten Jahren überall, wo sich unsrer
Marine Gelegenheit bot, aufzutreten, um die Macht des Reiches so oder so
zu zeigen, gar keine unbedeutendere Rolle spielen können, als wie wirs gethan
haben. Wer sich damit tröstet, daß sie wenigstens billig gewesen sei, dem
könnte mau doch die Frage vorlegen, ob gar keine Marine nicht noch viel
billiger wäre. Und wer dagegen einwerfen wollte, daß die Ausbildung der
Flottenkörper durch solche Entsendungeu gehindert würde, dem ließe sich er-
widern, daß die Franzosen und Engländer doch auch einiges Gewicht auf die
Ausbildung zu legen pflegen, und daß auf einer längern Reise nach dem
Mittelmeer in frühern Jahren auch unsrerseits im Geschwaderverband recht
schöne Ergebnisse erreicht worden sind in der Ausbildung von Offizieren und
Mannschaften.

Bleibe im Lande und nähre dich redlich -- das hat ja auch etwas für sich und
ist ein gutes, solides Wort, aber es trägt nicht gerade viel begeisterndes in
sich. Und es wäre doch so schön, wenn einem gelegentlich einmal das Herz
höher schlüge in unsrer -- bescheidnen Zeit. Vielleicht kommt auch das noch
einmal wieder, auch im Frieden. Daß die Marine im Kriege todesfreudig


maudirende Admiral mit einem unsrer Kriegsschiffe abgesandt, um bei der
Feier zugegen zu sein, ein Akt der Höflichkeit, den die Engländer zu erwidern
bisher nicht für nötig gefunden haben. Als sich aber kürzlich in Huelva die
Flotten der Erde Rendezvous gaben, um den großen Kolumbus und mit
ihm Spanien als befreundeten Staat zu ehren, da fehlte nur eine Flagge —
die deutsche Kricgsflagge. Es konnte aus „technischen Gründen" kein Schiff
entbehrt werden. Und als dann gnr in Genua sechzig fremde Kriegsschiffe
und darüber im Hafen lagen, unter ihnen ein machtvolles französisches Ge¬
schwader, dessen Admiral wieder einmal den Vogel abschoß, da lag anch — ein
ganzes deutsches Kriegsschiff da! Bcidemale eine recht imposante Repräsen¬
tation deutscher Macht und Herrlichkeit, besonders Südländern gegenüber, die
für äußern Glanz so sehr empfänglich find. Rumänien hatte zwei Schiffe
gesandt.

Wir haben uns schou oft im Völkerleben schwer dadurch geschadet, daß
wir die andern für „Neger" gehalten und als solche behandelt haben, die
ritterlicher Rücksicht weniger bedürften. Es ist nie zu berechnen, was für weit¬
gehende und durch lange Zeit hinwirkende Folgen eine Nachlässigkeit, eine
kleine Unart haben kann. Auch Völker siud, so gut wie einzelne Menschen,
zum Teil auf Sympathien angewiesen. Bekanntlich haben wir deren nicht gerade
allzu viele, und das kaun uns ja gleich sein: „viel Feind, viel Ehr." Aber
uns die noch verscherzen, deren wir uns erfreuen, und vor unsern Freunden
sogar als Leute dastehen, die entweder nicht besser können, oder die das ge¬
ringste Maß von Höflichkeit für gerade groß genug halten, das ist doch nicht
zu loben.

Thatsächlich hätten wir in den letzten Jahren überall, wo sich unsrer
Marine Gelegenheit bot, aufzutreten, um die Macht des Reiches so oder so
zu zeigen, gar keine unbedeutendere Rolle spielen können, als wie wirs gethan
haben. Wer sich damit tröstet, daß sie wenigstens billig gewesen sei, dem
könnte mau doch die Frage vorlegen, ob gar keine Marine nicht noch viel
billiger wäre. Und wer dagegen einwerfen wollte, daß die Ausbildung der
Flottenkörper durch solche Entsendungeu gehindert würde, dem ließe sich er-
widern, daß die Franzosen und Engländer doch auch einiges Gewicht auf die
Ausbildung zu legen pflegen, und daß auf einer längern Reise nach dem
Mittelmeer in frühern Jahren auch unsrerseits im Geschwaderverband recht
schöne Ergebnisse erreicht worden sind in der Ausbildung von Offizieren und
Mannschaften.

Bleibe im Lande und nähre dich redlich — das hat ja auch etwas für sich und
ist ein gutes, solides Wort, aber es trägt nicht gerade viel begeisterndes in
sich. Und es wäre doch so schön, wenn einem gelegentlich einmal das Herz
höher schlüge in unsrer — bescheidnen Zeit. Vielleicht kommt auch das noch
einmal wieder, auch im Frieden. Daß die Marine im Kriege todesfreudig


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[0251] maudirende Admiral mit einem unsrer Kriegsschiffe abgesandt, um bei der Feier zugegen zu sein, ein Akt der Höflichkeit, den die Engländer zu erwidern bisher nicht für nötig gefunden haben. Als sich aber kürzlich in Huelva die Flotten der Erde Rendezvous gaben, um den großen Kolumbus und mit ihm Spanien als befreundeten Staat zu ehren, da fehlte nur eine Flagge — die deutsche Kricgsflagge. Es konnte aus „technischen Gründen" kein Schiff entbehrt werden. Und als dann gnr in Genua sechzig fremde Kriegsschiffe und darüber im Hafen lagen, unter ihnen ein machtvolles französisches Ge¬ schwader, dessen Admiral wieder einmal den Vogel abschoß, da lag anch — ein ganzes deutsches Kriegsschiff da! Bcidemale eine recht imposante Repräsen¬ tation deutscher Macht und Herrlichkeit, besonders Südländern gegenüber, die für äußern Glanz so sehr empfänglich find. Rumänien hatte zwei Schiffe gesandt. Wir haben uns schou oft im Völkerleben schwer dadurch geschadet, daß wir die andern für „Neger" gehalten und als solche behandelt haben, die ritterlicher Rücksicht weniger bedürften. Es ist nie zu berechnen, was für weit¬ gehende und durch lange Zeit hinwirkende Folgen eine Nachlässigkeit, eine kleine Unart haben kann. Auch Völker siud, so gut wie einzelne Menschen, zum Teil auf Sympathien angewiesen. Bekanntlich haben wir deren nicht gerade allzu viele, und das kaun uns ja gleich sein: „viel Feind, viel Ehr." Aber uns die noch verscherzen, deren wir uns erfreuen, und vor unsern Freunden sogar als Leute dastehen, die entweder nicht besser können, oder die das ge¬ ringste Maß von Höflichkeit für gerade groß genug halten, das ist doch nicht zu loben. Thatsächlich hätten wir in den letzten Jahren überall, wo sich unsrer Marine Gelegenheit bot, aufzutreten, um die Macht des Reiches so oder so zu zeigen, gar keine unbedeutendere Rolle spielen können, als wie wirs gethan haben. Wer sich damit tröstet, daß sie wenigstens billig gewesen sei, dem könnte mau doch die Frage vorlegen, ob gar keine Marine nicht noch viel billiger wäre. Und wer dagegen einwerfen wollte, daß die Ausbildung der Flottenkörper durch solche Entsendungeu gehindert würde, dem ließe sich er- widern, daß die Franzosen und Engländer doch auch einiges Gewicht auf die Ausbildung zu legen pflegen, und daß auf einer längern Reise nach dem Mittelmeer in frühern Jahren auch unsrerseits im Geschwaderverband recht schöne Ergebnisse erreicht worden sind in der Ausbildung von Offizieren und Mannschaften. Bleibe im Lande und nähre dich redlich — das hat ja auch etwas für sich und ist ein gutes, solides Wort, aber es trägt nicht gerade viel begeisterndes in sich. Und es wäre doch so schön, wenn einem gelegentlich einmal das Herz höher schlüge in unsrer — bescheidnen Zeit. Vielleicht kommt auch das noch einmal wieder, auch im Frieden. Daß die Marine im Kriege todesfreudig

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 51, 1892, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341855_213113/251>, abgerufen am 09.05.2024.