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Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr.

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Allgemeine zweijährige Dienstzeit

Art des Dienens, die alte Praxis oder die unnnterbrochnc zweijährige Dienst¬
zeit, vorgezogen wird. Freilich wäre auch diese Statistik -- wie sie auch
immer ausfallen mochte -- mir vo" beschränktem Wert, da sie doch durch das
Wegfallen des Einjährigenscheins, die Reform des Schulwesens n. s. w. wesent¬
lich würde beeinflußt werden.

Wie dein auch immer sei, wir sind geneigt, nnzunehme", daß sich die
Antworten in vier Hauptgruppen werden unterbringen lassen: l. Beruf und
Lebensführung begünstigen die nuunterbrvchue zweijährige Dienstzeit unter
Wegfall weiterer ausgedehnter Übungen in späterer Zeit. 2. Alte wie neue
Praxis ist gleichmäßig willkommen. I. Zur Vermeidung längerer Berufs-
störnngen wird der bisherigen Praxis der Vorzug gegeben. 4. In einer
später" oder frühern Lebenslage verdient bald die eine, bald die andre Praxis
den Vorzug; es sollte also die Wahl freigestellt sein.

Wir schicken hier kurz voraus, daß wir uns die allgemeine zweijährige
Dienstzeit für Offiziersaspirauten der Reserve in folgender Weise eingeteilt
denken: sechs Monate Gemeiner, vier bis sechs Monate Unteroffizier, und die
übrige Zeit Offizier mit der Qualifikatiouserwerbung des Kvmpagnieführers.
Welches sind nun die Gesellschaftsklassen, die durch eine uuuuterbrochne Dienst¬
zeit begünstigt oder in ihrem Berufe doch nicht mehr beeinträchtigt werden
würden, als durch die bisherige Praxis?

Zunächst sind hierher alle unabhängigen und wohlhabenden Leute zu
rechnen, die einen Beruf zum Broterwerb überhaupt uicht nötig haben, also
Sohne reicher Eltern, begüterte Gutsbesitzer, Grvßkauflente, deren Geschäft eine
längere Abwesenheit verträgt, und ähnliche glückliche Mensche". Vielleicht dürfte
es auch der Landwirt im allgemeinen vorziehen, nach Beendigung seiner Lehr-
und Studienzeit seinen militärischen Pflichten in nnnntcrbrvchner Folge von
zwei Jahren nachzukommen, um sich dann ohne die oft sehr störende" Unter¬
brechungen ganz seinem Berufe widmen zu können, ebenso der Forstmann.
Ferner dürsten hierher alle wohlhabenden jungen Leute zu rechnen sein, die
ihre körperliche Beschaffenheit befähigt, unmittelbar nach beendigter Schulzeit
ilirer Heerespflicht zu genügen.

Diesem, wahrscheinlich weniger zahlreichen Bruchteil steht der andre
gegenüber, der seine Dienstzeit entweder in die Studienzeit einschiebt oder sie
nach Vollendung der Studien absolvirt. Verlängert sie sich nun auf zwei
Jahre, so würde" entweder die Studien um eine solche lauge Zeit unterbrochen
oder die Anstellung um so viel hinausgeschoben werden müssen. Ist eine solche
Unterbrechung bedenklich?

Daß alle Studien, sei es als Fortsetzung der Schuljahre, sei es die be¬
reits begonnene wissenschaftliche Arbeit auf der Universität, auch durch einen
einjährige" Militärdienst gründlich unterbrochen werden, ist unbestreitbar; daß
das aber bedenklich sei, können wir nicht zugebe". Zunächst brauche" wir mir


GrenAlwwi Hi IM.'. S7
Allgemeine zweijährige Dienstzeit

Art des Dienens, die alte Praxis oder die unnnterbrochnc zweijährige Dienst¬
zeit, vorgezogen wird. Freilich wäre auch diese Statistik — wie sie auch
immer ausfallen mochte — mir vo» beschränktem Wert, da sie doch durch das
Wegfallen des Einjährigenscheins, die Reform des Schulwesens n. s. w. wesent¬
lich würde beeinflußt werden.

Wie dein auch immer sei, wir sind geneigt, nnzunehme», daß sich die
Antworten in vier Hauptgruppen werden unterbringen lassen: l. Beruf und
Lebensführung begünstigen die nuunterbrvchue zweijährige Dienstzeit unter
Wegfall weiterer ausgedehnter Übungen in späterer Zeit. 2. Alte wie neue
Praxis ist gleichmäßig willkommen. I. Zur Vermeidung längerer Berufs-
störnngen wird der bisherigen Praxis der Vorzug gegeben. 4. In einer
später» oder frühern Lebenslage verdient bald die eine, bald die andre Praxis
den Vorzug; es sollte also die Wahl freigestellt sein.

Wir schicken hier kurz voraus, daß wir uns die allgemeine zweijährige
Dienstzeit für Offiziersaspirauten der Reserve in folgender Weise eingeteilt
denken: sechs Monate Gemeiner, vier bis sechs Monate Unteroffizier, und die
übrige Zeit Offizier mit der Qualifikatiouserwerbung des Kvmpagnieführers.
Welches sind nun die Gesellschaftsklassen, die durch eine uuuuterbrochne Dienst¬
zeit begünstigt oder in ihrem Berufe doch nicht mehr beeinträchtigt werden
würden, als durch die bisherige Praxis?

Zunächst sind hierher alle unabhängigen und wohlhabenden Leute zu
rechnen, die einen Beruf zum Broterwerb überhaupt uicht nötig haben, also
Sohne reicher Eltern, begüterte Gutsbesitzer, Grvßkauflente, deren Geschäft eine
längere Abwesenheit verträgt, und ähnliche glückliche Mensche». Vielleicht dürfte
es auch der Landwirt im allgemeinen vorziehen, nach Beendigung seiner Lehr-
und Studienzeit seinen militärischen Pflichten in nnnntcrbrvchner Folge von
zwei Jahren nachzukommen, um sich dann ohne die oft sehr störende» Unter¬
brechungen ganz seinem Berufe widmen zu können, ebenso der Forstmann.
Ferner dürsten hierher alle wohlhabenden jungen Leute zu rechnen sein, die
ihre körperliche Beschaffenheit befähigt, unmittelbar nach beendigter Schulzeit
ilirer Heerespflicht zu genügen.

Diesem, wahrscheinlich weniger zahlreichen Bruchteil steht der andre
gegenüber, der seine Dienstzeit entweder in die Studienzeit einschiebt oder sie
nach Vollendung der Studien absolvirt. Verlängert sie sich nun auf zwei
Jahre, so würde» entweder die Studien um eine solche lauge Zeit unterbrochen
oder die Anstellung um so viel hinausgeschoben werden müssen. Ist eine solche
Unterbrechung bedenklich?

Daß alle Studien, sei es als Fortsetzung der Schuljahre, sei es die be¬
reits begonnene wissenschaftliche Arbeit auf der Universität, auch durch einen
einjährige» Militärdienst gründlich unterbrochen werden, ist unbestreitbar; daß
das aber bedenklich sei, können wir nicht zugebe». Zunächst brauche» wir mir


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[0217] Allgemeine zweijährige Dienstzeit Art des Dienens, die alte Praxis oder die unnnterbrochnc zweijährige Dienst¬ zeit, vorgezogen wird. Freilich wäre auch diese Statistik — wie sie auch immer ausfallen mochte — mir vo» beschränktem Wert, da sie doch durch das Wegfallen des Einjährigenscheins, die Reform des Schulwesens n. s. w. wesent¬ lich würde beeinflußt werden. Wie dein auch immer sei, wir sind geneigt, nnzunehme», daß sich die Antworten in vier Hauptgruppen werden unterbringen lassen: l. Beruf und Lebensführung begünstigen die nuunterbrvchue zweijährige Dienstzeit unter Wegfall weiterer ausgedehnter Übungen in späterer Zeit. 2. Alte wie neue Praxis ist gleichmäßig willkommen. I. Zur Vermeidung längerer Berufs- störnngen wird der bisherigen Praxis der Vorzug gegeben. 4. In einer später» oder frühern Lebenslage verdient bald die eine, bald die andre Praxis den Vorzug; es sollte also die Wahl freigestellt sein. Wir schicken hier kurz voraus, daß wir uns die allgemeine zweijährige Dienstzeit für Offiziersaspirauten der Reserve in folgender Weise eingeteilt denken: sechs Monate Gemeiner, vier bis sechs Monate Unteroffizier, und die übrige Zeit Offizier mit der Qualifikatiouserwerbung des Kvmpagnieführers. Welches sind nun die Gesellschaftsklassen, die durch eine uuuuterbrochne Dienst¬ zeit begünstigt oder in ihrem Berufe doch nicht mehr beeinträchtigt werden würden, als durch die bisherige Praxis? Zunächst sind hierher alle unabhängigen und wohlhabenden Leute zu rechnen, die einen Beruf zum Broterwerb überhaupt uicht nötig haben, also Sohne reicher Eltern, begüterte Gutsbesitzer, Grvßkauflente, deren Geschäft eine längere Abwesenheit verträgt, und ähnliche glückliche Mensche». Vielleicht dürfte es auch der Landwirt im allgemeinen vorziehen, nach Beendigung seiner Lehr- und Studienzeit seinen militärischen Pflichten in nnnntcrbrvchner Folge von zwei Jahren nachzukommen, um sich dann ohne die oft sehr störende» Unter¬ brechungen ganz seinem Berufe widmen zu können, ebenso der Forstmann. Ferner dürsten hierher alle wohlhabenden jungen Leute zu rechnen sein, die ihre körperliche Beschaffenheit befähigt, unmittelbar nach beendigter Schulzeit ilirer Heerespflicht zu genügen. Diesem, wahrscheinlich weniger zahlreichen Bruchteil steht der andre gegenüber, der seine Dienstzeit entweder in die Studienzeit einschiebt oder sie nach Vollendung der Studien absolvirt. Verlängert sie sich nun auf zwei Jahre, so würde» entweder die Studien um eine solche lauge Zeit unterbrochen oder die Anstellung um so viel hinausgeschoben werden müssen. Ist eine solche Unterbrechung bedenklich? Daß alle Studien, sei es als Fortsetzung der Schuljahre, sei es die be¬ reits begonnene wissenschaftliche Arbeit auf der Universität, auch durch einen einjährige» Militärdienst gründlich unterbrochen werden, ist unbestreitbar; daß das aber bedenklich sei, können wir nicht zugebe». Zunächst brauche» wir mir GrenAlwwi Hi IM.'. S7

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220325/217>, abgerufen am 23.05.2024.