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Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr.

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die Weltgeschichte in eine Reihe von Biographien aufzulösen, einigermaßen recht¬
fertigt. Hier nimmt die Geschichte des Helden nur den kleinern Teil des Raumes
ein;'der größere Teil erzählt die Geschichte der deutschen Territorien in Maximilians
Zeit und berichtet über Reichs- und Kirchenreform, Kunst und Wissenschaft, Schulen,
Humanismus. Bauern und Ritter, Städte, Wirtschaftsleben, die Kindheit des
Kapitalismus. Die Ansicht Sombarts. heißt es da unter anderen, daß der mittel¬
alterliche Geldreichtum aufgespeicherte Grundrente gewesen, aus dem Verlauf und
der Verpachtung städtischen Bodens entstanden sei, "dürfte in dieser Allgemeinheit
als widerlegt gelten. Der größere Teil der Kapitalvermögen ist in Gewerbe und
Handel erworben worden." In der Einleitung wird konstatiert, daß die An¬
schauung, als ob die Reformation den hellen Tag gebracht habe, wahrend das
ganze Mittelalter in Nacht gehüllt gewesen sei, heute als überwunden gelten könne;
mau erkenne an, daß sich die europäische Menschheit vor dem Jahre 1517 nicht
weniger stetig fortentwickelt habe als nachher. Das ist richtig. Unter den Ursachen
der Verderbnis der Kirche jedoch, die der Verfasser anführt, fehlt gerade die Hnupt-
und Grundursache, die freilich ein katholischer Autor uicht erkennen darf: daß das
mittelalterliche Ideal auf einem irrigen Glauben beruhte. Weil die Forderungen,
die sich aus diesem Ideal ergaben, unerfüllbar waren, sah man sich im Ethischen
wie im Politischen zur doppelten Buchführung genötigt, überließ sich skrupellos deu
Naturtrieben und den weltlichen Interessen nud schob der Hierarchie die Aufgabe
zu, mit ihren vermeintliche" Gnndenmitteln die Abweichungen der irdischen Rechnung
von der himmlischen auszugleichen. -- Von populäre" Darstellungen aus deu hin¬
länglich durchforschten und bekannten Gebieten der politischen, der Kultur- und der
Wirtschaftsgeschichte darf weder verlangt noch erwartet werden, daß ste die Wissen¬
schaft mit neuen Tatsachen bereichern. In der Kunstgeschichte dagegen, wo es sich
weniger um Tatsachen als um Auffassung und Deutung handelt, kann auch der
Populnrisierer so manches sagen, was vor ihm noch niemand gesagt hat, und
Fritz Volbach scheint mir in seinem Beethoven vielfach originell zu sein.
Musiker von Fach mögen entscheiden, ob der Versasser mit der Art, wie er die
Musik in die allgemeine Kulturentwicklung eingliedert, wie er die Klassizität
definiert, das Nichtige getroffen hat, ab Palestrinas Kompositionen dem romanischen,
die von Johann Sebastian Bach dem gotischen Stil entsprechen, und ob es wahr
'se, daß Mozarts Polyphonie zum Homophonen und zur Sonatenform, Beethoven
S'" Polyphonie und aus der Sonate hiuausstrebte. Interessant ist der Nachweis,
wie Beethoven Themen von Clementi, Haydn und Mozart verarbeitet hat. -- Seit¬
dem Sabatier den heiligen von Assisi als den ersten Vertreter des modernen
Subjektivismus in der Religion und als ein Opfer der Hierarchie dargestellt hat.
H dieser der Liebling unsrer unkirchlichen Nenmystiker geworden. Gustav Schnurer
hat es unternommen, in seinem Franz von Assisi das wertvolle Besitzstuck für
die Kirche zurückzuerobern. Nur durch objektive und nüchterne Darstellung. Einer
Polemik, die beleidigen könnte, enthält er sich möglichst, schon aus persönlicher Ver¬
ehrung für Sabotier, mit dem er zweimal zusammengetroffen ist, und der ihm
Gefälligkeiten erwiesen hat. Die Wahrheit wird wohl, wie gewöhnlich, in der
Mitte liegen, und zwar ein bißchen mehr auf Sabatier zu. Daß Franz.skus an
°°n Persönlichen Gott und an den Gottmenschen geglaubt hat, mit dem er in ces
Mittelalterlicher Naivität und Inbrunst verkehrte, daran kann ja naturlich nicht
gezweifelt werdeu. Aber darin erschöpft sich doch nicht das Wesen des römische'.
K"tholizismns. Wenn Schnürer selbst schreibt- "sein Gottesdienst ist höchste,
persönliche Anhänglichkeit", so muß er sich doch sagen, daß dieser Gottesdienst der
Hierarchie nicht genügt. Diese fordert vor allem, daß der Gläubige die Kirchen-
gebote beobachte, die die Teilnahme an dem ttußerlicheu Gottesdienste vorschreiben,
mauz von Assisi ist nicht Priester geworden. Hätte er den Begriff von Priestertum
"ut Messe gehabt, deu die Kirche lehrte, so hätte er sicherlich die Priesterweihe


die Weltgeschichte in eine Reihe von Biographien aufzulösen, einigermaßen recht¬
fertigt. Hier nimmt die Geschichte des Helden nur den kleinern Teil des Raumes
ein;'der größere Teil erzählt die Geschichte der deutschen Territorien in Maximilians
Zeit und berichtet über Reichs- und Kirchenreform, Kunst und Wissenschaft, Schulen,
Humanismus. Bauern und Ritter, Städte, Wirtschaftsleben, die Kindheit des
Kapitalismus. Die Ansicht Sombarts. heißt es da unter anderen, daß der mittel¬
alterliche Geldreichtum aufgespeicherte Grundrente gewesen, aus dem Verlauf und
der Verpachtung städtischen Bodens entstanden sei, „dürfte in dieser Allgemeinheit
als widerlegt gelten. Der größere Teil der Kapitalvermögen ist in Gewerbe und
Handel erworben worden." In der Einleitung wird konstatiert, daß die An¬
schauung, als ob die Reformation den hellen Tag gebracht habe, wahrend das
ganze Mittelalter in Nacht gehüllt gewesen sei, heute als überwunden gelten könne;
mau erkenne an, daß sich die europäische Menschheit vor dem Jahre 1517 nicht
weniger stetig fortentwickelt habe als nachher. Das ist richtig. Unter den Ursachen
der Verderbnis der Kirche jedoch, die der Verfasser anführt, fehlt gerade die Hnupt-
und Grundursache, die freilich ein katholischer Autor uicht erkennen darf: daß das
mittelalterliche Ideal auf einem irrigen Glauben beruhte. Weil die Forderungen,
die sich aus diesem Ideal ergaben, unerfüllbar waren, sah man sich im Ethischen
wie im Politischen zur doppelten Buchführung genötigt, überließ sich skrupellos deu
Naturtrieben und den weltlichen Interessen nud schob der Hierarchie die Aufgabe
zu, mit ihren vermeintliche» Gnndenmitteln die Abweichungen der irdischen Rechnung
von der himmlischen auszugleichen. — Von populäre» Darstellungen aus deu hin¬
länglich durchforschten und bekannten Gebieten der politischen, der Kultur- und der
Wirtschaftsgeschichte darf weder verlangt noch erwartet werden, daß ste die Wissen¬
schaft mit neuen Tatsachen bereichern. In der Kunstgeschichte dagegen, wo es sich
weniger um Tatsachen als um Auffassung und Deutung handelt, kann auch der
Populnrisierer so manches sagen, was vor ihm noch niemand gesagt hat, und
Fritz Volbach scheint mir in seinem Beethoven vielfach originell zu sein.
Musiker von Fach mögen entscheiden, ob der Versasser mit der Art, wie er die
Musik in die allgemeine Kulturentwicklung eingliedert, wie er die Klassizität
definiert, das Nichtige getroffen hat, ab Palestrinas Kompositionen dem romanischen,
die von Johann Sebastian Bach dem gotischen Stil entsprechen, und ob es wahr
'se, daß Mozarts Polyphonie zum Homophonen und zur Sonatenform, Beethoven
S'" Polyphonie und aus der Sonate hiuausstrebte. Interessant ist der Nachweis,
wie Beethoven Themen von Clementi, Haydn und Mozart verarbeitet hat. — Seit¬
dem Sabatier den heiligen von Assisi als den ersten Vertreter des modernen
Subjektivismus in der Religion und als ein Opfer der Hierarchie dargestellt hat.
H dieser der Liebling unsrer unkirchlichen Nenmystiker geworden. Gustav Schnurer
hat es unternommen, in seinem Franz von Assisi das wertvolle Besitzstuck für
die Kirche zurückzuerobern. Nur durch objektive und nüchterne Darstellung. Einer
Polemik, die beleidigen könnte, enthält er sich möglichst, schon aus persönlicher Ver¬
ehrung für Sabotier, mit dem er zweimal zusammengetroffen ist, und der ihm
Gefälligkeiten erwiesen hat. Die Wahrheit wird wohl, wie gewöhnlich, in der
Mitte liegen, und zwar ein bißchen mehr auf Sabatier zu. Daß Franz.skus an
°°n Persönlichen Gott und an den Gottmenschen geglaubt hat, mit dem er in ces
Mittelalterlicher Naivität und Inbrunst verkehrte, daran kann ja naturlich nicht
gezweifelt werdeu. Aber darin erschöpft sich doch nicht das Wesen des römische'.
K"tholizismns. Wenn Schnürer selbst schreibt- „sein Gottesdienst ist höchste,
persönliche Anhänglichkeit", so muß er sich doch sagen, daß dieser Gottesdienst der
Hierarchie nicht genügt. Diese fordert vor allem, daß der Gläubige die Kirchen-
gebote beobachte, die die Teilnahme an dem ttußerlicheu Gottesdienste vorschreiben,
mauz von Assisi ist nicht Priester geworden. Hätte er den Begriff von Priestertum
«ut Messe gehabt, deu die Kirche lehrte, so hätte er sicherlich die Priesterweihe


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[0455] die Weltgeschichte in eine Reihe von Biographien aufzulösen, einigermaßen recht¬ fertigt. Hier nimmt die Geschichte des Helden nur den kleinern Teil des Raumes ein;'der größere Teil erzählt die Geschichte der deutschen Territorien in Maximilians Zeit und berichtet über Reichs- und Kirchenreform, Kunst und Wissenschaft, Schulen, Humanismus. Bauern und Ritter, Städte, Wirtschaftsleben, die Kindheit des Kapitalismus. Die Ansicht Sombarts. heißt es da unter anderen, daß der mittel¬ alterliche Geldreichtum aufgespeicherte Grundrente gewesen, aus dem Verlauf und der Verpachtung städtischen Bodens entstanden sei, „dürfte in dieser Allgemeinheit als widerlegt gelten. Der größere Teil der Kapitalvermögen ist in Gewerbe und Handel erworben worden." In der Einleitung wird konstatiert, daß die An¬ schauung, als ob die Reformation den hellen Tag gebracht habe, wahrend das ganze Mittelalter in Nacht gehüllt gewesen sei, heute als überwunden gelten könne; mau erkenne an, daß sich die europäische Menschheit vor dem Jahre 1517 nicht weniger stetig fortentwickelt habe als nachher. Das ist richtig. Unter den Ursachen der Verderbnis der Kirche jedoch, die der Verfasser anführt, fehlt gerade die Hnupt- und Grundursache, die freilich ein katholischer Autor uicht erkennen darf: daß das mittelalterliche Ideal auf einem irrigen Glauben beruhte. Weil die Forderungen, die sich aus diesem Ideal ergaben, unerfüllbar waren, sah man sich im Ethischen wie im Politischen zur doppelten Buchführung genötigt, überließ sich skrupellos deu Naturtrieben und den weltlichen Interessen nud schob der Hierarchie die Aufgabe zu, mit ihren vermeintliche» Gnndenmitteln die Abweichungen der irdischen Rechnung von der himmlischen auszugleichen. — Von populäre» Darstellungen aus deu hin¬ länglich durchforschten und bekannten Gebieten der politischen, der Kultur- und der Wirtschaftsgeschichte darf weder verlangt noch erwartet werden, daß ste die Wissen¬ schaft mit neuen Tatsachen bereichern. In der Kunstgeschichte dagegen, wo es sich weniger um Tatsachen als um Auffassung und Deutung handelt, kann auch der Populnrisierer so manches sagen, was vor ihm noch niemand gesagt hat, und Fritz Volbach scheint mir in seinem Beethoven vielfach originell zu sein. Musiker von Fach mögen entscheiden, ob der Versasser mit der Art, wie er die Musik in die allgemeine Kulturentwicklung eingliedert, wie er die Klassizität definiert, das Nichtige getroffen hat, ab Palestrinas Kompositionen dem romanischen, die von Johann Sebastian Bach dem gotischen Stil entsprechen, und ob es wahr 'se, daß Mozarts Polyphonie zum Homophonen und zur Sonatenform, Beethoven S'" Polyphonie und aus der Sonate hiuausstrebte. Interessant ist der Nachweis, wie Beethoven Themen von Clementi, Haydn und Mozart verarbeitet hat. — Seit¬ dem Sabatier den heiligen von Assisi als den ersten Vertreter des modernen Subjektivismus in der Religion und als ein Opfer der Hierarchie dargestellt hat. H dieser der Liebling unsrer unkirchlichen Nenmystiker geworden. Gustav Schnurer hat es unternommen, in seinem Franz von Assisi das wertvolle Besitzstuck für die Kirche zurückzuerobern. Nur durch objektive und nüchterne Darstellung. Einer Polemik, die beleidigen könnte, enthält er sich möglichst, schon aus persönlicher Ver¬ ehrung für Sabotier, mit dem er zweimal zusammengetroffen ist, und der ihm Gefälligkeiten erwiesen hat. Die Wahrheit wird wohl, wie gewöhnlich, in der Mitte liegen, und zwar ein bißchen mehr auf Sabatier zu. Daß Franz.skus an °°n Persönlichen Gott und an den Gottmenschen geglaubt hat, mit dem er in ces Mittelalterlicher Naivität und Inbrunst verkehrte, daran kann ja naturlich nicht gezweifelt werdeu. Aber darin erschöpft sich doch nicht das Wesen des römische'. K"tholizismns. Wenn Schnürer selbst schreibt- „sein Gottesdienst ist höchste, persönliche Anhänglichkeit", so muß er sich doch sagen, daß dieser Gottesdienst der Hierarchie nicht genügt. Diese fordert vor allem, daß der Gläubige die Kirchen- gebote beobachte, die die Teilnahme an dem ttußerlicheu Gottesdienste vorschreiben, mauz von Assisi ist nicht Priester geworden. Hätte er den Begriff von Priestertum «ut Messe gehabt, deu die Kirche lehrte, so hätte er sicherlich die Priesterweihe

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 65, 1906, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341883_300500/455>, abgerufen am 16.05.2024.