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Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr.

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Charles Ringsley als Dichter und Sozialreformer

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Während sich in Sö-link N^RA unverkennbar der Einfluß Brownings zeigt,
hat sich Kingsley in andern Gedichten Wordsworth zum Vorbilde genvmnren.
Er sagt selbst: "Von meiner Knabenzeit an ist meine Seele in die Poesie jenes
großen Dichters, großen Philosophen und großen Predigers getaucht gewesen.
Sie hat daraus gelernt, wie man die Natur anschauen und empfinden soll.
Sie ist durch Wvrdsworths Einfluß vor jener hohlen, ehuischeu und materia¬
listischen Weltanschauung bewahrt worden, die den Forscher verleitet, das
Geistige und Ewige zu vernachlässigen, wenn er sich ausschließlich mit dem
Stoff und den zeitlichen Dingen beschäftigt." Dieser Einfluß zeigt sich namens
lich in den Idyllen, den Naturschilderungen und vor allem in Gedichten wie
lluz LanÄ8 ok Des, "IIiL I'bröö 1?l8llöi's und ?1lo I^t Luvo-iuvör, die sich durch
musikalischen Wohllaut der Verse und Kraft des Allsdrucks besonders aus¬
zeichnen.

Mit welcher Meisterschaft Kingsley die Sprache zu behandeln wußte, sieht
man auch aus seinem in Hexametern geschriebnen Gedicht ^näroinLcl^. Eng¬
lische Hexameter sind auch von Longfellow, Clough und Hawtreh geschrieben
worden, aber Kingsley übertrifft sie alle in der Schönheit und Leichtigkeit der
Sprache und in dem wechselvollen, bald behaglich dahinziehenden, bald leiden¬
schaftlich fließenden Strom der Verse.

Kingsley meinte, daß von allen seinen Werken nur seine Gedichte einen
bleibenden Wert Hütten. Darin hat er sich getäuscht. Wie bei dem Historiker
Macaulay und den Essayisten Aytoun und Arnold waren auch bei dem Tendenz¬
schriftsteller Kingsley die lyrischen Dichtungen nur 8trsngtn'8 riet Luperlluit^.
Seine bleibende Bedeutung liegt auf einem andern Gebiete. Er glaubte an
vier Mächte, von denen das Geschick der Menschheit abhänge: das Germanen¬
tum, das Christentum, den Protestantismus uno den Sozialismus. Die ger¬
manische Nasse, die schon einmal den entnervten Völkern neue, gesunde Lebens¬
säfte zugeführt und sich gegenwärtig über die ganze Welt verbreitet habe, werde
die Trägerin der menschlichen Kultur bleiben. Daher Kingsleys Schwärmerei
für Deutschland, daher auch seine Begeisterung für den deutsch-französischen
Krieg. "Ich gestehe offen -- schrieb er im August 1870 --, wäre ich ein
Deutscher, so hielte ich es für meine Pflicht, meinen letzten Schilling, meinen
letzten Sohn, ja mich selbst und alles, was mein ist, in diesen Krieg zu senden,
damit gethan werde, was gethan werden soll und muß, und zwar so, daß es
nie wieder gethan zu werden braucht."

Er glaubte aber auch an das Christentum der Liebe und schrieb seinen
Roman I1>Mia.. Er glaubte an die weltbeherrschende Macht des Protestan¬
tismus und schrieb sein nationales Epos ^Vs8log.ra Ho! Er glaubte an die
Zukunft der sozialistischen Ideen und schrieb seinen Roman ^.Iton I^oolvg. Der


Charles Ringsley als Dichter und Sozialreformer

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Während sich in Sö-link N^RA unverkennbar der Einfluß Brownings zeigt,
hat sich Kingsley in andern Gedichten Wordsworth zum Vorbilde genvmnren.
Er sagt selbst: „Von meiner Knabenzeit an ist meine Seele in die Poesie jenes
großen Dichters, großen Philosophen und großen Predigers getaucht gewesen.
Sie hat daraus gelernt, wie man die Natur anschauen und empfinden soll.
Sie ist durch Wvrdsworths Einfluß vor jener hohlen, ehuischeu und materia¬
listischen Weltanschauung bewahrt worden, die den Forscher verleitet, das
Geistige und Ewige zu vernachlässigen, wenn er sich ausschließlich mit dem
Stoff und den zeitlichen Dingen beschäftigt." Dieser Einfluß zeigt sich namens
lich in den Idyllen, den Naturschilderungen und vor allem in Gedichten wie
lluz LanÄ8 ok Des, "IIiL I'bröö 1?l8llöi's und ?1lo I^t Luvo-iuvör, die sich durch
musikalischen Wohllaut der Verse und Kraft des Allsdrucks besonders aus¬
zeichnen.

Mit welcher Meisterschaft Kingsley die Sprache zu behandeln wußte, sieht
man auch aus seinem in Hexametern geschriebnen Gedicht ^näroinLcl^. Eng¬
lische Hexameter sind auch von Longfellow, Clough und Hawtreh geschrieben
worden, aber Kingsley übertrifft sie alle in der Schönheit und Leichtigkeit der
Sprache und in dem wechselvollen, bald behaglich dahinziehenden, bald leiden¬
schaftlich fließenden Strom der Verse.

Kingsley meinte, daß von allen seinen Werken nur seine Gedichte einen
bleibenden Wert Hütten. Darin hat er sich getäuscht. Wie bei dem Historiker
Macaulay und den Essayisten Aytoun und Arnold waren auch bei dem Tendenz¬
schriftsteller Kingsley die lyrischen Dichtungen nur 8trsngtn'8 riet Luperlluit^.
Seine bleibende Bedeutung liegt auf einem andern Gebiete. Er glaubte an
vier Mächte, von denen das Geschick der Menschheit abhänge: das Germanen¬
tum, das Christentum, den Protestantismus uno den Sozialismus. Die ger¬
manische Nasse, die schon einmal den entnervten Völkern neue, gesunde Lebens¬
säfte zugeführt und sich gegenwärtig über die ganze Welt verbreitet habe, werde
die Trägerin der menschlichen Kultur bleiben. Daher Kingsleys Schwärmerei
für Deutschland, daher auch seine Begeisterung für den deutsch-französischen
Krieg. „Ich gestehe offen — schrieb er im August 1870 —, wäre ich ein
Deutscher, so hielte ich es für meine Pflicht, meinen letzten Schilling, meinen
letzten Sohn, ja mich selbst und alles, was mein ist, in diesen Krieg zu senden,
damit gethan werde, was gethan werden soll und muß, und zwar so, daß es
nie wieder gethan zu werden braucht."

Er glaubte aber auch an das Christentum der Liebe und schrieb seinen
Roman I1>Mia.. Er glaubte an die weltbeherrschende Macht des Protestan¬
tismus und schrieb sein nationales Epos ^Vs8log.ra Ho! Er glaubte an die
Zukunft der sozialistischen Ideen und schrieb seinen Roman ^.Iton I^oolvg. Der


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[0533] Charles Ringsley als Dichter und Sozialreformer 18 80 sumblsck AZ) vieil tluz viel tu^eh.8, dut dron»lit out -ruck briAlltöiuzÄ ozs iNÄrrig-Ap lovv. Während sich in Sö-link N^RA unverkennbar der Einfluß Brownings zeigt, hat sich Kingsley in andern Gedichten Wordsworth zum Vorbilde genvmnren. Er sagt selbst: „Von meiner Knabenzeit an ist meine Seele in die Poesie jenes großen Dichters, großen Philosophen und großen Predigers getaucht gewesen. Sie hat daraus gelernt, wie man die Natur anschauen und empfinden soll. Sie ist durch Wvrdsworths Einfluß vor jener hohlen, ehuischeu und materia¬ listischen Weltanschauung bewahrt worden, die den Forscher verleitet, das Geistige und Ewige zu vernachlässigen, wenn er sich ausschließlich mit dem Stoff und den zeitlichen Dingen beschäftigt." Dieser Einfluß zeigt sich namens lich in den Idyllen, den Naturschilderungen und vor allem in Gedichten wie lluz LanÄ8 ok Des, "IIiL I'bröö 1?l8llöi's und ?1lo I^t Luvo-iuvör, die sich durch musikalischen Wohllaut der Verse und Kraft des Allsdrucks besonders aus¬ zeichnen. Mit welcher Meisterschaft Kingsley die Sprache zu behandeln wußte, sieht man auch aus seinem in Hexametern geschriebnen Gedicht ^näroinLcl^. Eng¬ lische Hexameter sind auch von Longfellow, Clough und Hawtreh geschrieben worden, aber Kingsley übertrifft sie alle in der Schönheit und Leichtigkeit der Sprache und in dem wechselvollen, bald behaglich dahinziehenden, bald leiden¬ schaftlich fließenden Strom der Verse. Kingsley meinte, daß von allen seinen Werken nur seine Gedichte einen bleibenden Wert Hütten. Darin hat er sich getäuscht. Wie bei dem Historiker Macaulay und den Essayisten Aytoun und Arnold waren auch bei dem Tendenz¬ schriftsteller Kingsley die lyrischen Dichtungen nur 8trsngtn'8 riet Luperlluit^. Seine bleibende Bedeutung liegt auf einem andern Gebiete. Er glaubte an vier Mächte, von denen das Geschick der Menschheit abhänge: das Germanen¬ tum, das Christentum, den Protestantismus uno den Sozialismus. Die ger¬ manische Nasse, die schon einmal den entnervten Völkern neue, gesunde Lebens¬ säfte zugeführt und sich gegenwärtig über die ganze Welt verbreitet habe, werde die Trägerin der menschlichen Kultur bleiben. Daher Kingsleys Schwärmerei für Deutschland, daher auch seine Begeisterung für den deutsch-französischen Krieg. „Ich gestehe offen — schrieb er im August 1870 —, wäre ich ein Deutscher, so hielte ich es für meine Pflicht, meinen letzten Schilling, meinen letzten Sohn, ja mich selbst und alles, was mein ist, in diesen Krieg zu senden, damit gethan werde, was gethan werden soll und muß, und zwar so, daß es nie wieder gethan zu werden braucht." Er glaubte aber auch an das Christentum der Liebe und schrieb seinen Roman I1>Mia.. Er glaubte an die weltbeherrschende Macht des Protestan¬ tismus und schrieb sein nationales Epos ^Vs8log.ra Ho! Er glaubte an die Zukunft der sozialistischen Ideen und schrieb seinen Roman ^.Iton I^oolvg. Der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 52, 1893, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341857_215089/533>, abgerufen am 19.05.2024.