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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr.

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Des ersten Trennn ngsschmcrzes entkleidet, hat sich auch die Erinnerung
an die gefallnen Kameraden von Jahr zu Jahr mehr in ein pietätvolles Ge¬
denken verwandelt, inmitten dessen uns das"


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als der ehrenvollste und glücklichste Abschluß männlichen Ringens klar wird.
Die Schmach, die Arbeiterscharen eines großen, durch Blut und Eisen wieder¬
vereinigten Volks sich des ihnen die besten Lebenskräfte wegfressenden Krebses
sozialdemokratischer Gesinnungs- und Zuchtlosigkeit auch noch rühmen zu hören,
ist ihnen erspart geblieben. So ruhen sie denn vom Kampfe in Gemeinschaft
mit allen den braven Soldaten, die bis zum letzten Atemzug ihre Pflicht getan,
Leben und Licht für Krone und Vaterland willig geopfert haben. Ob von
Walhalla aus, wohin ihre Seelen geführt worden sind, ihr Blick der Gefahren
gewahr wird, die von außen und von innen das von ihnen so innig geliebte
und so treu geschützte Vaterland bedrohen, wissen wir nicht; ist es der Fall,
wird es ihnen ein Trost sein, zu sehen, daß nicht alle den Einflüsterungen
kurzsichtiger Selbstsucht, elenden Neides und banausischen Gefallens an den
niedrigsten Lebensgütern Gehör geben; wenn, wie zu erwarten steht, der
Augenblick überraschend kommt, daß wir an der Grenze wie in unsern Gro߬
städten rechte Herzen und rechte Fäuste wirklich zu Brote brauchen, wird sich
noch eine genügende Zahl finden, die bereit ist, zu tun, was sie getan haben,
bereit, wie sie, zu kämpfen und zu sterben für deutsche Freiheit und Unab¬
hängigkeit, für König, Fahne und Gesetz.

Gleich nach Sedan hatte man sich sogar in König Wilhelms unmittel¬
barer Umgebung von dem über das französische Kaiserreich erfochtnen Siege zu
viel versprochen, und man war in den auf diese Katastrophe folgenden sieben
bis acht Wochen daheim sowohl wie im Heere vielfach des Wartens müde
und geradezu ungeduldig geworden. Die überspannten Erwartungen folgende
Enttäuschung machte sich fühlbar. Wie Bismarck und Moltke sogleich im
ersten Augenblick erkannt hatten, war Anfang September der Kampf weder
zu Ende uoch seinem Ende nahe; er war nur ein andrer geworden, und wenn
man von rein militärischem Standpunkte sagen konnte, daß man sich durch die
Siege des Monats August, durch die Gefangennahme Napoleons des Dritten
und durch die spätere Einnahme von Metz und Straßburg der nirgends weniger
als im großen Hauptquartier unterschützten kadremäßigen französischen Schutz-
und Trutzwaffen bemächtigt habe, so war doch ein großer Teil des Landes
und dessen, bei rechter Schulung, für Kriegszwecke ausnehmend brauchbarer
Bevölkerung, soweit sie nicht den kaiserlichen Heeren angehört hatte, noch un¬
angetastet. Es lebte in ihr eine mit gekränkten Stolz und verletzter National¬
eitelkeit gepaarte Vaterlandsliebe, deren mächtiges Auflodern jedem Volke zur
Ehre gereicht hätte, und wenn es auch in maßgebenden Kreisen für unmöglich
gilt, mit solchen aus dem Boden gestampften, im Wege des Massenaufgebots
improvisierten Volksheeren gegen gut geschulte und gut geführte Berufstruppen
dauernde Erfolge zu erreichen, so erwarteten doch seltsame Überraschungen
die deutsche Heeresleitung, als sich Paris mit einem gewaltigen Anlauf in


Die T^ige on>» Lhainpigny und villiers

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an die gefallnen Kameraden von Jahr zu Jahr mehr in ein pietätvolles Ge¬
denken verwandelt, inmitten dessen uns das"


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Die Schmach, die Arbeiterscharen eines großen, durch Blut und Eisen wieder¬
vereinigten Volks sich des ihnen die besten Lebenskräfte wegfressenden Krebses
sozialdemokratischer Gesinnungs- und Zuchtlosigkeit auch noch rühmen zu hören,
ist ihnen erspart geblieben. So ruhen sie denn vom Kampfe in Gemeinschaft
mit allen den braven Soldaten, die bis zum letzten Atemzug ihre Pflicht getan,
Leben und Licht für Krone und Vaterland willig geopfert haben. Ob von
Walhalla aus, wohin ihre Seelen geführt worden sind, ihr Blick der Gefahren
gewahr wird, die von außen und von innen das von ihnen so innig geliebte
und so treu geschützte Vaterland bedrohen, wissen wir nicht; ist es der Fall,
wird es ihnen ein Trost sein, zu sehen, daß nicht alle den Einflüsterungen
kurzsichtiger Selbstsucht, elenden Neides und banausischen Gefallens an den
niedrigsten Lebensgütern Gehör geben; wenn, wie zu erwarten steht, der
Augenblick überraschend kommt, daß wir an der Grenze wie in unsern Gro߬
städten rechte Herzen und rechte Fäuste wirklich zu Brote brauchen, wird sich
noch eine genügende Zahl finden, die bereit ist, zu tun, was sie getan haben,
bereit, wie sie, zu kämpfen und zu sterben für deutsche Freiheit und Unab¬
hängigkeit, für König, Fahne und Gesetz.

Gleich nach Sedan hatte man sich sogar in König Wilhelms unmittel¬
barer Umgebung von dem über das französische Kaiserreich erfochtnen Siege zu
viel versprochen, und man war in den auf diese Katastrophe folgenden sieben
bis acht Wochen daheim sowohl wie im Heere vielfach des Wartens müde
und geradezu ungeduldig geworden. Die überspannten Erwartungen folgende
Enttäuschung machte sich fühlbar. Wie Bismarck und Moltke sogleich im
ersten Augenblick erkannt hatten, war Anfang September der Kampf weder
zu Ende uoch seinem Ende nahe; er war nur ein andrer geworden, und wenn
man von rein militärischem Standpunkte sagen konnte, daß man sich durch die
Siege des Monats August, durch die Gefangennahme Napoleons des Dritten
und durch die spätere Einnahme von Metz und Straßburg der nirgends weniger
als im großen Hauptquartier unterschützten kadremäßigen französischen Schutz-
und Trutzwaffen bemächtigt habe, so war doch ein großer Teil des Landes
und dessen, bei rechter Schulung, für Kriegszwecke ausnehmend brauchbarer
Bevölkerung, soweit sie nicht den kaiserlichen Heeren angehört hatte, noch un¬
angetastet. Es lebte in ihr eine mit gekränkten Stolz und verletzter National¬
eitelkeit gepaarte Vaterlandsliebe, deren mächtiges Auflodern jedem Volke zur
Ehre gereicht hätte, und wenn es auch in maßgebenden Kreisen für unmöglich
gilt, mit solchen aus dem Boden gestampften, im Wege des Massenaufgebots
improvisierten Volksheeren gegen gut geschulte und gut geführte Berufstruppen
dauernde Erfolge zu erreichen, so erwarteten doch seltsame Überraschungen
die deutsche Heeresleitung, als sich Paris mit einem gewaltigen Anlauf in


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[0374] Die T^ige on>» Lhainpigny und villiers Des ersten Trennn ngsschmcrzes entkleidet, hat sich auch die Erinnerung an die gefallnen Kameraden von Jahr zu Jahr mehr in ein pietätvolles Ge¬ denken verwandelt, inmitten dessen uns das" ?^s,- /^//«c^« ?o?s ^<^«<7« ?re/>?'<>^look als der ehrenvollste und glücklichste Abschluß männlichen Ringens klar wird. Die Schmach, die Arbeiterscharen eines großen, durch Blut und Eisen wieder¬ vereinigten Volks sich des ihnen die besten Lebenskräfte wegfressenden Krebses sozialdemokratischer Gesinnungs- und Zuchtlosigkeit auch noch rühmen zu hören, ist ihnen erspart geblieben. So ruhen sie denn vom Kampfe in Gemeinschaft mit allen den braven Soldaten, die bis zum letzten Atemzug ihre Pflicht getan, Leben und Licht für Krone und Vaterland willig geopfert haben. Ob von Walhalla aus, wohin ihre Seelen geführt worden sind, ihr Blick der Gefahren gewahr wird, die von außen und von innen das von ihnen so innig geliebte und so treu geschützte Vaterland bedrohen, wissen wir nicht; ist es der Fall, wird es ihnen ein Trost sein, zu sehen, daß nicht alle den Einflüsterungen kurzsichtiger Selbstsucht, elenden Neides und banausischen Gefallens an den niedrigsten Lebensgütern Gehör geben; wenn, wie zu erwarten steht, der Augenblick überraschend kommt, daß wir an der Grenze wie in unsern Gro߬ städten rechte Herzen und rechte Fäuste wirklich zu Brote brauchen, wird sich noch eine genügende Zahl finden, die bereit ist, zu tun, was sie getan haben, bereit, wie sie, zu kämpfen und zu sterben für deutsche Freiheit und Unab¬ hängigkeit, für König, Fahne und Gesetz. Gleich nach Sedan hatte man sich sogar in König Wilhelms unmittel¬ barer Umgebung von dem über das französische Kaiserreich erfochtnen Siege zu viel versprochen, und man war in den auf diese Katastrophe folgenden sieben bis acht Wochen daheim sowohl wie im Heere vielfach des Wartens müde und geradezu ungeduldig geworden. Die überspannten Erwartungen folgende Enttäuschung machte sich fühlbar. Wie Bismarck und Moltke sogleich im ersten Augenblick erkannt hatten, war Anfang September der Kampf weder zu Ende uoch seinem Ende nahe; er war nur ein andrer geworden, und wenn man von rein militärischem Standpunkte sagen konnte, daß man sich durch die Siege des Monats August, durch die Gefangennahme Napoleons des Dritten und durch die spätere Einnahme von Metz und Straßburg der nirgends weniger als im großen Hauptquartier unterschützten kadremäßigen französischen Schutz- und Trutzwaffen bemächtigt habe, so war doch ein großer Teil des Landes und dessen, bei rechter Schulung, für Kriegszwecke ausnehmend brauchbarer Bevölkerung, soweit sie nicht den kaiserlichen Heeren angehört hatte, noch un¬ angetastet. Es lebte in ihr eine mit gekränkten Stolz und verletzter National¬ eitelkeit gepaarte Vaterlandsliebe, deren mächtiges Auflodern jedem Volke zur Ehre gereicht hätte, und wenn es auch in maßgebenden Kreisen für unmöglich gilt, mit solchen aus dem Boden gestampften, im Wege des Massenaufgebots improvisierten Volksheeren gegen gut geschulte und gut geführte Berufstruppen dauernde Erfolge zu erreichen, so erwarteten doch seltsame Überraschungen die deutsche Heeresleitung, als sich Paris mit einem gewaltigen Anlauf in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296010/374>, abgerufen am 28.05.2024.