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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Schleppe

Ludwigs XVI., des Directoire und des ersten Kaiserreichs weg als die vorgeschriebue
zeremonielle Damentracht, und sie ist trotz aller Modewandlungen auch bis auf
uns gekommen, freilich zum Teil in einer Gestalt, die mehr lächelndes Mitleid als
staunende Bewundrung erregt.

Kaiserinnen, Königinnen, Herzoginnen und andre souveräne Damen haben die
ursprüngliche Idee des Überkleids, des unmwan, beibehalten können, weil es ihre
Verhältnisse erlaubten. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir berichten, daß die
Krönungsschleppe der Kaiserin von Rußland während der weniger feierlichen
Momente der Zeremonie von sechs Pagen getragen wird, während für den Glanz¬
punkt der Funktion Fürstinnen zur Ausübung dieses Ehrenamts kaum gut genng
sind. Man kann sich also denken, daß die Schleppe, die in solchen Fällen der
Regel nach mit dem Kleiderleib von gleichem Stoffe hergestellt wird, entsprechend
kostbar, mit Gold gestickt und mit Hermelin gefüttert ist. Sonst reichen für das
Amt des Schleppetragens bei souveränen Damen zwei Pagen aus, Prinzessinnen
begnügen sich sogar mit einem Pagen, und demnnerachtet hat das Künstlerauge
doch seine Freude an den beiden in schöner Harmonie hintereinander herschreitenden
Figuren. Das heißt, wenn sie in Harmonie hintereinander herschreiten, was leider
nicht immer der Fall ist. Denn es giebt fürstliche Damen, die sich leider nicht
der für den Schleppenträger wünschenswerten stetig wallenden Gangart befleißigen,
sondern wie Bekassinen in unerwarteter Weise plötzlich einfallen, dann wieder fort¬
schwirren, nach rechts und nach links Haken schlagen und dadurch den unglücklichen
Schleppenträger, der ihnen bald zu nahe auf den Leib rückt, bald thuen eine un¬
beabsichtigte scharfe Parade giebt, in große Not bringen. Die Pagen, denen früher
-- das ist uns aus zuverlässigster Quelle bekannt -- die Weißen Kniehosen feucht
angezogen wurden, damit sie besser saßen, und denen man Chokolade zu trinken
gab, "damit sie sich bei dem Trocknnngsprozeß nicht erkälteten," wissen aus Er¬
fahrung oder vom Hörensagen, wer von den hohen Damen schwer und wer leicht
zu handhaben ist, und wie auch sonst in der Welt werden die schwierigsten Ge¬
spanne den geschicktesten Kutschern anvertraut. Es ist uns aus längst vergangner
Zeit namentlich eine sehr vornehme ältere Dame erinnerlich, die in dieser Beziehung
völlig unberechenbar war, und zu der für den Schleppendienst nur die gewiegtesten
Schwalbenfäuger kommandiert werden konnten.

Sowie der Page wegfällt, treten wir in das Bereich der nicht souveränen
Schleppe, die zwar auch reich, schwer und kostbar sein kann, für deren Transport
aber die Trägerin, auch wenn sie einer Standesherrlichen Familie angehören sollte,
selbst zu sorgen hat. Das beraubt natürlich die Schleppe eines Teils ihres Nimbus,
und wenn sie eine sogenannte "reiche," das heißt echt in Gold und Silber gestickt
ist, so hat das Ding, dessen unteres Ende in schön geordnetem Faltenwurf auf dem
linken Arm getragen wird, ein ganz leidliches Gewicht.

Wenn die Ursagen des Oberhofmarschallamts die Weisung enthalten, daß die
Herren in Uniform und die Damen su aunecs-u zu erscheinen haben, so giebt es
für die bei Hof vorgestellten Damen nur zwei Möglichkeiten: entweder wirklich,
wie ihnen befohlen ist, ein nnmwim zu erscheinen, oder in Ermanglung eines solchen
wegzubleiben und sogenanntes "Schleppenfieber" zu bekommen, ein Unwohlsein,
das nur ein paar Stunden dauert und auch von den davon benachrichtigten
Majestäten und Hoheiten nicht als eine zu Besorgnissen und teilnehmender Nach¬
frage veranlassende Gesundheitsstörung angesehen wird. Wo vier unverheiratete
Töchter im Haus sind, hat immer ein Paar von ihnen Fieber, sobald in der
Garderobe nur zwei Schleppen vorhanden sind.

Um sich eine Vorstellung davon zu machen, welche Schwierigkeit hierbei in
Frage kommt, muß man allerdings manches wissen, wovon der wohlhabende Patrizier
keine Ahnung hat. Auch in den Kreisen, wo Schleppen getragen werden, können
viele Leute nicht so hoch springen, als von ihnen erwartet wird, und als sie Wohl
möchten, und die Lebensgeschichte mehr als eiuer Schleppe würde sich, wenn sie


Die Schleppe

Ludwigs XVI., des Directoire und des ersten Kaiserreichs weg als die vorgeschriebue
zeremonielle Damentracht, und sie ist trotz aller Modewandlungen auch bis auf
uns gekommen, freilich zum Teil in einer Gestalt, die mehr lächelndes Mitleid als
staunende Bewundrung erregt.

Kaiserinnen, Königinnen, Herzoginnen und andre souveräne Damen haben die
ursprüngliche Idee des Überkleids, des unmwan, beibehalten können, weil es ihre
Verhältnisse erlaubten. Wir glauben nicht zu irren, wenn wir berichten, daß die
Krönungsschleppe der Kaiserin von Rußland während der weniger feierlichen
Momente der Zeremonie von sechs Pagen getragen wird, während für den Glanz¬
punkt der Funktion Fürstinnen zur Ausübung dieses Ehrenamts kaum gut genng
sind. Man kann sich also denken, daß die Schleppe, die in solchen Fällen der
Regel nach mit dem Kleiderleib von gleichem Stoffe hergestellt wird, entsprechend
kostbar, mit Gold gestickt und mit Hermelin gefüttert ist. Sonst reichen für das
Amt des Schleppetragens bei souveränen Damen zwei Pagen aus, Prinzessinnen
begnügen sich sogar mit einem Pagen, und demnnerachtet hat das Künstlerauge
doch seine Freude an den beiden in schöner Harmonie hintereinander herschreitenden
Figuren. Das heißt, wenn sie in Harmonie hintereinander herschreiten, was leider
nicht immer der Fall ist. Denn es giebt fürstliche Damen, die sich leider nicht
der für den Schleppenträger wünschenswerten stetig wallenden Gangart befleißigen,
sondern wie Bekassinen in unerwarteter Weise plötzlich einfallen, dann wieder fort¬
schwirren, nach rechts und nach links Haken schlagen und dadurch den unglücklichen
Schleppenträger, der ihnen bald zu nahe auf den Leib rückt, bald thuen eine un¬
beabsichtigte scharfe Parade giebt, in große Not bringen. Die Pagen, denen früher
— das ist uns aus zuverlässigster Quelle bekannt — die Weißen Kniehosen feucht
angezogen wurden, damit sie besser saßen, und denen man Chokolade zu trinken
gab, „damit sie sich bei dem Trocknnngsprozeß nicht erkälteten," wissen aus Er¬
fahrung oder vom Hörensagen, wer von den hohen Damen schwer und wer leicht
zu handhaben ist, und wie auch sonst in der Welt werden die schwierigsten Ge¬
spanne den geschicktesten Kutschern anvertraut. Es ist uns aus längst vergangner
Zeit namentlich eine sehr vornehme ältere Dame erinnerlich, die in dieser Beziehung
völlig unberechenbar war, und zu der für den Schleppendienst nur die gewiegtesten
Schwalbenfäuger kommandiert werden konnten.

Sowie der Page wegfällt, treten wir in das Bereich der nicht souveränen
Schleppe, die zwar auch reich, schwer und kostbar sein kann, für deren Transport
aber die Trägerin, auch wenn sie einer Standesherrlichen Familie angehören sollte,
selbst zu sorgen hat. Das beraubt natürlich die Schleppe eines Teils ihres Nimbus,
und wenn sie eine sogenannte „reiche," das heißt echt in Gold und Silber gestickt
ist, so hat das Ding, dessen unteres Ende in schön geordnetem Faltenwurf auf dem
linken Arm getragen wird, ein ganz leidliches Gewicht.

Wenn die Ursagen des Oberhofmarschallamts die Weisung enthalten, daß die
Herren in Uniform und die Damen su aunecs-u zu erscheinen haben, so giebt es
für die bei Hof vorgestellten Damen nur zwei Möglichkeiten: entweder wirklich,
wie ihnen befohlen ist, ein nnmwim zu erscheinen, oder in Ermanglung eines solchen
wegzubleiben und sogenanntes „Schleppenfieber" zu bekommen, ein Unwohlsein,
das nur ein paar Stunden dauert und auch von den davon benachrichtigten
Majestäten und Hoheiten nicht als eine zu Besorgnissen und teilnehmender Nach¬
frage veranlassende Gesundheitsstörung angesehen wird. Wo vier unverheiratete
Töchter im Haus sind, hat immer ein Paar von ihnen Fieber, sobald in der
Garderobe nur zwei Schleppen vorhanden sind.

Um sich eine Vorstellung davon zu machen, welche Schwierigkeit hierbei in
Frage kommt, muß man allerdings manches wissen, wovon der wohlhabende Patrizier
keine Ahnung hat. Auch in den Kreisen, wo Schleppen getragen werden, können
viele Leute nicht so hoch springen, als von ihnen erwartet wird, und als sie Wohl
möchten, und die Lebensgeschichte mehr als eiuer Schleppe würde sich, wenn sie


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/100>, abgerufen am 16.05.2024.