Die Grenzboten. Jg. 59, 1900, Viertes Vierteljahr.Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe Offizieren ein Bord. Daß der Kapitän laut Handelsgesetzbuch für Stauung, Unter dem frühern Überfluß an Schiffsoffizieren haben ihre Besoldungs¬ Um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten, haben sich die Schiffsoffiziere (Schluß folgt) Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe Offizieren ein Bord. Daß der Kapitän laut Handelsgesetzbuch für Stauung, Unter dem frühern Überfluß an Schiffsoffizieren haben ihre Besoldungs¬ Um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten, haben sich die Schiffsoffiziere (Schluß folgt) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0360" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/291437"/> <fw type="header" place="top"> Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe</fw><lb/> <p xml:id="ID_1172" prev="#ID_1171"> Offizieren ein Bord. Daß der Kapitän laut Handelsgesetzbuch für Stauung,<lb/> Tiefgang, Ausrüstung, Bemannung, Seetüchtigkeit usw. dem Verhinderer,<lb/> Ladungseigentümcr, dem Staate usw. unbedingt verantwortlich ist, kommt durch¬<lb/> aus nicht in Betracht. Er ist gänzlich ohne Einfluß darauf und muß doch<lb/> vertreten, was Reeber und Inspektor gethan haben. Will er diese Verant¬<lb/> wortung nicht übernehmen, dann heißt es: „Kapitän, es thut uns leid, aber<lb/> wir müssen auf Ihre Dienste verzichten." Vielleicht klingen die Worte noch<lb/> verbindlicher, vielleicht abstoßender, je nachdem der Reeber ein gebildeter Mann<lb/> ist oder nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1173"> Unter dem frühern Überfluß an Schiffsoffizieren haben ihre Besoldungs¬<lb/> verhältnisse und ihre Stellung nicht nur in sozialer Hinsicht, sondern erst recht<lb/> der Mannschaft und dem Reeber gegenüber unberechenbaren Schaden erlitten.<lb/> Die Entlassung eines Steuermanns, ja eines Schiffers wegen eines gering¬<lb/> fügigen Fehlers, Versehens oder wegen einer langen Reise aus den Diensten<lb/> einer Reederei, der er lange Jahre seine ganze Kraft gewidmet hat, ist gegen¬<lb/> wärtig so an der Tagesordnung, daß niemand, sogar der Gemaßregelte nicht,<lb/> die Durchführung dieses Gebrauchs für eine Härte hält (vergl. Hansa 1900,<lb/> S. 86). Das in unausgesetztem Kampfe mit den Elementen gestählte Selbst¬<lb/> bewußtsein der alten Seebären ist bei der jetzigen Generation im Kampfe ums<lb/> Dasein kläglich zusammengebrochen. Nun, wo es bei der Knappheit der Offiziere<lb/> wieder aufzuleben droht, suchen die Machthaber mit Hilfe mildthätiger Menschen<lb/> die Sache wieder einzurenken. Gott bessers!</p><lb/> <p xml:id="ID_1174"> Um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten, haben sich die Schiffsoffiziere<lb/> zu Steuermannsvereineu zusammengeschlossen, und da im Laufe der Jahre<lb/> manche von ihnen zu Kapitänen aufgerückt und dem Vereine treu geblieben<lb/> find, hat er vor kurzem den Namen: „Verein deutscher Kapitäne und Steuer¬<lb/> leute der Handelsmarine" angenommen. Mit seinen Bestrebungen ist er in<lb/> Reederkreisen hier und da lästig geworden und wird deshalb als sozialdemo¬<lb/> kratisch bezeichnet. In der That ist sein Ziel, die pekuniäre und soziale Stellung<lb/> seiner Mitglieder und seiner Berufsgenossen zu verbessern, aber damit ist auch<lb/> die ganze Ähnlichkeit mit den Sozialdemokraten und deren Organisation er¬<lb/> schöpft. Sozialdemokraten sind seine Mitglieder und sein Vorstand damit noch<lb/> durchaus nicht. Daß kürzlich ein offner Krieg zwischen mehreren Hamburger<lb/> Reedereien und diesem Verein ausgebrochen ist, ändert meine Ansicht nicht.</p><lb/> <p xml:id="ID_1175"> (Schluß folgt)</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0360]
Über die Bemannung der deutschen Kauffahrteischiffe
Offizieren ein Bord. Daß der Kapitän laut Handelsgesetzbuch für Stauung,
Tiefgang, Ausrüstung, Bemannung, Seetüchtigkeit usw. dem Verhinderer,
Ladungseigentümcr, dem Staate usw. unbedingt verantwortlich ist, kommt durch¬
aus nicht in Betracht. Er ist gänzlich ohne Einfluß darauf und muß doch
vertreten, was Reeber und Inspektor gethan haben. Will er diese Verant¬
wortung nicht übernehmen, dann heißt es: „Kapitän, es thut uns leid, aber
wir müssen auf Ihre Dienste verzichten." Vielleicht klingen die Worte noch
verbindlicher, vielleicht abstoßender, je nachdem der Reeber ein gebildeter Mann
ist oder nicht.
Unter dem frühern Überfluß an Schiffsoffizieren haben ihre Besoldungs¬
verhältnisse und ihre Stellung nicht nur in sozialer Hinsicht, sondern erst recht
der Mannschaft und dem Reeber gegenüber unberechenbaren Schaden erlitten.
Die Entlassung eines Steuermanns, ja eines Schiffers wegen eines gering¬
fügigen Fehlers, Versehens oder wegen einer langen Reise aus den Diensten
einer Reederei, der er lange Jahre seine ganze Kraft gewidmet hat, ist gegen¬
wärtig so an der Tagesordnung, daß niemand, sogar der Gemaßregelte nicht,
die Durchführung dieses Gebrauchs für eine Härte hält (vergl. Hansa 1900,
S. 86). Das in unausgesetztem Kampfe mit den Elementen gestählte Selbst¬
bewußtsein der alten Seebären ist bei der jetzigen Generation im Kampfe ums
Dasein kläglich zusammengebrochen. Nun, wo es bei der Knappheit der Offiziere
wieder aufzuleben droht, suchen die Machthaber mit Hilfe mildthätiger Menschen
die Sache wieder einzurenken. Gott bessers!
Um ihre Interessen gemeinsam zu vertreten, haben sich die Schiffsoffiziere
zu Steuermannsvereineu zusammengeschlossen, und da im Laufe der Jahre
manche von ihnen zu Kapitänen aufgerückt und dem Vereine treu geblieben
find, hat er vor kurzem den Namen: „Verein deutscher Kapitäne und Steuer¬
leute der Handelsmarine" angenommen. Mit seinen Bestrebungen ist er in
Reederkreisen hier und da lästig geworden und wird deshalb als sozialdemo¬
kratisch bezeichnet. In der That ist sein Ziel, die pekuniäre und soziale Stellung
seiner Mitglieder und seiner Berufsgenossen zu verbessern, aber damit ist auch
die ganze Ähnlichkeit mit den Sozialdemokraten und deren Organisation er¬
schöpft. Sozialdemokraten sind seine Mitglieder und sein Vorstand damit noch
durchaus nicht. Daß kürzlich ein offner Krieg zwischen mehreren Hamburger
Reedereien und diesem Verein ausgebrochen ist, ändert meine Ansicht nicht.
(Schluß folgt)
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