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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Das "Rotwelsch" des deutschen Gauners

den schon ältern einfachen rotwelschen Formen Stabuler, Stabeler, Stappler)
muß ein lateinisch klingendes stabulum, verkürzt "Stabul" (nicht etwa für Stall,
sondern für Stab, Bettelstab) als letzte Quelle zugrunde gelegen haben. Endlich
ergeben Bildungen wie "Kehrum," der Degen oder "Drehrum," der Schlüssel,
Nachschlüssel, auch im Deutschen einen leidlichen Sinn.

Neben dem Lateinischen haben auch dessen Töchtersprachen ihren Beitrag zu
unserm Gauueridiom geliefert, das Spanische allerdings nur einen geringfügigen
(Beispiele: Musch, Mosche. für Mädchen vielleicht vom span. mvW, Dienstmagd;
vergl. mo/o, Knecht, Junge, nat. mo^o, Schiffsjunge; Kabah jMbis, Kohls^
für Kopf vom span. oabsW, wenn nicht eher mit dem deutschen mundartlichen
Kappes, Kopfkohl verwandt), das Italienische und das Französische dagegen einen
nicht zu unterschätzenden. Es kann deshalb leicht falsche Vorstellungen erwecken,
wenn z. V- Groß behauptet, daß das Rotwelsch nur wenig italienische und sehr
wenig französische Wörter übernommen habe. Man darf diesen Satz vielleicht eher
dahin umkehren, daß es ziemlich viel Italienisch und recht viel Französisch ent¬
hält. Nur sind freilich die hierher gehörigen Vokabeln, die meist auch erst be¬
stimmten neuern Sammlungen attgehören, nicht alle gleich leicht erkennbar. Denn
neben solchen, die dem Sinne nach gar nicht und auch in der Form nicht oder nur
wenig (z. B. oft nur der Schreibart nach) verändert erscheinen (wie nat.: Carre,
Fleisch, Zentinella, Schildwache, Farin, Forma, Mehl, Montane, Berg,
Gebirge, Diverni, Winter fötale: inverno^; franz.: Vyle, Stadt, Bonnet,
Mütze, Haube. Batou, Stock, Karls, Messer, FenetMr, Fiuette^rj, Fenster,
Teck. Haupt jvergl. das volkstüml. "Deetz"j, Drapp oder Trapp ^vollenesj
Tuch, Schnndell, Licht, Scharett, Wagen Ivergl. volkstüml. "Karrete"j, HvMoge
oder HoMosche, Uhr, bower, arm u. ni,), sowie neben solchen mit auch etwas ver¬
änderter Bedeutung (wie Tresor, Meider-jSchrank, Furcitsch jvon tenir"^, Fuhr¬
mann) finden sich zahlreiche, oft recht sonderbare Andeutschungen. So lieferte das
Italienische z. B.: Kasse, Haus (von casa), Spade(n), Degen (auch berlinerisch
für Spaten), Strade oder Strahle, Straße, Latsche, Milch (von I-Ms), Caddel,
Licht (von e-mäolÄ), Kcirner, Fleisch (von os-rug; daher Kärnerfetzer, Schlächter,
Metzger), Mauer, Hand (von in^no), Cumpahui, Glocke (vou WrapÄll-i); das
Französische: Gemsel oder Kemsel, Hemd (aus eawisols), Flor, Flörl, Gulden
(von lioriu), Travaller, Knecht (aus ti-Ävaillsur), Pommerling (Bommer-
ling, Bummerle), Apfel (von xomme), Bölling, Stiefel (von oottv), Bläum-
ling, Feder (von pwms), Chaperick, Hut (von en^psau), Bonnacker, Mütze
(von dcwllvt), grandig oder grannig, groß, schön (wohl von Krancl), preien,
beten (von xrivr), parler oder harten, sprechen, reden (von xsrler; vergl. auch:
bepnrlen, anparlen und das sonderbare "deutsch parler" für: in der Gauner¬
sprache reden!), dornen oder türmen, schlafen (von clormir), wovon dann wieder
ein eigentümliches Hauptwort "Turm," der Schlaf, abgeleitet worden ist (vergl.
andrerseits im gewöhnt, franz. Argot: SLlüoK'ör und tÄiro Sektion' vom deutschen
schlafen und Schlaf).

Weiter hat man dann nicht nur die aus den romanischen Sprachen über¬
nommenen Wörter mit rein deutschen in Verbindung gebracht (vergl. z, B. Strade-
kehrer, Straßenräuber, Langhälsebaton, Bohnenstange), sondern auch fran¬
zösische oder italienische Endungen an deutsche Stämme angehängt, wie auch dies
eine Zeit lang in der Studentensprache beliebt gewesen ist. Bildungen wie
Kie(i)tage, Pumpier, pechös u. a., die unsre Musensöhne zuerst aufbrachten,
entsprechen bei den Gaunern z. B. Spukenelle, das Gespenst (von spuken),
Susett (neben Süßhaus) für Bienenkorb (von süß), Glanzettchen, Glas (von
dessen Glänze), Buxo, Hose, Rollo (neben Roller), Müller, Treppone oder
Treppine, Treppe, Fetzeriue, Schere u. a. in.

Endlich muß noch erwähnt werden, daß eine ganze Reihe französischer
Vokabeln in unveränderter Form, aber mit Veränderung ihrer gewöhnlichen Be-


Das „Rotwelsch" des deutschen Gauners

den schon ältern einfachen rotwelschen Formen Stabuler, Stabeler, Stappler)
muß ein lateinisch klingendes stabulum, verkürzt „Stabul" (nicht etwa für Stall,
sondern für Stab, Bettelstab) als letzte Quelle zugrunde gelegen haben. Endlich
ergeben Bildungen wie „Kehrum," der Degen oder „Drehrum," der Schlüssel,
Nachschlüssel, auch im Deutschen einen leidlichen Sinn.

Neben dem Lateinischen haben auch dessen Töchtersprachen ihren Beitrag zu
unserm Gauueridiom geliefert, das Spanische allerdings nur einen geringfügigen
(Beispiele: Musch, Mosche. für Mädchen vielleicht vom span. mvW, Dienstmagd;
vergl. mo/o, Knecht, Junge, nat. mo^o, Schiffsjunge; Kabah jMbis, Kohls^
für Kopf vom span. oabsW, wenn nicht eher mit dem deutschen mundartlichen
Kappes, Kopfkohl verwandt), das Italienische und das Französische dagegen einen
nicht zu unterschätzenden. Es kann deshalb leicht falsche Vorstellungen erwecken,
wenn z. V- Groß behauptet, daß das Rotwelsch nur wenig italienische und sehr
wenig französische Wörter übernommen habe. Man darf diesen Satz vielleicht eher
dahin umkehren, daß es ziemlich viel Italienisch und recht viel Französisch ent¬
hält. Nur sind freilich die hierher gehörigen Vokabeln, die meist auch erst be¬
stimmten neuern Sammlungen attgehören, nicht alle gleich leicht erkennbar. Denn
neben solchen, die dem Sinne nach gar nicht und auch in der Form nicht oder nur
wenig (z. B. oft nur der Schreibart nach) verändert erscheinen (wie nat.: Carre,
Fleisch, Zentinella, Schildwache, Farin, Forma, Mehl, Montane, Berg,
Gebirge, Diverni, Winter fötale: inverno^; franz.: Vyle, Stadt, Bonnet,
Mütze, Haube. Batou, Stock, Karls, Messer, FenetMr, Fiuette^rj, Fenster,
Teck. Haupt jvergl. das volkstüml. „Deetz"j, Drapp oder Trapp ^vollenesj
Tuch, Schnndell, Licht, Scharett, Wagen Ivergl. volkstüml. „Karrete"j, HvMoge
oder HoMosche, Uhr, bower, arm u. ni,), sowie neben solchen mit auch etwas ver¬
änderter Bedeutung (wie Tresor, Meider-jSchrank, Furcitsch jvon tenir»^, Fuhr¬
mann) finden sich zahlreiche, oft recht sonderbare Andeutschungen. So lieferte das
Italienische z. B.: Kasse, Haus (von casa), Spade(n), Degen (auch berlinerisch
für Spaten), Strade oder Strahle, Straße, Latsche, Milch (von I-Ms), Caddel,
Licht (von e-mäolÄ), Kcirner, Fleisch (von os-rug; daher Kärnerfetzer, Schlächter,
Metzger), Mauer, Hand (von in^no), Cumpahui, Glocke (vou WrapÄll-i); das
Französische: Gemsel oder Kemsel, Hemd (aus eawisols), Flor, Flörl, Gulden
(von lioriu), Travaller, Knecht (aus ti-Ävaillsur), Pommerling (Bommer-
ling, Bummerle), Apfel (von xomme), Bölling, Stiefel (von oottv), Bläum-
ling, Feder (von pwms), Chaperick, Hut (von en^psau), Bonnacker, Mütze
(von dcwllvt), grandig oder grannig, groß, schön (wohl von Krancl), preien,
beten (von xrivr), parler oder harten, sprechen, reden (von xsrler; vergl. auch:
bepnrlen, anparlen und das sonderbare „deutsch parler" für: in der Gauner¬
sprache reden!), dornen oder türmen, schlafen (von clormir), wovon dann wieder
ein eigentümliches Hauptwort „Turm," der Schlaf, abgeleitet worden ist (vergl.
andrerseits im gewöhnt, franz. Argot: SLlüoK'ör und tÄiro Sektion' vom deutschen
schlafen und Schlaf).

Weiter hat man dann nicht nur die aus den romanischen Sprachen über¬
nommenen Wörter mit rein deutschen in Verbindung gebracht (vergl. z, B. Strade-
kehrer, Straßenräuber, Langhälsebaton, Bohnenstange), sondern auch fran¬
zösische oder italienische Endungen an deutsche Stämme angehängt, wie auch dies
eine Zeit lang in der Studentensprache beliebt gewesen ist. Bildungen wie
Kie(i)tage, Pumpier, pechös u. a., die unsre Musensöhne zuerst aufbrachten,
entsprechen bei den Gaunern z. B. Spukenelle, das Gespenst (von spuken),
Susett (neben Süßhaus) für Bienenkorb (von süß), Glanzettchen, Glas (von
dessen Glänze), Buxo, Hose, Rollo (neben Roller), Müller, Treppone oder
Treppine, Treppe, Fetzeriue, Schere u. a. in.

Endlich muß noch erwähnt werden, daß eine ganze Reihe französischer
Vokabeln in unveränderter Form, aber mit Veränderung ihrer gewöhnlichen Be-


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[0168] Das „Rotwelsch" des deutschen Gauners den schon ältern einfachen rotwelschen Formen Stabuler, Stabeler, Stappler) muß ein lateinisch klingendes stabulum, verkürzt „Stabul" (nicht etwa für Stall, sondern für Stab, Bettelstab) als letzte Quelle zugrunde gelegen haben. Endlich ergeben Bildungen wie „Kehrum," der Degen oder „Drehrum," der Schlüssel, Nachschlüssel, auch im Deutschen einen leidlichen Sinn. Neben dem Lateinischen haben auch dessen Töchtersprachen ihren Beitrag zu unserm Gauueridiom geliefert, das Spanische allerdings nur einen geringfügigen (Beispiele: Musch, Mosche. für Mädchen vielleicht vom span. mvW, Dienstmagd; vergl. mo/o, Knecht, Junge, nat. mo^o, Schiffsjunge; Kabah jMbis, Kohls^ für Kopf vom span. oabsW, wenn nicht eher mit dem deutschen mundartlichen Kappes, Kopfkohl verwandt), das Italienische und das Französische dagegen einen nicht zu unterschätzenden. Es kann deshalb leicht falsche Vorstellungen erwecken, wenn z. V- Groß behauptet, daß das Rotwelsch nur wenig italienische und sehr wenig französische Wörter übernommen habe. Man darf diesen Satz vielleicht eher dahin umkehren, daß es ziemlich viel Italienisch und recht viel Französisch ent¬ hält. Nur sind freilich die hierher gehörigen Vokabeln, die meist auch erst be¬ stimmten neuern Sammlungen attgehören, nicht alle gleich leicht erkennbar. Denn neben solchen, die dem Sinne nach gar nicht und auch in der Form nicht oder nur wenig (z. B. oft nur der Schreibart nach) verändert erscheinen (wie nat.: Carre, Fleisch, Zentinella, Schildwache, Farin, Forma, Mehl, Montane, Berg, Gebirge, Diverni, Winter fötale: inverno^; franz.: Vyle, Stadt, Bonnet, Mütze, Haube. Batou, Stock, Karls, Messer, FenetMr, Fiuette^rj, Fenster, Teck. Haupt jvergl. das volkstüml. „Deetz"j, Drapp oder Trapp ^vollenesj Tuch, Schnndell, Licht, Scharett, Wagen Ivergl. volkstüml. „Karrete"j, HvMoge oder HoMosche, Uhr, bower, arm u. ni,), sowie neben solchen mit auch etwas ver¬ änderter Bedeutung (wie Tresor, Meider-jSchrank, Furcitsch jvon tenir»^, Fuhr¬ mann) finden sich zahlreiche, oft recht sonderbare Andeutschungen. So lieferte das Italienische z. B.: Kasse, Haus (von casa), Spade(n), Degen (auch berlinerisch für Spaten), Strade oder Strahle, Straße, Latsche, Milch (von I-Ms), Caddel, Licht (von e-mäolÄ), Kcirner, Fleisch (von os-rug; daher Kärnerfetzer, Schlächter, Metzger), Mauer, Hand (von in^no), Cumpahui, Glocke (vou WrapÄll-i); das Französische: Gemsel oder Kemsel, Hemd (aus eawisols), Flor, Flörl, Gulden (von lioriu), Travaller, Knecht (aus ti-Ävaillsur), Pommerling (Bommer- ling, Bummerle), Apfel (von xomme), Bölling, Stiefel (von oottv), Bläum- ling, Feder (von pwms), Chaperick, Hut (von en^psau), Bonnacker, Mütze (von dcwllvt), grandig oder grannig, groß, schön (wohl von Krancl), preien, beten (von xrivr), parler oder harten, sprechen, reden (von xsrler; vergl. auch: bepnrlen, anparlen und das sonderbare „deutsch parler" für: in der Gauner¬ sprache reden!), dornen oder türmen, schlafen (von clormir), wovon dann wieder ein eigentümliches Hauptwort „Turm," der Schlaf, abgeleitet worden ist (vergl. andrerseits im gewöhnt, franz. Argot: SLlüoK'ör und tÄiro Sektion' vom deutschen schlafen und Schlaf). Weiter hat man dann nicht nur die aus den romanischen Sprachen über¬ nommenen Wörter mit rein deutschen in Verbindung gebracht (vergl. z, B. Strade- kehrer, Straßenräuber, Langhälsebaton, Bohnenstange), sondern auch fran¬ zösische oder italienische Endungen an deutsche Stämme angehängt, wie auch dies eine Zeit lang in der Studentensprache beliebt gewesen ist. Bildungen wie Kie(i)tage, Pumpier, pechös u. a., die unsre Musensöhne zuerst aufbrachten, entsprechen bei den Gaunern z. B. Spukenelle, das Gespenst (von spuken), Susett (neben Süßhaus) für Bienenkorb (von süß), Glanzettchen, Glas (von dessen Glänze), Buxo, Hose, Rollo (neben Roller), Müller, Treppone oder Treppine, Treppe, Fetzeriue, Schere u. a. in. Endlich muß noch erwähnt werden, daß eine ganze Reihe französischer Vokabeln in unveränderter Form, aber mit Veränderung ihrer gewöhnlichen Be-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/168>, abgerufen am 28.05.2024.