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Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr.

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Bauerngüter und Großbetriebe in der Landwirtschaft

so wäre daraus allein keineswegs auf ein Übermaß von Zwergwirtschaft in
der Landwirtschaft zu schließen. Die amtliche Statistik hat, wie gesagt, die
Grenze der Bauernwirtschaft nach unten bei zwei Hektar landwirtschaftlicher
Fläche angenommen. Sie ist damit -- der Not gehorchend, nicht dem eignen
Trieb -- etwas willkürlich verfahren. Man hätte ebenso gut ein Hektar sagen
können, denn von den Betrieben von ein bis zwei Hektaren werden noch immer
43 Prozent von Inhabern bewirtschaftet, die sich dem Hauptberuf nach als
"selbständige" Landwirte bezeichnet haben, dagegen von den Betrieben unter
einem Hektar nur 10 Prozent -- von den Betrieben unter zwei Hektar
17 Prozent und von den kleinbäuerlichen Betrieben von zwei bis fünf Hektar
72 Prozent. Übrigens giebt die amtliche Statistik die Grundzahlen an, aus
denen jeder, dem daran liegt, seine Berechnungen machen kann, auch wenn er
die Betriebe von ein bis zwei Hektar zu den kleinbäuerlichen zählt. Jeden¬
falls ist immer im Auge zu behalten, daß unter den "Parzellenbetrieben" der
amtlichen Statistik eine große Zahl von Wirtschaften ist, die als Bauernwirt¬
schaften anzusehen sind, und daß das im Westen Deutschlands bei den Be¬
trieben von ein bis zwei Hektar entschieden für die Mehrzahl gilt.

Die Grenze zwischen Bauernwirtschaft und Großbetrieb ist bei hundert
Hektar landwirtschaftlicher Fläche angenommen. Im Westen werden manche
Güter von geringerm Umfang schon als Großbetriebe gelten, dagegen sind auch
im Osten Güter mit hundert Hektar und darüber -- immer ohne Forst- und
Ödland usw. -- nicht mehr als Bauernwirtschaften anzusehen.

Über den Anteil der Zwergwirtschaften, Bauernwirtschaften und Gro߬
betriebe an der Anzahl, der landwirtschaftlichen und der Gesamtfläche aller
Betriebe im ganzen Reiche geben folgende Zahlen Aufschluß:

Es kamen von der

Zahl allerlandwirtschaft¬Gesamtfläche
Betriebelichen Fläche
auf die
ProzentProzentProzent
Zwcrnmirtschaftcn . > .58.MS,SVS.S8
davon unter 1 da., . .4S,S02,492,36
von 1--2 " . . .12,733,072,95
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" Mittelbauern . ,17,9729,9028,96
" Großbauern . >5,0730,3530,40
Groszbctricbe.....0.4524,0825,40
zusammen.....100.00100,00100,00

Die amtliche Statistik sagt, "daß die deutsche Landwirtschaft ihr eigentliches
Gepräge vom Bauerngut (zwei bis hundert Hektar) empfängt." Und wenn
man diese Zahlen sieht, muß man ihr insofern gewiß recht geben, als der Zahl
nach die Großbetriebe hinter den Bauernwirtschaften ganz zu verschwinden
scheinen und auch in ihrem Anteil an der Fläche, zumal der landwirtschaft-


Bauerngüter und Großbetriebe in der Landwirtschaft

so wäre daraus allein keineswegs auf ein Übermaß von Zwergwirtschaft in
der Landwirtschaft zu schließen. Die amtliche Statistik hat, wie gesagt, die
Grenze der Bauernwirtschaft nach unten bei zwei Hektar landwirtschaftlicher
Fläche angenommen. Sie ist damit — der Not gehorchend, nicht dem eignen
Trieb — etwas willkürlich verfahren. Man hätte ebenso gut ein Hektar sagen
können, denn von den Betrieben von ein bis zwei Hektaren werden noch immer
43 Prozent von Inhabern bewirtschaftet, die sich dem Hauptberuf nach als
„selbständige" Landwirte bezeichnet haben, dagegen von den Betrieben unter
einem Hektar nur 10 Prozent — von den Betrieben unter zwei Hektar
17 Prozent und von den kleinbäuerlichen Betrieben von zwei bis fünf Hektar
72 Prozent. Übrigens giebt die amtliche Statistik die Grundzahlen an, aus
denen jeder, dem daran liegt, seine Berechnungen machen kann, auch wenn er
die Betriebe von ein bis zwei Hektar zu den kleinbäuerlichen zählt. Jeden¬
falls ist immer im Auge zu behalten, daß unter den „Parzellenbetrieben" der
amtlichen Statistik eine große Zahl von Wirtschaften ist, die als Bauernwirt¬
schaften anzusehen sind, und daß das im Westen Deutschlands bei den Be¬
trieben von ein bis zwei Hektar entschieden für die Mehrzahl gilt.

Die Grenze zwischen Bauernwirtschaft und Großbetrieb ist bei hundert
Hektar landwirtschaftlicher Fläche angenommen. Im Westen werden manche
Güter von geringerm Umfang schon als Großbetriebe gelten, dagegen sind auch
im Osten Güter mit hundert Hektar und darüber — immer ohne Forst- und
Ödland usw. — nicht mehr als Bauernwirtschaften anzusehen.

Über den Anteil der Zwergwirtschaften, Bauernwirtschaften und Gro߬
betriebe an der Anzahl, der landwirtschaftlichen und der Gesamtfläche aller
Betriebe im ganzen Reiche geben folgende Zahlen Aufschluß:

Es kamen von der

Zahl allerlandwirtschaft¬Gesamtfläche
Betriebelichen Fläche
auf die
ProzentProzentProzent
Zwcrnmirtschaftcn . > .58.MS,SVS.S8
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Groszbctricbe.....0.4524,0825,40
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Die amtliche Statistik sagt, „daß die deutsche Landwirtschaft ihr eigentliches
Gepräge vom Bauerngut (zwei bis hundert Hektar) empfängt." Und wenn
man diese Zahlen sieht, muß man ihr insofern gewiß recht geben, als der Zahl
nach die Großbetriebe hinter den Bauernwirtschaften ganz zu verschwinden
scheinen und auch in ihrem Anteil an der Fläche, zumal der landwirtschaft-


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[0156] Bauerngüter und Großbetriebe in der Landwirtschaft so wäre daraus allein keineswegs auf ein Übermaß von Zwergwirtschaft in der Landwirtschaft zu schließen. Die amtliche Statistik hat, wie gesagt, die Grenze der Bauernwirtschaft nach unten bei zwei Hektar landwirtschaftlicher Fläche angenommen. Sie ist damit — der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb — etwas willkürlich verfahren. Man hätte ebenso gut ein Hektar sagen können, denn von den Betrieben von ein bis zwei Hektaren werden noch immer 43 Prozent von Inhabern bewirtschaftet, die sich dem Hauptberuf nach als „selbständige" Landwirte bezeichnet haben, dagegen von den Betrieben unter einem Hektar nur 10 Prozent — von den Betrieben unter zwei Hektar 17 Prozent und von den kleinbäuerlichen Betrieben von zwei bis fünf Hektar 72 Prozent. Übrigens giebt die amtliche Statistik die Grundzahlen an, aus denen jeder, dem daran liegt, seine Berechnungen machen kann, auch wenn er die Betriebe von ein bis zwei Hektar zu den kleinbäuerlichen zählt. Jeden¬ falls ist immer im Auge zu behalten, daß unter den „Parzellenbetrieben" der amtlichen Statistik eine große Zahl von Wirtschaften ist, die als Bauernwirt¬ schaften anzusehen sind, und daß das im Westen Deutschlands bei den Be¬ trieben von ein bis zwei Hektar entschieden für die Mehrzahl gilt. Die Grenze zwischen Bauernwirtschaft und Großbetrieb ist bei hundert Hektar landwirtschaftlicher Fläche angenommen. Im Westen werden manche Güter von geringerm Umfang schon als Großbetriebe gelten, dagegen sind auch im Osten Güter mit hundert Hektar und darüber — immer ohne Forst- und Ödland usw. — nicht mehr als Bauernwirtschaften anzusehen. Über den Anteil der Zwergwirtschaften, Bauernwirtschaften und Gro߬ betriebe an der Anzahl, der landwirtschaftlichen und der Gesamtfläche aller Betriebe im ganzen Reiche geben folgende Zahlen Aufschluß: Es kamen von der Zahl allerlandwirtschaft¬Gesamtfläche Betriebelichen Fläche auf die ProzentProzentProzent Zwcrnmirtschaftcn . > .58.MS,SVS.S8 davon unter 1 da., . .4S,S02,492,36 von 1—2 „ . . .12,733,072,95 BlMcrnwirtsllMftcn . , -41.3270.:tuki8,!1ü davon Kleinbauern . .18,2310,119,67 „ Mittelbauern . ,17,9729,9028,96 „ Großbauern . >5,0730,3530,40 Groszbctricbe.....0.4524,0825,40 zusammen.....100.00100,00100,00 Die amtliche Statistik sagt, „daß die deutsche Landwirtschaft ihr eigentliches Gepräge vom Bauerngut (zwei bis hundert Hektar) empfängt." Und wenn man diese Zahlen sieht, muß man ihr insofern gewiß recht geben, als der Zahl nach die Großbetriebe hinter den Bauernwirtschaften ganz zu verschwinden scheinen und auch in ihrem Anteil an der Fläche, zumal der landwirtschaft-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 57, 1898, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341867_228301/156>, abgerufen am 16.05.2024.