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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr.

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Unsre Postdamxferlinien

einen ganz wesentlichen Anteil daran; leugnen könnte man das nur, wenn
man die Erfahrungen, die über den Einfluß der Verkehrsmittel auf die Ent¬
wicklung des Verkehrs tausendfach gemacht worden find, gänzlich außer
Acht ließe. Ganz besonders entwicklungsfähig und vielversprechend ist der
Handel Deutschlands mit China; die Voraussetzungen eines lebhaften Verkehrs
zwischen beiden Ländern sind in hohem Maße vorhanden: beide Länder haben
eine große Volkszahl, die Erzeugnisse Deutschlands und Chinas sind wesentlich
von einander verschieden, und die Bevölkerung jedes der beiden Länder ist in
hohem Grade aufnahmefähig für die Erzeugnisse des andern Landes. Von der
deutschen Ausfuhr fielen im Jahre 1894 65,9 Prozent auf Fabrikate, nament¬
lich Zucker, wollene und baumwollene Gewebe, Maschinen und Farben. In
demselben Jahre belief sich die Einfuhr Chinas an Fabrikaten auf 44,1 Prozent
seiner gesamten Einfuhr. Unter diesen Fabrikaten befanden sich bedeutende
Mengen wollener und baumwollener Gewebe, Zucker, Eisenwaren und Anilin.
Die Rohstoffe umfaßten 44 Prozent der chinesischen Ausfuhr und 54,7 Prozent
der deutschen Einfuhr; unter der letztern waren allein für 111,5 Millionen
Mark Rohseide, die wieder den wichtigsten Ausfuhrgegenstand Chinas bildet.
Unzweifelhaft wird also die Vermehrung und Verbesserung der Verkehrsmittel
zwischen beiden Ländern eine Hebung des Güteraustausches zur Folge haben.

Die deutsche Pvstdnmpferlinie nach Ostasien steht hinter den staatlich unter¬
stützten französischen und englischen Linien deshalb zurück, weil auf diesen die
Dampfer doppelt so oft verkehren, und weil außerdem die deutschen Schiffe
langsamer fahren als die französischen und englischen. Um nun einerseits für
den deutsch-chinesischen Handel häufigere und schnellere Dampferfahrten zu
schaffen, andrerseits dem Wettbewerb Frankreichs und Englands zu begegnen,
hat die Reichsregieruug jetzt beim Reichstage einen Gesetzentwurf eingebracht,
wonach der norddeutsche Llohd zur Ausführung vierzehntüglicher Fahrten nach
China und zur Einstellung schnellerer Dampfer veranlaßt werden soll gegen
Erhöhung der Reichsbeihilfe um i Vz Millionen Mark.

Möge die Vorlage eine Erledigung finden, durch die das Wohl des Vater¬
landes gefördert wird!




Unsre Postdamxferlinien

einen ganz wesentlichen Anteil daran; leugnen könnte man das nur, wenn
man die Erfahrungen, die über den Einfluß der Verkehrsmittel auf die Ent¬
wicklung des Verkehrs tausendfach gemacht worden find, gänzlich außer
Acht ließe. Ganz besonders entwicklungsfähig und vielversprechend ist der
Handel Deutschlands mit China; die Voraussetzungen eines lebhaften Verkehrs
zwischen beiden Ländern sind in hohem Maße vorhanden: beide Länder haben
eine große Volkszahl, die Erzeugnisse Deutschlands und Chinas sind wesentlich
von einander verschieden, und die Bevölkerung jedes der beiden Länder ist in
hohem Grade aufnahmefähig für die Erzeugnisse des andern Landes. Von der
deutschen Ausfuhr fielen im Jahre 1894 65,9 Prozent auf Fabrikate, nament¬
lich Zucker, wollene und baumwollene Gewebe, Maschinen und Farben. In
demselben Jahre belief sich die Einfuhr Chinas an Fabrikaten auf 44,1 Prozent
seiner gesamten Einfuhr. Unter diesen Fabrikaten befanden sich bedeutende
Mengen wollener und baumwollener Gewebe, Zucker, Eisenwaren und Anilin.
Die Rohstoffe umfaßten 44 Prozent der chinesischen Ausfuhr und 54,7 Prozent
der deutschen Einfuhr; unter der letztern waren allein für 111,5 Millionen
Mark Rohseide, die wieder den wichtigsten Ausfuhrgegenstand Chinas bildet.
Unzweifelhaft wird also die Vermehrung und Verbesserung der Verkehrsmittel
zwischen beiden Ländern eine Hebung des Güteraustausches zur Folge haben.

Die deutsche Pvstdnmpferlinie nach Ostasien steht hinter den staatlich unter¬
stützten französischen und englischen Linien deshalb zurück, weil auf diesen die
Dampfer doppelt so oft verkehren, und weil außerdem die deutschen Schiffe
langsamer fahren als die französischen und englischen. Um nun einerseits für
den deutsch-chinesischen Handel häufigere und schnellere Dampferfahrten zu
schaffen, andrerseits dem Wettbewerb Frankreichs und Englands zu begegnen,
hat die Reichsregieruug jetzt beim Reichstage einen Gesetzentwurf eingebracht,
wonach der norddeutsche Llohd zur Ausführung vierzehntüglicher Fahrten nach
China und zur Einstellung schnellerer Dampfer veranlaßt werden soll gegen
Erhöhung der Reichsbeihilfe um i Vz Millionen Mark.

Möge die Vorlage eine Erledigung finden, durch die das Wohl des Vater¬
landes gefördert wird!




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[0126] Unsre Postdamxferlinien einen ganz wesentlichen Anteil daran; leugnen könnte man das nur, wenn man die Erfahrungen, die über den Einfluß der Verkehrsmittel auf die Ent¬ wicklung des Verkehrs tausendfach gemacht worden find, gänzlich außer Acht ließe. Ganz besonders entwicklungsfähig und vielversprechend ist der Handel Deutschlands mit China; die Voraussetzungen eines lebhaften Verkehrs zwischen beiden Ländern sind in hohem Maße vorhanden: beide Länder haben eine große Volkszahl, die Erzeugnisse Deutschlands und Chinas sind wesentlich von einander verschieden, und die Bevölkerung jedes der beiden Länder ist in hohem Grade aufnahmefähig für die Erzeugnisse des andern Landes. Von der deutschen Ausfuhr fielen im Jahre 1894 65,9 Prozent auf Fabrikate, nament¬ lich Zucker, wollene und baumwollene Gewebe, Maschinen und Farben. In demselben Jahre belief sich die Einfuhr Chinas an Fabrikaten auf 44,1 Prozent seiner gesamten Einfuhr. Unter diesen Fabrikaten befanden sich bedeutende Mengen wollener und baumwollener Gewebe, Zucker, Eisenwaren und Anilin. Die Rohstoffe umfaßten 44 Prozent der chinesischen Ausfuhr und 54,7 Prozent der deutschen Einfuhr; unter der letztern waren allein für 111,5 Millionen Mark Rohseide, die wieder den wichtigsten Ausfuhrgegenstand Chinas bildet. Unzweifelhaft wird also die Vermehrung und Verbesserung der Verkehrsmittel zwischen beiden Ländern eine Hebung des Güteraustausches zur Folge haben. Die deutsche Pvstdnmpferlinie nach Ostasien steht hinter den staatlich unter¬ stützten französischen und englischen Linien deshalb zurück, weil auf diesen die Dampfer doppelt so oft verkehren, und weil außerdem die deutschen Schiffe langsamer fahren als die französischen und englischen. Um nun einerseits für den deutsch-chinesischen Handel häufigere und schnellere Dampferfahrten zu schaffen, andrerseits dem Wettbewerb Frankreichs und Englands zu begegnen, hat die Reichsregieruug jetzt beim Reichstage einen Gesetzentwurf eingebracht, wonach der norddeutsche Llohd zur Ausführung vierzehntüglicher Fahrten nach China und zur Einstellung schnellerer Dampfer veranlaßt werden soll gegen Erhöhung der Reichsbeihilfe um i Vz Millionen Mark. Möge die Vorlage eine Erledigung finden, durch die das Wohl des Vater¬ landes gefördert wird!

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_224245/126>, abgerufen am 21.05.2024.