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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Maßgebliches und Unmaßgebliches

machen braucht. Je gründlicher Rußlands Niederlage ist, desto vorteilhafter ist es
für England, und je mehr die Siege den Sieger erschöpfen, desto mehr an Gewicht
gewinnt der "Verbündete" des Siegers, der törtius Agucions. Was die Zukunft
anlangt, von der man sagen könnte, daß sie auch für Großbritanniens Stellung
in Ostasien manche Schwierigkeiten im Schoße berge, so ist man sich ohne Zweifel
auch in London darüber klar, die eifrige Betonung der Erneuerung des Bünd¬
nisses mit Japan, der wir in ministeriellen und parlamentarischen Kundgebungen
der jüngsten Zeit ebenso wie in der englischen Presse begegnet sind, erinnert doch
lebhaft an das Sprichwort: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Man wünscht
in England das Bündnis mit Japan noch enger und fester zu machen. Aber das
Japan, mit dem diese Erneuerung zu verhandeln ist, ist nicht mehr das vom
30. Januar 1902. Es ist eine siegreiche Großmacht geworden, siegreich nicht nur
über China, sondern über die dem Umfange nach größte Militärmacht Europas,
und wenngleich Japan diese Erfolge zum Teil auch dem Bündnis mit England
verdankt, so wird es doch in die Fortsetzung dieses Bündnisses mit einem stark ge¬
hobnen Gefühl der Ebenbürtigkeit eintreten. Von japanischer Seite ist deutlich
genug ausgesprochen worden, daß Japan in Zukunft die Hegemonie in Ostasien
beanspruche. Diese Hegemonie stand ehedem bei England. Seit dem Vordringen
der russischen Macht und seit der internationalen Expedition nach China war diese
britische Hegemonie stark bestritten, sie durch das japanische Bündnis zurückzuge¬
winnen, dürfte fortan nicht mehr möglich sein. Ein intimes Verhältnis zu Japan
kann für England nur die Wirkung haben, daß ihm nu Einfluß und Stellung in
Ostasien erhalten bleibt, was es gegenwärtig hat, und daß zugleich Japan dadurch
verhindert wird, in eine zu enge Intimität zu Amerika zu treten.

Der Anspruch Amerikas, die Monroedoktrin bis auf das asiatische Ufer des
Stillen Ozeans auszudehnen, Amerikas Stellung auf Hawai und den Philippinen,
sind andrerseits für Japan ernste Mahnungen, sich nach einem Bündnis umzutun, das
diesem amerikanischen Anspruch gegenüber ausreichend und stark genug wäre. Dieses
Bündnis kann nach Lage der Verhältnisse nur das mit England sein, und in dieser
Sorge Japans liegt für Großbritannien ein hinreichendes Gegengewicht gegenüber der
japanischen Erstarkung. Amerika hat sich beeilt, der russischen Regierung seine guten
Dienste anzubieten. Amerika wünscht den Krieg beendet zu sehen, nicht etwa ans
Menschlichkeitsgründen, sondern in Anbetracht der mit seinen Erfolgen und durch
diese wachsenden 'Bedeutung Japans. Eine Verdrängung Rußlands aus Ostasien
liegt also nicht im Interesse der Vereinigten Staaten, denen in Japan ein viel
unbequemeres Element der Macht und Stärke, gehoben durch kriegerische Erfolge
allerersten Ranges, gegenübertritt. Aus dieser Stellung der Mächte zueinander
ergibt sich deutlich, wie außerordentlich sich der Interessenkreis für sie alle erweitert
hat, und daß er tatsächlich den Erdball umspannt.

Wenn die Vereinigten Staaten dabei fortgesetzt durch den Mund ihres Präsi¬
denten die Notwendigkeit der Schaffung einer starken Flotte betonen, so weisen sie
damit nur auf das Machtmittel hin, ans das sich eine solche den Erdkreis um¬
spannende Interessenpolitik stützen muß. Nimmt man hinzu, daß Nußland mit
großer Beschleunigung an die Schaffung einer neuen Flotte hinantreten wird, und
daß Japan ebenso an der Vergrößerung der seinigen mit allen Mitteln arbeiten
wird, zumal nach dem Friedensschlüsse, so muß diese maritime Tätigkeit dreier
Seemächte auf alle andern eine Rückwirkung haben. Italiens neues Flottenprogramm
ist schon bekannt, England und Frankreich sind in unausgesetzter, England dabei
in ziemlich lautloser Arbeit -- Deutschland wird sich diesen Konsequenzen der
Weltlage nicht entziehn dürfen. Von hier aus muß auch die Verabschiedung des
Vertrags mit Bremen durch den preußischen Landtag mit Befriedigung begrüßt
werden. Es entsteht uns dadurch ein neuer großer Hafen an der Nordsee, dessen
dereinstige reiche Hilfsmittel auch unsrer Flotte in mehrfacher Hinsicht zustatten
*Z* kommen werden. Regieren heißt: voraussehen.




Maßgebliches und Unmaßgebliches

machen braucht. Je gründlicher Rußlands Niederlage ist, desto vorteilhafter ist es
für England, und je mehr die Siege den Sieger erschöpfen, desto mehr an Gewicht
gewinnt der „Verbündete" des Siegers, der törtius Agucions. Was die Zukunft
anlangt, von der man sagen könnte, daß sie auch für Großbritanniens Stellung
in Ostasien manche Schwierigkeiten im Schoße berge, so ist man sich ohne Zweifel
auch in London darüber klar, die eifrige Betonung der Erneuerung des Bünd¬
nisses mit Japan, der wir in ministeriellen und parlamentarischen Kundgebungen
der jüngsten Zeit ebenso wie in der englischen Presse begegnet sind, erinnert doch
lebhaft an das Sprichwort: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Man wünscht
in England das Bündnis mit Japan noch enger und fester zu machen. Aber das
Japan, mit dem diese Erneuerung zu verhandeln ist, ist nicht mehr das vom
30. Januar 1902. Es ist eine siegreiche Großmacht geworden, siegreich nicht nur
über China, sondern über die dem Umfange nach größte Militärmacht Europas,
und wenngleich Japan diese Erfolge zum Teil auch dem Bündnis mit England
verdankt, so wird es doch in die Fortsetzung dieses Bündnisses mit einem stark ge¬
hobnen Gefühl der Ebenbürtigkeit eintreten. Von japanischer Seite ist deutlich
genug ausgesprochen worden, daß Japan in Zukunft die Hegemonie in Ostasien
beanspruche. Diese Hegemonie stand ehedem bei England. Seit dem Vordringen
der russischen Macht und seit der internationalen Expedition nach China war diese
britische Hegemonie stark bestritten, sie durch das japanische Bündnis zurückzuge¬
winnen, dürfte fortan nicht mehr möglich sein. Ein intimes Verhältnis zu Japan
kann für England nur die Wirkung haben, daß ihm nu Einfluß und Stellung in
Ostasien erhalten bleibt, was es gegenwärtig hat, und daß zugleich Japan dadurch
verhindert wird, in eine zu enge Intimität zu Amerika zu treten.

Der Anspruch Amerikas, die Monroedoktrin bis auf das asiatische Ufer des
Stillen Ozeans auszudehnen, Amerikas Stellung auf Hawai und den Philippinen,
sind andrerseits für Japan ernste Mahnungen, sich nach einem Bündnis umzutun, das
diesem amerikanischen Anspruch gegenüber ausreichend und stark genug wäre. Dieses
Bündnis kann nach Lage der Verhältnisse nur das mit England sein, und in dieser
Sorge Japans liegt für Großbritannien ein hinreichendes Gegengewicht gegenüber der
japanischen Erstarkung. Amerika hat sich beeilt, der russischen Regierung seine guten
Dienste anzubieten. Amerika wünscht den Krieg beendet zu sehen, nicht etwa ans
Menschlichkeitsgründen, sondern in Anbetracht der mit seinen Erfolgen und durch
diese wachsenden 'Bedeutung Japans. Eine Verdrängung Rußlands aus Ostasien
liegt also nicht im Interesse der Vereinigten Staaten, denen in Japan ein viel
unbequemeres Element der Macht und Stärke, gehoben durch kriegerische Erfolge
allerersten Ranges, gegenübertritt. Aus dieser Stellung der Mächte zueinander
ergibt sich deutlich, wie außerordentlich sich der Interessenkreis für sie alle erweitert
hat, und daß er tatsächlich den Erdball umspannt.

Wenn die Vereinigten Staaten dabei fortgesetzt durch den Mund ihres Präsi¬
denten die Notwendigkeit der Schaffung einer starken Flotte betonen, so weisen sie
damit nur auf das Machtmittel hin, ans das sich eine solche den Erdkreis um¬
spannende Interessenpolitik stützen muß. Nimmt man hinzu, daß Nußland mit
großer Beschleunigung an die Schaffung einer neuen Flotte hinantreten wird, und
daß Japan ebenso an der Vergrößerung der seinigen mit allen Mitteln arbeiten
wird, zumal nach dem Friedensschlüsse, so muß diese maritime Tätigkeit dreier
Seemächte auf alle andern eine Rückwirkung haben. Italiens neues Flottenprogramm
ist schon bekannt, England und Frankreich sind in unausgesetzter, England dabei
in ziemlich lautloser Arbeit — Deutschland wird sich diesen Konsequenzen der
Weltlage nicht entziehn dürfen. Von hier aus muß auch die Verabschiedung des
Vertrags mit Bremen durch den preußischen Landtag mit Befriedigung begrüßt
werden. Es entsteht uns dadurch ein neuer großer Hafen an der Nordsee, dessen
dereinstige reiche Hilfsmittel auch unsrer Flotte in mehrfacher Hinsicht zustatten
*Z* kommen werden. Regieren heißt: voraussehen.




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[0572] Maßgebliches und Unmaßgebliches machen braucht. Je gründlicher Rußlands Niederlage ist, desto vorteilhafter ist es für England, und je mehr die Siege den Sieger erschöpfen, desto mehr an Gewicht gewinnt der „Verbündete" des Siegers, der törtius Agucions. Was die Zukunft anlangt, von der man sagen könnte, daß sie auch für Großbritanniens Stellung in Ostasien manche Schwierigkeiten im Schoße berge, so ist man sich ohne Zweifel auch in London darüber klar, die eifrige Betonung der Erneuerung des Bünd¬ nisses mit Japan, der wir in ministeriellen und parlamentarischen Kundgebungen der jüngsten Zeit ebenso wie in der englischen Presse begegnet sind, erinnert doch lebhaft an das Sprichwort: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Man wünscht in England das Bündnis mit Japan noch enger und fester zu machen. Aber das Japan, mit dem diese Erneuerung zu verhandeln ist, ist nicht mehr das vom 30. Januar 1902. Es ist eine siegreiche Großmacht geworden, siegreich nicht nur über China, sondern über die dem Umfange nach größte Militärmacht Europas, und wenngleich Japan diese Erfolge zum Teil auch dem Bündnis mit England verdankt, so wird es doch in die Fortsetzung dieses Bündnisses mit einem stark ge¬ hobnen Gefühl der Ebenbürtigkeit eintreten. Von japanischer Seite ist deutlich genug ausgesprochen worden, daß Japan in Zukunft die Hegemonie in Ostasien beanspruche. Diese Hegemonie stand ehedem bei England. Seit dem Vordringen der russischen Macht und seit der internationalen Expedition nach China war diese britische Hegemonie stark bestritten, sie durch das japanische Bündnis zurückzuge¬ winnen, dürfte fortan nicht mehr möglich sein. Ein intimes Verhältnis zu Japan kann für England nur die Wirkung haben, daß ihm nu Einfluß und Stellung in Ostasien erhalten bleibt, was es gegenwärtig hat, und daß zugleich Japan dadurch verhindert wird, in eine zu enge Intimität zu Amerika zu treten. Der Anspruch Amerikas, die Monroedoktrin bis auf das asiatische Ufer des Stillen Ozeans auszudehnen, Amerikas Stellung auf Hawai und den Philippinen, sind andrerseits für Japan ernste Mahnungen, sich nach einem Bündnis umzutun, das diesem amerikanischen Anspruch gegenüber ausreichend und stark genug wäre. Dieses Bündnis kann nach Lage der Verhältnisse nur das mit England sein, und in dieser Sorge Japans liegt für Großbritannien ein hinreichendes Gegengewicht gegenüber der japanischen Erstarkung. Amerika hat sich beeilt, der russischen Regierung seine guten Dienste anzubieten. Amerika wünscht den Krieg beendet zu sehen, nicht etwa ans Menschlichkeitsgründen, sondern in Anbetracht der mit seinen Erfolgen und durch diese wachsenden 'Bedeutung Japans. Eine Verdrängung Rußlands aus Ostasien liegt also nicht im Interesse der Vereinigten Staaten, denen in Japan ein viel unbequemeres Element der Macht und Stärke, gehoben durch kriegerische Erfolge allerersten Ranges, gegenübertritt. Aus dieser Stellung der Mächte zueinander ergibt sich deutlich, wie außerordentlich sich der Interessenkreis für sie alle erweitert hat, und daß er tatsächlich den Erdball umspannt. Wenn die Vereinigten Staaten dabei fortgesetzt durch den Mund ihres Präsi¬ denten die Notwendigkeit der Schaffung einer starken Flotte betonen, so weisen sie damit nur auf das Machtmittel hin, ans das sich eine solche den Erdkreis um¬ spannende Interessenpolitik stützen muß. Nimmt man hinzu, daß Nußland mit großer Beschleunigung an die Schaffung einer neuen Flotte hinantreten wird, und daß Japan ebenso an der Vergrößerung der seinigen mit allen Mitteln arbeiten wird, zumal nach dem Friedensschlüsse, so muß diese maritime Tätigkeit dreier Seemächte auf alle andern eine Rückwirkung haben. Italiens neues Flottenprogramm ist schon bekannt, England und Frankreich sind in unausgesetzter, England dabei in ziemlich lautloser Arbeit — Deutschland wird sich diesen Konsequenzen der Weltlage nicht entziehn dürfen. Von hier aus muß auch die Verabschiedung des Vertrags mit Bremen durch den preußischen Landtag mit Befriedigung begrüßt werden. Es entsteht uns dadurch ein neuer großer Hafen an der Nordsee, dessen dereinstige reiche Hilfsmittel auch unsrer Flotte in mehrfacher Hinsicht zustatten *Z* kommen werden. Regieren heißt: voraussehen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/572>, abgerufen am 19.05.2024.