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Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.

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Leuer!

In, Wassili Burin war wirklich Künstler, war einer von den wenigen Aus¬
erwählten, denen die Natur ein scharfes, alles erfassendes Auge verliehen hatte, und
dazu eine Hand, die geschickt genug war, das untrüglich wiederzugeben und dar¬
zustellen, was das Auge wahrnahm. Wie ich nur die Mappe öffnete, entfuhr mir
gleich bei dem ersten Blatt ein lauter Ausruf der Bewundrung. Ich sah die
Steinstraße, wie ich sie heute gesehen hatte, als ich mich vor dem Hause des Richters
umwandte und zum Flusse zurückblickte. Vorn präsentierte sich rechts das Haus
des Richters und links das Häuschen Bnrins. Zwischen beiden Häusern war eine
Hundeschar versammelt. Zwei große, zottige Köter, die sich als Hauptfiguren mit
gesträubtem Haare wütend anknurrte", waren in Gesicht und Haltung getreue Kon¬
terfeis des Händlers Abramow und des Kutschers Timost. Mehrere kleinere Hunde
von gemeiner Nasse umgaben teils ängstlich, teils böse das Paar. Die höchst aus¬
drucksvollen, aufgeregten Gesichter deuteten auf mir unbekannte weibliche Geschöpfe,
wahrscheinlich Haus- oder Fnmiliengenossiunen der Streitenden. Auf den Stufen
vor der Haustür des Richters stand ein gewaltiger Bullenbeißer und schaute ver¬
achtungsvoll und mißbilligend auf die Szene zu seinen Füßen. Es war der Richter,
wie er leibte und lebte. Das abgerissene Kettenende, das vom Halsbande über
das Genick niederhing, machte den Eindruck vollständig. Neben ihm lag ein glattes,
wohlgenährtes windspielartiges Tier, dem man es ansah, daß es sich der Gunst
und des Schutzes des Bullenbeißers bewußt war. Es schien mit dem Schwänze
zu wedeln und betrachtete die Gruppe mit sichtbarem Vergnügen. Schadenfreude
und Skandalsucht leuchteten aus den Augen. Gegenüber, auf der Haustreppe Burins,
saß der Künstler selbst als geschorner Pudel. Die klugen, beobachtenden Augen
schienen zu sprechen. Die dichten Brauen nebst dem Schnurrbärte waren von un¬
nachahmlicher Komik. Geradezu zum Lachen zwang aber die Schtschepin, die im
Vordergrunde als Pintscher mit wütendem Gekläff auf die Streitenden losfuhr,
während etwas seitwärts in dem kleinen, kraushaarigen Hündchen, das den Schwanz
furchtsam eingekniffen hatte, aber trotzig und boshaft blickte, sich die Ssawinski nicht
verkennen ließ. Die andre Seite des Vordergrundes wurde von einem etwas
magern Hühnerhunde eingenommen, dessen ruhige Augen anzeigten, daß er sich die
Sache nicht zu Herzen nahm, sondern nur als kaltblütiger Zuschauer gekommen war.

Wer ist das fette Windspiel, Burin?

Er lachte.

Das ist Agnfja, des Richters Agnfja. Damit ist alles gesagt.

Hin! Ich versuchte den Sinn seiner Worte zu fassen. Viel ist damit jeden¬
falls gesagt, aber -- klar wird mir die Persönlichkeit dadurch doch nicht.

Agafja ist des Richters Köchin, Stubenmädchen, Kammerdiener, Hausknecht
und so weiter. Sie ist ihm alles in allem und bewohnt mit ihm das ganze ge¬
räumige Gebäude allein. Freilich kommandiert sie den Zehntner, der immer bei dem
Richter dejonrteren muß, und auch den Schreiber, der vom Morgen bis zum Abend
im Hause ist. Aber zu jedem Feiertage -- der Richter ist ohne allen Scherz ein
guter, humaner Mann -- werden der Zehntner wie der Schreiber beurlaubt, und
dann gibt es dort keine fremde Seele. Dabei ist Agafja ein tüchtiges Geschöpf,
geschickt, arbeitsam und ihrem Herrn treu wie ein Hund, freilich auch durch das
gute Leben übermütig und jeden Augenblick bereit, einen kleinen Skandal anzuzetteln.

Der Richter ist unverheiratet?

Ach nein -- Burin zuckte die Achseln --, er hat eine Frau und, ich glaube,
auch Kinder; aber die Familie lebt in einer andern Stadt. Frau und Mann haben
sich nicht vertragen können.

Und hier der Hühnerhund?

Ah, sagte Burin, vor dem nehme ich die Mütze ub. Das ist der Lehrer
Specht. Er wohnt dort weiter unter in der Straße.

Was ist an ihm besondres?

Besondres eigentlich wenig. Er ist Mathematiker und liebt es nicht, viel zu


Leuer!

In, Wassili Burin war wirklich Künstler, war einer von den wenigen Aus¬
erwählten, denen die Natur ein scharfes, alles erfassendes Auge verliehen hatte, und
dazu eine Hand, die geschickt genug war, das untrüglich wiederzugeben und dar¬
zustellen, was das Auge wahrnahm. Wie ich nur die Mappe öffnete, entfuhr mir
gleich bei dem ersten Blatt ein lauter Ausruf der Bewundrung. Ich sah die
Steinstraße, wie ich sie heute gesehen hatte, als ich mich vor dem Hause des Richters
umwandte und zum Flusse zurückblickte. Vorn präsentierte sich rechts das Haus
des Richters und links das Häuschen Bnrins. Zwischen beiden Häusern war eine
Hundeschar versammelt. Zwei große, zottige Köter, die sich als Hauptfiguren mit
gesträubtem Haare wütend anknurrte», waren in Gesicht und Haltung getreue Kon¬
terfeis des Händlers Abramow und des Kutschers Timost. Mehrere kleinere Hunde
von gemeiner Nasse umgaben teils ängstlich, teils böse das Paar. Die höchst aus¬
drucksvollen, aufgeregten Gesichter deuteten auf mir unbekannte weibliche Geschöpfe,
wahrscheinlich Haus- oder Fnmiliengenossiunen der Streitenden. Auf den Stufen
vor der Haustür des Richters stand ein gewaltiger Bullenbeißer und schaute ver¬
achtungsvoll und mißbilligend auf die Szene zu seinen Füßen. Es war der Richter,
wie er leibte und lebte. Das abgerissene Kettenende, das vom Halsbande über
das Genick niederhing, machte den Eindruck vollständig. Neben ihm lag ein glattes,
wohlgenährtes windspielartiges Tier, dem man es ansah, daß es sich der Gunst
und des Schutzes des Bullenbeißers bewußt war. Es schien mit dem Schwänze
zu wedeln und betrachtete die Gruppe mit sichtbarem Vergnügen. Schadenfreude
und Skandalsucht leuchteten aus den Augen. Gegenüber, auf der Haustreppe Burins,
saß der Künstler selbst als geschorner Pudel. Die klugen, beobachtenden Augen
schienen zu sprechen. Die dichten Brauen nebst dem Schnurrbärte waren von un¬
nachahmlicher Komik. Geradezu zum Lachen zwang aber die Schtschepin, die im
Vordergrunde als Pintscher mit wütendem Gekläff auf die Streitenden losfuhr,
während etwas seitwärts in dem kleinen, kraushaarigen Hündchen, das den Schwanz
furchtsam eingekniffen hatte, aber trotzig und boshaft blickte, sich die Ssawinski nicht
verkennen ließ. Die andre Seite des Vordergrundes wurde von einem etwas
magern Hühnerhunde eingenommen, dessen ruhige Augen anzeigten, daß er sich die
Sache nicht zu Herzen nahm, sondern nur als kaltblütiger Zuschauer gekommen war.

Wer ist das fette Windspiel, Burin?

Er lachte.

Das ist Agnfja, des Richters Agnfja. Damit ist alles gesagt.

Hin! Ich versuchte den Sinn seiner Worte zu fassen. Viel ist damit jeden¬
falls gesagt, aber — klar wird mir die Persönlichkeit dadurch doch nicht.

Agafja ist des Richters Köchin, Stubenmädchen, Kammerdiener, Hausknecht
und so weiter. Sie ist ihm alles in allem und bewohnt mit ihm das ganze ge¬
räumige Gebäude allein. Freilich kommandiert sie den Zehntner, der immer bei dem
Richter dejonrteren muß, und auch den Schreiber, der vom Morgen bis zum Abend
im Hause ist. Aber zu jedem Feiertage — der Richter ist ohne allen Scherz ein
guter, humaner Mann — werden der Zehntner wie der Schreiber beurlaubt, und
dann gibt es dort keine fremde Seele. Dabei ist Agafja ein tüchtiges Geschöpf,
geschickt, arbeitsam und ihrem Herrn treu wie ein Hund, freilich auch durch das
gute Leben übermütig und jeden Augenblick bereit, einen kleinen Skandal anzuzetteln.

Der Richter ist unverheiratet?

Ach nein — Burin zuckte die Achseln —, er hat eine Frau und, ich glaube,
auch Kinder; aber die Familie lebt in einer andern Stadt. Frau und Mann haben
sich nicht vertragen können.

Und hier der Hühnerhund?

Ah, sagte Burin, vor dem nehme ich die Mütze ub. Das ist der Lehrer
Specht. Er wohnt dort weiter unter in der Straße.

Was ist an ihm besondres?

Besondres eigentlich wenig. Er ist Mathematiker und liebt es nicht, viel zu


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[0182] Leuer! In, Wassili Burin war wirklich Künstler, war einer von den wenigen Aus¬ erwählten, denen die Natur ein scharfes, alles erfassendes Auge verliehen hatte, und dazu eine Hand, die geschickt genug war, das untrüglich wiederzugeben und dar¬ zustellen, was das Auge wahrnahm. Wie ich nur die Mappe öffnete, entfuhr mir gleich bei dem ersten Blatt ein lauter Ausruf der Bewundrung. Ich sah die Steinstraße, wie ich sie heute gesehen hatte, als ich mich vor dem Hause des Richters umwandte und zum Flusse zurückblickte. Vorn präsentierte sich rechts das Haus des Richters und links das Häuschen Bnrins. Zwischen beiden Häusern war eine Hundeschar versammelt. Zwei große, zottige Köter, die sich als Hauptfiguren mit gesträubtem Haare wütend anknurrte», waren in Gesicht und Haltung getreue Kon¬ terfeis des Händlers Abramow und des Kutschers Timost. Mehrere kleinere Hunde von gemeiner Nasse umgaben teils ängstlich, teils böse das Paar. Die höchst aus¬ drucksvollen, aufgeregten Gesichter deuteten auf mir unbekannte weibliche Geschöpfe, wahrscheinlich Haus- oder Fnmiliengenossiunen der Streitenden. Auf den Stufen vor der Haustür des Richters stand ein gewaltiger Bullenbeißer und schaute ver¬ achtungsvoll und mißbilligend auf die Szene zu seinen Füßen. Es war der Richter, wie er leibte und lebte. Das abgerissene Kettenende, das vom Halsbande über das Genick niederhing, machte den Eindruck vollständig. Neben ihm lag ein glattes, wohlgenährtes windspielartiges Tier, dem man es ansah, daß es sich der Gunst und des Schutzes des Bullenbeißers bewußt war. Es schien mit dem Schwänze zu wedeln und betrachtete die Gruppe mit sichtbarem Vergnügen. Schadenfreude und Skandalsucht leuchteten aus den Augen. Gegenüber, auf der Haustreppe Burins, saß der Künstler selbst als geschorner Pudel. Die klugen, beobachtenden Augen schienen zu sprechen. Die dichten Brauen nebst dem Schnurrbärte waren von un¬ nachahmlicher Komik. Geradezu zum Lachen zwang aber die Schtschepin, die im Vordergrunde als Pintscher mit wütendem Gekläff auf die Streitenden losfuhr, während etwas seitwärts in dem kleinen, kraushaarigen Hündchen, das den Schwanz furchtsam eingekniffen hatte, aber trotzig und boshaft blickte, sich die Ssawinski nicht verkennen ließ. Die andre Seite des Vordergrundes wurde von einem etwas magern Hühnerhunde eingenommen, dessen ruhige Augen anzeigten, daß er sich die Sache nicht zu Herzen nahm, sondern nur als kaltblütiger Zuschauer gekommen war. Wer ist das fette Windspiel, Burin? Er lachte. Das ist Agnfja, des Richters Agnfja. Damit ist alles gesagt. Hin! Ich versuchte den Sinn seiner Worte zu fassen. Viel ist damit jeden¬ falls gesagt, aber — klar wird mir die Persönlichkeit dadurch doch nicht. Agafja ist des Richters Köchin, Stubenmädchen, Kammerdiener, Hausknecht und so weiter. Sie ist ihm alles in allem und bewohnt mit ihm das ganze ge¬ räumige Gebäude allein. Freilich kommandiert sie den Zehntner, der immer bei dem Richter dejonrteren muß, und auch den Schreiber, der vom Morgen bis zum Abend im Hause ist. Aber zu jedem Feiertage — der Richter ist ohne allen Scherz ein guter, humaner Mann — werden der Zehntner wie der Schreiber beurlaubt, und dann gibt es dort keine fremde Seele. Dabei ist Agafja ein tüchtiges Geschöpf, geschickt, arbeitsam und ihrem Herrn treu wie ein Hund, freilich auch durch das gute Leben übermütig und jeden Augenblick bereit, einen kleinen Skandal anzuzetteln. Der Richter ist unverheiratet? Ach nein — Burin zuckte die Achseln —, er hat eine Frau und, ich glaube, auch Kinder; aber die Familie lebt in einer andern Stadt. Frau und Mann haben sich nicht vertragen können. Und hier der Hühnerhund? Ah, sagte Burin, vor dem nehme ich die Mütze ub. Das ist der Lehrer Specht. Er wohnt dort weiter unter in der Straße. Was ist an ihm besondres? Besondres eigentlich wenig. Er ist Mathematiker und liebt es nicht, viel zu

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341877_239555/182>, abgerufen am 05.06.2024.