Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.Das Hamburger Volksheim als 150000 Mark kaum verwirklichen lassen wird, überhaupt denken kann, Daß das Gebäude, dessen Pläne jetzt vollendet sind, und das im Anfang Grenzboten III 190442
Das Hamburger Volksheim als 150000 Mark kaum verwirklichen lassen wird, überhaupt denken kann, Daß das Gebäude, dessen Pläne jetzt vollendet sind, und das im Anfang Grenzboten III 190442
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Das Hamburger Volksheim
als 150000 Mark kaum verwirklichen lassen wird, überhaupt denken kann,
zeigt schon, welche Würdigung ihre Tätigkeit gefunden hat, und — was leider
tausendmal wichtiger ist — über wie ausgezeichnete Beziehungen zu den wohl¬
habendsten Kreisen sie verfügt. Die Leiter des Volksheims verstehn eben eine
Kunst, die der Lord, der bei der Grundsteinlegung des großen Gebäudes für
volkstümliche Kunstausstellungen in Whitechcipel im Jahre 1898 die Festrede
hielt, an dem Vorsitzenden von Toynbee Hall, Canon Barnett, besonders zu
rühmen wußte: die Kunst, unter den obern Zehntausend dafür zu wirken, daß
sie nicht nur sich selbst, sondern sich selbst und ihr Geld hergeben.
Daß das Gebäude, dessen Pläne jetzt vollendet sind, und das im Anfang
des nächsten Jahres gebrauchsfertig dastehn wird, nun im Billwärder Ausschlag
errichtet wird, wird man in gewissem Sinne bedauern müssen. Es gibt andre
Stadtteile, namentlich den Hammerbrook und Barmbeck, die ein Volksheim
eigentlich noch notwendiger brauchen. Die persönlichen Fäden, die vom Volks¬
heim zu der Bevölkerung des Billwärder Ansschlags laufen, mag man aber
natürlich nicht zerschneiden, wo man sie anderswo erst mühsam wieder anknüpfen
müßte. Die Kraft und die Geldmittel der nächsten Jahre werden alsdann dazu
verbraucht werdeu, das Volksheim in das neue Haus hineinwachsen zu lassen;
die Veränderungen, die die bisherige Tätigkeit im kleinen wie im großen etwa
erfahren muß, wird man dabei mit der immer geübten Besonnenheit und Gründ¬
lichkeit durchzuführen und die Ziele des Volksheims fest im Auge zu behalten
suchen. Allerdings aber wird die unvermeidliche Vergrößerung des Betriebes
größere Menschenmengen in die neuen Räume bringen, ohne daß die Vermehrung
der persönlichen Beziehungen damit gleichen Schritt wird halten können. Andrer¬
seits werden dadurch Hunderte, die heute vor den Türen des Volksheims um¬
kehren müssen, Einlaß erhalten und sich an den Vorträgen bilden, an den
Sonutagsunterhaltungcn erfreuen können. Und das ist in einer Großstadt wie
Hamburg, in der — wie in den meisten deutschen Großstädten — das Bil¬
dungswesen für Erwachsene fast noch in den Kinderschuhen steckt, ein großer
Fortschritt. Sicherlich wird auch, wenn der Eifer der führenden Personen
nicht erkaltet, was nicht zu befürchten ist, der Gedanke, der das Vvlksheim
ins Leben rief, noch weiter Wurzel fassen und die Gründung gleichartiger
Anstalten auch in andern Stadtteilen ermöglichen. Einstweilen muß man den
mutigen und uneigennützigen Männern des Hamburger Volksheims, die so
bald schon ihr erstes eignes Heim einweihen werden, von Herzen zurufen:
Glück auf!
Grenzboten III 190442
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