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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr.

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daß er die Länder und Völker umfassen, trennen und schwächen muß. Vermag
er es nicht, sie in sich aufzunehmen, so erschwert er ihnen ihr Wachstum zur
vollen Selbständigkeit und Reife und erleichtert sich selbst ihre Ausbeutung.

Ein Gebiet von mehr als der dreifachen Größe Europas ist über alle
Meere und Länder verteilt. Klein ist es in Europa, aber es umfaßt den ganzen
fünften Erdteil und die Hälfte von Nordamerika, Indien, das westliche Hinter¬
indien und die besten Teile von Süd-, West- und Ostafrika nud ist in allen
wichtigen Durchfahrten, auf allen Seiten größerer Länder, in jedem größer"
Archipel vertreten. Die Absicht der Beherrschung der Meere ist natürlich am
deutlichsten ausgesprochen. In Europa beherrsche" England und die Kcmal-
iuseln die Verbindung der Nordsee mit dem Atlantischen Ozean, Gibraltar,
Malta, Chpern und Ägypten die Ein- und Ausgänge des Mittelmeeres und
bedrohen die Küsten Frankreichs, Spaniens, Italiens und der Türkei. Kanada
schafft die einzige Landverbinduug zwischen dem Atlantischen und dem Stillen
Ozean in den Händen einer nichtamerikanischen Macht. Britisch-Honduras
dient dem Zweck der Beherrschung eines Kanals durch Mittelamerika, die
Falklandsinseln decken die atlantisch-pazifische Südverbindung. Neufund¬
land, Neubraunschweig, die Bermudas und Bahamas geben den Atlantischen
Ozean bis an die Schwelle der Vereinigten Staaten in die Hände Englands,
Jamaika, die Lee- und Windwardinseln samt Britisch-Guyana schaffen eine
entsprechende Stellung gegenüber dein Antillenmeer und dem Golf von Mexiko.
Alle die kleinen, dnrch ihre Lage wichtigen Inseln des Atlantischen Ozeans
südlich vom Äquator sind in englischen Händen, und hinter ihnen liegen blühende
Besitzungen an der afrikanischen Westküste vom Gambia bis zur Walfischbai.
Alle Eingänge in den Jüdischen Ozean decken englische Besitzungen: Ägypten,
Snakin, Perim, Aden und Sokotra im Nordwesten, die Kapkolonie und Mau¬
ritius im Südwesten, die Straits settlements und Nordborneo ini Osten. Mit
Ausnahme der wenigen französischen Kolonien und Schutzgebiete gehören alle
durch den Indischen Ozean zerstreuten Inseln England. Seine vstafrikanischeii
Besitzungen begrenzen den Indischen Ozean im Westen, seine indischen im Norden,
Australien im Osten. So bleibt noch der Stille Ozean. In seiner Nordhälfte
liegen die hafenreichen Wcstgebietc von Kanada mit der Vaueouversinscl und
ans der andern Seite Hongkong, Nordborneo, Labuan, über den Äquator nach
Süden zieht sich die für den Verkehr wichtige Gruppe kleiner Inseln zwischen
Fnnning und den Cooksinseln hin, in der Südhälfte liegen die größten südpnzi-
fischen Landgebiete: Australien und Neuseeland, das fruchtbare Fidschi und das
östliche Neuguinea samt den Nachbarinseln. Selbst im Nördlichen und Südlichen
Eismeer hat England Stützpunkte sür seine Schiffe. Sein nordamerikanischer
Besitz ragt in den eisumstarrten Parryarchipel, und selbst unbewohnte Inseln an
der Schwelle der menschenleeren Autarktis, wie Süd-Georgien und Maequarie,
werden von ihm festgehalten.


daß er die Länder und Völker umfassen, trennen und schwächen muß. Vermag
er es nicht, sie in sich aufzunehmen, so erschwert er ihnen ihr Wachstum zur
vollen Selbständigkeit und Reife und erleichtert sich selbst ihre Ausbeutung.

Ein Gebiet von mehr als der dreifachen Größe Europas ist über alle
Meere und Länder verteilt. Klein ist es in Europa, aber es umfaßt den ganzen
fünften Erdteil und die Hälfte von Nordamerika, Indien, das westliche Hinter¬
indien und die besten Teile von Süd-, West- und Ostafrika nud ist in allen
wichtigen Durchfahrten, auf allen Seiten größerer Länder, in jedem größer«
Archipel vertreten. Die Absicht der Beherrschung der Meere ist natürlich am
deutlichsten ausgesprochen. In Europa beherrsche» England und die Kcmal-
iuseln die Verbindung der Nordsee mit dem Atlantischen Ozean, Gibraltar,
Malta, Chpern und Ägypten die Ein- und Ausgänge des Mittelmeeres und
bedrohen die Küsten Frankreichs, Spaniens, Italiens und der Türkei. Kanada
schafft die einzige Landverbinduug zwischen dem Atlantischen und dem Stillen
Ozean in den Händen einer nichtamerikanischen Macht. Britisch-Honduras
dient dem Zweck der Beherrschung eines Kanals durch Mittelamerika, die
Falklandsinseln decken die atlantisch-pazifische Südverbindung. Neufund¬
land, Neubraunschweig, die Bermudas und Bahamas geben den Atlantischen
Ozean bis an die Schwelle der Vereinigten Staaten in die Hände Englands,
Jamaika, die Lee- und Windwardinseln samt Britisch-Guyana schaffen eine
entsprechende Stellung gegenüber dein Antillenmeer und dem Golf von Mexiko.
Alle die kleinen, dnrch ihre Lage wichtigen Inseln des Atlantischen Ozeans
südlich vom Äquator sind in englischen Händen, und hinter ihnen liegen blühende
Besitzungen an der afrikanischen Westküste vom Gambia bis zur Walfischbai.
Alle Eingänge in den Jüdischen Ozean decken englische Besitzungen: Ägypten,
Snakin, Perim, Aden und Sokotra im Nordwesten, die Kapkolonie und Mau¬
ritius im Südwesten, die Straits settlements und Nordborneo ini Osten. Mit
Ausnahme der wenigen französischen Kolonien und Schutzgebiete gehören alle
durch den Indischen Ozean zerstreuten Inseln England. Seine vstafrikanischeii
Besitzungen begrenzen den Indischen Ozean im Westen, seine indischen im Norden,
Australien im Osten. So bleibt noch der Stille Ozean. In seiner Nordhälfte
liegen die hafenreichen Wcstgebietc von Kanada mit der Vaueouversinscl und
ans der andern Seite Hongkong, Nordborneo, Labuan, über den Äquator nach
Süden zieht sich die für den Verkehr wichtige Gruppe kleiner Inseln zwischen
Fnnning und den Cooksinseln hin, in der Südhälfte liegen die größten südpnzi-
fischen Landgebiete: Australien und Neuseeland, das fruchtbare Fidschi und das
östliche Neuguinea samt den Nachbarinseln. Selbst im Nördlichen und Südlichen
Eismeer hat England Stützpunkte sür seine Schiffe. Sein nordamerikanischer
Besitz ragt in den eisumstarrten Parryarchipel, und selbst unbewohnte Inseln an
der Schwelle der menschenleeren Autarktis, wie Süd-Georgien und Maequarie,
werden von ihm festgehalten.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_219001/208>, abgerufen am 13.05.2024.