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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr.

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Die sogenannte )ex Heinze

gegen beide Arten der Kuppelei auch noch eine Geldstrafe festgesetzt werden kann,
und daß bei der einfachen Kuppelei das niedrigste Mas; der Gefängnisstrafe
ein Monat sein soll.

Mit diesen Vorschlägen wird man sich einverstanden erklären können. Die
Kuppelei wird in der Regel nur von solchen Personen getrieben, die in sitt¬
licher Hinsicht vollständig heruntergekommen sind. Gegen diese sind aber, wie
auch in der Begründung des Entwurfs zutreffend angedeutet ist, Gefängnis¬
strafen von kurzer Dauer erfahrungsgemäß ohne jede Wirkung. Und dieser
Umstand erscheint um so bedenklicher, als bei vielen Gerichten die Neigung
erkennbar ist, die Strafen möglichst niedrig abzumessen. Durch die Kuppelei,
die die Unerfahrenheit und augenblickliche Not in der rnffinirtesten Weise be¬
nutzt, erscheint aber namentlich die Sittlichkeit der weiblichen Jngend aufs
höchste gefährdet, und es ist demnach eine Pflicht der Gesetzgebung, gerade hier
mit ganz besondrer Strenge vorzugehen. Die vorgeschlagne niedrigste Strafe
von einem Monat Gefängnis erscheint daher keineswegs als zu hart. Ebenso
muß die Zulässigkeit einer hohen Geldstrafe für zweckmäßig erachtet werden,
weil damit namentlich die Inhaber gewisser öffentlicher Lokale empfindlich ge¬
troffen werden können, und eine gleichzeitige Geldstrafe überall da um Platze
ist, wo vorwiegend Gewinnsucht das Motiv zur That gewesen ist.

Neben der Erhöhung der Strafe bringt der Entwurf noch drei Zusätze
zu den 55 180 und 181 des Strafgesetzbuchs in Vorschlag. 5 IM, so weit
er hier in Betracht kommt, lautet: "Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder
gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu
fünf Jahren zu bestrafen, wenn ... 2. der Schuldige zu den Personen, mit
welchen die Unzucht getrieben worden ist, in dem Verhältnis von Eltern zu
Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder
Erziehern zu deu von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen
steht." Zum strafbaren Thatbestande der Ur. 2 gehört also, daß mit der
verkuppelten Person Unzucht getrieben wurden ist. Dies stimmt nicht mit dem
Begriff der Kuppelei, wie er im 5 180 definirt ist, und wonach zur Strafbar¬
keit die Verübung einer Unzucht in "emorizto nicht verlangt wird. Der straf¬
bare Thatbestand der Kuppelei wird vielmehr völlig richtig schon dann als
vorhanden erachtet, wenn gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch Ver¬
mittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Un¬
zucht Vorschub geleistet worden ist. Denn wenn der Thäter seinerseits wissent¬
lich und absichtlich alles gethan hat, es andern Personen zu ermöglichen,
Unzucht zu treiben, so ist damit sein unsittliches und deshalb strafbares Han¬
deln vollendet, und es ist völlig unberechtigt, zu seiner Strafbarkeit noch die
unsittliche Handlung dritter Personen zu verlangen. Mit Recht schlägt daher
der Entwurf vor, die Ur. 2 des 8 181 so zu fassen: "wenn. . . 2. der Schul¬
dige zu der verkuppelten Person in dem Verhältnis u. s. w. steht." Damit


Die sogenannte )ex Heinze

gegen beide Arten der Kuppelei auch noch eine Geldstrafe festgesetzt werden kann,
und daß bei der einfachen Kuppelei das niedrigste Mas; der Gefängnisstrafe
ein Monat sein soll.

Mit diesen Vorschlägen wird man sich einverstanden erklären können. Die
Kuppelei wird in der Regel nur von solchen Personen getrieben, die in sitt¬
licher Hinsicht vollständig heruntergekommen sind. Gegen diese sind aber, wie
auch in der Begründung des Entwurfs zutreffend angedeutet ist, Gefängnis¬
strafen von kurzer Dauer erfahrungsgemäß ohne jede Wirkung. Und dieser
Umstand erscheint um so bedenklicher, als bei vielen Gerichten die Neigung
erkennbar ist, die Strafen möglichst niedrig abzumessen. Durch die Kuppelei,
die die Unerfahrenheit und augenblickliche Not in der rnffinirtesten Weise be¬
nutzt, erscheint aber namentlich die Sittlichkeit der weiblichen Jngend aufs
höchste gefährdet, und es ist demnach eine Pflicht der Gesetzgebung, gerade hier
mit ganz besondrer Strenge vorzugehen. Die vorgeschlagne niedrigste Strafe
von einem Monat Gefängnis erscheint daher keineswegs als zu hart. Ebenso
muß die Zulässigkeit einer hohen Geldstrafe für zweckmäßig erachtet werden,
weil damit namentlich die Inhaber gewisser öffentlicher Lokale empfindlich ge¬
troffen werden können, und eine gleichzeitige Geldstrafe überall da um Platze
ist, wo vorwiegend Gewinnsucht das Motiv zur That gewesen ist.

Neben der Erhöhung der Strafe bringt der Entwurf noch drei Zusätze
zu den 55 180 und 181 des Strafgesetzbuchs in Vorschlag. 5 IM, so weit
er hier in Betracht kommt, lautet: „Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder
gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu
fünf Jahren zu bestrafen, wenn ... 2. der Schuldige zu den Personen, mit
welchen die Unzucht getrieben worden ist, in dem Verhältnis von Eltern zu
Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder
Erziehern zu deu von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen
steht." Zum strafbaren Thatbestande der Ur. 2 gehört also, daß mit der
verkuppelten Person Unzucht getrieben wurden ist. Dies stimmt nicht mit dem
Begriff der Kuppelei, wie er im 5 180 definirt ist, und wonach zur Strafbar¬
keit die Verübung einer Unzucht in «emorizto nicht verlangt wird. Der straf¬
bare Thatbestand der Kuppelei wird vielmehr völlig richtig schon dann als
vorhanden erachtet, wenn gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch Ver¬
mittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Un¬
zucht Vorschub geleistet worden ist. Denn wenn der Thäter seinerseits wissent¬
lich und absichtlich alles gethan hat, es andern Personen zu ermöglichen,
Unzucht zu treiben, so ist damit sein unsittliches und deshalb strafbares Han¬
deln vollendet, und es ist völlig unberechtigt, zu seiner Strafbarkeit noch die
unsittliche Handlung dritter Personen zu verlangen. Mit Recht schlägt daher
der Entwurf vor, die Ur. 2 des 8 181 so zu fassen: „wenn. . . 2. der Schul¬
dige zu der verkuppelten Person in dem Verhältnis u. s. w. steht." Damit


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[0073] Die sogenannte )ex Heinze gegen beide Arten der Kuppelei auch noch eine Geldstrafe festgesetzt werden kann, und daß bei der einfachen Kuppelei das niedrigste Mas; der Gefängnisstrafe ein Monat sein soll. Mit diesen Vorschlägen wird man sich einverstanden erklären können. Die Kuppelei wird in der Regel nur von solchen Personen getrieben, die in sitt¬ licher Hinsicht vollständig heruntergekommen sind. Gegen diese sind aber, wie auch in der Begründung des Entwurfs zutreffend angedeutet ist, Gefängnis¬ strafen von kurzer Dauer erfahrungsgemäß ohne jede Wirkung. Und dieser Umstand erscheint um so bedenklicher, als bei vielen Gerichten die Neigung erkennbar ist, die Strafen möglichst niedrig abzumessen. Durch die Kuppelei, die die Unerfahrenheit und augenblickliche Not in der rnffinirtesten Weise be¬ nutzt, erscheint aber namentlich die Sittlichkeit der weiblichen Jngend aufs höchste gefährdet, und es ist demnach eine Pflicht der Gesetzgebung, gerade hier mit ganz besondrer Strenge vorzugehen. Die vorgeschlagne niedrigste Strafe von einem Monat Gefängnis erscheint daher keineswegs als zu hart. Ebenso muß die Zulässigkeit einer hohen Geldstrafe für zweckmäßig erachtet werden, weil damit namentlich die Inhaber gewisser öffentlicher Lokale empfindlich ge¬ troffen werden können, und eine gleichzeitige Geldstrafe überall da um Platze ist, wo vorwiegend Gewinnsucht das Motiv zur That gewesen ist. Neben der Erhöhung der Strafe bringt der Entwurf noch drei Zusätze zu den 55 180 und 181 des Strafgesetzbuchs in Vorschlag. 5 IM, so weit er hier in Betracht kommt, lautet: „Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder gewohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn ... 2. der Schuldige zu den Personen, mit welchen die Unzucht getrieben worden ist, in dem Verhältnis von Eltern zu Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu deu von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Personen steht." Zum strafbaren Thatbestande der Ur. 2 gehört also, daß mit der verkuppelten Person Unzucht getrieben wurden ist. Dies stimmt nicht mit dem Begriff der Kuppelei, wie er im 5 180 definirt ist, und wonach zur Strafbar¬ keit die Verübung einer Unzucht in «emorizto nicht verlangt wird. Der straf¬ bare Thatbestand der Kuppelei wird vielmehr völlig richtig schon dann als vorhanden erachtet, wenn gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch Ver¬ mittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit der Un¬ zucht Vorschub geleistet worden ist. Denn wenn der Thäter seinerseits wissent¬ lich und absichtlich alles gethan hat, es andern Personen zu ermöglichen, Unzucht zu treiben, so ist damit sein unsittliches und deshalb strafbares Han¬ deln vollendet, und es ist völlig unberechtigt, zu seiner Strafbarkeit noch die unsittliche Handlung dritter Personen zu verlangen. Mit Recht schlägt daher der Entwurf vor, die Ur. 2 des 8 181 so zu fassen: „wenn. . . 2. der Schul¬ dige zu der verkuppelten Person in dem Verhältnis u. s. w. steht." Damit

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_213791/73>, abgerufen am 13.05.2024.