Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Der Dresdner Kongreß

durch ihre rege Beteiligung sowohl um Besuche des malerischen Meißen wie an
dem durch die Anwesenheit zahlreicher Damen belebten Festbankett in Dresden und
endlich vor allem an der feenhaften Beleuchtung der Elbufer bei der Rückfahrt
von der Bastei ihrer Freude über die Zusammenkunft so vieler an einem
Friedenswerk arbeitenden Männer den herzlichsten Ausdruck gegeben hätte.
Diese Tage werden allen, die sie haben miterleben können, unvergeßlich bleiben.
Der glänzende Empfang in Leipzig am Tage nach dem Schluß des Kongresses
setzte dem Ganzen die Krone auf.

Zwischendurch aber gab es denn doch eine Reihe von Arbeitstagen, die
dank der außerordentlichen Sachkunde, dem Fleiß und der Geschicklichkeit des
Vorsitzenden, des Vorstandes der Pariser Advvkatenznnft, Pouillet, der als
das Ideal eines Präsidenten bezeichnet werden muß, so vollkommen ausgenutzt
wurden, daß das Arbeitspensum der Durchberatung von nicht weniger als
zwanzig Berichten ohne Rest, und zwar in durchaus sachlicher, oft die Auf¬
merksamkeit der Versammlung in stärkstem Maße erregender Weise erledigt
werden konnte. Freilich war diesen Beratungen dadurch in mustergiltiger Weise
vorgearbeitet worden, daß sämtliche Berichte vom ersten Tage an in fran¬
zösischer wie in deutscher Sprache vorlagen, und daß der Arbeitsansschuß mit
Unterstützung des sächsischen Ministeriums des Innern eine Festgabe vor¬
bereitet hatte, die in siebzehn Aufsätzen einen großen Teil der auf der Tages¬
ordnung stehenden Fragen daneben noch in selbständiger Weise beleuchtete.
Durch die Beschaffung und Herstellung dieser Drucksachen hat sich Dr. Albert
Osterrieth ein besondres Verdienst erworben.

Ein Überblick über die Berichte, unter Bezugnahme auf die hieran sich
anschließenden Verhandlungen wie auf die einschlägigen Aufsätze der Fest¬
schrift, wird am besten in die Bestrebungen der Assoziation, die die Sache
der Berner Konvention von 1886, also die Ausbildung eines internationalen
Urheberrechts für alle Gebiete der Geistesarbeit, zu der ihrigen gemacht hat,
einführen, zugleich aber auch die Aufmerksamkeit auf die einzelnen Hauptfragen
des noch in voller Entwicklung begriffnen Urheberrechts, das durchaus eine
Schöpfung unsers Jahrhunderts ist, hinlenken.

Ist auch die im Jahre 1878 zu Paris begründete internationale Asso¬
ziation zum Schutze des geistigen Eigentums wesentlich ein Werk der Dichter
-- Viktor Hugo hat sie begründet, ein phantasiebegabter Schriftsteller, Ler-
mina, bildet noch jetzt ihr Herz und ihre treibende Kraft --, so mußte doch
der von ihr auf die Anregung eines Deutschen, des Rechtsanwalts I)r. Paul
Schmidt in Leipzig, herbeigeführte Abschluß der Berner Konvention das juri¬
stische Element durchaus in ihr zur Vorherrschaft bringen.

Wie von Anfang an neben der Litteratur auch die bildenden Künste und
die Musik in der Assoziation ihre Vertretung gefunden haben, so machte sich
von Jahr zu Jahr in steigendem Maße das Bestreben bemerklich, alle noch


Der Dresdner Kongreß

durch ihre rege Beteiligung sowohl um Besuche des malerischen Meißen wie an
dem durch die Anwesenheit zahlreicher Damen belebten Festbankett in Dresden und
endlich vor allem an der feenhaften Beleuchtung der Elbufer bei der Rückfahrt
von der Bastei ihrer Freude über die Zusammenkunft so vieler an einem
Friedenswerk arbeitenden Männer den herzlichsten Ausdruck gegeben hätte.
Diese Tage werden allen, die sie haben miterleben können, unvergeßlich bleiben.
Der glänzende Empfang in Leipzig am Tage nach dem Schluß des Kongresses
setzte dem Ganzen die Krone auf.

Zwischendurch aber gab es denn doch eine Reihe von Arbeitstagen, die
dank der außerordentlichen Sachkunde, dem Fleiß und der Geschicklichkeit des
Vorsitzenden, des Vorstandes der Pariser Advvkatenznnft, Pouillet, der als
das Ideal eines Präsidenten bezeichnet werden muß, so vollkommen ausgenutzt
wurden, daß das Arbeitspensum der Durchberatung von nicht weniger als
zwanzig Berichten ohne Rest, und zwar in durchaus sachlicher, oft die Auf¬
merksamkeit der Versammlung in stärkstem Maße erregender Weise erledigt
werden konnte. Freilich war diesen Beratungen dadurch in mustergiltiger Weise
vorgearbeitet worden, daß sämtliche Berichte vom ersten Tage an in fran¬
zösischer wie in deutscher Sprache vorlagen, und daß der Arbeitsansschuß mit
Unterstützung des sächsischen Ministeriums des Innern eine Festgabe vor¬
bereitet hatte, die in siebzehn Aufsätzen einen großen Teil der auf der Tages¬
ordnung stehenden Fragen daneben noch in selbständiger Weise beleuchtete.
Durch die Beschaffung und Herstellung dieser Drucksachen hat sich Dr. Albert
Osterrieth ein besondres Verdienst erworben.

Ein Überblick über die Berichte, unter Bezugnahme auf die hieran sich
anschließenden Verhandlungen wie auf die einschlägigen Aufsätze der Fest¬
schrift, wird am besten in die Bestrebungen der Assoziation, die die Sache
der Berner Konvention von 1886, also die Ausbildung eines internationalen
Urheberrechts für alle Gebiete der Geistesarbeit, zu der ihrigen gemacht hat,
einführen, zugleich aber auch die Aufmerksamkeit auf die einzelnen Hauptfragen
des noch in voller Entwicklung begriffnen Urheberrechts, das durchaus eine
Schöpfung unsers Jahrhunderts ist, hinlenken.

Ist auch die im Jahre 1878 zu Paris begründete internationale Asso¬
ziation zum Schutze des geistigen Eigentums wesentlich ein Werk der Dichter
— Viktor Hugo hat sie begründet, ein phantasiebegabter Schriftsteller, Ler-
mina, bildet noch jetzt ihr Herz und ihre treibende Kraft —, so mußte doch
der von ihr auf die Anregung eines Deutschen, des Rechtsanwalts I)r. Paul
Schmidt in Leipzig, herbeigeführte Abschluß der Berner Konvention das juri¬
stische Element durchaus in ihr zur Vorherrschaft bringen.

Wie von Anfang an neben der Litteratur auch die bildenden Künste und
die Musik in der Assoziation ihre Vertretung gefunden haben, so machte sich
von Jahr zu Jahr in steigendem Maße das Bestreben bemerklich, alle noch


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0088" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/221064"/>
          <fw type="header" place="top"> Der Dresdner Kongreß</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_229" prev="#ID_228"> durch ihre rege Beteiligung sowohl um Besuche des malerischen Meißen wie an<lb/>
dem durch die Anwesenheit zahlreicher Damen belebten Festbankett in Dresden und<lb/>
endlich vor allem an der feenhaften Beleuchtung der Elbufer bei der Rückfahrt<lb/>
von der Bastei ihrer Freude über die Zusammenkunft so vieler an einem<lb/>
Friedenswerk arbeitenden Männer den herzlichsten Ausdruck gegeben hätte.<lb/>
Diese Tage werden allen, die sie haben miterleben können, unvergeßlich bleiben.<lb/>
Der glänzende Empfang in Leipzig am Tage nach dem Schluß des Kongresses<lb/>
setzte dem Ganzen die Krone auf.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_230"> Zwischendurch aber gab es denn doch eine Reihe von Arbeitstagen, die<lb/>
dank der außerordentlichen Sachkunde, dem Fleiß und der Geschicklichkeit des<lb/>
Vorsitzenden, des Vorstandes der Pariser Advvkatenznnft, Pouillet, der als<lb/>
das Ideal eines Präsidenten bezeichnet werden muß, so vollkommen ausgenutzt<lb/>
wurden, daß das Arbeitspensum der Durchberatung von nicht weniger als<lb/>
zwanzig Berichten ohne Rest, und zwar in durchaus sachlicher, oft die Auf¬<lb/>
merksamkeit der Versammlung in stärkstem Maße erregender Weise erledigt<lb/>
werden konnte. Freilich war diesen Beratungen dadurch in mustergiltiger Weise<lb/>
vorgearbeitet worden, daß sämtliche Berichte vom ersten Tage an in fran¬<lb/>
zösischer wie in deutscher Sprache vorlagen, und daß der Arbeitsansschuß mit<lb/>
Unterstützung des sächsischen Ministeriums des Innern eine Festgabe vor¬<lb/>
bereitet hatte, die in siebzehn Aufsätzen einen großen Teil der auf der Tages¬<lb/>
ordnung stehenden Fragen daneben noch in selbständiger Weise beleuchtete.<lb/>
Durch die Beschaffung und Herstellung dieser Drucksachen hat sich Dr. Albert<lb/>
Osterrieth ein besondres Verdienst erworben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_231"> Ein Überblick über die Berichte, unter Bezugnahme auf die hieran sich<lb/>
anschließenden Verhandlungen wie auf die einschlägigen Aufsätze der Fest¬<lb/>
schrift, wird am besten in die Bestrebungen der Assoziation, die die Sache<lb/>
der Berner Konvention von 1886, also die Ausbildung eines internationalen<lb/>
Urheberrechts für alle Gebiete der Geistesarbeit, zu der ihrigen gemacht hat,<lb/>
einführen, zugleich aber auch die Aufmerksamkeit auf die einzelnen Hauptfragen<lb/>
des noch in voller Entwicklung begriffnen Urheberrechts, das durchaus eine<lb/>
Schöpfung unsers Jahrhunderts ist, hinlenken.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_232"> Ist auch die im Jahre 1878 zu Paris begründete internationale Asso¬<lb/>
ziation zum Schutze des geistigen Eigentums wesentlich ein Werk der Dichter<lb/>
&#x2014; Viktor Hugo hat sie begründet, ein phantasiebegabter Schriftsteller, Ler-<lb/>
mina, bildet noch jetzt ihr Herz und ihre treibende Kraft &#x2014;, so mußte doch<lb/>
der von ihr auf die Anregung eines Deutschen, des Rechtsanwalts I)r. Paul<lb/>
Schmidt in Leipzig, herbeigeführte Abschluß der Berner Konvention das juri¬<lb/>
stische Element durchaus in ihr zur Vorherrschaft bringen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_233" next="#ID_234"> Wie von Anfang an neben der Litteratur auch die bildenden Künste und<lb/>
die Musik in der Assoziation ihre Vertretung gefunden haben, so machte sich<lb/>
von Jahr zu Jahr in steigendem Maße das Bestreben bemerklich, alle noch</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0088] Der Dresdner Kongreß durch ihre rege Beteiligung sowohl um Besuche des malerischen Meißen wie an dem durch die Anwesenheit zahlreicher Damen belebten Festbankett in Dresden und endlich vor allem an der feenhaften Beleuchtung der Elbufer bei der Rückfahrt von der Bastei ihrer Freude über die Zusammenkunft so vieler an einem Friedenswerk arbeitenden Männer den herzlichsten Ausdruck gegeben hätte. Diese Tage werden allen, die sie haben miterleben können, unvergeßlich bleiben. Der glänzende Empfang in Leipzig am Tage nach dem Schluß des Kongresses setzte dem Ganzen die Krone auf. Zwischendurch aber gab es denn doch eine Reihe von Arbeitstagen, die dank der außerordentlichen Sachkunde, dem Fleiß und der Geschicklichkeit des Vorsitzenden, des Vorstandes der Pariser Advvkatenznnft, Pouillet, der als das Ideal eines Präsidenten bezeichnet werden muß, so vollkommen ausgenutzt wurden, daß das Arbeitspensum der Durchberatung von nicht weniger als zwanzig Berichten ohne Rest, und zwar in durchaus sachlicher, oft die Auf¬ merksamkeit der Versammlung in stärkstem Maße erregender Weise erledigt werden konnte. Freilich war diesen Beratungen dadurch in mustergiltiger Weise vorgearbeitet worden, daß sämtliche Berichte vom ersten Tage an in fran¬ zösischer wie in deutscher Sprache vorlagen, und daß der Arbeitsansschuß mit Unterstützung des sächsischen Ministeriums des Innern eine Festgabe vor¬ bereitet hatte, die in siebzehn Aufsätzen einen großen Teil der auf der Tages¬ ordnung stehenden Fragen daneben noch in selbständiger Weise beleuchtete. Durch die Beschaffung und Herstellung dieser Drucksachen hat sich Dr. Albert Osterrieth ein besondres Verdienst erworben. Ein Überblick über die Berichte, unter Bezugnahme auf die hieran sich anschließenden Verhandlungen wie auf die einschlägigen Aufsätze der Fest¬ schrift, wird am besten in die Bestrebungen der Assoziation, die die Sache der Berner Konvention von 1886, also die Ausbildung eines internationalen Urheberrechts für alle Gebiete der Geistesarbeit, zu der ihrigen gemacht hat, einführen, zugleich aber auch die Aufmerksamkeit auf die einzelnen Hauptfragen des noch in voller Entwicklung begriffnen Urheberrechts, das durchaus eine Schöpfung unsers Jahrhunderts ist, hinlenken. Ist auch die im Jahre 1878 zu Paris begründete internationale Asso¬ ziation zum Schutze des geistigen Eigentums wesentlich ein Werk der Dichter — Viktor Hugo hat sie begründet, ein phantasiebegabter Schriftsteller, Ler- mina, bildet noch jetzt ihr Herz und ihre treibende Kraft —, so mußte doch der von ihr auf die Anregung eines Deutschen, des Rechtsanwalts I)r. Paul Schmidt in Leipzig, herbeigeführte Abschluß der Berner Konvention das juri¬ stische Element durchaus in ihr zur Vorherrschaft bringen. Wie von Anfang an neben der Litteratur auch die bildenden Künste und die Musik in der Assoziation ihre Vertretung gefunden haben, so machte sich von Jahr zu Jahr in steigendem Maße das Bestreben bemerklich, alle noch

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/88
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 54, 1895, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341861_220975/88>, abgerufen am 16.06.2024.