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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr.

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Gin zeitgenössischer Bericht über den Rastadter Gesandtenmord

der die Möglichkeit, daß die entscheidenden Fragen französisch gethan worden,
geradezu ausschließt. Auch von den Husaren, die den Debryschcn Wagen
Werfallen und dann nach Rastatt zurückbegleitet hatten, versichert Bray aus¬
drücklich, daß sie ungarisch, das er nicht verstand, gesprochen und nebenher
einige deutsche Worte gebraucht hätten. Daß unter den Angreifern französisch
gesprochen worden sei, hat nach Brays Zeugnis überhaupt nur eine Zeugin,
eine der beiden Debryschen Töchter behauptet. Hus et'vllo, heißt es in unserm
Bericht, rMsnäxät on'un clss nusLÄräs av-ut auestioiiue Is Niuistrs vsbr^ su
krilnyÄis -- ein Ausdruck, der darauf schließen laßt, daß diese Angabe eine un¬
sichere gewesen sei. Irgend welche Bedeutung scheint dieser Behauptung des
zum Tode erschreckten Mädchens von keiner Seite beigelegt worden zu sein.
Wie hätte der Gedanke an einen unter französischer oder emigrantischer Mit¬
wirkung verübten Mord auch bei Männern auskommen sollen, die, wie Bray
ausführlich berichtet, die Wagen der Opfer des Mordanschlags unter der Be¬
deckung der blutbefleckten Szekler Husaren und unter Führung eines deutsch¬
redenden Leutnants hatten in die Stadt zurückkommen sehen? Die sich darauf
beziehende Schilderung Brays ist die genauste, die überhaupt vorliegt, thut
der von Heisere erwähnten Zeugen Eggers und Gemmingen übrigens keine Er¬
wähnung, sondern nennt statt dieser die Herren Graf Bernstorff. von Jordan
und Edelsheim und -- soweit der Wagen Debrys in Betracht kommt -- den
Freiherrn von Albini; die sich darauf beziehenden Umstände sind so prüzis an¬
gegeben, daß Zweifel an der Richtigkeit der Schilderung nicht aufkommen
können. Als Zeuge dieses Auftritts wird Bray auch bei Heisere genannt
(a- a. O. S. 102). In den eigentlich entscheidenden Thatsachen den übrigen
Berichten konform, beschränken' sich die Abweichungen ans die als Zeugen
genannten Personen und auf die Augabe, daß der kommandierende Leutnant
den Borstellungen Edelsheims schließlich nachgegeben und das Aussteigen der
Frau Noberjot erlaubt habe. Die zu ungezählten malen gemachte Erfahrung,
daß zwischen sonst zuverlässigen Zeugenaussagen einzelne Diskrepanzen übrig
bleiben, hat sich auch in diesem Falle wiederholt.

Einiges Gewicht wird endlich auf die -- sonst nirgends gemachten --
genauen Angaben über die Wiedererstattung eines Teils der aus dem Wagen
Noberjots geraubten Gegenstände zu legen sein.^) Wie der als Überbringer
der verschiednen Beutel bezeichnete Bediente des Barons Jacobi zu den Beuteln
gekommen war, und woher die Angabe stammt, daß diese Behälter nach Papieren
durchsucht wurden, wird bedauerlicherweise nicht gesagt. Im übrigen handelt
^ sich hier um präzise Daten, nach denen angenommen werden darf, daß die
Absicht vorgelegen habe, den Mördern den gemachten Raub wieder abzunehmen,
daß das aber nur unvollständig gelungen sei.



Das; ihnen ein Teil der geraubten Habe in der Folge wiedergegeben worden sei, haben
°le Beteiligten bei ihrer Vernehmung angegeben und dabei den Major Harrant als Vermittler
genannt (vgl. G. Müller a. a. O. S. 12).
Gin zeitgenössischer Bericht über den Rastadter Gesandtenmord

der die Möglichkeit, daß die entscheidenden Fragen französisch gethan worden,
geradezu ausschließt. Auch von den Husaren, die den Debryschcn Wagen
Werfallen und dann nach Rastatt zurückbegleitet hatten, versichert Bray aus¬
drücklich, daß sie ungarisch, das er nicht verstand, gesprochen und nebenher
einige deutsche Worte gebraucht hätten. Daß unter den Angreifern französisch
gesprochen worden sei, hat nach Brays Zeugnis überhaupt nur eine Zeugin,
eine der beiden Debryschen Töchter behauptet. Hus et'vllo, heißt es in unserm
Bericht, rMsnäxät on'un clss nusLÄräs av-ut auestioiiue Is Niuistrs vsbr^ su
krilnyÄis — ein Ausdruck, der darauf schließen laßt, daß diese Angabe eine un¬
sichere gewesen sei. Irgend welche Bedeutung scheint dieser Behauptung des
zum Tode erschreckten Mädchens von keiner Seite beigelegt worden zu sein.
Wie hätte der Gedanke an einen unter französischer oder emigrantischer Mit¬
wirkung verübten Mord auch bei Männern auskommen sollen, die, wie Bray
ausführlich berichtet, die Wagen der Opfer des Mordanschlags unter der Be¬
deckung der blutbefleckten Szekler Husaren und unter Führung eines deutsch¬
redenden Leutnants hatten in die Stadt zurückkommen sehen? Die sich darauf
beziehende Schilderung Brays ist die genauste, die überhaupt vorliegt, thut
der von Heisere erwähnten Zeugen Eggers und Gemmingen übrigens keine Er¬
wähnung, sondern nennt statt dieser die Herren Graf Bernstorff. von Jordan
und Edelsheim und — soweit der Wagen Debrys in Betracht kommt — den
Freiherrn von Albini; die sich darauf beziehenden Umstände sind so prüzis an¬
gegeben, daß Zweifel an der Richtigkeit der Schilderung nicht aufkommen
können. Als Zeuge dieses Auftritts wird Bray auch bei Heisere genannt
(a- a. O. S. 102). In den eigentlich entscheidenden Thatsachen den übrigen
Berichten konform, beschränken' sich die Abweichungen ans die als Zeugen
genannten Personen und auf die Augabe, daß der kommandierende Leutnant
den Borstellungen Edelsheims schließlich nachgegeben und das Aussteigen der
Frau Noberjot erlaubt habe. Die zu ungezählten malen gemachte Erfahrung,
daß zwischen sonst zuverlässigen Zeugenaussagen einzelne Diskrepanzen übrig
bleiben, hat sich auch in diesem Falle wiederholt.

Einiges Gewicht wird endlich auf die — sonst nirgends gemachten —
genauen Angaben über die Wiedererstattung eines Teils der aus dem Wagen
Noberjots geraubten Gegenstände zu legen sein.^) Wie der als Überbringer
der verschiednen Beutel bezeichnete Bediente des Barons Jacobi zu den Beuteln
gekommen war, und woher die Angabe stammt, daß diese Behälter nach Papieren
durchsucht wurden, wird bedauerlicherweise nicht gesagt. Im übrigen handelt
^ sich hier um präzise Daten, nach denen angenommen werden darf, daß die
Absicht vorgelegen habe, den Mördern den gemachten Raub wieder abzunehmen,
daß das aber nur unvollständig gelungen sei.



Das; ihnen ein Teil der geraubten Habe in der Folge wiedergegeben worden sei, haben
°le Beteiligten bei ihrer Vernehmung angegeben und dabei den Major Harrant als Vermittler
genannt (vgl. G. Müller a. a. O. S. 12).
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[0589] Gin zeitgenössischer Bericht über den Rastadter Gesandtenmord der die Möglichkeit, daß die entscheidenden Fragen französisch gethan worden, geradezu ausschließt. Auch von den Husaren, die den Debryschcn Wagen Werfallen und dann nach Rastatt zurückbegleitet hatten, versichert Bray aus¬ drücklich, daß sie ungarisch, das er nicht verstand, gesprochen und nebenher einige deutsche Worte gebraucht hätten. Daß unter den Angreifern französisch gesprochen worden sei, hat nach Brays Zeugnis überhaupt nur eine Zeugin, eine der beiden Debryschen Töchter behauptet. Hus et'vllo, heißt es in unserm Bericht, rMsnäxät on'un clss nusLÄräs av-ut auestioiiue Is Niuistrs vsbr^ su krilnyÄis — ein Ausdruck, der darauf schließen laßt, daß diese Angabe eine un¬ sichere gewesen sei. Irgend welche Bedeutung scheint dieser Behauptung des zum Tode erschreckten Mädchens von keiner Seite beigelegt worden zu sein. Wie hätte der Gedanke an einen unter französischer oder emigrantischer Mit¬ wirkung verübten Mord auch bei Männern auskommen sollen, die, wie Bray ausführlich berichtet, die Wagen der Opfer des Mordanschlags unter der Be¬ deckung der blutbefleckten Szekler Husaren und unter Führung eines deutsch¬ redenden Leutnants hatten in die Stadt zurückkommen sehen? Die sich darauf beziehende Schilderung Brays ist die genauste, die überhaupt vorliegt, thut der von Heisere erwähnten Zeugen Eggers und Gemmingen übrigens keine Er¬ wähnung, sondern nennt statt dieser die Herren Graf Bernstorff. von Jordan und Edelsheim und — soweit der Wagen Debrys in Betracht kommt — den Freiherrn von Albini; die sich darauf beziehenden Umstände sind so prüzis an¬ gegeben, daß Zweifel an der Richtigkeit der Schilderung nicht aufkommen können. Als Zeuge dieses Auftritts wird Bray auch bei Heisere genannt (a- a. O. S. 102). In den eigentlich entscheidenden Thatsachen den übrigen Berichten konform, beschränken' sich die Abweichungen ans die als Zeugen genannten Personen und auf die Augabe, daß der kommandierende Leutnant den Borstellungen Edelsheims schließlich nachgegeben und das Aussteigen der Frau Noberjot erlaubt habe. Die zu ungezählten malen gemachte Erfahrung, daß zwischen sonst zuverlässigen Zeugenaussagen einzelne Diskrepanzen übrig bleiben, hat sich auch in diesem Falle wiederholt. Einiges Gewicht wird endlich auf die — sonst nirgends gemachten — genauen Angaben über die Wiedererstattung eines Teils der aus dem Wagen Noberjots geraubten Gegenstände zu legen sein.^) Wie der als Überbringer der verschiednen Beutel bezeichnete Bediente des Barons Jacobi zu den Beuteln gekommen war, und woher die Angabe stammt, daß diese Behälter nach Papieren durchsucht wurden, wird bedauerlicherweise nicht gesagt. Im übrigen handelt ^ sich hier um präzise Daten, nach denen angenommen werden darf, daß die Absicht vorgelegen habe, den Mördern den gemachten Raub wieder abzunehmen, daß das aber nur unvollständig gelungen sei. Das; ihnen ein Teil der geraubten Habe in der Folge wiedergegeben worden sei, haben °le Beteiligten bei ihrer Vernehmung angegeben und dabei den Major Harrant als Vermittler genannt (vgl. G. Müller a. a. O. S. 12).

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_232551/589>, abgerufen am 22.05.2024.