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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Bild, denn auch die modernen Gebände sind in: "Brügger Stil" gebaut, der
Bahnhof, die Post und zahlreiche Kauf- und Privathäuser, und zwar nach englischen
Anregungen, da die Stadt von jeher der Sammelplatz einer auserlesenen britischen
Gesellschaft war. Ju keiner zweiten Stadt des Festlands hat diese Nengotik des
Profanbaus soviel Boden gefunden, und für uns ist' sie in ihrer dort ausgebildeten
Erscheinung von großen: Interesse, weil ja anch unsern Städten diese Richtung nicht
fremd geblieben ist. Hymans steht ihr rin vorsichtigem Zweifel gegenüber: ob sie
einen Fortschritt bedeute und als eine fruchtbare Bewegung anzusehen sei, müsse
die Zeit lehren; das Verdienstliche ihres planmäßigen Ernstes und ihrer tüchtigen
Ausführung erkennt er an. Aber Brügge macht, wie er sagt, gar keinen Anspruch
darauf, eine monumentale Stadt im modernen Sinne zu sein, es hat nur den einen
Gedanken, seine Reichtümer zu erhalten, und nichts ist ehrenwerter. Man bricht
dort keine neuen Straßen durch, man reguliert keine nider, und es giebt keine
Straßenbahnen! Mau durchwandert Straßen und Gäßchen, in denen man außer
dem Geräusch der eignen Schritte nur noch das eintönige Klappern der Spitzen-
lloppel hört, aber auch wenn wir uns dem Zentrum der Stadt durch breiter
werdende Straße" nähern, nimmt Leben und Bewegung um uns herum nicht zu.
Man denkt ninvillkürlich an Siena oder Florenz, wenn man an einem schönen
Frühlings- oder Herbstmorgen auf die Grand' Place tritt und die edeln Umrisse
der "Hallen" vor sich sieht.

Hier beginnt Hymans seinen Umgang und kommt dann auf deu nahen Bnrg-
platz, wo sich die nächstberühmten und ihrem Eindruck nach besonders schönen Bau¬
werke befinden: die Kapelle vom heiligen Blut, das Rathaus und die alte Kanzlei,
dazu aus dein siebzehnten Jahrhundert die Propstei des Donatian mit ihrer Fassade
im Stil Ludwigs XIII., aber ins Vlämische übersetzt; ein zweites Rathaus, das des
"Freien von Brügge," jetzt Justizpalast, ist dagegen jammervoll entstellt. Die Art,
wie Hymans jedesmal auf das Charakteristische in der Erscheinung der Bauten und
auf ihre Bedeutung für die Kunstgeschichte hinweist, möchten wir ideal nennen, weil
wir uns denken, daß diese manchmal ganz kurzen Andeutungen auch wirklich ge¬
lesen werden. Sie begleiten die eigens hergestellten Abbildungen, zu deren Aus¬
nahme seine vertraute Ortskenntnis die Anleitung geben konnte, und die nun in
der That auch etwas ganz besondres geworden sind. Wir haben in einem so wohl¬
feilen Werke noch nichts so schönes gesehen, und es scheint uns, daß in Bezug auf
den Bilderschmuck auch in den übrigen Büchern der Sammlung dieser Eindruck
nicht wieder erreicht ist. Wir sehen außer den Hauptkirchen und den wichtigern
öffentlichen Profangebäuden noch Straßenansichten mit Httuserfassaoeu, einzelne an¬
sehnliche oder historisch berühmte Wohnhäuser, sodann Plätze, Quais "ut landschaft¬
liche Durchblicke, bildmäßig abgeschlossen und von künstlerischer Wirkung.

Die Stadt hat zwei Gemäldesammlungen. Die eine, in einer Waisenhansknpelle
der Katharinenstraße untergebracht, ist in einem so schimpflich unwürdigen Zustande,
daß sich ihr stolzer Name Nu8g<z as 1'^eg.Ssmio wie ein unziemlicher Scherz aus¬
nimmt; sie enthält wertvolle Werke der Brügger Schule, vor allein ihrer drei
wichtigsten Vertreter Jan van Esel, Memling und Gerard David; die andre, in
dem wundervollen alten Johauuisspital, ist die klassische Stätte von Hans Memling,
den man nur dort kennen lernen und nach seinem Verdienst würdigen kann. Wir
überlassen hier unsre Leser der genußvollen Führung eines Kenners aus erster
Hand, deren Eindruck ein kurzer Auszug nur verwässern würde, und geben unsre
Teilnahme dnrch eine einzige Bemerkung kund. Alls Memlings kleinem Diptychon
des Martin van Nieuveuhvveu im Johauuisspital finden, wir hinter der Madonna
links, uuter der mit dem Wappen des Stifters bemalten Fensterscheibe, ein ein¬
gerahmtes kleines Rund, das uns an die bei Jan van Eyck, Petrus Cristus oder
dem Meister von Flemalle vorkommenden Hvhlspiegelbildchen erinnert; in dem köstuch
gemalten, verschwimmenden Helldunkel unterscheiden wir zwei Figuren, über deren
Bedeutung wir noch in keiner Beschreibung etwas gefunden haben. Nach der im
Johannisspital geltenden Meinung soll Martin van Nienvenhoven dargestellt sein,


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Bild, denn auch die modernen Gebände sind in: „Brügger Stil" gebaut, der
Bahnhof, die Post und zahlreiche Kauf- und Privathäuser, und zwar nach englischen
Anregungen, da die Stadt von jeher der Sammelplatz einer auserlesenen britischen
Gesellschaft war. Ju keiner zweiten Stadt des Festlands hat diese Nengotik des
Profanbaus soviel Boden gefunden, und für uns ist' sie in ihrer dort ausgebildeten
Erscheinung von großen: Interesse, weil ja anch unsern Städten diese Richtung nicht
fremd geblieben ist. Hymans steht ihr rin vorsichtigem Zweifel gegenüber: ob sie
einen Fortschritt bedeute und als eine fruchtbare Bewegung anzusehen sei, müsse
die Zeit lehren; das Verdienstliche ihres planmäßigen Ernstes und ihrer tüchtigen
Ausführung erkennt er an. Aber Brügge macht, wie er sagt, gar keinen Anspruch
darauf, eine monumentale Stadt im modernen Sinne zu sein, es hat nur den einen
Gedanken, seine Reichtümer zu erhalten, und nichts ist ehrenwerter. Man bricht
dort keine neuen Straßen durch, man reguliert keine nider, und es giebt keine
Straßenbahnen! Mau durchwandert Straßen und Gäßchen, in denen man außer
dem Geräusch der eignen Schritte nur noch das eintönige Klappern der Spitzen-
lloppel hört, aber auch wenn wir uns dem Zentrum der Stadt durch breiter
werdende Straße» nähern, nimmt Leben und Bewegung um uns herum nicht zu.
Man denkt ninvillkürlich an Siena oder Florenz, wenn man an einem schönen
Frühlings- oder Herbstmorgen auf die Grand' Place tritt und die edeln Umrisse
der „Hallen" vor sich sieht.

Hier beginnt Hymans seinen Umgang und kommt dann auf deu nahen Bnrg-
platz, wo sich die nächstberühmten und ihrem Eindruck nach besonders schönen Bau¬
werke befinden: die Kapelle vom heiligen Blut, das Rathaus und die alte Kanzlei,
dazu aus dein siebzehnten Jahrhundert die Propstei des Donatian mit ihrer Fassade
im Stil Ludwigs XIII., aber ins Vlämische übersetzt; ein zweites Rathaus, das des
„Freien von Brügge," jetzt Justizpalast, ist dagegen jammervoll entstellt. Die Art,
wie Hymans jedesmal auf das Charakteristische in der Erscheinung der Bauten und
auf ihre Bedeutung für die Kunstgeschichte hinweist, möchten wir ideal nennen, weil
wir uns denken, daß diese manchmal ganz kurzen Andeutungen auch wirklich ge¬
lesen werden. Sie begleiten die eigens hergestellten Abbildungen, zu deren Aus¬
nahme seine vertraute Ortskenntnis die Anleitung geben konnte, und die nun in
der That auch etwas ganz besondres geworden sind. Wir haben in einem so wohl¬
feilen Werke noch nichts so schönes gesehen, und es scheint uns, daß in Bezug auf
den Bilderschmuck auch in den übrigen Büchern der Sammlung dieser Eindruck
nicht wieder erreicht ist. Wir sehen außer den Hauptkirchen und den wichtigern
öffentlichen Profangebäuden noch Straßenansichten mit Httuserfassaoeu, einzelne an¬
sehnliche oder historisch berühmte Wohnhäuser, sodann Plätze, Quais »ut landschaft¬
liche Durchblicke, bildmäßig abgeschlossen und von künstlerischer Wirkung.

Die Stadt hat zwei Gemäldesammlungen. Die eine, in einer Waisenhansknpelle
der Katharinenstraße untergebracht, ist in einem so schimpflich unwürdigen Zustande,
daß sich ihr stolzer Name Nu8g<z as 1'^eg.Ssmio wie ein unziemlicher Scherz aus¬
nimmt; sie enthält wertvolle Werke der Brügger Schule, vor allein ihrer drei
wichtigsten Vertreter Jan van Esel, Memling und Gerard David; die andre, in
dem wundervollen alten Johauuisspital, ist die klassische Stätte von Hans Memling,
den man nur dort kennen lernen und nach seinem Verdienst würdigen kann. Wir
überlassen hier unsre Leser der genußvollen Führung eines Kenners aus erster
Hand, deren Eindruck ein kurzer Auszug nur verwässern würde, und geben unsre
Teilnahme dnrch eine einzige Bemerkung kund. Alls Memlings kleinem Diptychon
des Martin van Nieuveuhvveu im Johauuisspital finden, wir hinter der Madonna
links, uuter der mit dem Wappen des Stifters bemalten Fensterscheibe, ein ein¬
gerahmtes kleines Rund, das uns an die bei Jan van Eyck, Petrus Cristus oder
dem Meister von Flemalle vorkommenden Hvhlspiegelbildchen erinnert; in dem köstuch
gemalten, verschwimmenden Helldunkel unterscheiden wir zwei Figuren, über deren
Bedeutung wir noch in keiner Beschreibung etwas gefunden haben. Nach der im
Johannisspital geltenden Meinung soll Martin van Nienvenhoven dargestellt sein,


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[0754] Maßgebliches und Unmaßgebliches Bild, denn auch die modernen Gebände sind in: „Brügger Stil" gebaut, der Bahnhof, die Post und zahlreiche Kauf- und Privathäuser, und zwar nach englischen Anregungen, da die Stadt von jeher der Sammelplatz einer auserlesenen britischen Gesellschaft war. Ju keiner zweiten Stadt des Festlands hat diese Nengotik des Profanbaus soviel Boden gefunden, und für uns ist' sie in ihrer dort ausgebildeten Erscheinung von großen: Interesse, weil ja anch unsern Städten diese Richtung nicht fremd geblieben ist. Hymans steht ihr rin vorsichtigem Zweifel gegenüber: ob sie einen Fortschritt bedeute und als eine fruchtbare Bewegung anzusehen sei, müsse die Zeit lehren; das Verdienstliche ihres planmäßigen Ernstes und ihrer tüchtigen Ausführung erkennt er an. Aber Brügge macht, wie er sagt, gar keinen Anspruch darauf, eine monumentale Stadt im modernen Sinne zu sein, es hat nur den einen Gedanken, seine Reichtümer zu erhalten, und nichts ist ehrenwerter. Man bricht dort keine neuen Straßen durch, man reguliert keine nider, und es giebt keine Straßenbahnen! Mau durchwandert Straßen und Gäßchen, in denen man außer dem Geräusch der eignen Schritte nur noch das eintönige Klappern der Spitzen- lloppel hört, aber auch wenn wir uns dem Zentrum der Stadt durch breiter werdende Straße» nähern, nimmt Leben und Bewegung um uns herum nicht zu. Man denkt ninvillkürlich an Siena oder Florenz, wenn man an einem schönen Frühlings- oder Herbstmorgen auf die Grand' Place tritt und die edeln Umrisse der „Hallen" vor sich sieht. Hier beginnt Hymans seinen Umgang und kommt dann auf deu nahen Bnrg- platz, wo sich die nächstberühmten und ihrem Eindruck nach besonders schönen Bau¬ werke befinden: die Kapelle vom heiligen Blut, das Rathaus und die alte Kanzlei, dazu aus dein siebzehnten Jahrhundert die Propstei des Donatian mit ihrer Fassade im Stil Ludwigs XIII., aber ins Vlämische übersetzt; ein zweites Rathaus, das des „Freien von Brügge," jetzt Justizpalast, ist dagegen jammervoll entstellt. Die Art, wie Hymans jedesmal auf das Charakteristische in der Erscheinung der Bauten und auf ihre Bedeutung für die Kunstgeschichte hinweist, möchten wir ideal nennen, weil wir uns denken, daß diese manchmal ganz kurzen Andeutungen auch wirklich ge¬ lesen werden. Sie begleiten die eigens hergestellten Abbildungen, zu deren Aus¬ nahme seine vertraute Ortskenntnis die Anleitung geben konnte, und die nun in der That auch etwas ganz besondres geworden sind. Wir haben in einem so wohl¬ feilen Werke noch nichts so schönes gesehen, und es scheint uns, daß in Bezug auf den Bilderschmuck auch in den übrigen Büchern der Sammlung dieser Eindruck nicht wieder erreicht ist. Wir sehen außer den Hauptkirchen und den wichtigern öffentlichen Profangebäuden noch Straßenansichten mit Httuserfassaoeu, einzelne an¬ sehnliche oder historisch berühmte Wohnhäuser, sodann Plätze, Quais »ut landschaft¬ liche Durchblicke, bildmäßig abgeschlossen und von künstlerischer Wirkung. Die Stadt hat zwei Gemäldesammlungen. Die eine, in einer Waisenhansknpelle der Katharinenstraße untergebracht, ist in einem so schimpflich unwürdigen Zustande, daß sich ihr stolzer Name Nu8g<z as 1'^eg.Ssmio wie ein unziemlicher Scherz aus¬ nimmt; sie enthält wertvolle Werke der Brügger Schule, vor allein ihrer drei wichtigsten Vertreter Jan van Esel, Memling und Gerard David; die andre, in dem wundervollen alten Johauuisspital, ist die klassische Stätte von Hans Memling, den man nur dort kennen lernen und nach seinem Verdienst würdigen kann. Wir überlassen hier unsre Leser der genußvollen Führung eines Kenners aus erster Hand, deren Eindruck ein kurzer Auszug nur verwässern würde, und geben unsre Teilnahme dnrch eine einzige Bemerkung kund. Alls Memlings kleinem Diptychon des Martin van Nieuveuhvveu im Johauuisspital finden, wir hinter der Madonna links, uuter der mit dem Wappen des Stifters bemalten Fensterscheibe, ein ein¬ gerahmtes kleines Rund, das uns an die bei Jan van Eyck, Petrus Cristus oder dem Meister von Flemalle vorkommenden Hvhlspiegelbildchen erinnert; in dem köstuch gemalten, verschwimmenden Helldunkel unterscheiden wir zwei Figuren, über deren Bedeutung wir noch in keiner Beschreibung etwas gefunden haben. Nach der im Johannisspital geltenden Meinung soll Martin van Nienvenhoven dargestellt sein,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_236523/754>, abgerufen am 14.05.2024.