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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr.

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Deutschland und Japan

der Erste lohnte die Auszeichnung, mit der sich Major von Lignitz dort be-
endigt hatte, mit dem Orden xour 1o ineÄtö, Kaiser Alexander mit dem Georgs¬
orden. Russische Offizierkreise haben ihm später beim Balkanübergang, ohne
ihr Selbstgefühl dadurch berührt zu fühlen, eine hervorragende Tätigkeit zu¬
erkannt, er galt mit Recht oder mit Unrecht als der eigentliche Generalstabs¬
offizier.

Auch jetzt ist die deutsche Armee durch zwei tüchtige Offiziere des General-
stabs, den Oberstleutnant Lnuenstein und den Major von Tettau, im russischen
Hauptquartier vertreten, beide genaue Kenner des russischen Heeres wie der
russischen Sprache. Aufmerksame Zeitungsleser werden sich erinnern, daß eng¬
lische Blätter über die Reise der fremden Militärbevollinächtigten in die Mand¬
schurei berichteten, die beiden Deutschen seien die einzigen gewesen, denen nichts
auffiel, die nach nichts fragten, die alles wußten und perfekt Russisch sprachen.
Der alte gute Geist unsrer großen Zeit lebt noch. Außer diesen beiden Offizieren
fungiert Major Freiherr von Lüttwitz vom Generalstab als Militärattache bei
der Botschaft in Petersburg.

Bei der japanischen Armee sind deutscherseits Major von Etzel und
Hauptmann Hoffmann vom Großen Generalstabe, von Etzel ist zugleich Militär¬
attache bei der Gesandtschaft in Tokio. Bekannt ist, daß die Japaner den
fremden Militärs gegenüber eine große Reserve an den Tag legen und ihre
Anwesenheit entschieden nicht gern sehen. Augenscheinlich messe" sie diesen
Herren eine ähnliche Tätigkeit zu, wie sie selbst sie in allen Ländern in so
erfolgreicher Weise auszuüben verstanden haben.

Einen wesentlich andern Charakter erhält die deutsche Militürinissiou in
Japan nunmehr durch die Kommandierung des Majors Prinzen Karl von
Hohenzollern vom Großen Generalstabe, der vom Major Bronsart von Schellen-
dorff vom Generalstabe des Gardekorps und mehreren Feldjägeroffizieren be¬
gleitet sein wird. Seine Kommandierung ist zugleich mit der des Prinzen
Friedrich Leopold von Preußen bekannt gegeben worden. Selbstverständlich
hat die eine wie die andre die Zustimmung des betreffenden Hofes erfahren,
die übrigens von japanischer Seite in sehr verbindlicher Form erfolgt sein soll.
Ganz abgesehen von dem allgemeinen Interesse, das diese neue asiatische
Militärmacht für die deutsche Heeresleitung notwendigerweise haben muß, eine
Militärmacht, die sich unbestritten ebenso einer hervorragenden strategischen
und taktischen Leitung wie eines vorzüglichen Materials an Offizieren und
Mannschaften und einer sachlich ausgezeichneten, mit großer Umsicht vor¬
bereiteten Kriegsausrüstung erfreut, kommt für Deutschland in Betracht, daß
die japanische Armee, deren Führer zum Teil bei uns ausgebildet worden sind
und hier mit großem Fleiß ihren Studien obgelegen haben, fast durchweg nach
deutschen Reglements ficht. Alle unsre Ansbilduugs- und Gefechtsvorschriften,
die bis 1903 ergangen sind, und deren sie irgend habhaft werden konnten,
haben die Japaner in ihre Landessprache übersetzt, gedruckt, im Heere ein¬
geführt und fleißig geübt. Ihre gesamten Gefechtsmethoden sind soviel als
möglich den deutschen angepaßt, unsre Truppen haben während der chinesischen
Expedition keine aufmerksamem Beobachter gehabt als die japanischen Offiziere,


Deutschland und Japan

der Erste lohnte die Auszeichnung, mit der sich Major von Lignitz dort be-
endigt hatte, mit dem Orden xour 1o ineÄtö, Kaiser Alexander mit dem Georgs¬
orden. Russische Offizierkreise haben ihm später beim Balkanübergang, ohne
ihr Selbstgefühl dadurch berührt zu fühlen, eine hervorragende Tätigkeit zu¬
erkannt, er galt mit Recht oder mit Unrecht als der eigentliche Generalstabs¬
offizier.

Auch jetzt ist die deutsche Armee durch zwei tüchtige Offiziere des General-
stabs, den Oberstleutnant Lnuenstein und den Major von Tettau, im russischen
Hauptquartier vertreten, beide genaue Kenner des russischen Heeres wie der
russischen Sprache. Aufmerksame Zeitungsleser werden sich erinnern, daß eng¬
lische Blätter über die Reise der fremden Militärbevollinächtigten in die Mand¬
schurei berichteten, die beiden Deutschen seien die einzigen gewesen, denen nichts
auffiel, die nach nichts fragten, die alles wußten und perfekt Russisch sprachen.
Der alte gute Geist unsrer großen Zeit lebt noch. Außer diesen beiden Offizieren
fungiert Major Freiherr von Lüttwitz vom Generalstab als Militärattache bei
der Botschaft in Petersburg.

Bei der japanischen Armee sind deutscherseits Major von Etzel und
Hauptmann Hoffmann vom Großen Generalstabe, von Etzel ist zugleich Militär¬
attache bei der Gesandtschaft in Tokio. Bekannt ist, daß die Japaner den
fremden Militärs gegenüber eine große Reserve an den Tag legen und ihre
Anwesenheit entschieden nicht gern sehen. Augenscheinlich messe» sie diesen
Herren eine ähnliche Tätigkeit zu, wie sie selbst sie in allen Ländern in so
erfolgreicher Weise auszuüben verstanden haben.

Einen wesentlich andern Charakter erhält die deutsche Militürinissiou in
Japan nunmehr durch die Kommandierung des Majors Prinzen Karl von
Hohenzollern vom Großen Generalstabe, der vom Major Bronsart von Schellen-
dorff vom Generalstabe des Gardekorps und mehreren Feldjägeroffizieren be¬
gleitet sein wird. Seine Kommandierung ist zugleich mit der des Prinzen
Friedrich Leopold von Preußen bekannt gegeben worden. Selbstverständlich
hat die eine wie die andre die Zustimmung des betreffenden Hofes erfahren,
die übrigens von japanischer Seite in sehr verbindlicher Form erfolgt sein soll.
Ganz abgesehen von dem allgemeinen Interesse, das diese neue asiatische
Militärmacht für die deutsche Heeresleitung notwendigerweise haben muß, eine
Militärmacht, die sich unbestritten ebenso einer hervorragenden strategischen
und taktischen Leitung wie eines vorzüglichen Materials an Offizieren und
Mannschaften und einer sachlich ausgezeichneten, mit großer Umsicht vor¬
bereiteten Kriegsausrüstung erfreut, kommt für Deutschland in Betracht, daß
die japanische Armee, deren Führer zum Teil bei uns ausgebildet worden sind
und hier mit großem Fleiß ihren Studien obgelegen haben, fast durchweg nach
deutschen Reglements ficht. Alle unsre Ansbilduugs- und Gefechtsvorschriften,
die bis 1903 ergangen sind, und deren sie irgend habhaft werden konnten,
haben die Japaner in ihre Landessprache übersetzt, gedruckt, im Heere ein¬
geführt und fleißig geübt. Ihre gesamten Gefechtsmethoden sind soviel als
möglich den deutschen angepaßt, unsre Truppen haben während der chinesischen
Expedition keine aufmerksamem Beobachter gehabt als die japanischen Offiziere,


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[0498] Deutschland und Japan der Erste lohnte die Auszeichnung, mit der sich Major von Lignitz dort be- endigt hatte, mit dem Orden xour 1o ineÄtö, Kaiser Alexander mit dem Georgs¬ orden. Russische Offizierkreise haben ihm später beim Balkanübergang, ohne ihr Selbstgefühl dadurch berührt zu fühlen, eine hervorragende Tätigkeit zu¬ erkannt, er galt mit Recht oder mit Unrecht als der eigentliche Generalstabs¬ offizier. Auch jetzt ist die deutsche Armee durch zwei tüchtige Offiziere des General- stabs, den Oberstleutnant Lnuenstein und den Major von Tettau, im russischen Hauptquartier vertreten, beide genaue Kenner des russischen Heeres wie der russischen Sprache. Aufmerksame Zeitungsleser werden sich erinnern, daß eng¬ lische Blätter über die Reise der fremden Militärbevollinächtigten in die Mand¬ schurei berichteten, die beiden Deutschen seien die einzigen gewesen, denen nichts auffiel, die nach nichts fragten, die alles wußten und perfekt Russisch sprachen. Der alte gute Geist unsrer großen Zeit lebt noch. Außer diesen beiden Offizieren fungiert Major Freiherr von Lüttwitz vom Generalstab als Militärattache bei der Botschaft in Petersburg. Bei der japanischen Armee sind deutscherseits Major von Etzel und Hauptmann Hoffmann vom Großen Generalstabe, von Etzel ist zugleich Militär¬ attache bei der Gesandtschaft in Tokio. Bekannt ist, daß die Japaner den fremden Militärs gegenüber eine große Reserve an den Tag legen und ihre Anwesenheit entschieden nicht gern sehen. Augenscheinlich messe» sie diesen Herren eine ähnliche Tätigkeit zu, wie sie selbst sie in allen Ländern in so erfolgreicher Weise auszuüben verstanden haben. Einen wesentlich andern Charakter erhält die deutsche Militürinissiou in Japan nunmehr durch die Kommandierung des Majors Prinzen Karl von Hohenzollern vom Großen Generalstabe, der vom Major Bronsart von Schellen- dorff vom Generalstabe des Gardekorps und mehreren Feldjägeroffizieren be¬ gleitet sein wird. Seine Kommandierung ist zugleich mit der des Prinzen Friedrich Leopold von Preußen bekannt gegeben worden. Selbstverständlich hat die eine wie die andre die Zustimmung des betreffenden Hofes erfahren, die übrigens von japanischer Seite in sehr verbindlicher Form erfolgt sein soll. Ganz abgesehen von dem allgemeinen Interesse, das diese neue asiatische Militärmacht für die deutsche Heeresleitung notwendigerweise haben muß, eine Militärmacht, die sich unbestritten ebenso einer hervorragenden strategischen und taktischen Leitung wie eines vorzüglichen Materials an Offizieren und Mannschaften und einer sachlich ausgezeichneten, mit großer Umsicht vor¬ bereiteten Kriegsausrüstung erfreut, kommt für Deutschland in Betracht, daß die japanische Armee, deren Führer zum Teil bei uns ausgebildet worden sind und hier mit großem Fleiß ihren Studien obgelegen haben, fast durchweg nach deutschen Reglements ficht. Alle unsre Ansbilduugs- und Gefechtsvorschriften, die bis 1903 ergangen sind, und deren sie irgend habhaft werden konnten, haben die Japaner in ihre Landessprache übersetzt, gedruckt, im Heere ein¬ geführt und fleißig geübt. Ihre gesamten Gefechtsmethoden sind soviel als möglich den deutschen angepaßt, unsre Truppen haben während der chinesischen Expedition keine aufmerksamem Beobachter gehabt als die japanischen Offiziere,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Drittes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_294416/498>, abgerufen am 13.05.2024.