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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wenn die Zeitungen wahrheitgetren berichtet haben, muß man diese Vortrage
bedauern -- im Interesse Haeckels selbst, in dem der Wissenschaft und in dem der
evangelischen Kirche. Es berührt doch peinlich, wenn ein Heros der deutschen
Wissenschaft vor eiuer zu seinen Gunsten befangnen Zuhörerschaft einen ehrlich aus-
gesprochnen Vorbehalt durch die falsche Bezeichnung rvsorvatio monwlis verdächtigt;
noch peinlicher, wenn er einen wissenschaftlichen Gegner von der Bedeutung Reinkes
mit dem Beinamen evangelischer Jesuit "brandmarkt," wie man das bei der
heutigen Stimmung nennen muß. Am allerschlimmsten aber, und zwar schlimm
für die Wissenschaft, ist es, daß er in einer großen Versammlung der Reichs¬
hauptstadt, ohne offnen und entschiednen Widerspruch zu finden, den Schein ver¬
breiten darf, als ob alle Biologen, ausgenommen nur einen katholischen und einen
evangelischen Jesuiten, mit ihm übereinstimmten. Die Grenzbotenleser wissen, daß
die Mehrzahl der heutigen Biologen zwar die Deszendenzlehre annimmt, aber
gerade den Kern der Auffassung Haeckels verwirft und die Unmöglichkeit einsieht,
daß die Entstehung der Organismen und ihrer verschiednen Arten ans einem rein
mechanischen Prozeß erklärt werden könne. Immer mehr nähert sich die Biologie
der Auffassung Ednard von Hartmanns, des scharfsinnigsten und gründlichsten
Kritikers Darwins, daß der Entwicklungsprozeß ohne Leitung durch die zwecksetzende
Vernunft des Schöpfers nicht denkbar sei. Und wenn Haeckel so tut, als ob das
Papsttum das einzige und das letzte Bollwerk des Gottesglaubens sei, so beschimpft
er die evangelische Kirche, die sich die Bundesgenossenschaft von Haeckels Gefolge
im Kampfe gegen den Ultramontanismus auf das entschiedenste verbitten muß.
Wer sich der Urteile mancher Fachgenossen Haeckels erinnert, die ihn nicht mehr
ernst nehmen, der wird vielleicht diese Bemerkungen überflüssig finden. Aber man
muß bedenken, daß die neuern und die neusten Richtungen der Biologie in der
Tagespresse so gut wie gar nicht zu Worte kommen, schon aus dem Grunde, weil
sich wirklich wissenschaftliche Erörterungen nicht so leicht in packende, sensationelle und
dem Zeitgeschmack entsprechende Schlagworte kleiden lassen wie die Phantasien
Haeckels. Darum wird das große Publikum über deu Stand der Forschung ge¬
wöhnlich nur vou zwei Seiten unterrichtet: einerseits von unbedingten Anhängern
Haeckels, die dessen leichtverständlichen und leicht zu behaltenden Katechismus
wiederkäuen, andrerseits von kirchlich gesinnten Blättern beider Konfessionen, deren
Darstellung von der Masse der sogenannten Gebildeten und von der sozialdemo-
kratischen Arbeiterschaft von vornherein als "unwissenschaftlich" abgelehnt wird,
weil es in diesen Kreisen als Dogma gilt, daß ein Christ nicht wissenschaftlich sein
könne. Zum Schluß führen wir noch einmal folgenden Satz von H. Driesch
(Neinke hat ihn in seiner Rede bei der Säkularfeier der Universität Kiel am
1.3. Januar 1900 aus dem Biologischen Zentralblatt von 1896, Seite 355,
stiert): "Der Darwinismus gehört der Geschichte an wie das andre Kuriosum unsers
Jahrhunderts, die Hegelsche Philosophie; beide sind Variationen über das Thema:
^BZie man eine ganze Generation an der Nase führt" und nicht gerade geeignet,
unser scheltendes Säkulum in den Augen späterer Geschlechter besonders zu heben."


Jean Paul über Schiller.

Schillers und Jean Pauls künstlerisches
^"Wfinden decken sich nur sehr wenig. Jean Paul hat eine Menge Kritteleien
äegen Schiller geäußert, und Schiller hat von ihm gesagt, er käme ihm vor wie ans
°e>n Monde gefallen. Doch hat es auch an beiderseitiger Anerkennung nicht gefehlt;
und was eine so feinfühlige Natur und ein so energischer Denker, wie Jean Paul
"^r, als zeitgenössischer Beurteiler zugunsten Schillers gesagt hat, wird man heute
sern wieder vernehmen.

^, In Lehrgedichten, wozu Jen" Paul alles das rechnet, was wir heute besser
^ednnkeudichtung nennen, auch das "Lied an die Freude," wozu aber auch, wie er
"beinahe Schillers ästhetische Abhandlungen gehören, müssen ihn alle neuern
^iter auf einem Siegeswagen lassen, dem sogar die Alten nicht weit vorfahren." Und


Maßgebliches und Unmaßgebliches

Wenn die Zeitungen wahrheitgetren berichtet haben, muß man diese Vortrage
bedauern — im Interesse Haeckels selbst, in dem der Wissenschaft und in dem der
evangelischen Kirche. Es berührt doch peinlich, wenn ein Heros der deutschen
Wissenschaft vor eiuer zu seinen Gunsten befangnen Zuhörerschaft einen ehrlich aus-
gesprochnen Vorbehalt durch die falsche Bezeichnung rvsorvatio monwlis verdächtigt;
noch peinlicher, wenn er einen wissenschaftlichen Gegner von der Bedeutung Reinkes
mit dem Beinamen evangelischer Jesuit „brandmarkt," wie man das bei der
heutigen Stimmung nennen muß. Am allerschlimmsten aber, und zwar schlimm
für die Wissenschaft, ist es, daß er in einer großen Versammlung der Reichs¬
hauptstadt, ohne offnen und entschiednen Widerspruch zu finden, den Schein ver¬
breiten darf, als ob alle Biologen, ausgenommen nur einen katholischen und einen
evangelischen Jesuiten, mit ihm übereinstimmten. Die Grenzbotenleser wissen, daß
die Mehrzahl der heutigen Biologen zwar die Deszendenzlehre annimmt, aber
gerade den Kern der Auffassung Haeckels verwirft und die Unmöglichkeit einsieht,
daß die Entstehung der Organismen und ihrer verschiednen Arten ans einem rein
mechanischen Prozeß erklärt werden könne. Immer mehr nähert sich die Biologie
der Auffassung Ednard von Hartmanns, des scharfsinnigsten und gründlichsten
Kritikers Darwins, daß der Entwicklungsprozeß ohne Leitung durch die zwecksetzende
Vernunft des Schöpfers nicht denkbar sei. Und wenn Haeckel so tut, als ob das
Papsttum das einzige und das letzte Bollwerk des Gottesglaubens sei, so beschimpft
er die evangelische Kirche, die sich die Bundesgenossenschaft von Haeckels Gefolge
im Kampfe gegen den Ultramontanismus auf das entschiedenste verbitten muß.
Wer sich der Urteile mancher Fachgenossen Haeckels erinnert, die ihn nicht mehr
ernst nehmen, der wird vielleicht diese Bemerkungen überflüssig finden. Aber man
muß bedenken, daß die neuern und die neusten Richtungen der Biologie in der
Tagespresse so gut wie gar nicht zu Worte kommen, schon aus dem Grunde, weil
sich wirklich wissenschaftliche Erörterungen nicht so leicht in packende, sensationelle und
dem Zeitgeschmack entsprechende Schlagworte kleiden lassen wie die Phantasien
Haeckels. Darum wird das große Publikum über deu Stand der Forschung ge¬
wöhnlich nur vou zwei Seiten unterrichtet: einerseits von unbedingten Anhängern
Haeckels, die dessen leichtverständlichen und leicht zu behaltenden Katechismus
wiederkäuen, andrerseits von kirchlich gesinnten Blättern beider Konfessionen, deren
Darstellung von der Masse der sogenannten Gebildeten und von der sozialdemo-
kratischen Arbeiterschaft von vornherein als „unwissenschaftlich" abgelehnt wird,
weil es in diesen Kreisen als Dogma gilt, daß ein Christ nicht wissenschaftlich sein
könne. Zum Schluß führen wir noch einmal folgenden Satz von H. Driesch
(Neinke hat ihn in seiner Rede bei der Säkularfeier der Universität Kiel am
1.3. Januar 1900 aus dem Biologischen Zentralblatt von 1896, Seite 355,
stiert): „Der Darwinismus gehört der Geschichte an wie das andre Kuriosum unsers
Jahrhunderts, die Hegelsche Philosophie; beide sind Variationen über das Thema:
^BZie man eine ganze Generation an der Nase führt« und nicht gerade geeignet,
unser scheltendes Säkulum in den Augen späterer Geschlechter besonders zu heben."


Jean Paul über Schiller.

Schillers und Jean Pauls künstlerisches
^"Wfinden decken sich nur sehr wenig. Jean Paul hat eine Menge Kritteleien
äegen Schiller geäußert, und Schiller hat von ihm gesagt, er käme ihm vor wie ans
°e>n Monde gefallen. Doch hat es auch an beiderseitiger Anerkennung nicht gefehlt;
und was eine so feinfühlige Natur und ein so energischer Denker, wie Jean Paul
"^r, als zeitgenössischer Beurteiler zugunsten Schillers gesagt hat, wird man heute
sern wieder vernehmen.

^, In Lehrgedichten, wozu Jen» Paul alles das rechnet, was wir heute besser
^ednnkeudichtung nennen, auch das „Lied an die Freude," wozu aber auch, wie er
„beinahe Schillers ästhetische Abhandlungen gehören, müssen ihn alle neuern
^iter auf einem Siegeswagen lassen, dem sogar die Alten nicht weit vorfahren." Und


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[0291] Maßgebliches und Unmaßgebliches Wenn die Zeitungen wahrheitgetren berichtet haben, muß man diese Vortrage bedauern — im Interesse Haeckels selbst, in dem der Wissenschaft und in dem der evangelischen Kirche. Es berührt doch peinlich, wenn ein Heros der deutschen Wissenschaft vor eiuer zu seinen Gunsten befangnen Zuhörerschaft einen ehrlich aus- gesprochnen Vorbehalt durch die falsche Bezeichnung rvsorvatio monwlis verdächtigt; noch peinlicher, wenn er einen wissenschaftlichen Gegner von der Bedeutung Reinkes mit dem Beinamen evangelischer Jesuit „brandmarkt," wie man das bei der heutigen Stimmung nennen muß. Am allerschlimmsten aber, und zwar schlimm für die Wissenschaft, ist es, daß er in einer großen Versammlung der Reichs¬ hauptstadt, ohne offnen und entschiednen Widerspruch zu finden, den Schein ver¬ breiten darf, als ob alle Biologen, ausgenommen nur einen katholischen und einen evangelischen Jesuiten, mit ihm übereinstimmten. Die Grenzbotenleser wissen, daß die Mehrzahl der heutigen Biologen zwar die Deszendenzlehre annimmt, aber gerade den Kern der Auffassung Haeckels verwirft und die Unmöglichkeit einsieht, daß die Entstehung der Organismen und ihrer verschiednen Arten ans einem rein mechanischen Prozeß erklärt werden könne. Immer mehr nähert sich die Biologie der Auffassung Ednard von Hartmanns, des scharfsinnigsten und gründlichsten Kritikers Darwins, daß der Entwicklungsprozeß ohne Leitung durch die zwecksetzende Vernunft des Schöpfers nicht denkbar sei. Und wenn Haeckel so tut, als ob das Papsttum das einzige und das letzte Bollwerk des Gottesglaubens sei, so beschimpft er die evangelische Kirche, die sich die Bundesgenossenschaft von Haeckels Gefolge im Kampfe gegen den Ultramontanismus auf das entschiedenste verbitten muß. Wer sich der Urteile mancher Fachgenossen Haeckels erinnert, die ihn nicht mehr ernst nehmen, der wird vielleicht diese Bemerkungen überflüssig finden. Aber man muß bedenken, daß die neuern und die neusten Richtungen der Biologie in der Tagespresse so gut wie gar nicht zu Worte kommen, schon aus dem Grunde, weil sich wirklich wissenschaftliche Erörterungen nicht so leicht in packende, sensationelle und dem Zeitgeschmack entsprechende Schlagworte kleiden lassen wie die Phantasien Haeckels. Darum wird das große Publikum über deu Stand der Forschung ge¬ wöhnlich nur vou zwei Seiten unterrichtet: einerseits von unbedingten Anhängern Haeckels, die dessen leichtverständlichen und leicht zu behaltenden Katechismus wiederkäuen, andrerseits von kirchlich gesinnten Blättern beider Konfessionen, deren Darstellung von der Masse der sogenannten Gebildeten und von der sozialdemo- kratischen Arbeiterschaft von vornherein als „unwissenschaftlich" abgelehnt wird, weil es in diesen Kreisen als Dogma gilt, daß ein Christ nicht wissenschaftlich sein könne. Zum Schluß führen wir noch einmal folgenden Satz von H. Driesch (Neinke hat ihn in seiner Rede bei der Säkularfeier der Universität Kiel am 1.3. Januar 1900 aus dem Biologischen Zentralblatt von 1896, Seite 355, stiert): „Der Darwinismus gehört der Geschichte an wie das andre Kuriosum unsers Jahrhunderts, die Hegelsche Philosophie; beide sind Variationen über das Thema: ^BZie man eine ganze Generation an der Nase führt« und nicht gerade geeignet, unser scheltendes Säkulum in den Augen späterer Geschlechter besonders zu heben." Jean Paul über Schiller. Schillers und Jean Pauls künstlerisches ^"Wfinden decken sich nur sehr wenig. Jean Paul hat eine Menge Kritteleien äegen Schiller geäußert, und Schiller hat von ihm gesagt, er käme ihm vor wie ans °e>n Monde gefallen. Doch hat es auch an beiderseitiger Anerkennung nicht gefehlt; und was eine so feinfühlige Natur und ein so energischer Denker, wie Jean Paul "^r, als zeitgenössischer Beurteiler zugunsten Schillers gesagt hat, wird man heute sern wieder vernehmen. ^, In Lehrgedichten, wozu Jen» Paul alles das rechnet, was wir heute besser ^ednnkeudichtung nennen, auch das „Lied an die Freude," wozu aber auch, wie er „beinahe Schillers ästhetische Abhandlungen gehören, müssen ihn alle neuern ^iter auf einem Siegeswagen lassen, dem sogar die Alten nicht weit vorfahren." Und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/291>, abgerufen am 19.05.2024.