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Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmclszgel'liebes

Mark ausgezahlt. Bis Ende 1899 -- nach noch nicht dreijährigem Bestand der
Stiftung -- sind sechsundvierzig silberne und drei goldne Kreuze verlieh", und den
Familien von vier verstorbnen Dekorierten die Einlösnngssummen ausgezahlt worden.
Großartige Zuwendungen für Wohlfahrtseinrichtungen, mag bei dieser Gelegenheit
bemerkt marder, mißbilligt Freese, dadurch werde die Kluft zwischen den Arbeitern
und dem seine Überlegenheit so deutlich offenbarenden Unternehmer nur erweitert.
Dieser solle lieber zu den von den Arbeitern selbst zu gründenden Einrichtungen
regelmäßige Zuschüsse leiste", die von den Arbeiterbciträgen nicht gar zu grell ab¬
stechen. Um auf die Ausschüsse zurückzukommen, so stehn ihnen die Arbeiter nicht
ganz ohne Mißtrauen gegenüber; manche fürchten von solchen eine Schwächung der
Gewerkschaften. Freese hält diese Furcht für unbegründet, die Ausschüsse allerdings
aber für ein wohlthätiges Gegengewicht gegen die Gewerkschaften; denn, so not¬
wendig diese auch sein mögen, als Vertreter ausschließlich einer Klasse neigten sie
doch ebenso wie die Unternehmerverbände von Natur dazu, Kampfvereine zu werden.
Eben deshalb sei der Widerstand der Unternehmer gegen die Ausschüsse unverständiger
als der weit seltnere der Arbeiter. "Die Heerscharen der Industriearbeiter ver¬
langen Einfluß auf den Arbeitsvertrag. Gerade dadurch, daß die Arbeitgeber sich
weigern, ihren Arbeitern im eignen Hause eiuen Einfluß auf die Arbeitsbedingungen
zu gewahren, zwingen sie sie, sich ausschließlich auf die außerhalb der Fabrik stehenden
Organisationen zu verlassen." Freches Schriftchen enthält viele sehr lehrreiche Einzel¬
heiten, kein Fabrikant sollte es ungelesen lassen. -- Auf einen andern Ton ist
Adolf Wencksterns Leier gestimmt. Er sieht in der Arbeiterbewegung etwas tief
Tragisches und klagt über die "kolossale Blindheit" des deutschen Bürgertums, dessen
Vertretung die "Arbeitswilligeuvvrlage" abgelehnt hat. Er hat gleich nach der
Ablehnung in der Kreuzzeitung sehr heftig gegen Brentano polemisiert und jetzt
diese Aufsätze erweitert herausgegeben unter dem Titel! Arbeitsvertrngsgesetz-
gebnng. Positive Politik gegen die roten Gewerkvereine. (Berlin, Puttkammer und
Mühlbrecht, 1900.) Er geht von folgendem ganz richtigen Satze aus: "Die Idee
des gleichen Rechts für alle bedarf notwendigerweise in der Praxis einer speziellen
Ausführung, nicht nach dem Maßstabe eines allgemeinen Nivellements, sondern nach
der Idee der Aristotelischen proportionalen Gerechtigkeit: wer viel leistet, erhält viel
Rechte, wer dem Staate, wenn ihm volle Freiheit gewährt wird, nützlich ist, er¬
hält diese volle Freiheit, wer wenig leistet, oder wer gefährlich wirken kann, wenn
er frei schalten und walten darf, erhält wenig Rechte und muß zum Besten des
Wohls des Ganzen rechtlich beschränkt werden oder bleiben." Der Satz ist, wie
gesagt, vollkommen richtig, nützt aber in der Praxis gar nichts. Denn es würde
sehr schwierig sein, einem faulen oder liederliche" Rentner, dessen einzige Leistung
fürs Gemeinwohl in der erzwungne" Steuerzahlung besteht, seine staatsbürgerlichen
Rechte zu beschränken, und abgesehen von den Extremen: den offenbaren Verbrechen
und solchen augenfälligen Verdiensten wie denen siegreicher Generale, giebt es keine
Thätigkeit, deren Nützlichkeit oder Schädlichkeit nicht sehr verschieden bewertet würde;
Sokmtes, Jesus, Luther, Galilei, Friedrich List sind von den Obrigkeiten, Cäsar,
Heinrich IV. von Frankreich, Bismarck von einem großen Teil ihrer Landsleute für
sehr schädliche Menschen gehalten werden; Agrarier und Händler. Katholiken und
Protestanten, Juden und Antisemiten erklären einander gegenseitig für gemein¬
gefährlich und gemeinschädlich. Auch handelt es sich bei der Ausprägung des all¬
gemeinen Grundsatzes in Verfassungsbestimmungen und Gesetzen keineswegs bloß um
verschiedne Grade der Freiheitswürdigkeit, sondern auch um die verschiedne Lage
der einzelnen Bernfsstände. Was hat z. B. für den Bauer das Recht der Frei¬
zügigkeit für einen Sinn? Ob die Bestimmungen, die Wenckstern auf Seite 1.)
und 20 zur bessern Regelung des Koalitionsrechts vorschlägt, als Grundlage für


Maßgebliches und Unmclszgel'liebes

Mark ausgezahlt. Bis Ende 1899 — nach noch nicht dreijährigem Bestand der
Stiftung — sind sechsundvierzig silberne und drei goldne Kreuze verlieh«, und den
Familien von vier verstorbnen Dekorierten die Einlösnngssummen ausgezahlt worden.
Großartige Zuwendungen für Wohlfahrtseinrichtungen, mag bei dieser Gelegenheit
bemerkt marder, mißbilligt Freese, dadurch werde die Kluft zwischen den Arbeitern
und dem seine Überlegenheit so deutlich offenbarenden Unternehmer nur erweitert.
Dieser solle lieber zu den von den Arbeitern selbst zu gründenden Einrichtungen
regelmäßige Zuschüsse leiste», die von den Arbeiterbciträgen nicht gar zu grell ab¬
stechen. Um auf die Ausschüsse zurückzukommen, so stehn ihnen die Arbeiter nicht
ganz ohne Mißtrauen gegenüber; manche fürchten von solchen eine Schwächung der
Gewerkschaften. Freese hält diese Furcht für unbegründet, die Ausschüsse allerdings
aber für ein wohlthätiges Gegengewicht gegen die Gewerkschaften; denn, so not¬
wendig diese auch sein mögen, als Vertreter ausschließlich einer Klasse neigten sie
doch ebenso wie die Unternehmerverbände von Natur dazu, Kampfvereine zu werden.
Eben deshalb sei der Widerstand der Unternehmer gegen die Ausschüsse unverständiger
als der weit seltnere der Arbeiter. „Die Heerscharen der Industriearbeiter ver¬
langen Einfluß auf den Arbeitsvertrag. Gerade dadurch, daß die Arbeitgeber sich
weigern, ihren Arbeitern im eignen Hause eiuen Einfluß auf die Arbeitsbedingungen
zu gewahren, zwingen sie sie, sich ausschließlich auf die außerhalb der Fabrik stehenden
Organisationen zu verlassen." Freches Schriftchen enthält viele sehr lehrreiche Einzel¬
heiten, kein Fabrikant sollte es ungelesen lassen. — Auf einen andern Ton ist
Adolf Wencksterns Leier gestimmt. Er sieht in der Arbeiterbewegung etwas tief
Tragisches und klagt über die „kolossale Blindheit" des deutschen Bürgertums, dessen
Vertretung die „Arbeitswilligeuvvrlage" abgelehnt hat. Er hat gleich nach der
Ablehnung in der Kreuzzeitung sehr heftig gegen Brentano polemisiert und jetzt
diese Aufsätze erweitert herausgegeben unter dem Titel! Arbeitsvertrngsgesetz-
gebnng. Positive Politik gegen die roten Gewerkvereine. (Berlin, Puttkammer und
Mühlbrecht, 1900.) Er geht von folgendem ganz richtigen Satze aus: „Die Idee
des gleichen Rechts für alle bedarf notwendigerweise in der Praxis einer speziellen
Ausführung, nicht nach dem Maßstabe eines allgemeinen Nivellements, sondern nach
der Idee der Aristotelischen proportionalen Gerechtigkeit: wer viel leistet, erhält viel
Rechte, wer dem Staate, wenn ihm volle Freiheit gewährt wird, nützlich ist, er¬
hält diese volle Freiheit, wer wenig leistet, oder wer gefährlich wirken kann, wenn
er frei schalten und walten darf, erhält wenig Rechte und muß zum Besten des
Wohls des Ganzen rechtlich beschränkt werden oder bleiben." Der Satz ist, wie
gesagt, vollkommen richtig, nützt aber in der Praxis gar nichts. Denn es würde
sehr schwierig sein, einem faulen oder liederliche» Rentner, dessen einzige Leistung
fürs Gemeinwohl in der erzwungne» Steuerzahlung besteht, seine staatsbürgerlichen
Rechte zu beschränken, und abgesehen von den Extremen: den offenbaren Verbrechen
und solchen augenfälligen Verdiensten wie denen siegreicher Generale, giebt es keine
Thätigkeit, deren Nützlichkeit oder Schädlichkeit nicht sehr verschieden bewertet würde;
Sokmtes, Jesus, Luther, Galilei, Friedrich List sind von den Obrigkeiten, Cäsar,
Heinrich IV. von Frankreich, Bismarck von einem großen Teil ihrer Landsleute für
sehr schädliche Menschen gehalten werden; Agrarier und Händler. Katholiken und
Protestanten, Juden und Antisemiten erklären einander gegenseitig für gemein¬
gefährlich und gemeinschädlich. Auch handelt es sich bei der Ausprägung des all¬
gemeinen Grundsatzes in Verfassungsbestimmungen und Gesetzen keineswegs bloß um
verschiedne Grade der Freiheitswürdigkeit, sondern auch um die verschiedne Lage
der einzelnen Bernfsstände. Was hat z. B. für den Bauer das Recht der Frei¬
zügigkeit für einen Sinn? Ob die Bestimmungen, die Wenckstern auf Seite 1.)
und 20 zur bessern Regelung des Koalitionsrechts vorschlägt, als Grundlage für


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[0117] Maßgebliches und Unmclszgel'liebes Mark ausgezahlt. Bis Ende 1899 — nach noch nicht dreijährigem Bestand der Stiftung — sind sechsundvierzig silberne und drei goldne Kreuze verlieh«, und den Familien von vier verstorbnen Dekorierten die Einlösnngssummen ausgezahlt worden. Großartige Zuwendungen für Wohlfahrtseinrichtungen, mag bei dieser Gelegenheit bemerkt marder, mißbilligt Freese, dadurch werde die Kluft zwischen den Arbeitern und dem seine Überlegenheit so deutlich offenbarenden Unternehmer nur erweitert. Dieser solle lieber zu den von den Arbeitern selbst zu gründenden Einrichtungen regelmäßige Zuschüsse leiste», die von den Arbeiterbciträgen nicht gar zu grell ab¬ stechen. Um auf die Ausschüsse zurückzukommen, so stehn ihnen die Arbeiter nicht ganz ohne Mißtrauen gegenüber; manche fürchten von solchen eine Schwächung der Gewerkschaften. Freese hält diese Furcht für unbegründet, die Ausschüsse allerdings aber für ein wohlthätiges Gegengewicht gegen die Gewerkschaften; denn, so not¬ wendig diese auch sein mögen, als Vertreter ausschließlich einer Klasse neigten sie doch ebenso wie die Unternehmerverbände von Natur dazu, Kampfvereine zu werden. Eben deshalb sei der Widerstand der Unternehmer gegen die Ausschüsse unverständiger als der weit seltnere der Arbeiter. „Die Heerscharen der Industriearbeiter ver¬ langen Einfluß auf den Arbeitsvertrag. Gerade dadurch, daß die Arbeitgeber sich weigern, ihren Arbeitern im eignen Hause eiuen Einfluß auf die Arbeitsbedingungen zu gewahren, zwingen sie sie, sich ausschließlich auf die außerhalb der Fabrik stehenden Organisationen zu verlassen." Freches Schriftchen enthält viele sehr lehrreiche Einzel¬ heiten, kein Fabrikant sollte es ungelesen lassen. — Auf einen andern Ton ist Adolf Wencksterns Leier gestimmt. Er sieht in der Arbeiterbewegung etwas tief Tragisches und klagt über die „kolossale Blindheit" des deutschen Bürgertums, dessen Vertretung die „Arbeitswilligeuvvrlage" abgelehnt hat. Er hat gleich nach der Ablehnung in der Kreuzzeitung sehr heftig gegen Brentano polemisiert und jetzt diese Aufsätze erweitert herausgegeben unter dem Titel! Arbeitsvertrngsgesetz- gebnng. Positive Politik gegen die roten Gewerkvereine. (Berlin, Puttkammer und Mühlbrecht, 1900.) Er geht von folgendem ganz richtigen Satze aus: „Die Idee des gleichen Rechts für alle bedarf notwendigerweise in der Praxis einer speziellen Ausführung, nicht nach dem Maßstabe eines allgemeinen Nivellements, sondern nach der Idee der Aristotelischen proportionalen Gerechtigkeit: wer viel leistet, erhält viel Rechte, wer dem Staate, wenn ihm volle Freiheit gewährt wird, nützlich ist, er¬ hält diese volle Freiheit, wer wenig leistet, oder wer gefährlich wirken kann, wenn er frei schalten und walten darf, erhält wenig Rechte und muß zum Besten des Wohls des Ganzen rechtlich beschränkt werden oder bleiben." Der Satz ist, wie gesagt, vollkommen richtig, nützt aber in der Praxis gar nichts. Denn es würde sehr schwierig sein, einem faulen oder liederliche» Rentner, dessen einzige Leistung fürs Gemeinwohl in der erzwungne» Steuerzahlung besteht, seine staatsbürgerlichen Rechte zu beschränken, und abgesehen von den Extremen: den offenbaren Verbrechen und solchen augenfälligen Verdiensten wie denen siegreicher Generale, giebt es keine Thätigkeit, deren Nützlichkeit oder Schädlichkeit nicht sehr verschieden bewertet würde; Sokmtes, Jesus, Luther, Galilei, Friedrich List sind von den Obrigkeiten, Cäsar, Heinrich IV. von Frankreich, Bismarck von einem großen Teil ihrer Landsleute für sehr schädliche Menschen gehalten werden; Agrarier und Händler. Katholiken und Protestanten, Juden und Antisemiten erklären einander gegenseitig für gemein¬ gefährlich und gemeinschädlich. Auch handelt es sich bei der Ausprägung des all¬ gemeinen Grundsatzes in Verfassungsbestimmungen und Gesetzen keineswegs bloß um verschiedne Grade der Freiheitswürdigkeit, sondern auch um die verschiedne Lage der einzelnen Bernfsstände. Was hat z. B. für den Bauer das Recht der Frei¬ zügigkeit für einen Sinn? Ob die Bestimmungen, die Wenckstern auf Seite 1.) und 20 zur bessern Regelung des Koalitionsrechts vorschlägt, als Grundlage für

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341871_291076/117>, abgerufen am 16.06.2024.