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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

den, wenn der Besitzer des belasteten Grundstücks in der ihm gesteckten Frist nicht
zahle, "dem Clager aufs verners anhalten span oder wasen auff dem unndterpfand
endlich vergunt werden sol." Die Förmlichkeit reicht aber in frühere Perioden
hinauf. In einem Zusatzartikel zu Kaiser Ludwigs des Bayern Oberbayrischem
Stadtrecht von 1334 (1347) findet sich: "Wenn amen am Haus oder am ander
algem zu pfcmt Wirt geantwurtt mit dem rechten, daz im am span davon Wirt
gecmtwurtt, daz sol zu solicher maz gard werden usw." Ebenso erwähnen die
niederbayrischen Statutarrechte von Landshut und Straubing aus dem vierzehnten
und dem fünfzehnten Jahrhundert den Spanschnitt als etwas Bekanntes.

Besonders interessant ist jedoch die Beobachtung, daß noch im Mittelalter
mit dem Worte "Span" die Bedeutung "Streit, Zwistigkeit," also die jetzt noch
damit verbundne Bedeutung gegeben war. Wenigstens in bayrischen Urkunden aus
dem fünfzehnten Jahrhundert läßt sich diese Anwendung geradezu xassim nachweisen.
In der Regel erscheint das Wort mit einem Synonym, also "span (sper, Speer,
sperr) und irung," "stritt und sper," "zwayung und sperre" usw. Die früheste
mir bekannte Anwendung finde ich in einer Urkunde Herzog Albrechts, gegeben zu
München den 8. April 1443. Aus der dort gebrauchten Form "von solicher
zwayung und sperre wegen" kann man auf einen schon festgebildeten Sprach¬
gebrauch schließen, und es kann Wohl nicht schwer sein, noch frühere Anwendungen
in Archiven usw. zu finden.

Jedenfalls dürfte die Annahme nicht von der Hand zu weisen sein, daß man
die Bildung der Redensart weniger von den Gepflogenheiten der Femgerichte als
von dem Gebrauch des Späuens der verganteten Häuser ableiten kann. Bemerkt
mag noch werden, daß Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (Leipzig, 1876)
ein "span" -- Spannung kennt (armbrustes span).






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig -- Druck von Karl Marquart in Leipzig


Alle für die Grenzboten bestimmten Aufsätze und Zuschriften wolle man an den Verleger
persönlich richten (I. Grunow, Firma: Fr. Wilh. Grunow, Jnselstraße 20).

Die Manuskripte werden deutlich und sauber und nur auf die eine Seite des Papiers
geschrieben mit breitem Rande erbeten.






Maßgebliches und Unmaßgebliches

den, wenn der Besitzer des belasteten Grundstücks in der ihm gesteckten Frist nicht
zahle, „dem Clager aufs verners anhalten span oder wasen auff dem unndterpfand
endlich vergunt werden sol." Die Förmlichkeit reicht aber in frühere Perioden
hinauf. In einem Zusatzartikel zu Kaiser Ludwigs des Bayern Oberbayrischem
Stadtrecht von 1334 (1347) findet sich: „Wenn amen am Haus oder am ander
algem zu pfcmt Wirt geantwurtt mit dem rechten, daz im am span davon Wirt
gecmtwurtt, daz sol zu solicher maz gard werden usw." Ebenso erwähnen die
niederbayrischen Statutarrechte von Landshut und Straubing aus dem vierzehnten
und dem fünfzehnten Jahrhundert den Spanschnitt als etwas Bekanntes.

Besonders interessant ist jedoch die Beobachtung, daß noch im Mittelalter
mit dem Worte „Span" die Bedeutung „Streit, Zwistigkeit," also die jetzt noch
damit verbundne Bedeutung gegeben war. Wenigstens in bayrischen Urkunden aus
dem fünfzehnten Jahrhundert läßt sich diese Anwendung geradezu xassim nachweisen.
In der Regel erscheint das Wort mit einem Synonym, also „span (sper, Speer,
sperr) und irung," „stritt und sper," „zwayung und sperre" usw. Die früheste
mir bekannte Anwendung finde ich in einer Urkunde Herzog Albrechts, gegeben zu
München den 8. April 1443. Aus der dort gebrauchten Form „von solicher
zwayung und sperre wegen" kann man auf einen schon festgebildeten Sprach¬
gebrauch schließen, und es kann Wohl nicht schwer sein, noch frühere Anwendungen
in Archiven usw. zu finden.

Jedenfalls dürfte die Annahme nicht von der Hand zu weisen sein, daß man
die Bildung der Redensart weniger von den Gepflogenheiten der Femgerichte als
von dem Gebrauch des Späuens der verganteten Häuser ableiten kann. Bemerkt
mag noch werden, daß Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (Leipzig, 1876)
ein „span" — Spannung kennt (armbrustes span).






Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig
Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig


Alle für die Grenzboten bestimmten Aufsätze und Zuschriften wolle man an den Verleger
persönlich richten (I. Grunow, Firma: Fr. Wilh. Grunow, Jnselstraße 20).

Die Manuskripte werden deutlich und sauber und nur auf die eine Seite des Papiers
geschrieben mit breitem Rande erbeten.






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[0732] Maßgebliches und Unmaßgebliches den, wenn der Besitzer des belasteten Grundstücks in der ihm gesteckten Frist nicht zahle, „dem Clager aufs verners anhalten span oder wasen auff dem unndterpfand endlich vergunt werden sol." Die Förmlichkeit reicht aber in frühere Perioden hinauf. In einem Zusatzartikel zu Kaiser Ludwigs des Bayern Oberbayrischem Stadtrecht von 1334 (1347) findet sich: „Wenn amen am Haus oder am ander algem zu pfcmt Wirt geantwurtt mit dem rechten, daz im am span davon Wirt gecmtwurtt, daz sol zu solicher maz gard werden usw." Ebenso erwähnen die niederbayrischen Statutarrechte von Landshut und Straubing aus dem vierzehnten und dem fünfzehnten Jahrhundert den Spanschnitt als etwas Bekanntes. Besonders interessant ist jedoch die Beobachtung, daß noch im Mittelalter mit dem Worte „Span" die Bedeutung „Streit, Zwistigkeit," also die jetzt noch damit verbundne Bedeutung gegeben war. Wenigstens in bayrischen Urkunden aus dem fünfzehnten Jahrhundert läßt sich diese Anwendung geradezu xassim nachweisen. In der Regel erscheint das Wort mit einem Synonym, also „span (sper, Speer, sperr) und irung," „stritt und sper," „zwayung und sperre" usw. Die früheste mir bekannte Anwendung finde ich in einer Urkunde Herzog Albrechts, gegeben zu München den 8. April 1443. Aus der dort gebrauchten Form „von solicher zwayung und sperre wegen" kann man auf einen schon festgebildeten Sprach¬ gebrauch schließen, und es kann Wohl nicht schwer sein, noch frühere Anwendungen in Archiven usw. zu finden. Jedenfalls dürfte die Annahme nicht von der Hand zu weisen sein, daß man die Bildung der Redensart weniger von den Gepflogenheiten der Femgerichte als von dem Gebrauch des Späuens der verganteten Häuser ableiten kann. Bemerkt mag noch werden, daß Lexer, Mittelhochdeutsches Handwörterbuch (Leipzig, 1876) ein „span" — Spannung kennt (armbrustes span). Herausgegeben von Johannes Grunow in Leipzig Verlag von Fr. Wilh. Grunow in Leipzig — Druck von Karl Marquart in Leipzig Alle für die Grenzboten bestimmten Aufsätze und Zuschriften wolle man an den Verleger persönlich richten (I. Grunow, Firma: Fr. Wilh. Grunow, Jnselstraße 20). Die Manuskripte werden deutlich und sauber und nur auf die eine Seite des Papiers geschrieben mit breitem Rande erbeten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_293618/732>, abgerufen am 20.05.2024.