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Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr.

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Die Damen aus M-irkby

Er hörte kaum auf das, was sie sagte, sondern lauschte nur ihrer Stimme;
auf diese gedämpfte und reine Altstimme, deren weichen Klang er sich so oft ins
Gedächtnis zurückzurufen versuchte, was ihm jedoch nie gelang. So oft sie sprach,
war es ihm, als ob ihn ihre Stimme, die er doch so gut kannte, immer aufs
neue entzücke und überrasche.

Er setzte sich auf die Tischkante, mit dem einen Fuß auf dem Boden, und
strich mit der Hand über den Henkel des Spankorbes.

Wann kommst du selbst, Mutter und Dagny zu begrüßen?

Das weiß ich nicht. Sie erhob die Hände, um das Spitzentuch abzunehmen,
er aber sagte schnell und bittend:

Ach, behalt es auf, du solltest uur wissen. . .

Sie errötete leicht und ließ die Hände wieder sinken; und wie um sich zu
entschuldigen, daß sie sogleich nachgab, sagte sie plötzlich unsicher:

Ja, wir werden euch wohl auch bis ans Boot begleiten . . . nicht, Olga?
fragte sie rasch ihre Stiefmutter, die eben mit Robert Garde ins Eßzimmer trat.

Elu war fest entschlossen, an diesem Abend vergnügt zu sein, das heißt so
viel Vorteil als nur möglich aus ihrem schönen Kleid, dem Mondschein und der
Gesellschaft zu ziehn. Und das tat sie auch. Erstens führten sie und der Ncchts-
anwnlt ein sehr interessantes Gespräch über Musik miteinander; doch nicht allein
über Musik, denn natürlich sprachen sie, während sie, um sich "abzukühlen," in der
großen hell erleuchteten Halle auf und ab gingen, auch über alles mögliche andre,
was ihnen gerade einfiel. Und die ganze Zeit über hatte sie den bestimmten Ein¬
druck, daß es für seine ruhigen, vorstehenden Augen, die sie vorhin ungerechterweif.'
"schläfrig" genannt hatte, ein wahres Fest war, ihr sonnengoldiges Haar, ihre
dunkeln unbeschcitteten Augen und ihre prachtvolle weiße Haut unter dem schwarzen
Tüll mit dem stahlblauen Flitter zu betrachten. Sie hatten eine innige Freude
aneinander, das fühlten sie beide, ohne es einander zu sagen, und eins war dem
andern aufrichtig dankbar dafür.

Aber dann war diese Olga gekommen, hatte sich in die Unterhaltung gemischt
und sich zum Schluß des widerstandslos galanten Roberts ganz bemächtigt. Und
dann waren die langweiligen Erfrischungen gekommen, sowie Fräulein Bibbis und
Onkel Brinnts begeisterte Lobpreisungen, für die sie natürlich auch dankbar sein
und die sie in passender Weise beantworten mußte.

Dagegen hatte Elu, nachdem sie ausgesungen hatte, von Hauptmann Hall
nicht mehr viel gesehen. Nicht daß sie ihn vermißt hätte, selbstverständlich nicht!
Sie hatte ja andre, mit deuen sie sich unterhalten konnte. Aber am Schluß des
Abends, als sich die Gesellschaft gewissermaßen auflöste und nach Belieben in der
großen Wohnung verteilte, waren sie zufälligerweise miteinander ins Gespräch ge¬
kommen, und dann hatten sie sich in einem der ziemlich verlassenen Gemächer
zwischen dem Eßzimmer und der Wohnstube niedergelassen. Hier bestand die ganze
Beleuchtung aus einem Paar Armleuchter ans einem alten Sekretär und außerdem
natürlich aus dem Mondschein. Elu, die ganz tat, als ob sie zuhause sei, war auf
das breite Gesims am offnen Fenster geklettert, und Hauptmann Arvid hatte sich
auf einen Stuhl ihr gegenüber gesetzt. Sie saß sehr aufrecht da, den Nacken fest
um die Wand gedrückt, und hielt einige große blaue Astern im Schoß, die sie
vorher im Gürtel getragen hatte. E r rauchte eine Zigarette, und der weißlichblaue
Rauch zog in leichten Ringen an ihr vorbei durch das offne Fenster hinaus.

Ja, Sympathie . . . sagte Elu nachdenklich -- ihre Unterhaltung hatte sich
ans allerlei künstlichen Wegen bis zu diesem Punkt hindurchgeschlmigelt --; es ist
so schwer zu bestimmen, wann man wirkliche Sympathie fühlt.

Meinen Sie? fragte Hauptmann Hall und beugte sich vor, um die Asche feiner
Zigarette am Fensterkreuz abzustreifen. Ich glaubte. die Damen hätten ein fast
angebornes Verständnis für so etwas.

Wenn es mir so wäre! rief Elu zweifelnd. Aber ich -- sie sagte dies seh,


Die Damen aus M-irkby

Er hörte kaum auf das, was sie sagte, sondern lauschte nur ihrer Stimme;
auf diese gedämpfte und reine Altstimme, deren weichen Klang er sich so oft ins
Gedächtnis zurückzurufen versuchte, was ihm jedoch nie gelang. So oft sie sprach,
war es ihm, als ob ihn ihre Stimme, die er doch so gut kannte, immer aufs
neue entzücke und überrasche.

Er setzte sich auf die Tischkante, mit dem einen Fuß auf dem Boden, und
strich mit der Hand über den Henkel des Spankorbes.

Wann kommst du selbst, Mutter und Dagny zu begrüßen?

Das weiß ich nicht. Sie erhob die Hände, um das Spitzentuch abzunehmen,
er aber sagte schnell und bittend:

Ach, behalt es auf, du solltest uur wissen. . .

Sie errötete leicht und ließ die Hände wieder sinken; und wie um sich zu
entschuldigen, daß sie sogleich nachgab, sagte sie plötzlich unsicher:

Ja, wir werden euch wohl auch bis ans Boot begleiten . . . nicht, Olga?
fragte sie rasch ihre Stiefmutter, die eben mit Robert Garde ins Eßzimmer trat.

Elu war fest entschlossen, an diesem Abend vergnügt zu sein, das heißt so
viel Vorteil als nur möglich aus ihrem schönen Kleid, dem Mondschein und der
Gesellschaft zu ziehn. Und das tat sie auch. Erstens führten sie und der Ncchts-
anwnlt ein sehr interessantes Gespräch über Musik miteinander; doch nicht allein
über Musik, denn natürlich sprachen sie, während sie, um sich „abzukühlen," in der
großen hell erleuchteten Halle auf und ab gingen, auch über alles mögliche andre,
was ihnen gerade einfiel. Und die ganze Zeit über hatte sie den bestimmten Ein¬
druck, daß es für seine ruhigen, vorstehenden Augen, die sie vorhin ungerechterweif.'
„schläfrig" genannt hatte, ein wahres Fest war, ihr sonnengoldiges Haar, ihre
dunkeln unbeschcitteten Augen und ihre prachtvolle weiße Haut unter dem schwarzen
Tüll mit dem stahlblauen Flitter zu betrachten. Sie hatten eine innige Freude
aneinander, das fühlten sie beide, ohne es einander zu sagen, und eins war dem
andern aufrichtig dankbar dafür.

Aber dann war diese Olga gekommen, hatte sich in die Unterhaltung gemischt
und sich zum Schluß des widerstandslos galanten Roberts ganz bemächtigt. Und
dann waren die langweiligen Erfrischungen gekommen, sowie Fräulein Bibbis und
Onkel Brinnts begeisterte Lobpreisungen, für die sie natürlich auch dankbar sein
und die sie in passender Weise beantworten mußte.

Dagegen hatte Elu, nachdem sie ausgesungen hatte, von Hauptmann Hall
nicht mehr viel gesehen. Nicht daß sie ihn vermißt hätte, selbstverständlich nicht!
Sie hatte ja andre, mit deuen sie sich unterhalten konnte. Aber am Schluß des
Abends, als sich die Gesellschaft gewissermaßen auflöste und nach Belieben in der
großen Wohnung verteilte, waren sie zufälligerweise miteinander ins Gespräch ge¬
kommen, und dann hatten sie sich in einem der ziemlich verlassenen Gemächer
zwischen dem Eßzimmer und der Wohnstube niedergelassen. Hier bestand die ganze
Beleuchtung aus einem Paar Armleuchter ans einem alten Sekretär und außerdem
natürlich aus dem Mondschein. Elu, die ganz tat, als ob sie zuhause sei, war auf
das breite Gesims am offnen Fenster geklettert, und Hauptmann Arvid hatte sich
auf einen Stuhl ihr gegenüber gesetzt. Sie saß sehr aufrecht da, den Nacken fest
um die Wand gedrückt, und hielt einige große blaue Astern im Schoß, die sie
vorher im Gürtel getragen hatte. E r rauchte eine Zigarette, und der weißlichblaue
Rauch zog in leichten Ringen an ihr vorbei durch das offne Fenster hinaus.

Ja, Sympathie . . . sagte Elu nachdenklich — ihre Unterhaltung hatte sich
ans allerlei künstlichen Wegen bis zu diesem Punkt hindurchgeschlmigelt —; es ist
so schwer zu bestimmen, wann man wirkliche Sympathie fühlt.

Meinen Sie? fragte Hauptmann Hall und beugte sich vor, um die Asche feiner
Zigarette am Fensterkreuz abzustreifen. Ich glaubte. die Damen hätten ein fast
angebornes Verständnis für so etwas.

Wenn es mir so wäre! rief Elu zweifelnd. Aber ich — sie sagte dies seh,


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[0117] Die Damen aus M-irkby Er hörte kaum auf das, was sie sagte, sondern lauschte nur ihrer Stimme; auf diese gedämpfte und reine Altstimme, deren weichen Klang er sich so oft ins Gedächtnis zurückzurufen versuchte, was ihm jedoch nie gelang. So oft sie sprach, war es ihm, als ob ihn ihre Stimme, die er doch so gut kannte, immer aufs neue entzücke und überrasche. Er setzte sich auf die Tischkante, mit dem einen Fuß auf dem Boden, und strich mit der Hand über den Henkel des Spankorbes. Wann kommst du selbst, Mutter und Dagny zu begrüßen? Das weiß ich nicht. Sie erhob die Hände, um das Spitzentuch abzunehmen, er aber sagte schnell und bittend: Ach, behalt es auf, du solltest uur wissen. . . Sie errötete leicht und ließ die Hände wieder sinken; und wie um sich zu entschuldigen, daß sie sogleich nachgab, sagte sie plötzlich unsicher: Ja, wir werden euch wohl auch bis ans Boot begleiten . . . nicht, Olga? fragte sie rasch ihre Stiefmutter, die eben mit Robert Garde ins Eßzimmer trat. Elu war fest entschlossen, an diesem Abend vergnügt zu sein, das heißt so viel Vorteil als nur möglich aus ihrem schönen Kleid, dem Mondschein und der Gesellschaft zu ziehn. Und das tat sie auch. Erstens führten sie und der Ncchts- anwnlt ein sehr interessantes Gespräch über Musik miteinander; doch nicht allein über Musik, denn natürlich sprachen sie, während sie, um sich „abzukühlen," in der großen hell erleuchteten Halle auf und ab gingen, auch über alles mögliche andre, was ihnen gerade einfiel. Und die ganze Zeit über hatte sie den bestimmten Ein¬ druck, daß es für seine ruhigen, vorstehenden Augen, die sie vorhin ungerechterweif.' „schläfrig" genannt hatte, ein wahres Fest war, ihr sonnengoldiges Haar, ihre dunkeln unbeschcitteten Augen und ihre prachtvolle weiße Haut unter dem schwarzen Tüll mit dem stahlblauen Flitter zu betrachten. Sie hatten eine innige Freude aneinander, das fühlten sie beide, ohne es einander zu sagen, und eins war dem andern aufrichtig dankbar dafür. Aber dann war diese Olga gekommen, hatte sich in die Unterhaltung gemischt und sich zum Schluß des widerstandslos galanten Roberts ganz bemächtigt. Und dann waren die langweiligen Erfrischungen gekommen, sowie Fräulein Bibbis und Onkel Brinnts begeisterte Lobpreisungen, für die sie natürlich auch dankbar sein und die sie in passender Weise beantworten mußte. Dagegen hatte Elu, nachdem sie ausgesungen hatte, von Hauptmann Hall nicht mehr viel gesehen. Nicht daß sie ihn vermißt hätte, selbstverständlich nicht! Sie hatte ja andre, mit deuen sie sich unterhalten konnte. Aber am Schluß des Abends, als sich die Gesellschaft gewissermaßen auflöste und nach Belieben in der großen Wohnung verteilte, waren sie zufälligerweise miteinander ins Gespräch ge¬ kommen, und dann hatten sie sich in einem der ziemlich verlassenen Gemächer zwischen dem Eßzimmer und der Wohnstube niedergelassen. Hier bestand die ganze Beleuchtung aus einem Paar Armleuchter ans einem alten Sekretär und außerdem natürlich aus dem Mondschein. Elu, die ganz tat, als ob sie zuhause sei, war auf das breite Gesims am offnen Fenster geklettert, und Hauptmann Arvid hatte sich auf einen Stuhl ihr gegenüber gesetzt. Sie saß sehr aufrecht da, den Nacken fest um die Wand gedrückt, und hielt einige große blaue Astern im Schoß, die sie vorher im Gürtel getragen hatte. E r rauchte eine Zigarette, und der weißlichblaue Rauch zog in leichten Ringen an ihr vorbei durch das offne Fenster hinaus. Ja, Sympathie . . . sagte Elu nachdenklich — ihre Unterhaltung hatte sich ans allerlei künstlichen Wegen bis zu diesem Punkt hindurchgeschlmigelt —; es ist so schwer zu bestimmen, wann man wirkliche Sympathie fühlt. Meinen Sie? fragte Hauptmann Hall und beugte sich vor, um die Asche feiner Zigarette am Fensterkreuz abzustreifen. Ich glaubte. die Damen hätten ein fast angebornes Verständnis für so etwas. Wenn es mir so wäre! rief Elu zweifelnd. Aber ich — sie sagte dies seh,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 63, 1904, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341879_295218/117>, abgerufen am 20.05.2024.