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Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr.

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Krim ^."Mriaö?

Ganthas, dem die Deutschen nicht trauen, und dem die Slawen schon offen
entgegentreten, wenn seine Vermittlungsversuche scheitern, das Parlament ver¬
tagen oder gar auslösen und Neuwahlen ausschreiben, die trotz geistlichen Zu¬
spruchs wahrscheinlich einen Teil der klerikalen Abgeordneten wegfegen würden?
Wird er den Ausgleich mit Ungarn auf dem Verordnungswege zu stände
bringen und mit seinem etwas klerikal angehauchten Benmtenministerium bis
auf weiteres ohne Parlament, also thatsächlich absolut regieren? Und wie
wird sich Ungarn zu diesem in allen Fugen krachenden Österreich stellen?
Wird es auf die Personalunion zusteuern, was kein Mensch hindern könnte?
Geschieht das, dann wäre wirklich der schon so oft voransgesagte äiss
tÄtalis aom.v.8 ^ustrig.eAL gekommen. Denn ein solches Österreich hörte auf
eine Großmacht zu sein; ja selbst die "Königreiche und Länder," denen man
amtlich nicht einmal einen gemeinsamen Namen zu geben wagt, könnten in
der bisherigen Zusammensetzung nicht bleiben, denn Galizien ist nnr durch
Ungarn haltbar. Und was wird aus Bosnien? Löst sich aber Österreich-
Ungarn in seinem gegenwärtigen Bestände auf, dann verschwindet eine der
wichtigsten Grundlagen unsrer eignen auswärtigen Politik. Mit Österreich-
Ungarn haben wir das Bündnis von 1879 und den Dreibund geschlossen,
nicht mit einer Gruppe von Staaten, die nur noch durch dasselbe Herrscher¬
haus verbunden sind, nicht mit einem Königreich Ungarn, einem böhmischen
Wenzelreiche, einem Polenstaate, Galizien usw. Streben diese Teile aus ein¬
ander, so verschwindet für uns im Reiche jedes Interesse an der Erhaltung
der Herrschaft des Hauses Habsburg in diesen Ländern; wir hätten dann nur
die Aufgabe, unser eignes Interesse und die Erhaltung des österreichischen
Deutschtums rechtzeitig und rücksichtslos wahrzunehmen. Vielleicht, daß ein
starker, stetiger und kluger Wille die Katastrophe noch verhindern kann, und
das dieser Wille in Ganthas lebt, was wir hoffen; aber tiefer als heute hat
der Glaube an die Zukunft der Donaumonarchie feit fünfzig Jahren innerhalb
und außerhalb ihrer Grenzen noch niemals gestanden. Nur ein fester und
Heller Punkt schimmert aus den dunkeln Nebeln, die Österreichs Zukunft um¬
wallen, herüber: so stark wie heute ist das Nationalgefühl der Deutschen in
Österreich und die Teilnahme der Reichsdeutschen für ihre Volksgenossen da
* drüben noch niemals gewesen.




Krim ^.«Mriaö?

Ganthas, dem die Deutschen nicht trauen, und dem die Slawen schon offen
entgegentreten, wenn seine Vermittlungsversuche scheitern, das Parlament ver¬
tagen oder gar auslösen und Neuwahlen ausschreiben, die trotz geistlichen Zu¬
spruchs wahrscheinlich einen Teil der klerikalen Abgeordneten wegfegen würden?
Wird er den Ausgleich mit Ungarn auf dem Verordnungswege zu stände
bringen und mit seinem etwas klerikal angehauchten Benmtenministerium bis
auf weiteres ohne Parlament, also thatsächlich absolut regieren? Und wie
wird sich Ungarn zu diesem in allen Fugen krachenden Österreich stellen?
Wird es auf die Personalunion zusteuern, was kein Mensch hindern könnte?
Geschieht das, dann wäre wirklich der schon so oft voransgesagte äiss
tÄtalis aom.v.8 ^ustrig.eAL gekommen. Denn ein solches Österreich hörte auf
eine Großmacht zu sein; ja selbst die „Königreiche und Länder," denen man
amtlich nicht einmal einen gemeinsamen Namen zu geben wagt, könnten in
der bisherigen Zusammensetzung nicht bleiben, denn Galizien ist nnr durch
Ungarn haltbar. Und was wird aus Bosnien? Löst sich aber Österreich-
Ungarn in seinem gegenwärtigen Bestände auf, dann verschwindet eine der
wichtigsten Grundlagen unsrer eignen auswärtigen Politik. Mit Österreich-
Ungarn haben wir das Bündnis von 1879 und den Dreibund geschlossen,
nicht mit einer Gruppe von Staaten, die nur noch durch dasselbe Herrscher¬
haus verbunden sind, nicht mit einem Königreich Ungarn, einem böhmischen
Wenzelreiche, einem Polenstaate, Galizien usw. Streben diese Teile aus ein¬
ander, so verschwindet für uns im Reiche jedes Interesse an der Erhaltung
der Herrschaft des Hauses Habsburg in diesen Ländern; wir hätten dann nur
die Aufgabe, unser eignes Interesse und die Erhaltung des österreichischen
Deutschtums rechtzeitig und rücksichtslos wahrzunehmen. Vielleicht, daß ein
starker, stetiger und kluger Wille die Katastrophe noch verhindern kann, und
das dieser Wille in Ganthas lebt, was wir hoffen; aber tiefer als heute hat
der Glaube an die Zukunft der Donaumonarchie feit fünfzig Jahren innerhalb
und außerhalb ihrer Grenzen noch niemals gestanden. Nur ein fester und
Heller Punkt schimmert aus den dunkeln Nebeln, die Österreichs Zukunft um¬
wallen, herüber: so stark wie heute ist das Nationalgefühl der Deutschen in
Österreich und die Teilnahme der Reichsdeutschen für ihre Volksgenossen da
* drüben noch niemals gewesen.




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[0453] Krim ^.«Mriaö? Ganthas, dem die Deutschen nicht trauen, und dem die Slawen schon offen entgegentreten, wenn seine Vermittlungsversuche scheitern, das Parlament ver¬ tagen oder gar auslösen und Neuwahlen ausschreiben, die trotz geistlichen Zu¬ spruchs wahrscheinlich einen Teil der klerikalen Abgeordneten wegfegen würden? Wird er den Ausgleich mit Ungarn auf dem Verordnungswege zu stände bringen und mit seinem etwas klerikal angehauchten Benmtenministerium bis auf weiteres ohne Parlament, also thatsächlich absolut regieren? Und wie wird sich Ungarn zu diesem in allen Fugen krachenden Österreich stellen? Wird es auf die Personalunion zusteuern, was kein Mensch hindern könnte? Geschieht das, dann wäre wirklich der schon so oft voransgesagte äiss tÄtalis aom.v.8 ^ustrig.eAL gekommen. Denn ein solches Österreich hörte auf eine Großmacht zu sein; ja selbst die „Königreiche und Länder," denen man amtlich nicht einmal einen gemeinsamen Namen zu geben wagt, könnten in der bisherigen Zusammensetzung nicht bleiben, denn Galizien ist nnr durch Ungarn haltbar. Und was wird aus Bosnien? Löst sich aber Österreich- Ungarn in seinem gegenwärtigen Bestände auf, dann verschwindet eine der wichtigsten Grundlagen unsrer eignen auswärtigen Politik. Mit Österreich- Ungarn haben wir das Bündnis von 1879 und den Dreibund geschlossen, nicht mit einer Gruppe von Staaten, die nur noch durch dasselbe Herrscher¬ haus verbunden sind, nicht mit einem Königreich Ungarn, einem böhmischen Wenzelreiche, einem Polenstaate, Galizien usw. Streben diese Teile aus ein¬ ander, so verschwindet für uns im Reiche jedes Interesse an der Erhaltung der Herrschaft des Hauses Habsburg in diesen Ländern; wir hätten dann nur die Aufgabe, unser eignes Interesse und die Erhaltung des österreichischen Deutschtums rechtzeitig und rücksichtslos wahrzunehmen. Vielleicht, daß ein starker, stetiger und kluger Wille die Katastrophe noch verhindern kann, und das dieser Wille in Ganthas lebt, was wir hoffen; aber tiefer als heute hat der Glaube an die Zukunft der Donaumonarchie feit fünfzig Jahren innerhalb und außerhalb ihrer Grenzen noch niemals gestanden. Nur ein fester und Heller Punkt schimmert aus den dunkeln Nebeln, die Österreichs Zukunft um¬ wallen, herüber: so stark wie heute ist das Nationalgefühl der Deutschen in Österreich und die Teilnahme der Reichsdeutschen für ihre Volksgenossen da * drüben noch niemals gewesen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 56, 1897, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341865_226231/453>, abgerufen am 27.05.2024.