Die Grenzboten. Jg. 62, 1903, Erstes Vierteljahr.Das Miquelsche Linkommenswiergcsetz im Jahre ^03 meist auf Personen gerichtet ist, finden dnrch Rücksprache leichter Erledigung Auf das Amt der Äbteilnngsdirigeuten hat die gehobne Stellung des Die oapitis ckimwutio der Oberregierungsräte bei den Regierungen war Bei einer solchen Entwicklung der Stellung der Oberregiernngsräte be¬ Das Miquelsche Linkommenswiergcsetz im Jahre ^03 meist auf Personen gerichtet ist, finden dnrch Rücksprache leichter Erledigung Auf das Amt der Äbteilnngsdirigeuten hat die gehobne Stellung des Die oapitis ckimwutio der Oberregierungsräte bei den Regierungen war Bei einer solchen Entwicklung der Stellung der Oberregiernngsräte be¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0655" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/240211"/> <fw type="header" place="top"> Das Miquelsche Linkommenswiergcsetz im Jahre ^03</fw><lb/> <p xml:id="ID_3533" prev="#ID_3532"> meist auf Personen gerichtet ist, finden dnrch Rücksprache leichter Erledigung<lb/> als durch Beratung im Kollegium. Häufiger sind noch die Sitzungen der<lb/> Schulabtcilungen. Das Ineinandergreifen der äußern und der innern Ver¬<lb/> waltung im Schulwesen, das in der Regel die gemeinsame Arbeit mehrerer<lb/> Dezernenten fordert, ist der Erledigung durch Rücksprachen weniger günstig.<lb/> Oft kann man jedoch in Kreisen der Regierungsbeamten hören, daß die<lb/> Sitzungen der Schulabteilungen gegenwärtig mehr den Eindruck eines Kollo¬<lb/> quiunis machen, bei dem der Ansicht des Präsidenten gefolgt wird, als den<lb/> einer kollegialen Beratung. Da bei der Menge der Geschäfte noch genug wichtige<lb/> Sachen übrig bleiben, die nicht das Interesse des Präsidenten erregt haben,<lb/> so ist es verständlich und erklärlich, daß die Abteilungsdirigenten dem gegebnen<lb/> Beispiel folgen und ebenfalls mit Vorliebe den schneller zum Ziele führenden<lb/> Rücksprachen den Vorzug geben.</p><lb/> <p xml:id="ID_3534"> Auf das Amt der Äbteilnngsdirigeuten hat die gehobne Stellung des<lb/> Regierungspräsidenten nachteilig eingewirkt. Dies näher zu begründen, würde<lb/> zu weit führen. Als Tatsache kann angesehen werden, daß die Oberregierungs¬<lb/> räte der Regierungen nicht mehr die Stellung dem Präsidenten gegenüber ein¬<lb/> nehmen, die sie unter der ausschließlich kollegialischeu Verfassung der Regie¬<lb/> rungen hatten. Auch der dem Präsidenten beigegebne Oberregierungsrat, der<lb/> als Vizepräsident gedacht war, hat eine solche Stellung wohl nur in Ausnahme¬<lb/> fällen errungen. Die Personalien zum Teil, deren Bearbeitung uuter der<lb/> ausschließlichen Geltung der Regierungsinstruktion einen: höhern Beamten, dem<lb/> Kassenrate, oblag, und die Angelegenheiten, die eine verstärkte Diskretion ver¬<lb/> langen, sind meist nicht ihm, sondern dem Präsidialsckretür zugefallen. Dieser,<lb/> in der Regel ein sehr geschäftsgewandter älterer Regieruugssekretär, aus¬<lb/> gezeichnet durch den Titel „Rechnungsrat" und die Verschwiegenheit des<lb/> Grabes, nimmt bei nicht wenig Regierungen eine einen: Vizepräsidenten ähn¬<lb/> liche Stellung ein. Der Präsident wirtschaftet in vielen Sachen lieber mit<lb/> ihm als mit dem nicht immer die Ansicht des Herrn Präsidenten gutheißenden<lb/> Oberregierungsrat. Für die Subalternbeamten ist der Präsidialsekretär die<lb/> einflußreichste Persönlichkeit. Ihr Wohl und Wehe liegt fast ausschließlich in<lb/> seiner Hand; aber anch Regierungsmitglieder tun gut, mit dem einflußreiche»<lb/> Manne zu rechnen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3535"> Die oapitis ckimwutio der Oberregierungsräte bei den Regierungen war<lb/> schwerlich beabsichtigt, sie entstand nach der Organisation der Regierungen als<lb/> Ergebnis des Präfektensystems aus den Verhältnissen heraus. Ein Hindernis<lb/> wurde dieser Entwicklung nicht in den Weg gelegt, sie ist sogar wohl gernge¬<lb/> sehen. Als bei den Landtagsverhandlnngen über die Erhöhung der Beamten¬<lb/> gehalte die konservative Fraktion dein Minister des Innern anbot, für die Er¬<lb/> höhung der Gehalte der Oberregierungsräte eintreten zu wollen, um auch<lb/> einen Austausch dieser mit den Räten der Ministerien zu ermöglichen, fand<lb/> dieses Anerbieten eine runde Ablehnung.</p><lb/> <p xml:id="ID_3536" next="#ID_3537"> Bei einer solchen Entwicklung der Stellung der Oberregiernngsräte be¬<lb/> deutet die Ausschaltung des Regierungspräsidenten einem der Oberregierungs¬<lb/> rate gegenüber, dein Vorsitzenden der Berufungskommission, eine eingreifende</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0655]
Das Miquelsche Linkommenswiergcsetz im Jahre ^03
meist auf Personen gerichtet ist, finden dnrch Rücksprache leichter Erledigung
als durch Beratung im Kollegium. Häufiger sind noch die Sitzungen der
Schulabtcilungen. Das Ineinandergreifen der äußern und der innern Ver¬
waltung im Schulwesen, das in der Regel die gemeinsame Arbeit mehrerer
Dezernenten fordert, ist der Erledigung durch Rücksprachen weniger günstig.
Oft kann man jedoch in Kreisen der Regierungsbeamten hören, daß die
Sitzungen der Schulabteilungen gegenwärtig mehr den Eindruck eines Kollo¬
quiunis machen, bei dem der Ansicht des Präsidenten gefolgt wird, als den
einer kollegialen Beratung. Da bei der Menge der Geschäfte noch genug wichtige
Sachen übrig bleiben, die nicht das Interesse des Präsidenten erregt haben,
so ist es verständlich und erklärlich, daß die Abteilungsdirigenten dem gegebnen
Beispiel folgen und ebenfalls mit Vorliebe den schneller zum Ziele führenden
Rücksprachen den Vorzug geben.
Auf das Amt der Äbteilnngsdirigeuten hat die gehobne Stellung des
Regierungspräsidenten nachteilig eingewirkt. Dies näher zu begründen, würde
zu weit führen. Als Tatsache kann angesehen werden, daß die Oberregierungs¬
räte der Regierungen nicht mehr die Stellung dem Präsidenten gegenüber ein¬
nehmen, die sie unter der ausschließlich kollegialischeu Verfassung der Regie¬
rungen hatten. Auch der dem Präsidenten beigegebne Oberregierungsrat, der
als Vizepräsident gedacht war, hat eine solche Stellung wohl nur in Ausnahme¬
fällen errungen. Die Personalien zum Teil, deren Bearbeitung uuter der
ausschließlichen Geltung der Regierungsinstruktion einen: höhern Beamten, dem
Kassenrate, oblag, und die Angelegenheiten, die eine verstärkte Diskretion ver¬
langen, sind meist nicht ihm, sondern dem Präsidialsckretür zugefallen. Dieser,
in der Regel ein sehr geschäftsgewandter älterer Regieruugssekretär, aus¬
gezeichnet durch den Titel „Rechnungsrat" und die Verschwiegenheit des
Grabes, nimmt bei nicht wenig Regierungen eine einen: Vizepräsidenten ähn¬
liche Stellung ein. Der Präsident wirtschaftet in vielen Sachen lieber mit
ihm als mit dem nicht immer die Ansicht des Herrn Präsidenten gutheißenden
Oberregierungsrat. Für die Subalternbeamten ist der Präsidialsekretär die
einflußreichste Persönlichkeit. Ihr Wohl und Wehe liegt fast ausschließlich in
seiner Hand; aber anch Regierungsmitglieder tun gut, mit dem einflußreiche»
Manne zu rechnen.
Die oapitis ckimwutio der Oberregierungsräte bei den Regierungen war
schwerlich beabsichtigt, sie entstand nach der Organisation der Regierungen als
Ergebnis des Präfektensystems aus den Verhältnissen heraus. Ein Hindernis
wurde dieser Entwicklung nicht in den Weg gelegt, sie ist sogar wohl gernge¬
sehen. Als bei den Landtagsverhandlnngen über die Erhöhung der Beamten¬
gehalte die konservative Fraktion dein Minister des Innern anbot, für die Er¬
höhung der Gehalte der Oberregierungsräte eintreten zu wollen, um auch
einen Austausch dieser mit den Räten der Ministerien zu ermöglichen, fand
dieses Anerbieten eine runde Ablehnung.
Bei einer solchen Entwicklung der Stellung der Oberregiernngsräte be¬
deutet die Ausschaltung des Regierungspräsidenten einem der Oberregierungs¬
rate gegenüber, dein Vorsitzenden der Berufungskommission, eine eingreifende
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