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Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr.

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Die Räuber

das für drei oder vier Franken gewährte Menü hinaus geben läßt, und wenn
der Kellner an achtzig Centimes gekommen war. so hatte der betreffende Gast
das snxrMlnMt, zu zahlen vergessen oder absichtlich nicht gezahlt. Wir be¬
gnügten uns, den Kellner zu fragen. ob er gewiß wüßte, daß der Betreffende
röellkiNMt, einer unsrer oonrx^roof sei. blieben für alle Entschuldigungen
des unvorsichtigen Jünglings und des zu Hilfe gerufuen N-^ro et'book taub
und kalt und frühstückten aus gekränkte." Patriotismus eme Zeck lang wo
anders. Später gingen wir jedoch wieder hin. weil uns von andrer Seite
anvertraut worden war. daß es drei Sorten Franzosen gäbe. eine, tue feinste,
von denen die Deutschen als lzriZWös, eine andre, von denen sie als co^Ms,
und eine dritte, von denen sie als s^of voewns bezeichnet würden. Der
Kölner gehörte offenbar zur dritten, schärfsten Sorte, aber er hatte uns. wie
er uns bei den Nänptern seiner sämtlichen Ascendenten zugeschworen hatte,
für einen Amerikaner oder Engländer gehalten: es war also alles in bester
Ordnung.

Aber die driAÄnäs bringen uus wieder auf die Räuber und ans unsre
Ansicht, daß Paris zur Zeit nicht das rechte Terrain für ein deutsches Lieb¬
habertheater ist. um wenigsten wenn es sich dabei, wie wir hören, zugleich um
Massenevolutioncn und Mnsscntableans von hundertundfunfzig deutschen Stu¬
denten handelt. An Rücksichten werden es jn die, von denen unsre Landsleute
nnfgefordert oder ermutigt worden sind, wie wir schon sagten, sicher nicht fehlen
lassen, auch nicht um Vorsicht, damit alles vermieden werde, was von irgend
einer weniger wohlwollenden Seite als Skandal ausgebeutet werden konnte.
Aber als Amatenrkomödianten gehören bei alledem deutsche Studenten fürs
^ste noch nicht nach Paris, das wird wohl auch, denken wir, der Eindruck der
Negierung sein, die ja. wie es scheint, nicht von vornherein um ihre Ansicht
gefragt worden ist. und die offenbar keine Veranlassung hat, einer Sache hindernd
in den Weg zu treten, bei der es sich weder um Verdicken noch um Erlauben
handelt. Es wird ihr wohl gehn wie uns: sie wird von Herzen wünschen,
^ß es gut abläuft, und wird sich, wie sie das erste von dem Plane horte,
wie wir. gewundert haben, daß deutsche Studenten und deren Berater für die
allgemeine Haltung des französischen Volks dein deutschen gegenüber eme
feinere Nase.' und für alles, was in Paris seit dem Frühjahr 1871 geschehn
ist. keine empfindlichere Erinnerung haben. Französische Studenten könnten
mit Rücksicht auf die in Deutschland herrschende Stimmung eine solche Gnst-
wlle eher riskieren, aber wir zweifeln -- und hier liegt der ganze Schwer¬
punkt der Sache --, ob sich auch nur ein einziger funde, der dazu aufgelegt
Ware oder Lust hatte.

Wir haben in einzelnen deutschen Zeitungen ziemlich unfreundliche Urteile
über den Besuch gelesen, den tschechische Studenten ganz vor kurzem in Pans
abgestattet haben, und wir geben gern zu, daß es nicht deutsche Sympathien
waren, die sie in die Hauptstadt unsrer westlichen Nachbarn geführt haben.
Auch daß die Franzosen von ihnen nicht die hohen Erwartungen hegten, um
derentwillen ihnen der Zar so wert und kostbar ist. und daß deshalb der
Enthusiasmus des Empfangs entsprechend geringer war, mag jn richtig sein:


Die Räuber

das für drei oder vier Franken gewährte Menü hinaus geben läßt, und wenn
der Kellner an achtzig Centimes gekommen war. so hatte der betreffende Gast
das snxrMlnMt, zu zahlen vergessen oder absichtlich nicht gezahlt. Wir be¬
gnügten uns, den Kellner zu fragen. ob er gewiß wüßte, daß der Betreffende
röellkiNMt, einer unsrer oonrx^roof sei. blieben für alle Entschuldigungen
des unvorsichtigen Jünglings und des zu Hilfe gerufuen N-^ro et'book taub
und kalt und frühstückten aus gekränkte.» Patriotismus eme Zeck lang wo
anders. Später gingen wir jedoch wieder hin. weil uns von andrer Seite
anvertraut worden war. daß es drei Sorten Franzosen gäbe. eine, tue feinste,
von denen die Deutschen als lzriZWös, eine andre, von denen sie als co^Ms,
und eine dritte, von denen sie als s^of voewns bezeichnet würden. Der
Kölner gehörte offenbar zur dritten, schärfsten Sorte, aber er hatte uns. wie
er uns bei den Nänptern seiner sämtlichen Ascendenten zugeschworen hatte,
für einen Amerikaner oder Engländer gehalten: es war also alles in bester
Ordnung.

Aber die driAÄnäs bringen uus wieder auf die Räuber und ans unsre
Ansicht, daß Paris zur Zeit nicht das rechte Terrain für ein deutsches Lieb¬
habertheater ist. um wenigsten wenn es sich dabei, wie wir hören, zugleich um
Massenevolutioncn und Mnsscntableans von hundertundfunfzig deutschen Stu¬
denten handelt. An Rücksichten werden es jn die, von denen unsre Landsleute
nnfgefordert oder ermutigt worden sind, wie wir schon sagten, sicher nicht fehlen
lassen, auch nicht um Vorsicht, damit alles vermieden werde, was von irgend
einer weniger wohlwollenden Seite als Skandal ausgebeutet werden konnte.
Aber als Amatenrkomödianten gehören bei alledem deutsche Studenten fürs
^ste noch nicht nach Paris, das wird wohl auch, denken wir, der Eindruck der
Negierung sein, die ja. wie es scheint, nicht von vornherein um ihre Ansicht
gefragt worden ist. und die offenbar keine Veranlassung hat, einer Sache hindernd
in den Weg zu treten, bei der es sich weder um Verdicken noch um Erlauben
handelt. Es wird ihr wohl gehn wie uns: sie wird von Herzen wünschen,
^ß es gut abläuft, und wird sich, wie sie das erste von dem Plane horte,
wie wir. gewundert haben, daß deutsche Studenten und deren Berater für die
allgemeine Haltung des französischen Volks dein deutschen gegenüber eme
feinere Nase.' und für alles, was in Paris seit dem Frühjahr 1871 geschehn
ist. keine empfindlichere Erinnerung haben. Französische Studenten könnten
mit Rücksicht auf die in Deutschland herrschende Stimmung eine solche Gnst-
wlle eher riskieren, aber wir zweifeln — und hier liegt der ganze Schwer¬
punkt der Sache —, ob sich auch nur ein einziger funde, der dazu aufgelegt
Ware oder Lust hatte.

Wir haben in einzelnen deutschen Zeitungen ziemlich unfreundliche Urteile
über den Besuch gelesen, den tschechische Studenten ganz vor kurzem in Pans
abgestattet haben, und wir geben gern zu, daß es nicht deutsche Sympathien
waren, die sie in die Hauptstadt unsrer westlichen Nachbarn geführt haben.
Auch daß die Franzosen von ihnen nicht die hohen Erwartungen hegten, um
derentwillen ihnen der Zar so wert und kostbar ist. und daß deshalb der
Enthusiasmus des Empfangs entsprechend geringer war, mag jn richtig sein:


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 61, 1902, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341875_237285/35>, abgerufen am 15.05.2024.