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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Historisch - dramatisches Ligurenkabinett

sofort vertrauensvoll ausgesprochnen Berufung an das Konzil in dem nuf-
genommnen Protokoll Erwähnung zu tun.

Da sich die Jungfrau aus Furcht vor dem Feuertode, mit dem ihr ernst¬
lich gedroht wurde, dazu verstanden hatte, öffentlich zu widerrufen und abzu¬
schwören, und sich das Nouennescr geistliche Gericht in Rücksicht aus diese
Unterwerfung und die dadurch bezeugte Rückkehr des verirrten Schäfleins in
den Schoß der Kirche damit begnügt hatte, sie als Buße für ihre Sünden
und ihren Abfall für den Rest ihres Lebens zu schwerer Kerkerhaft bei Wasser
und Brot zu verurteilen, so hätte mit einer so wenig sensationellen Bestrafung
Richard Beauchmnp, Grafen von Wcirwick, seine Absicht nicht erreicht, der Welt
zu zeigen, daß man nur Hexenkünsten erlegen, deren aber endlich doch Herr
geworden sei: nur der schreckliche Tod durch Verbrennung bei lebendigem
Leibe, zu dessen Erleidung die ihre eiserne Faust abermals unter einem un¬
blutigen Müutelchen verbergende Kirche die überführten unbußfertigen Ketzer
der weltlichen Hand auszuliefern pflegte, konnte dein von abergläubischer
Furcht erfüllten Heere und der an der Macht wie an dem Rechte Englands
zweifelhaft gewordnen Welt überzeugende Gewißheit verschaffen, daß die Zeit
der Mißerfolge vorüber und den unermüdlich schleichenden Leoparden lMvapÄnt")
neue Beute gewiß sei. Natürlich wußte Peter Ccmchon, der gewissenlose
Bischof von Beauvais, sofort Rat. Mit rückfälligen Ketzern hatte die Kirche
kein Erbarmen; wenn es aber nur dciranf ankam, den Rückfall herbeizuführen
und zu konstatieren, so war für Leute, die es, wie der englische Graf und der
burgundische Bischof, mit der Wahl der Mittel nicht weiter genau nahmen, in
der Tat nichts leichter als dieses. An die Stimmen, von denen sie sich ver¬
trauensvoll hatte führen lassen, glaubte die Jungfrau noch immer; daraus
machte sie kein Hehl, und die männliche Kleidung, die ihrer Jungfräulichkeit,
namentlich während der Gefangenschaft als Schutz gedient, die man ihr aber
in einem besondern Abschnitt der Klagschrift zum Verbrechen gemacht, und die
sie deshalb, sehr gegen ihren Wunsch, mit der weiblichen vertauscht hatte, würde
sie sicherlich wieder anlegen, wenn man ihr, der mit schweren Ketten fest¬
geschlossenen, keine Wahl ließ. Die sie im Kerker bewachenden Soldaten er¬
hielten deshalb Befehl, ihr in der Nacht die Weiberkleider wegzunehmen und
an deren Stelle die frühern Männerkleider zu reichen. Kaum hatte sie diese,
da ihr keine Wahl blieb, angelegt -- man vergleiche das im Gutachten von
Doktor Paul Pontanus über den Rückfall gesagte --, so war auch der Bischof
schon da, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Tatbestand des Rück-
falls außer Zweifel sei, soll er nach dem Zeugnis des Dominikaners Martin
Ladvcnu, als er das Schloß verließ, um in seine Wohnung zurückzukehren, dem
Grafen Warwick jubelnd die halb englischen, halb französischen Worte zugerufen
haben: lÄrowslIe, lÄronMö, it en e-se tkiot, kgiotes bonus ouiöre.

Obwohl es in dem Leben der Jungfrau an einer tragischen Schuld so
gänzlich gefehlt hat, daß Schiller, um seine Tragödie aufzubauen, eine erfinden
mußte, und obwohl man glauben sollte, die kindliche Unschuld, die Sittenrein-
heit, die Bescheidenheit, das Gottvertrauen, die Vaterlandsliebe, die Entschlossen¬
heit, der Mut, mit einem Worte die Heidenseele des herrlichen Mädchens hätte
die erbittertsten Feinde zu Ehrfurcht und Begeisterung hinreißen müssen, wußten
doch der Staatsmann und der Kirchenfürst ihr Auge gegen den reinen Glanz
ihrer mehr als irdischen Vollkommenheit zu verschließen. Sie wurde als
wiLörg.d1sinciut> reuolleue et tumdöö, als it6r6t,i<zue odstiuee, axoswtiz iuvorri-
Aidls et ^Äolatrs reoiclive zum Feuertode verurteilt, den sie mit der frommen
Sündhaftigkeit einer Märtyrerin erduldete. Als sie uach furchtbaren Qualen ver¬
scheidend das Haupt neigte, war noch der Name des Erlösers auf ihren Lippen.

Nach sechsundzwanzig Jahren erfolgte auf den Antrag von Johannas
Mutter und ihrer Familie die Wiederaufnahme des Verfahrens, die, wie es


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sofort vertrauensvoll ausgesprochnen Berufung an das Konzil in dem nuf-
genommnen Protokoll Erwähnung zu tun.

Da sich die Jungfrau aus Furcht vor dem Feuertode, mit dem ihr ernst¬
lich gedroht wurde, dazu verstanden hatte, öffentlich zu widerrufen und abzu¬
schwören, und sich das Nouennescr geistliche Gericht in Rücksicht aus diese
Unterwerfung und die dadurch bezeugte Rückkehr des verirrten Schäfleins in
den Schoß der Kirche damit begnügt hatte, sie als Buße für ihre Sünden
und ihren Abfall für den Rest ihres Lebens zu schwerer Kerkerhaft bei Wasser
und Brot zu verurteilen, so hätte mit einer so wenig sensationellen Bestrafung
Richard Beauchmnp, Grafen von Wcirwick, seine Absicht nicht erreicht, der Welt
zu zeigen, daß man nur Hexenkünsten erlegen, deren aber endlich doch Herr
geworden sei: nur der schreckliche Tod durch Verbrennung bei lebendigem
Leibe, zu dessen Erleidung die ihre eiserne Faust abermals unter einem un¬
blutigen Müutelchen verbergende Kirche die überführten unbußfertigen Ketzer
der weltlichen Hand auszuliefern pflegte, konnte dein von abergläubischer
Furcht erfüllten Heere und der an der Macht wie an dem Rechte Englands
zweifelhaft gewordnen Welt überzeugende Gewißheit verschaffen, daß die Zeit
der Mißerfolge vorüber und den unermüdlich schleichenden Leoparden lMvapÄnt«)
neue Beute gewiß sei. Natürlich wußte Peter Ccmchon, der gewissenlose
Bischof von Beauvais, sofort Rat. Mit rückfälligen Ketzern hatte die Kirche
kein Erbarmen; wenn es aber nur dciranf ankam, den Rückfall herbeizuführen
und zu konstatieren, so war für Leute, die es, wie der englische Graf und der
burgundische Bischof, mit der Wahl der Mittel nicht weiter genau nahmen, in
der Tat nichts leichter als dieses. An die Stimmen, von denen sie sich ver¬
trauensvoll hatte führen lassen, glaubte die Jungfrau noch immer; daraus
machte sie kein Hehl, und die männliche Kleidung, die ihrer Jungfräulichkeit,
namentlich während der Gefangenschaft als Schutz gedient, die man ihr aber
in einem besondern Abschnitt der Klagschrift zum Verbrechen gemacht, und die
sie deshalb, sehr gegen ihren Wunsch, mit der weiblichen vertauscht hatte, würde
sie sicherlich wieder anlegen, wenn man ihr, der mit schweren Ketten fest¬
geschlossenen, keine Wahl ließ. Die sie im Kerker bewachenden Soldaten er¬
hielten deshalb Befehl, ihr in der Nacht die Weiberkleider wegzunehmen und
an deren Stelle die frühern Männerkleider zu reichen. Kaum hatte sie diese,
da ihr keine Wahl blieb, angelegt — man vergleiche das im Gutachten von
Doktor Paul Pontanus über den Rückfall gesagte —, so war auch der Bischof
schon da, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Tatbestand des Rück-
falls außer Zweifel sei, soll er nach dem Zeugnis des Dominikaners Martin
Ladvcnu, als er das Schloß verließ, um in seine Wohnung zurückzukehren, dem
Grafen Warwick jubelnd die halb englischen, halb französischen Worte zugerufen
haben: lÄrowslIe, lÄronMö, it en e-se tkiot, kgiotes bonus ouiöre.

Obwohl es in dem Leben der Jungfrau an einer tragischen Schuld so
gänzlich gefehlt hat, daß Schiller, um seine Tragödie aufzubauen, eine erfinden
mußte, und obwohl man glauben sollte, die kindliche Unschuld, die Sittenrein-
heit, die Bescheidenheit, das Gottvertrauen, die Vaterlandsliebe, die Entschlossen¬
heit, der Mut, mit einem Worte die Heidenseele des herrlichen Mädchens hätte
die erbittertsten Feinde zu Ehrfurcht und Begeisterung hinreißen müssen, wußten
doch der Staatsmann und der Kirchenfürst ihr Auge gegen den reinen Glanz
ihrer mehr als irdischen Vollkommenheit zu verschließen. Sie wurde als
wiLörg.d1sinciut> reuolleue et tumdöö, als it6r6t,i<zue odstiuee, axoswtiz iuvorri-
Aidls et ^Äolatrs reoiclive zum Feuertode verurteilt, den sie mit der frommen
Sündhaftigkeit einer Märtyrerin erduldete. Als sie uach furchtbaren Qualen ver¬
scheidend das Haupt neigte, war noch der Name des Erlösers auf ihren Lippen.

Nach sechsundzwanzig Jahren erfolgte auf den Antrag von Johannas
Mutter und ihrer Familie die Wiederaufnahme des Verfahrens, die, wie es


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[0276] Historisch - dramatisches Ligurenkabinett sofort vertrauensvoll ausgesprochnen Berufung an das Konzil in dem nuf- genommnen Protokoll Erwähnung zu tun. Da sich die Jungfrau aus Furcht vor dem Feuertode, mit dem ihr ernst¬ lich gedroht wurde, dazu verstanden hatte, öffentlich zu widerrufen und abzu¬ schwören, und sich das Nouennescr geistliche Gericht in Rücksicht aus diese Unterwerfung und die dadurch bezeugte Rückkehr des verirrten Schäfleins in den Schoß der Kirche damit begnügt hatte, sie als Buße für ihre Sünden und ihren Abfall für den Rest ihres Lebens zu schwerer Kerkerhaft bei Wasser und Brot zu verurteilen, so hätte mit einer so wenig sensationellen Bestrafung Richard Beauchmnp, Grafen von Wcirwick, seine Absicht nicht erreicht, der Welt zu zeigen, daß man nur Hexenkünsten erlegen, deren aber endlich doch Herr geworden sei: nur der schreckliche Tod durch Verbrennung bei lebendigem Leibe, zu dessen Erleidung die ihre eiserne Faust abermals unter einem un¬ blutigen Müutelchen verbergende Kirche die überführten unbußfertigen Ketzer der weltlichen Hand auszuliefern pflegte, konnte dein von abergläubischer Furcht erfüllten Heere und der an der Macht wie an dem Rechte Englands zweifelhaft gewordnen Welt überzeugende Gewißheit verschaffen, daß die Zeit der Mißerfolge vorüber und den unermüdlich schleichenden Leoparden lMvapÄnt«) neue Beute gewiß sei. Natürlich wußte Peter Ccmchon, der gewissenlose Bischof von Beauvais, sofort Rat. Mit rückfälligen Ketzern hatte die Kirche kein Erbarmen; wenn es aber nur dciranf ankam, den Rückfall herbeizuführen und zu konstatieren, so war für Leute, die es, wie der englische Graf und der burgundische Bischof, mit der Wahl der Mittel nicht weiter genau nahmen, in der Tat nichts leichter als dieses. An die Stimmen, von denen sie sich ver¬ trauensvoll hatte führen lassen, glaubte die Jungfrau noch immer; daraus machte sie kein Hehl, und die männliche Kleidung, die ihrer Jungfräulichkeit, namentlich während der Gefangenschaft als Schutz gedient, die man ihr aber in einem besondern Abschnitt der Klagschrift zum Verbrechen gemacht, und die sie deshalb, sehr gegen ihren Wunsch, mit der weiblichen vertauscht hatte, würde sie sicherlich wieder anlegen, wenn man ihr, der mit schweren Ketten fest¬ geschlossenen, keine Wahl ließ. Die sie im Kerker bewachenden Soldaten er¬ hielten deshalb Befehl, ihr in der Nacht die Weiberkleider wegzunehmen und an deren Stelle die frühern Männerkleider zu reichen. Kaum hatte sie diese, da ihr keine Wahl blieb, angelegt — man vergleiche das im Gutachten von Doktor Paul Pontanus über den Rückfall gesagte —, so war auch der Bischof schon da, und nachdem er sich überzeugt hatte, daß der Tatbestand des Rück- falls außer Zweifel sei, soll er nach dem Zeugnis des Dominikaners Martin Ladvcnu, als er das Schloß verließ, um in seine Wohnung zurückzukehren, dem Grafen Warwick jubelnd die halb englischen, halb französischen Worte zugerufen haben: lÄrowslIe, lÄronMö, it en e-se tkiot, kgiotes bonus ouiöre. Obwohl es in dem Leben der Jungfrau an einer tragischen Schuld so gänzlich gefehlt hat, daß Schiller, um seine Tragödie aufzubauen, eine erfinden mußte, und obwohl man glauben sollte, die kindliche Unschuld, die Sittenrein- heit, die Bescheidenheit, das Gottvertrauen, die Vaterlandsliebe, die Entschlossen¬ heit, der Mut, mit einem Worte die Heidenseele des herrlichen Mädchens hätte die erbittertsten Feinde zu Ehrfurcht und Begeisterung hinreißen müssen, wußten doch der Staatsmann und der Kirchenfürst ihr Auge gegen den reinen Glanz ihrer mehr als irdischen Vollkommenheit zu verschließen. Sie wurde als wiLörg.d1sinciut> reuolleue et tumdöö, als it6r6t,i<zue odstiuee, axoswtiz iuvorri- Aidls et ^Äolatrs reoiclive zum Feuertode verurteilt, den sie mit der frommen Sündhaftigkeit einer Märtyrerin erduldete. Als sie uach furchtbaren Qualen ver¬ scheidend das Haupt neigte, war noch der Name des Erlösers auf ihren Lippen. Nach sechsundzwanzig Jahren erfolgte auf den Antrag von Johannas Mutter und ihrer Familie die Wiederaufnahme des Verfahrens, die, wie es

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/276>, abgerufen am 19.05.2024.