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Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr.

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Herrenmenschen

Betrogenwerden bestünde. Und Ramborn machte die Erfahrung, daß es viel leichter
sei, einzukaufen als zu verkaufen, und setzte manchen Trier bei dem Geschäfte zu.

Doktor, liebster, trautester, sagte Tauenden, lassen Sie sich das nicht leid sein.
Was man andern Gutes tut, das ist immer ein wohlangelegtes Kapital.

Fresseudes Kapital, erwiderte Ramborn lachend. Aber er mußte selbst zu¬
geben, daß die Sache trotzdem ihr Gutes habe. Er gewann Boden, er wurde un¬
merklich eine Größe in Tapnicken, mit der die Leute rechneten. Er hatte sich dessen
nicht rühmen können, so lange er nur seine eignen Angelegenheiten betrieben hatte.

Auch die Kaffeelieferung Wurde fortgesetzt. Anfänglich fuhren Schwechting und
der Herr Kandidat alle Nachmittage mit ihrem Schlitten aufs Eis, und Tauenden
wurde nicht müde, Kaffee zu kochen und den großen Topf zu füllen. Aber bald
zeigte sichs, daß auch der größte Topf dem Bedürfnis nicht genügte. Nun ließ
Ramborn auf ein paar großen Schlittenkufen eine Bude bauen, in die Ofen und
Kaffeetopf hineingestellt wurden. Tauenden lieferte den Stoff, und Arte Veit kochte
den Kaffee und verteilte ihn an die Fischer. Früh zog sie mit den Fischern hinaus,
und Abends kehrte sie mit ihnen heim. Nachdem dies einige Zeit zur Zufriedenheit
der Beteiligten gedauert hatte, kam eine Deputation der Fischer zu Tauenden und
erklärte, die Fischer seien doch keine Ortsarme, und sie könnten doch nicht verlangen,
den Kaffee für umsonst zu erhalten. Man sei dankbar für die Kaffeeküche, aber
man wolle zahlen, was der Kaffee koste, und das könne man auch. Und das ge¬
schah von nun an, und die Fischer machten gegen früher, wo sie ihren halben Fang
für Branntwein ausgegeben hatten, immer noch ein gutes Geschäft.

Die Kupscheller hatten versucht, die Fischer zum Nachgeben zu zwingen, indem
sie keine Fische kauften. Da aber der Doktor jeden unverkauften Rest übernahm
und den Boykott aushielt, gaben sie sich und kauften reell und nach Gewicht, und
der zu übernehmende Rest wurde immer kleiner.

Was wird denn werden, sagte der Jtzig; der Herr Doktor wird die Sache
kriegen satt, daß sie ihm wird stinken unter die Nase. Der Herr Doktor wird sich
verßürnen mit dem Herrn Amtshauptmann, und der Herr Amtshauptmann wird
ihm anßünden ein Feuer unter seinem Stuhle, ah wald. Und der Herr Doktor
wird gehn ßu reisen, wo er ist hergekommen, und wird alles wieder werden,
wie es gewesen ist.

Der Doktor dachte nicht daran, das Fischgeschäft aufzugeben, hoffte vielmehr,
es lukrativ zu machen, und hoffte, wenn die See eisfrei geworden sei, einen Kutter
auszurüsten und das Fischgeschäft ähnlich zu gestalten, wie es die Hochseefischer der
Nordsee eingerichtet haben, nämlich auf hoher See den Fang einzukaufen und ihn
ans dem kürzesten Wege nach Berlin zu senden.

Doktor Ramborn war damit beschäftigt, auf dem Hofe des Gutes zwei
Fischern, die ihn hatten betrügen wollen, und die auch ans seinen Befehl gekommen
waren, gründlich die Leviten zu lesen, als der Herr Pastor hinzukam. Die Fischer
drehten ihre Mützen in den Händen und sahen mißtrauisch und verlegen vom Doktor
zum Pastor und vom Pastor zum Doktor.

Gut, daß Sie kommen, Herr Pastor, rief der Doktor, ich habe hier ein paar
Ihrer Beichtkinder unter den Händen, die es für Recht gehalten haben, Zander
oben auf die Korbe zu legen und wertlose Fische unten hin. Und dies, während
ich aus gutem Willen ihnen die Fische für bares Geld und nach Gewicht abnehme
und vertreibe.

Gaidys, sagte der Herr Pastor, nachdem er dem Herrn Doktor die Hand ge¬
schüttelt hatte, wie lautet das siebente Gebot?

Du sollst nicht stehlen, antwortete Gaidys. Aber ich habe nicht gestohlen.

Du sollst aber auch nicht betrügen.

Ich habe auch nicht betrogen. Ich habe bloß die Zander obenauf gelegt.
Kondrot konnte ja nachsehen, was drunten war, ehe er mir das Geld gab.

Aber, sagte der Herr Pastor, da er nicht nachgesehen hatte, hast du das


Herrenmenschen

Betrogenwerden bestünde. Und Ramborn machte die Erfahrung, daß es viel leichter
sei, einzukaufen als zu verkaufen, und setzte manchen Trier bei dem Geschäfte zu.

Doktor, liebster, trautester, sagte Tauenden, lassen Sie sich das nicht leid sein.
Was man andern Gutes tut, das ist immer ein wohlangelegtes Kapital.

Fresseudes Kapital, erwiderte Ramborn lachend. Aber er mußte selbst zu¬
geben, daß die Sache trotzdem ihr Gutes habe. Er gewann Boden, er wurde un¬
merklich eine Größe in Tapnicken, mit der die Leute rechneten. Er hatte sich dessen
nicht rühmen können, so lange er nur seine eignen Angelegenheiten betrieben hatte.

Auch die Kaffeelieferung Wurde fortgesetzt. Anfänglich fuhren Schwechting und
der Herr Kandidat alle Nachmittage mit ihrem Schlitten aufs Eis, und Tauenden
wurde nicht müde, Kaffee zu kochen und den großen Topf zu füllen. Aber bald
zeigte sichs, daß auch der größte Topf dem Bedürfnis nicht genügte. Nun ließ
Ramborn auf ein paar großen Schlittenkufen eine Bude bauen, in die Ofen und
Kaffeetopf hineingestellt wurden. Tauenden lieferte den Stoff, und Arte Veit kochte
den Kaffee und verteilte ihn an die Fischer. Früh zog sie mit den Fischern hinaus,
und Abends kehrte sie mit ihnen heim. Nachdem dies einige Zeit zur Zufriedenheit
der Beteiligten gedauert hatte, kam eine Deputation der Fischer zu Tauenden und
erklärte, die Fischer seien doch keine Ortsarme, und sie könnten doch nicht verlangen,
den Kaffee für umsonst zu erhalten. Man sei dankbar für die Kaffeeküche, aber
man wolle zahlen, was der Kaffee koste, und das könne man auch. Und das ge¬
schah von nun an, und die Fischer machten gegen früher, wo sie ihren halben Fang
für Branntwein ausgegeben hatten, immer noch ein gutes Geschäft.

Die Kupscheller hatten versucht, die Fischer zum Nachgeben zu zwingen, indem
sie keine Fische kauften. Da aber der Doktor jeden unverkauften Rest übernahm
und den Boykott aushielt, gaben sie sich und kauften reell und nach Gewicht, und
der zu übernehmende Rest wurde immer kleiner.

Was wird denn werden, sagte der Jtzig; der Herr Doktor wird die Sache
kriegen satt, daß sie ihm wird stinken unter die Nase. Der Herr Doktor wird sich
verßürnen mit dem Herrn Amtshauptmann, und der Herr Amtshauptmann wird
ihm anßünden ein Feuer unter seinem Stuhle, ah wald. Und der Herr Doktor
wird gehn ßu reisen, wo er ist hergekommen, und wird alles wieder werden,
wie es gewesen ist.

Der Doktor dachte nicht daran, das Fischgeschäft aufzugeben, hoffte vielmehr,
es lukrativ zu machen, und hoffte, wenn die See eisfrei geworden sei, einen Kutter
auszurüsten und das Fischgeschäft ähnlich zu gestalten, wie es die Hochseefischer der
Nordsee eingerichtet haben, nämlich auf hoher See den Fang einzukaufen und ihn
ans dem kürzesten Wege nach Berlin zu senden.

Doktor Ramborn war damit beschäftigt, auf dem Hofe des Gutes zwei
Fischern, die ihn hatten betrügen wollen, und die auch ans seinen Befehl gekommen
waren, gründlich die Leviten zu lesen, als der Herr Pastor hinzukam. Die Fischer
drehten ihre Mützen in den Händen und sahen mißtrauisch und verlegen vom Doktor
zum Pastor und vom Pastor zum Doktor.

Gut, daß Sie kommen, Herr Pastor, rief der Doktor, ich habe hier ein paar
Ihrer Beichtkinder unter den Händen, die es für Recht gehalten haben, Zander
oben auf die Korbe zu legen und wertlose Fische unten hin. Und dies, während
ich aus gutem Willen ihnen die Fische für bares Geld und nach Gewicht abnehme
und vertreibe.

Gaidys, sagte der Herr Pastor, nachdem er dem Herrn Doktor die Hand ge¬
schüttelt hatte, wie lautet das siebente Gebot?

Du sollst nicht stehlen, antwortete Gaidys. Aber ich habe nicht gestohlen.

Du sollst aber auch nicht betrügen.

Ich habe auch nicht betrogen. Ich habe bloß die Zander obenauf gelegt.
Kondrot konnte ja nachsehen, was drunten war, ehe er mir das Geld gab.

Aber, sagte der Herr Pastor, da er nicht nachgesehen hatte, hast du das


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[0680] Herrenmenschen Betrogenwerden bestünde. Und Ramborn machte die Erfahrung, daß es viel leichter sei, einzukaufen als zu verkaufen, und setzte manchen Trier bei dem Geschäfte zu. Doktor, liebster, trautester, sagte Tauenden, lassen Sie sich das nicht leid sein. Was man andern Gutes tut, das ist immer ein wohlangelegtes Kapital. Fresseudes Kapital, erwiderte Ramborn lachend. Aber er mußte selbst zu¬ geben, daß die Sache trotzdem ihr Gutes habe. Er gewann Boden, er wurde un¬ merklich eine Größe in Tapnicken, mit der die Leute rechneten. Er hatte sich dessen nicht rühmen können, so lange er nur seine eignen Angelegenheiten betrieben hatte. Auch die Kaffeelieferung Wurde fortgesetzt. Anfänglich fuhren Schwechting und der Herr Kandidat alle Nachmittage mit ihrem Schlitten aufs Eis, und Tauenden wurde nicht müde, Kaffee zu kochen und den großen Topf zu füllen. Aber bald zeigte sichs, daß auch der größte Topf dem Bedürfnis nicht genügte. Nun ließ Ramborn auf ein paar großen Schlittenkufen eine Bude bauen, in die Ofen und Kaffeetopf hineingestellt wurden. Tauenden lieferte den Stoff, und Arte Veit kochte den Kaffee und verteilte ihn an die Fischer. Früh zog sie mit den Fischern hinaus, und Abends kehrte sie mit ihnen heim. Nachdem dies einige Zeit zur Zufriedenheit der Beteiligten gedauert hatte, kam eine Deputation der Fischer zu Tauenden und erklärte, die Fischer seien doch keine Ortsarme, und sie könnten doch nicht verlangen, den Kaffee für umsonst zu erhalten. Man sei dankbar für die Kaffeeküche, aber man wolle zahlen, was der Kaffee koste, und das könne man auch. Und das ge¬ schah von nun an, und die Fischer machten gegen früher, wo sie ihren halben Fang für Branntwein ausgegeben hatten, immer noch ein gutes Geschäft. Die Kupscheller hatten versucht, die Fischer zum Nachgeben zu zwingen, indem sie keine Fische kauften. Da aber der Doktor jeden unverkauften Rest übernahm und den Boykott aushielt, gaben sie sich und kauften reell und nach Gewicht, und der zu übernehmende Rest wurde immer kleiner. Was wird denn werden, sagte der Jtzig; der Herr Doktor wird die Sache kriegen satt, daß sie ihm wird stinken unter die Nase. Der Herr Doktor wird sich verßürnen mit dem Herrn Amtshauptmann, und der Herr Amtshauptmann wird ihm anßünden ein Feuer unter seinem Stuhle, ah wald. Und der Herr Doktor wird gehn ßu reisen, wo er ist hergekommen, und wird alles wieder werden, wie es gewesen ist. Der Doktor dachte nicht daran, das Fischgeschäft aufzugeben, hoffte vielmehr, es lukrativ zu machen, und hoffte, wenn die See eisfrei geworden sei, einen Kutter auszurüsten und das Fischgeschäft ähnlich zu gestalten, wie es die Hochseefischer der Nordsee eingerichtet haben, nämlich auf hoher See den Fang einzukaufen und ihn ans dem kürzesten Wege nach Berlin zu senden. Doktor Ramborn war damit beschäftigt, auf dem Hofe des Gutes zwei Fischern, die ihn hatten betrügen wollen, und die auch ans seinen Befehl gekommen waren, gründlich die Leviten zu lesen, als der Herr Pastor hinzukam. Die Fischer drehten ihre Mützen in den Händen und sahen mißtrauisch und verlegen vom Doktor zum Pastor und vom Pastor zum Doktor. Gut, daß Sie kommen, Herr Pastor, rief der Doktor, ich habe hier ein paar Ihrer Beichtkinder unter den Händen, die es für Recht gehalten haben, Zander oben auf die Korbe zu legen und wertlose Fische unten hin. Und dies, während ich aus gutem Willen ihnen die Fische für bares Geld und nach Gewicht abnehme und vertreibe. Gaidys, sagte der Herr Pastor, nachdem er dem Herrn Doktor die Hand ge¬ schüttelt hatte, wie lautet das siebente Gebot? Du sollst nicht stehlen, antwortete Gaidys. Aber ich habe nicht gestohlen. Du sollst aber auch nicht betrügen. Ich habe auch nicht betrogen. Ich habe bloß die Zander obenauf gelegt. Kondrot konnte ja nachsehen, was drunten war, ehe er mir das Geld gab. Aber, sagte der Herr Pastor, da er nicht nachgesehen hatte, hast du das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 64, 1905, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341881_296764/680>, abgerufen am 29.05.2024.