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Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr.

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von der Zeit an, wo es der Erzähler zum erstenmal betritt als Schulkamerad des
Haussohns auf Ferieubesuch, bis dahin, wo der alte Forstrat gestorben ist. und
seine Kinder, dieser Sohn und zwei Töchter, längst verheiratet sind. Er selbst ist
ledig geblieben. Alle Glieder dieses Kreises haben sich immer von Zeit zu Zeit
in dem Forsthause zusammengefunden und einander aus ihrem Leben erzählt, zuletzt
bei dem Jubiläum des Alten, dem bei diesem Anlaß von seinem Sohne und dessen
Freunde noch drei gleich schone Geschichten (mit der Hand geschrieben, weil er mit
den meiste" jetzt gedruckten nicht mehr einverstanden ist) gewidmet werden. Die
Geschichte dieser Personen, die Art ihres Lebens, die einzelnen Verlobungen, alles
das ist höchst unterhaltend, die Menschen sind sehr verschieden und alle im Verkehr
gleich angenehm. Selbst ein Querkopf wie der jüngste Schwiegersohn findet sich
nach seltsamen Seitensprüugeu ganz überraschend allerliebst wieder in diese Um¬
gebung zurück. Nicht weniger anziehend ist die kritische Betrachtung heutiger
Lebensverhältnisse, die den Personen in den Mund gelegt wird. Sehr viel gute
Beobachtung, gesellschaftliche Erfahrung, treffendes Urteil ohne unnötige Krittelei,
kurz, reich um Weisheit ist ein solches Buch, in dem guten alten Sinne des Be¬
griffs, der sich nicht mit der pikanten Form allein erledigt, und daß es äußerlich
ähnliche Erzählungen giebt, die gerade diesen Vorzug nicht haben, wird uns noch ein
andermal wieder auf dieses Kennzeichen aller Bcinditzschen Bücher zurückführen.
"

Charlotte Niese hat ihrem vorjährigen Roman "Auf der Heide einen
zweiten ebenfalls ausgeführten folgen lassen, dessen Begebnisse wieder in ihre
schleswigische Heimat verlegt sind: "Der Erbe." Er ist noch besser als jener, der
Ausbau ist geschlossener und die Handlungsstthrung vorzüglich. Sie vervollkommnet
sich als Erzählerin immer mehr. Ein adliches Majorat ist an die Bestimmung
gebunden, daß, wenn der jeweilige Besitzer nicht mit vierzig Jahren einen Sohn
bekommen hat. der Besitz an eine Seitenlinie übergehn soll. Diese drohende Even¬
tualität steht im Hintergründe der Erzählung. Der alte Baron hat zwar einen
Sohn und einen kleinen Enkel, aber es geht nnter den Leuten die unsichre Kunde,
daß der Sohn einst der nun längst verstorbnen Baronin untergeschoben und mit
einer damals gebornen Tochter vertauscht worden sei. Nur zwei alte Tagelöhners¬
leute, Hamann und Lischen Cornehlsen leben noch, die darum wisse" könnten, und
sie scheinen es zu wissen; sie treten in den Vordergrund, und je nachdem das Ge¬
rücht an Boden gewinnt oder verliert, schreitet die Haupthandlung vorwärts, lebendig
und spannend, mit vielen Figuren. Der gefürchtete Besitzwechsel tritt nicht ein,
denn jene Meinung erweist sich am Schluß als unbegründet. Der kleine Enkel
bleibt nach dem plötzlichen Tode seines Vaters "der Erbe," und die Bewerber von
der Seitenlinie werden in einer den Leser befriedigenden Weise abgefunden. Das
Hauptinteresse nimmt hier ein junger Amtsrichter in Anspruch, der zuletzt ein sehr
sympathisches Mädchen heiratet, während sein Vater, ein verkommner alter Nichts¬
thuer, eine wohlhabende Witwe heimführt, von der sich vorher sein Sohn in einer
schwachen Stunde ans kurze Zeit hatte fesseln lassen. Diese Wittib und ihr nun¬
mehriger Gatte, sowie ihr kommerzieurtttliches Elternpaar sind eine höchst wider¬
wärtige Gesellschaft, und wiewohl es bekanntermaßen ja auch eine Ästhetik des
Häßlichen giebt, so würde das viele Gute, was uns dieser Roman vorführt, in
seiner Wirkung noch gewonnen haben, wenn das entgegengesetzte Element mit etwas
weniger Vorliebe behandelt worden wäre. Charlotte Rieses Stärke liegt in der
realistischen Schilderung, ihre Menschen sind keine weichgeschaffnen Seelen, und sie
selbst will keine zarte Dichterin sein, alles ist bei ihr gesund, einfach und naturlich.
Meisterwerke von Charakteristik sind der alte Hamann und Lischen Cornehlsen.


Grenzboten IV 1899 53
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von der Zeit an, wo es der Erzähler zum erstenmal betritt als Schulkamerad des
Haussohns auf Ferieubesuch, bis dahin, wo der alte Forstrat gestorben ist. und
seine Kinder, dieser Sohn und zwei Töchter, längst verheiratet sind. Er selbst ist
ledig geblieben. Alle Glieder dieses Kreises haben sich immer von Zeit zu Zeit
in dem Forsthause zusammengefunden und einander aus ihrem Leben erzählt, zuletzt
bei dem Jubiläum des Alten, dem bei diesem Anlaß von seinem Sohne und dessen
Freunde noch drei gleich schone Geschichten (mit der Hand geschrieben, weil er mit
den meiste» jetzt gedruckten nicht mehr einverstanden ist) gewidmet werden. Die
Geschichte dieser Personen, die Art ihres Lebens, die einzelnen Verlobungen, alles
das ist höchst unterhaltend, die Menschen sind sehr verschieden und alle im Verkehr
gleich angenehm. Selbst ein Querkopf wie der jüngste Schwiegersohn findet sich
nach seltsamen Seitensprüugeu ganz überraschend allerliebst wieder in diese Um¬
gebung zurück. Nicht weniger anziehend ist die kritische Betrachtung heutiger
Lebensverhältnisse, die den Personen in den Mund gelegt wird. Sehr viel gute
Beobachtung, gesellschaftliche Erfahrung, treffendes Urteil ohne unnötige Krittelei,
kurz, reich um Weisheit ist ein solches Buch, in dem guten alten Sinne des Be¬
griffs, der sich nicht mit der pikanten Form allein erledigt, und daß es äußerlich
ähnliche Erzählungen giebt, die gerade diesen Vorzug nicht haben, wird uns noch ein
andermal wieder auf dieses Kennzeichen aller Bcinditzschen Bücher zurückführen.
"

Charlotte Niese hat ihrem vorjährigen Roman „Auf der Heide einen
zweiten ebenfalls ausgeführten folgen lassen, dessen Begebnisse wieder in ihre
schleswigische Heimat verlegt sind: „Der Erbe." Er ist noch besser als jener, der
Ausbau ist geschlossener und die Handlungsstthrung vorzüglich. Sie vervollkommnet
sich als Erzählerin immer mehr. Ein adliches Majorat ist an die Bestimmung
gebunden, daß, wenn der jeweilige Besitzer nicht mit vierzig Jahren einen Sohn
bekommen hat. der Besitz an eine Seitenlinie übergehn soll. Diese drohende Even¬
tualität steht im Hintergründe der Erzählung. Der alte Baron hat zwar einen
Sohn und einen kleinen Enkel, aber es geht nnter den Leuten die unsichre Kunde,
daß der Sohn einst der nun längst verstorbnen Baronin untergeschoben und mit
einer damals gebornen Tochter vertauscht worden sei. Nur zwei alte Tagelöhners¬
leute, Hamann und Lischen Cornehlsen leben noch, die darum wisse» könnten, und
sie scheinen es zu wissen; sie treten in den Vordergrund, und je nachdem das Ge¬
rücht an Boden gewinnt oder verliert, schreitet die Haupthandlung vorwärts, lebendig
und spannend, mit vielen Figuren. Der gefürchtete Besitzwechsel tritt nicht ein,
denn jene Meinung erweist sich am Schluß als unbegründet. Der kleine Enkel
bleibt nach dem plötzlichen Tode seines Vaters „der Erbe," und die Bewerber von
der Seitenlinie werden in einer den Leser befriedigenden Weise abgefunden. Das
Hauptinteresse nimmt hier ein junger Amtsrichter in Anspruch, der zuletzt ein sehr
sympathisches Mädchen heiratet, während sein Vater, ein verkommner alter Nichts¬
thuer, eine wohlhabende Witwe heimführt, von der sich vorher sein Sohn in einer
schwachen Stunde ans kurze Zeit hatte fesseln lassen. Diese Wittib und ihr nun¬
mehriger Gatte, sowie ihr kommerzieurtttliches Elternpaar sind eine höchst wider¬
wärtige Gesellschaft, und wiewohl es bekanntermaßen ja auch eine Ästhetik des
Häßlichen giebt, so würde das viele Gute, was uns dieser Roman vorführt, in
seiner Wirkung noch gewonnen haben, wenn das entgegengesetzte Element mit etwas
weniger Vorliebe behandelt worden wäre. Charlotte Rieses Stärke liegt in der
realistischen Schilderung, ihre Menschen sind keine weichgeschaffnen Seelen, und sie
selbst will keine zarte Dichterin sein, alles ist bei ihr gesund, einfach und naturlich.
Meisterwerke von Charakteristik sind der alte Hamann und Lischen Cornehlsen.


Grenzboten IV 1899 53
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[0431] Grenzbotenromcme von der Zeit an, wo es der Erzähler zum erstenmal betritt als Schulkamerad des Haussohns auf Ferieubesuch, bis dahin, wo der alte Forstrat gestorben ist. und seine Kinder, dieser Sohn und zwei Töchter, längst verheiratet sind. Er selbst ist ledig geblieben. Alle Glieder dieses Kreises haben sich immer von Zeit zu Zeit in dem Forsthause zusammengefunden und einander aus ihrem Leben erzählt, zuletzt bei dem Jubiläum des Alten, dem bei diesem Anlaß von seinem Sohne und dessen Freunde noch drei gleich schone Geschichten (mit der Hand geschrieben, weil er mit den meiste» jetzt gedruckten nicht mehr einverstanden ist) gewidmet werden. Die Geschichte dieser Personen, die Art ihres Lebens, die einzelnen Verlobungen, alles das ist höchst unterhaltend, die Menschen sind sehr verschieden und alle im Verkehr gleich angenehm. Selbst ein Querkopf wie der jüngste Schwiegersohn findet sich nach seltsamen Seitensprüugeu ganz überraschend allerliebst wieder in diese Um¬ gebung zurück. Nicht weniger anziehend ist die kritische Betrachtung heutiger Lebensverhältnisse, die den Personen in den Mund gelegt wird. Sehr viel gute Beobachtung, gesellschaftliche Erfahrung, treffendes Urteil ohne unnötige Krittelei, kurz, reich um Weisheit ist ein solches Buch, in dem guten alten Sinne des Be¬ griffs, der sich nicht mit der pikanten Form allein erledigt, und daß es äußerlich ähnliche Erzählungen giebt, die gerade diesen Vorzug nicht haben, wird uns noch ein andermal wieder auf dieses Kennzeichen aller Bcinditzschen Bücher zurückführen. " Charlotte Niese hat ihrem vorjährigen Roman „Auf der Heide einen zweiten ebenfalls ausgeführten folgen lassen, dessen Begebnisse wieder in ihre schleswigische Heimat verlegt sind: „Der Erbe." Er ist noch besser als jener, der Ausbau ist geschlossener und die Handlungsstthrung vorzüglich. Sie vervollkommnet sich als Erzählerin immer mehr. Ein adliches Majorat ist an die Bestimmung gebunden, daß, wenn der jeweilige Besitzer nicht mit vierzig Jahren einen Sohn bekommen hat. der Besitz an eine Seitenlinie übergehn soll. Diese drohende Even¬ tualität steht im Hintergründe der Erzählung. Der alte Baron hat zwar einen Sohn und einen kleinen Enkel, aber es geht nnter den Leuten die unsichre Kunde, daß der Sohn einst der nun längst verstorbnen Baronin untergeschoben und mit einer damals gebornen Tochter vertauscht worden sei. Nur zwei alte Tagelöhners¬ leute, Hamann und Lischen Cornehlsen leben noch, die darum wisse» könnten, und sie scheinen es zu wissen; sie treten in den Vordergrund, und je nachdem das Ge¬ rücht an Boden gewinnt oder verliert, schreitet die Haupthandlung vorwärts, lebendig und spannend, mit vielen Figuren. Der gefürchtete Besitzwechsel tritt nicht ein, denn jene Meinung erweist sich am Schluß als unbegründet. Der kleine Enkel bleibt nach dem plötzlichen Tode seines Vaters „der Erbe," und die Bewerber von der Seitenlinie werden in einer den Leser befriedigenden Weise abgefunden. Das Hauptinteresse nimmt hier ein junger Amtsrichter in Anspruch, der zuletzt ein sehr sympathisches Mädchen heiratet, während sein Vater, ein verkommner alter Nichts¬ thuer, eine wohlhabende Witwe heimführt, von der sich vorher sein Sohn in einer schwachen Stunde ans kurze Zeit hatte fesseln lassen. Diese Wittib und ihr nun¬ mehriger Gatte, sowie ihr kommerzieurtttliches Elternpaar sind eine höchst wider¬ wärtige Gesellschaft, und wiewohl es bekanntermaßen ja auch eine Ästhetik des Häßlichen giebt, so würde das viele Gute, was uns dieser Roman vorführt, in seiner Wirkung noch gewonnen haben, wenn das entgegengesetzte Element mit etwas weniger Vorliebe behandelt worden wäre. Charlotte Rieses Stärke liegt in der realistischen Schilderung, ihre Menschen sind keine weichgeschaffnen Seelen, und sie selbst will keine zarte Dichterin sein, alles ist bei ihr gesund, einfach und naturlich. Meisterwerke von Charakteristik sind der alte Hamann und Lischen Cornehlsen. Grenzboten IV 1899 53

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 58, 1899, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341869_231811/431>, abgerufen am 19.05.2024.